Im Vorfeld der Europameisterschaft haben sich Daniel Mandl und Stefan Karger mit tipp3-Vorstand Philip Newald getroffen. Wie es Buchmachern vor einer Europameisterschaft geht, wer... tipp3 Vorstand Newald: „Die gesamte tipp3-Mannschaft ist hoch motiviert und brennt auf die Euro 2016!“

_EURO 2016Im Vorfeld der Europameisterschaft haben sich Daniel Mandl und Stefan Karger mit tipp3-Vorstand Philip Newald getroffen. Wie es Buchmachern vor einer Europameisterschaft geht, wer die Favoriten der Wetter sind und welche Auswirkung ein österreichischer Erfolg auf die Quoten hat, lest ihr im folgenden Interview.

abseits.at: Wie unterscheidet sich der Arbeitsalltag im Vorfeld einer EM für euch verglichen mit dem gewöhnlichen Tagesgeschäft?

Philip Newald: Deutlicher intensiver. Wir erwarten uns rund 700.000 Wetten während der EURO – davon etwa 500.000 in den Trafiken. Den größten Fokus haben wir darauf gesetzt, dass wir die 400, 500 Trafiken mit hohem Umsatz auf einen EM-reifen Level bringen. Wir kümmern uns um die Brandings in den Trafiken, die Ausstattung mit der tipp-Box, sodass es eine moderne Form der Wettabgabe gibt, aber auch um sehr intensive Schulungen. Sehr viele Trafikantinnen und Trafikanten haben Lust auf die EURO und auch Lust darauf, sich im Detail auszukennen. Wir haben im Rahmen einer großen Veranstaltungsserie sehr viele Trafikanten quer durch Österreich besucht und geschult, damit diese unser verlängerter Arm im Markt sind, denn dort machen wir unser Hauptgeschäft. Natürlich wollen wir unser gesamtes Kundenpotential ausschöpfen, aber auch in einer Phase, in der der Wettmarkt hart umkämpft ist, durch die neuen Landesgesetze Meter machen in der Bekanntheit und der Relevanz.

abseits.at: Macht es einen gravierenden Unterschied für euch, dass Österreich mit von der Partie ist?

Philip Newald: Die Teilnahme von Österreich hilft uns natürlich. Das stellt unsere Buchmacher wiederum vor eine große Herausforderung, weil wir mit unserer Positionierung als „der österreichische Buchmacher“, mit der Partnerschaft mit dem Nationalteam, mit der Partnerschaft mit Marcel Koller, enorm viele Einsätze auf ein Ereignis bekommen, das schon 1992 mit Dänemark und 2004 mit Griechenland passierte – nämlich, dass Österreich Europameister wird. Vor zwölf Jahren sagte mein griechischer Kollege noch: „Griechenland kann nicht Europameister werden“. Er ist nicht mehr in Amt und Würden. Man muss das Wunder von Paris also in Erwägung ziehen. Natürlich drückt es sich in einer Quote von 30 aus, dass es sich hier um eine hohe Außenseiterwette handelt, aber die Wette steht in der Siegerreihung auf dem neunten Platz, also muss man sie in Erwägung ziehen. Dominic Thiem hatte vor dem Turnier in Paris auch niemand auf der Rechnung und wenn der ‚Joker‘ nicht in dieser Form gewesen wäre, hätte Murray Probleme gehabt ihn zu biegen.

abseits.at: Welche weiteren Faktoren beeinflussen eure Arbeit bei dieser Europameisterschaft?

Philip Newald: Es ist ja nicht nur so, dass Österreich dabei ist, sondern auch, dass wir diesmal erstmals 24 Teams haben. Noch dazu sind die Ankickzeiten dieses Mal ideal und ermöglichen uns, den ganzen Tag Geschäft zu machen, was für einen Buchmacher auch sehr wichtig ist. Was zwar für die Badegäste nicht schön ist, uns aber auch hilft: Es sieht danach aus, dass keine Hitzewelle kommt. Zumindest in den ersten 14 Tagen schaut es nicht danach aus, dass es 40 Krügeln im Schatten hat und das wäre für unser Geschäft auch sehr zäh, weil man es schwieriger schafft Spannung in den Alltag der Menschen zu bringen, wenn diese eher damit beschäftigt sind, ein Schattenplatzerl zu finden. Während der EM 2010 in Südafrika war es zum Beispiel zehn Tage lang unendlich heiß – und das merkst du als Wettanbieter, da war das Geschäft bei uns wie abgeschnitten. Dazu kommt auch, dass das Teilnehmerfeld sehr ausgeglichen ist. Weltmeister Deutschland haben derzeit etwa nur sehr wenige am Zettel.

abseits.at: Welches Team sehen die Tipp3-Spieler als Favoriten an? Auf welche Mannschaft wird am häufigsten gesetzt?

Philip Newald: Das größte Thema ist sicher Frankreich. Es wollen auch viele, dass Frankreich die EM gewinnt und zu denen zähle ich mich auch. Im November gab es die Anschläge in Paris und jetzt hat das Land die einmalige Chance wieder ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu finden. Das geht meistens über Musik oder Fußball – die einzigen beiden wirklich neutralen Themen. Über Politik findet man nicht wieder zueinander.

abseits.at: Wenn Frankreich im Finale auf Österreich treffen würde…

Philip Newald: …würde ich selbst und verständlich zu Österreich halten! Aber ein Spiel gegen die Franzosen ist ohnehin kein mögliches Finale, sondern würde sich meinen Berechnungen nach, im Viertelfinale ausgehen.

abseits.at: Kannst du eine Prognose abgeben, wie stark der Umsatz während der EM steigen wird?

Philip Newald: Es werden sicher 25% mehr als normalerweise in diesem Zeitraum umgesetzt. Das ist bei uns dieser berühmte, nicht nur 13., sondern auch 14. Umsatzmonat bei uns. Wir werden sehen – wenn Österreich ins Viertelfinale käme, würde das wohl den größten Umsatz bedeuten, den wir je bei einem Großereignis hatten. Der Österreich-Faktor ist natürlich enorm, das haben wir schon 2008 gesehen. Die drei Gruppenspiele damals waren unsere größten Umsatztage, insbesondere das Spiel gegen Deutschland. Wenn Österreich ausscheiden sollte und der Hype sich in Frust legen würde, kann es durchaus sein, dass die zweite Hälfte der EURO für uns ein wenig abfällt. Davon gehen wir aber nicht aus. Ich gehe davon aus, dass Österreich eine sehr gute Europameisterschaft spielen wird, ohne Europameister zu werden.

abseits.at: Bedeutet erhöhter Umsatz auch automatisch einen erhöhten Gewinn?

Philip Newald: Nein, im Gegenteil. Die Kunden sind sehr gut informiert und vor allem ab dem zweiten und dritten Spiel eines Großereignisses bekommt man einen guten Überblick. Es gibt im Normalfall bei einem solchen Turnier keine großen Leistungsschwankungen und die Mannschaften, die gewinnen „müssen“, gehen schon an ihre Grenzen und holen das Maximum heraus. Die berühmten Umfaller, wie etwa Spanien in der Vorbereitungspartie gegen Georgien, wird’s bei der EM nicht geben. Es muss natürlich nicht immer der Favorit gewinnen, aber im Normalfall setzen sich bei einer EURO die guten, die Turniermannschaften durch. Dementsprechend gibt es bei uns einen hohen Neukundenanteil und wir wollen viele Kunden gewinnen, um den Schwung in den Rapid-Hype und die Eröffnung des Allianz Stadions mitzunehmen, um unser gesamtes Potential auszuschöpfen.

abseits.at: Du sagst, dass es praktisch nicht drin ist, aber nehmen wir mal an Österreich holt sich die Europameisterschaft. Was würde das für euch bedeuten?

Philip Newald: Darüber haben wir natürlich auch lange nachgedacht und im Endeffekt etwas gemacht, das diesem Extremfall geschuldet ist: Wir haben diesen Fall abgesichert, Wetten weitergespielt. Es gibt andere Buchmacher, die das bei uns machen, diesmal machen wir’s, allerdings bei Buchmachern, bei denen der Österreich-Hype nicht diesen Extremfaktor hat. Wir haben eine Verantwortung unseren Mitarbeitern, unseren Vertriebspartnern, aber natürlich auch unseren Eigentümern gegenüber und haben das Risiko sozusagen abgeglättet. Es ist noch immer ein extremes Risiko für uns, wenn Österreich Europameister wird, aber dennoch eines, das das Unternehmen aushält.

abseits.at: Das heißt, ihr habt bei anderen Buchmachern auf Österreich gewettet.

Philip Newald: Ja, genau. Wir spielen praktisch die Spiele der Österreicher weiter und haben dafür einen sogenannten Corporate Account eröffnet, was die ganze Sache völlig transparent und öffentlich macht.

abseits.at: Ist das branchenüblich?

Philip Newald: Ja.

abseits.at: Wie sieht es beim Gegenextrem aus? Österreich wird Letzter in der Vorrunde…

Philip Newald: In diesem Fall hätten wir derzeit kein Auszahlrisiko, das uns nervös machen könnte.

abseits.at: Aber würdet ihr nicht befürchten, dass nicht mehr so viel gewettet würde, wenn der Österreich-Hype schon früh verfliegt?

Philip Newald: Ja, das ist schon klar. Wenn Österreich jetzt dreimal eine auf den Deckel bekommen würde, wird es etwas ungemütlicher. Man sah es ja gerade bei den beiden nicht gerade euphorisierenden Testspielen gegen Malta und die Niederlande, wie schnell die Stimmung umschlagen kann. Allerdings ist das glücklicherweise ein Tagesfrust, denn die Leute, die sich mit Fußball auseinandersetzen wissen schon, wie man diese Spiele einschätzen kann. Holland hat mit einer richtig guten, jungen Mannschaft gespielt, und dabei ein Passspiel auf hohem Tempo aufgezogen. Meiner persönlichen Einschätzung nach, waren wir in dieser Partie durchaus eine intakte Mannschaft. Die paar Faktoren, die in der Quali auch angesichts des „Glücks des Tüchtigen“ aufgegangen sind, waren diesmal halt nicht ideal und daher haben wir das Spiel 0:2 verloren – aber gegen wirklich starke Holländer.

abseits.at: Wann habt ihr mit den Vorbereitungen auf die EM angefangen – auch in der Hinsicht, dass schon relativ früh feststand, dass sich Österreich qualifizieren wird? Beispielsweise die Schulung der Trafikantinnen und Trafikanten?

Philip Newald: Das hätten wir sowieso gemacht. Wir haben im Sommer 2015 gestartet, nach einem Drei-Phasen-Modell. Wir reden beim österreichischen Buchmachermarkt von einem Markt, der etwa eine Milliarde Euro Umsatz macht. Das ist also das Geld, das österreichische Kundinnen und Kunden in Wetten investieren. Den Anbietern bleiben im Schnitt ungefähr ein Bruttowettertrag von rund 150 Millionen Euro, also etwa 15% übrig. Und dieser Ertrag ist hart umkämpft – etwa 20 große Buchmacher teilen sich dies auf. Wir müssen uns aufgrund unserer Eigentümerstruktur von den restlichen Buchmachern differenzieren. Wir haben damals mit dem Bundesliga-Sponsoring begonnen, das nicht die Kraft erzeugte, die wir uns erhofften, aber dennoch in Ordnung für uns war. Jetzt sind wir auf der Reise sechs Jahre weiter und Marcel Koller gibt uns für unser Publikum, speziell in den Trafiken, ein Differenzierungsmerkmal, das uns von den anderen abhebt. Demnach haben wir voll auf diese Karte gesetzt. Dass Koller schließlich jeden Preis abgeräumt hat, den man abräumen kann, war nicht abzusehen und ist natürlich auch für uns toll. Wir haben es somit geschafft den Vertrag mit Marcel Koller mittelfristig zu verlängern und haben somit eine offizielle Zusammenarbeit mit dem Nationalteam. Es ist für einen Buchmacher bei Leibe nicht selbstverständlich, mit dem Teamchef eines Nationalteams zusammenzuarbeiten. Aber wir haben sicher positive Vertrauensvorarbeit verrichtet, sodass man sehen kann, dass man mit uns ein solches, nicht unheikles Thema positiv stemmen kann.

abseits.at: Mittlerweile ist Marcel Koller schon einige Jahre Trainer der österreichischen Nationalmannschaft. Kannst du dich noch an deinen ersten Eindruck erinnern, als du ihn zum ersten Mal in den Medien nach der Bekanntgabe seines Engagements gesehen hast?

Philip Newald: Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich es erfahren habe, dass Koller Teamchef wird. Ein sehr bekannter österreichischer Radiomoderator hat mich damals angerufen und „hast schon g’hört?“ gesagt. Ich habe damals ganz offen und ehrlich gesagt: „Wer ist das?“. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich ihn nicht mal namentlich kannte. Ich kann mich an meine erste Begegnung mit Marcel erinnern. Das war auf einer Veranstaltung in Salzburg, bei der wir von tipp3 und auch Herr Koller zu Gast waren. Irgendwie hat es sich im Laufe des Abends ergeben, dass er sich an unseren Tisch setzte und mit uns plauderte. Damals war natürlich noch kein Hype um ihn, er hat einfach ein solides Platzerl gesucht und hat das dann bei uns gefunden. Wir sind also ins Reden gekommen und nach zwei Glaserln ist mir schon aufgefallen: In dem ist irgendwas! Der hat Ruhe, eine Konsequenz, eine Art zu formulieren und auch immer wieder einen Augenzwinkerer dabei. Und als ich dieses Gesamtpaket sah und erstmals erlebte, dachte ich mir: Bumm, so stelle ich mir auch vor, dass unser Unternehmen ist! Wir haben an diesem Abend ohne irgendwie über eine Zusammenarbeit zu reden, ein wenig über unsere Arbeit gesprochen.

abseits.at: Wie ging euer Kontakt weiter?

Philip Newald: Erst später, als wir unser Werbekonzept verändern wollten, ist die Agentur Serviceplan an uns herangetreten und wir haben sofort gesagt: Das können wir als Wettanbieter nicht machen. Aber dann haben wir uns doch entschlossen  das Gespräch mit Generaldirektor Ludwig zu suchen. Er hat dann relativ schnell gesagt: „Unter folgenden Spielregeln könnte das funktionieren“. Keinerlei Wettempfehlungen, Wettaufforderungen von Herrn Koller, sondern die Inszenierung der acht Millionen Teamchefs als positiver Anreiz. Außerdem möchte der ÖFB jede unserer Werbemaßnahmen vorab sehen und absegnen. Wir haben gesagt, OK, diesen Spielregeln unterwerfen wir uns auch in Anbetracht unserer eigenen Verantwortung.

abseits.at: Wie lief die Partnerschaft dann an?

Philip Newald: Am Anfang holperte es ein wenig dahin, weil wir nie richtig wussten, wie weit wir gehen durften oder sollten, damit es nicht fad wird. Aber es entwickelte sich nach und nach immer besser, weil wir da auch ein Superteam haben, das richtig dahinter ist, allen voran Frau Bernadette Schwentner und Herr Frank Hoffmann, die dieses Thema mit großer Leidenschaft entwickelt haben. Unser Team hat mit der Zeit eine richtig gute Freundschaft mit Marcel Koller gefunden. Er gehört richtig zum Team dazu, passt super rein. Dass der Erfolg dann auch noch dazukam, war natürlich ein positiver Nebeneffekt. Wir haben sehr viel Zeit und auch Lehrgeld in den österreichischen Sport- und Fußballmarkt investiert. Es gibt kein anderes Unternehmen im österreichischen Fußball, das so in den österreichischen Fußball involviert ist, sei es über Plattformen, Magazine, Vereine, Hörfunkstationen, von kleinen Aktivitäten bis zu großen Unterstützungen. Unsere Wertschöpfung bleibt im Wesentlichen im österreichischen Fußball mit allen Begleiterscheinungen und Nebengeräuschen. Das ist nicht bei allen Wettanbietern so.

abseits.at: Ihr habt also über das Testimonial Koller erst so richtig mit dem ÖFB verhandeln müssen.

Philip Newald: Natürlich. Das waren richtig intensive Gespräche, wir haben sehr viel miteinander geredet. Der entscheidende Punkt war unser Engagement gegen Wettmanipulation. Die Themen Prävention und Aufklärung kamen in der Ur-Idee von unseren Schreibtischen. Das Thema Wetten im Allgemeinen ist ein heikles für die verschiedenen Fußball-Institutionen. Es ist für alle eine große Frage, wie man damit umgehen soll und umso wichtiger ist es, einen Partner zu haben, mit dem man drüber reden kann. Bei uns weiß man, dass wir eine gute, treue, langjährige Ehefrau sind und kein One-Night-Stand. Mit uns kann man eine langjährige Partnerschaft eingehen.

abseits.at: Wie intensiv ist die Zusammenarbeit? Wie oft hört man sich, bzw. tauscht man sich aus?

Philip Newald: Man kann sehr gut mit Marcel Koller kommunizieren. Von SMS bis E-Mail – man kann auch mit neuen Kommunikationsmethoden sehr schnell mit ihm in Kontakt treten. Ich hatte zuletzt ein sehr schönes Erlebnis bei der Verabschiedung des Nationalteams beim Bundeskanzler. Ich durfte dort zu Gast sein und nachdem Koller dort mit Kern und Mitterlehner geplaudert hatte, kam er gleich zu mir und erkundigte sich sofort wie’s meinen Kindern geht. Er weiß, dass meine drei Kids seine größten Fans sind, merkte sich ihre Namen und dieses Interesse war überhaupt nicht gespielt, sondern ehrlich und herzlich. Es ist also schon eine richtig gute Bekanntschaft entstanden und mit unserem Team eine Freundschaft. Man trifft sich sicher zehnmal im Jahr bei Veranstaltungen und Koller ist ja auch keiner, der schon um halb elf nach Hause rennt. Er hat gelernt „man geht, wenn’s aus ist“ und er ist sicher einer mit dem man noch sitzenbleiben und – das ist das Schöne – auch über ganz andere Dinge reden kann, als nur über Viererkette und passives Abseits. Was bei ihm sehr stark ist, ist das Kunst- und Kulturinteresse, das sich in Wien noch weiterentwickelt hat. Er freut sich sehr in Wien zu sein, das sieht man ihm immer an. Um es zusammenzufassen: Wir sehen uns etwa einmal im Monat, aber jede Woche gibt’s irgendeine Art von Kontakt.

abseits.at: Einige Konkurrenten setzen auf ehemalige Stars, die nicht mehr aktiv im Fußballgeschäft involviert sind. War das für euch auch ein Thema, bevor es dann doch Marcel Koller wurde?

Philip Newald: Absolut. Ganz zu Beginn, damals war ich noch nicht an Bord, gab es das klare Konzept, dass wir mit Personen werben, die keine aktiven Sportler oder Sportfunktionäre sind. So kamen Adi und Edi ins Rennen, weil das Konzept vorsah, dass wir möglichst objektiv sein müssen. Passend dazu ein anderes Thema: Jeder weiß von uns, dass wir sehr „Hütteldorf-verordnet“ sind, aber es trotzdem nie das Thema war, Hauptsponsor von Rapid zu werden. Exklusiver Buchmacherpartner ja, aber eben nicht Hauptsponsor. Wir sind eh schon sehr nahe am Fußball dran, aber wollen dennoch eine gewisse Distanz halten und nicht noch weiter gehen.

abseits.at: Wie liefen die neuen Vertragsgespräche vor der Verlängerung zwischen Marcel Koller und tipp3? War es für beide Seiten ganz klar, dass weitergemacht wird?

Philip Newald: Das Interesse war natürlich von Anfang da. Aber Koller, sein Manager und auch der ÖFB sind natürlich nicht Feind ihres eigenen Geldes. Marcel Kollers Marktwert hat sich sehr gut entwickelt, die Vertragsverhandlungen waren demnach keine „g’mahte Wies’n“. Ich habe in diesen Verhandlungen mit Generaldirektor Ludwig sicher noch einiges dazugelernt, was Verhandeln betrifft. Wir haben uns am Ende aber gut in die Augen schauen können und wenn man den langen Zeitraum betrachtet, den wir mit Marcel Koller zusammenarbeiten, geht sich’s für beide Seiten gut aus. Die Zusammenarbeit ist aber mittlerweile schon in einer Gewichtsklasse, die auch dem Erfolg Rechnung trägt.

abseits.at: Gibt es auch in eurer Branche so etwas wie Erfolgsprämien? Bekommt Marcel Koller mehr Geld von euch, wenn er Europameister wird?

Philip Newald: Nein. Solche Kooperationen machen wir gelegentlich mit Vereinen, aber es sollte beim Thema Wetten und Partnerschaften mit Aktiven keine Anreize nach oben und schon gar nicht nach unten geben. Da könnte man natürlich Dinge hineininterpretieren, die zwar im Endeffekt eh nicht stattfinden, aber die man schon im Vorfeld im Keim ersticken kann.

abseits.at: Die Werbespots kommen bei den Fußballfans gut an, sind weitere geplant? Was steht in der Zukunft an?

Philip Newald: Stimmt, wir bekommen eine durchaus positive Resonanz. Wir haben bewusst kein „Eigengutachten“ eingeholt, sondern bei vielen Leuten nachgefragt. Wir wissen, dass viele Dinge gut funktionieren und kennen auch die Dinge, die vielleicht noch besser zu machen sind. Fußballwerbungen sind wohl nie wirklich perfekt, aber ich denke, dass wir jetzt schon auf einem Level angekommen sind, dass die Werbungen durchaus humorvoll und unserer Zielgruppe entsprechend sind. Wir werden dieses „acht Millionen Teamchefs“-Thema weiterfahren. Wir müssen die Rollen des Marcel Koller natürlich nicht an die Spitze treiben, das ist wahrscheinlich gar nicht nötig. Wie es da genau weitergeht und in welche Richtung wir weitermachen, wird sich wohl auch aus der EURO ergeben. Die „Flughöhe“ des österreichischen Fußballs wird sicher nach dem Ausgang der EURO bemessen. Wenn das Team etwa nicht die Erwartungen erfüllt, darf man das sicher nicht humorvoll übertünchen, sondern muss wieder ein bisschen zurück auf den Boden kommen. Das Gute ist, dass Koller nicht vor Selbstironie zurückschreckt. Falls die EM schiefläuft könnte er sich etwa in den nächsten Spots „hinterfragen“ oder ähnliches.

abseits.at: Kommen wir noch kurz zu eurem Wettangebot zur EURO zurück. Gibt es spezielle Wetten im Rahmen der EM? Was kann man machen, um sich von den Mitbewerbern abzusetzen?

Philip Newald: Wir gehen bewusst den Weg der Übersichtlichkeit und Einfachheit weiter. Wenn man sich umsieht, findet man solche Wetten wie: Werden sich die beiden Trainer vor dem Spiel die Hand schütteln? Wird im Laufe des Turniers die Queen einlaufen? Das sind natürlich humorvolle Themen, hat aber unserer Meinung nach nichts bei Sportwetten verloren, auch weil diese Ereignisse nicht vernünftig quotierbar sind. Das fällt dann eher in die Kategorie Glückspiel und wir haben die Verantwortung, unseren Kunden zu versichern, dass alle Wetten, die bei uns gespielt werden können, vernünftig quotiert sind. Unsere Wetten sind eine Mischung aus sportlichem Fachwissen, Statistik und Wahrscheinlichkeit. Unsere Quoten, über die immer wieder diskutiert wird und wir gefragt werden, ob wir sie nicht etwas offensiver legen sollten, haben einen gewissen Stabilitätsfaktor. Es gibt Mitbewerber, die sehr oft mit sehr offensiven Quoten hinausgehen und wenn man den richtigen Zeitpunkt erwischt, bekommt man diese Wette auch zu diesem Preis. Aber oft ist es auch so, dass sich das mit der Zeit stark verändert. Wir stehen sicher nicht für die Marktführerschaft, aber wir sind das gute Edelbeisl ums Eck. Bei uns weiß man „was wiegt, das hat’s“, das Schnitzel und das Cordon Bleu sind gut und frisch, wir haben nicht 27 unterschiedliche Weine auf der Karte, sondern einen Grünen Veltliner, einen Welschriesling und einen Sauvignon Blanc. Wir wollen unsere Kunden schlichtweg nicht überfordern. Unsere Klientel kommt eher aus der Fußballecke, als aus der Wettecke und wettet naturgemäß nicht auf alles, was sich bewegt. Demnach denken wir, dass wir hier das richtige Angebot gefunden haben. Alle Arten von Spezialwetten wie „wie weit kommt Österreich?“ oder „wer schießt das erste Tor?“ gibt es selbstverständlich auch bei uns. Die Spezial-Spezial-Spezialwette wird’s bei uns allerdings nicht geben.

abseits.at: tipp3 achtet also weiterhin auf Nachhaltigkeit und Einfachheit, trotz der Okkasion einer EM mit österreichischer Beteiligung.

Philip Newald: Genau. Wir sind ein Sportwettenanbieter und haben einen Gewerbeschein, der es uns erlaubt gewisse Dinge anzubieten. Wir haben zum Beispiel einmal Wetten zu Dancing Stars angeboten, als Edi Finger jr. Mitmachte – dafür haben wir uns damals ein Gutachten geholt, dass es sich dabei tatsächlich um eine Sportart handelt. Wir gehen mit diesem Thema also nicht leichtfertig um. Das hat sich zuletzt auch bei den sich ändernden Landesgesetzen positiv gezeigt, dass das Vertrauen in uns und die Vertriebsschiene über die Trafiken von den Landesbehörden als sehr positiv bestätigt wurde.

abseits.at: Dass Frankreich für die Tipp3-Spieler der Favorit ist haben wir schon geklärt. Wer sind aber die beliebtesten Außenseiter?

Philip Newald: Es wird gerne auf Kroatien gewettet, dafür gibt es einer 13er-Quote. Ein bisschen früher wurde gerne Belgien bei Quote 11 angespielt, aber das ist mittlerweile nicht mehr so stark wie damals. Von den richtigen Außenseitertipps mit hohen Quoten wurde zum Beispiel Polen oft angespielt, weshalb die Quote auch von 60 auf 50 runterging. Und wie ihr wisst, sind die Titel von Dänemark und Griechenland noch gar nicht so lange her…

abseits.at: Wie lautet dein persönlicher Tipp? Wie weit kommt die österreichische Nationalmannschaft und wer krönt sich in Frankreich zum Europameister?

Philip Newald: Österreich wird die Gruppe als Zweiter überstehen. Als Zweiter, weil wir das Spiel gegen Portugal nicht gewinnen werden. Dann spielen wir meiner Meinung nach gegen Russland, was wir durchaus schaffen könnten. Im Normalfall kommt dann im Viertelfinale Frankreich und das wird eine Schuhnummer zu groß sein. Den EM-Titel holen die Franzosen, das ist meine Meinung und von den Favoriten auch mein persönlicher Wunsch.

abseits.at Redaktion

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