Beim Grazer Legenden-Hallenturnier geigten Kicker wie Pfeffer, Vastic, Haas, Glieder und Knaller auf und denken an ihre legendären Karriere-Highlights zurück. Ausflug in die wunderschöne Fußballwelt von gestern. Ein Erfahrungsbericht.
„Edi, spielts ihr die Plätze auch aus?“ – „Jo, leider…“ Edi Glieder ist nicht sonderlich begeistert, dass er an diesem Abend im Grazer Sportpark nach der Vorrunde des Grazer Legenden Hallenturniers nochmals ran muss und deutet auf seine Wadln. Später wird der Spaß am Hallenkick aber wieder jeden seiner Schmerzen ausmerzen und er wird noch einmal an diesem Abend am Parkett stehen. Es ist das dritte Turnier dieser Art in Graz, nach zweijähriger Corona Pause kann es heuer wieder ausgetragen werden. Veranstalter ist der Lions Club, die Einnahmen kommen bedürftigen Familien zu gute. Eine schöne Sache bei der der Spaß und der gute Zweck – 75.000 Euro kommen am Ende zusammen – im Vordergrund steht. Aber eben auch der Kult den hier viele Kicker verursachen.
Legenden von Sturm, GAK, Rapid, Austria und DSV Leoben sind am Start. Hinzu kommt eine Auswahl aus Kroatien sowie Abordnungen aus dem fußballerischen Umfeld von Schalke – eben mit Edi Glieder – und Bayern München. So stehen etwa Kicker wie Mario Haas, Ivo Vastic (Sturm), Herbert Wieger, Richard Wemmer (GAK), Jimmy Hoffer, Markus Pürk (Rapid), Toni Pfeffer, Herbert Gager (Austria) oder Dejan Stankovic (Leoben) am Hallenuntergrund. „Da spielen ja Kicker mit Baujahr 1985 mit“, sagt einer und verweist auf den Umstand dass auch durchaus Kicker jüngeren Semesters als „Legenden“ gelten. Etwa Roman Kienast bei Sturm oder Florian Sturm bei Rapid. Macht nichts. Denn kicken können alle, egal ob vergleichsweise Jungspund oder Routinier mit inzwischen gestiegenem Kampfgewicht. Dieses am Parkett in Bewegung zu halten ist immerhin auch eine nicht zu unterschätzende Leistung.
Cupfinale, Elfer und Toni’s Wuchtl
abseits.at wollte es genauer wissen und fragte bei einigen Kickern nach – dem Anlass entsprechend – ihrem legendärsten Karriere-Moment. Toni Pfeffer tut sich da nicht schwer: „Ein gewisses Halbzeitzitat war’s“, spielt die Veilchen-Ikone auf seinen „Hoch wermas net mehr gwinnen“ beim 0:9 Österreichs gegen Spanien an. Edi Glieder erinnert sich „an das Jahr als ich in Salzburg Torschützenkönig wurde und wir auch noch Meister geworden sind, 1997, das war schon besonders.“ Für Dejan Stankovic ist das Cupfinale 1995 mit Leoben gegen Rapid 1995 (0:1) unvergesslich: „Mit Leoben so weit zu kommen, das war schon was besonderes.“ Samir Muratovic denkt noch gern an sein Elfer-Siegtor im Mai 2011 für Sturm in Wiener Neustadt zurück. „Dadurch hatten wir alle Trümpfe in der Hand für den Meistertitel, den wir drei Tage später auch geholt haben“, schwärmt der einstige Sturm-Mittelfeldregisseur.
Erinnerungen dieser Art hat man auch unter den teils prominenten Zuschauern. Michael Madl ist als Supporter der Austria vor Ort und nennt auf die Frage nach seinem legendärsten Karriere-Moment „das Abschiedsspiel vom Mario Haas bei Sturm 2012 – Gänsehaut pur!“ Wie gesagt ist Madl nicht der einzige prominente Zuschauer beim Legenden Turnier. Auch Leoben Legende Walter Schachner, Sturms Sportchef Andreas Schicker, WAC Kapitän Mario Leitgeb, Ulknudel Gernot Kulis und Bremens Romano Schmid mischten sich unter die Fans.
Selfie-Jäger jeder Generation
Und die kamen zu tausenden in die Halle. 3000 Zuschauer, ausverkauftes Haus. Sie sehen auch eine Partie der Inklusionsteams von Sturm und GAK. Das Publikum ist auch hier voll dabei. Was auffällt: Erwachsene werden fast wieder ein bisschen zu Kindern wenn die Helden ihrer Jugend oder Kindheit am Spielfeld aufgeigen. Da steht die Generation Ü30 genauso um Selfies und Autogramme an wie die Kinder, die von den Eltern erfahren haben wer das heute alles zu erleben ist und was die Herrschaften in vergangenen Tagen nicht alles geleistet haben. Ivo Vastic wird regelrecht bestürmt. Schön, die Stimmung ist sportlich fair und trotzdem teils ohrenbetäubend. Was ein Beweis hierfür ist: der Hunger nach Hallenfußball ist in Österreich riesig. In Zeiten in denen die Kampfmannschaften der Bundesligisten keine Mannschaften mehr für Turniere abstellen weil die Verletzungsgefahr zu groß, denkt man wehmütig an Zeiten der Weihnachtsturniere in Wien, Graz und Linz zurück, oder den Bundesliga-Hallencup bei denen bis zum Jahr 2005 Vereine wie jene aus Wien und Graz teils die komplette „Erste“ aufs Parkett schickte. Diese Zeiten sind vorbei.
Nach mehreren Stunden Hallenfußball und der Freunde über den Umstand dass es ihn doch noch gibt, wird sich Sturm im Finale gegen das Team aus Kroatien im Siebenmeterschießen durchsetzen. Die Halle bebt, wie schon beim Grazer Derby im Halbfinale bei dem die Sturmfans klar die Hausmacht unterstrichen. Dritter werden die Rotjacken, Platz vier geht an die Austria. 3000 Menschen gehen zufrieden nach Hause. Sie werden in einem Jahr, beim vierten Legenden Turnier, wieder kommen. Denn in Zeiten in denen gerade im Fußball alles nur mehr Business ist und einstige Ankerpunkte wie die winterlichen Hallenturniere verloren gehen, ist es schön zu wissen, dass manches doch wieder Bestand haben kann. Das nächste Turnier steigt am 27.12. 2023. Es wird wieder legendär werden.
Philipp Braunegger, abseits.at
Philipp Braunegger
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