Die Vienna gewann in der 22.Runde der 2.Liga gegen den SKN St. Pölten fulminant mit 7:3. Nach dem verpatzten Debüt von Interimscoach Mehmet Sütcü... Trotz 7:3-Kantersieg über St. Pölten: Die Vienna muss am Boden bleiben

Die Vienna gewann in der 22.Runde der 2.Liga gegen den SKN St. Pölten fulminant mit 7:3. Nach dem verpatzten Debüt von Interimscoach Mehmet Sütcü (2:3 am FAC-Platz gegen Stripfing) sprachen nun einige Fans von einem verspäteten Trainereffekt. Aber die Niederösterreicher hatten zahlreiche Ausfälle und Sperren zu beklagen.

Überraschender Trainerwechsel

Nach vier sieglosen Spielen gelang der Vienna im Heimspiel gegen den damaligen Tabellenzweiten DSV Leoben durch einen verwandelten Elfmeter von David Peham ein 1:0-Heimsieg und somit der erste volle Erfolg im Jahr 2024. Dennoch musste Trainer Alexander Zellhofer, inklusive den Co-Trainern Martin Lang und Jiri Lenko, den Verein verlassen. Das Verhältnis mit Sportdirektor Andreas Ivanschitz soll wohl nicht berauschend gewesen sein.

Anders mit dem Amateure-Coach und Ex-Vienna-Spieler Mehmet Sütcü, der interimistisch zum Chefcoach aufstieg. Sein Debüt am FAC-Platz gegen die formschwachen Niederösterreicher war unzufriedenstellend. Die Defensive war löchrig, ließ sich zu leicht überlaufen und Omerovic wirkte in seiner neuen Rolle als Innenverteidiger nicht gut angepasst. Zudem fehlte Noah Steiner merklich. Das Mittelfeld war praktisch nicht vorhanden und auch den Angreifern fehlte es an Biss und Wille im Spielaufbau und im Spiel gegen den Ball. Das sollte sich fünf Tage später im Heimspiel gegen den SKN St.Pölten aber ändern.

Verletzungspech und drei Gelbsperren beim SKN

Eine Favoritenrolle konnte man vor diesem Spiel nicht ausmachen. Nach der schwachen Vorstellung am FAC-Platz war klar, dass die Vienna ein anderes Gesicht zeigen muss. Aber ob sie dies auch schaffen würden, stand in den Sternen, da auch Abwehrchef Thomas Kreuzhuber ausfiel (dafür war Noah Steiner wieder einsatzbereit).

Der SKN kam hingegen mit einem 3:1-Heimsieg im Niederösterreich-Duell gegen Amstetten im Rücken auf die Hohe Warte. Zugegebenermaßen aber gegen einen schwachen Gegner. Zu den haufenweise verletzungsbedingten Ausfällen gesellten sich bei St. Pölten aber auch noch gleich drei Gelbsperren. Ramsebner, Gschweidl und Barlov standen ebenfalls nicht zur Verfügung. Trainer Semlic bekam nicht einmal den 18-Mann-Matchkader voll. Auf der Bank nahmen für fünf mögliche Wechsel nur fünf Feldspieler sowie ein Ersatzgoalie Platz.

Sütcüs Ideen funktionieren, Semlic‘ nicht

Neben der katastrophalen personellen Lage war auch der Matchplan von Philipp Semlic kein erfolgreicher. Riegler war der einzig fitte Innenverteidiger, neben ihm wurde Christoph Messerer in die Abwehrkette zurückgezogen. Allerdings stand ebenjene Abwehrkette viel zu hoch und die Vienna nutzte das sehenswert aus. Als St. Pölten reagierte lag die Vienna bereits 3:0 vorne. Weite Bälle aus dem Mittelfeld, hohe und flache, in den Lauf des pfeilschnellen Ghanaers Kelvin Boateng erwiesen sich für die Döblinger als Wundermittel.

Boateng, der bisher erst zwei Saisontore erzielte, traf in der 1.Halbzeit gleich viermal (1:0, 2:0, 4:0, 5:0) und war beim 3:0 von Christoph Monschein Assistgeber. Mehr als 2.000 Fans sahen in der Abendsonne eine Gala-Vorstellung auf der Hohen Warte in den ersten 45 Minuten. In der zweiten Hälfte traf zunächst Dario Tadic nach einem Geschenk von Mohamed Sanogo zum 1:5, ehe Noah Steiner per Kopf das halbe Dutzend vollmachte.

Das aggressive Angriffspressing der Vienna ging aber weiter, Monschein eroberte den Ball im Sechzehner und zog ins lange Eck zum 7:1 ab. Ein Gegentor in den Schlussminuten gehört bei der Vienna in dieser Saison aber ebenso dazu, wie Herbert Prohaska zur ORF-Analyse. Nur, dass es diesmal gleich zwei waren, sowie ein weiterer Stangenkracher aus 25 Metern. Die Vienna verspielte in dieser Saison bereits sechsmal einen Vorsprung, viermal lag man sogar 2:0 voran und konnte dennoch nicht voll punkten. Am Freitag war der Vorsprung aber bereits groß genug, dennoch sollte dies ein Warnsignal sein, am Boden zu bleiben, insbesondere auch, da St. Pölten personell enorm geschwächt antreten musste.

Fokus auf kommende Aufgaben

Am morgigen Freitag steht für die Blau-Gelben das nächste Ligaspiel an. Es geht gegen einen sehr interessanten Gegner: den FC Dornbirn 1913. Der Ländle-Club holte in dieser Saison erst 19 Punkte und liegt sieben Punkte hinter einem Nichtabstiegsplatz. Allerdings holten die Dornbirner neun dieser 19 Punkte in den letzten drei Partien. Zwei fulminante Kantersiege (4:1-Auswärtssieg bei Bregenz und 4:0-Heimsieg gegen Horn) gaben dem abstiegsbedrohten Club wieder Hoffnung. Es folgte ein 1:0-Auswärtssieg gegen Amstetten.

Vor diesem überraschenden Hoch standen übrigens elf Niederlagen in Folge, ein 0:0 auf der Hohen Warte blieb für die Dornbirner der letzte Punkt bis zum Derbysieg gegen Bregenz. Für die Vienna wird es also das nächste Aufeinandertreffen mit einem unberechenbaren Gegner, wo jedes Ergebnis denkbar wäre. Die Vienna muss zudem auf Rapid-Leihgabe Noah Bischof verzichten, der seine dritte gelbe Karte erhielt. In der Hinrunde sah er in Altach zweimal gelb, von daher muss er in Dornbirn das Spiel von der Tribüne aus verfolgen. Mit Sicherheit ein Nachteil für die Döblinger, denn Bischof avancierte zu einem Schlüsselspieler. Andererseits hat sich Kelvin Boateng mit vier Toren natürlich eindrucksvoll für weitere Startelf-Einsätze empfohlen und mit David Peham und Philipp Ochs mussten gegen St. Pölten zwei Spieler auf der Bank Platz nehmen, die normalerweise Stammleibchen in Döbling haben.

Was ist noch drin für Blau-Gelb?

Danach stehen mit den Duellen gegen Lafnitz und den FAC zwei Spiele an, wo der Gegner jeweils im Tabellenmittelfeld angesiedelt ist – genau wie die Vienna. In diesen Spielen wird sich zeigen ob für die Döblinger unter Memo Sütcü nochmal ein Sprung nach vorne auf einen beachtlichen Tabellenplatz möglich ist, oder man sich doch eingestehen muss, dass man noch kein Top-Team ist. Der Rückstand auf den aktuellen Tabellenzweiten aus Ried beträgt gerade einmal fünf Punkte. Die Vienna steht mit 33 Punkten auf dem 8.Tabellenrang. Die nächsten Wochen werden also durchaus spannend, auch wenn man weder mit dem Auf- noch mit dem Abstieg etwas zu tun haben wird.

Ivanschitz‘ Kaderplanung

Die Mission 2026 des blau-gelben Präsidiums sieht eine Rückkehr in die Bundesliga bis zum Ende der Saison 25/26 vor. Nächste Saison soll erstmals sportlich angegriffen werden. Neben den infrastrukturellen Herausforderungen, wo der Verein auf die finanzielle Unterstützung der Stadt Wien hofft, muss sich Sportdirektor Ivanschitz mit der Kaderplanung zur kommenden Saison auseinandersetzen. Für viele Spieler, deren Vertrag im Sommer ausläuft, werden die nächsten Spiele also entscheidend sein, sich für eine etwaige Vertragsverlängerung zu empfehlen. Zusätzlich darf man natürlich auch gespannt sein, was der Sportdirektor im nächsten Sommer an unerwarteten Transferkrachern (wie z.B. Christoph Monschein oder Philipp Ochs im Sommer 2023) aus dem Hut zaubern wird.

Maximilian Dollinger, abseits.at

Maximilian Dollinger

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