Vienna-Manager Lorenz Kirchschlager: „Die Vienna braucht eine noch breitere Basis an Partnerschaften“
Sonstiges 22.Juli.2012 Daniel Mandl 0
Im Rahmen der Aktion „Das ASB trifft“ stellten die Fans im Austrian Soccer Board, Österreichs größtem Fußballforum, Vienna-Manager Lorenz Kirchschlager ihre Fragen.
Fem Fan: Haben wir aktuell einen Scout?
Lorenz Kirchschlager: Wir verfügen über ein breites, österreichweites Netzwerk, über das wir unsere Informationen beziehen. Peter Webora hat sich in der letzten Saison viele Spiele der „Heute für Morgen“ Erste Liga angesehen und diese für und mit dem Trainerteam analysiert. Er wird unsere Gegner auch dieses Jahr punktuell unter die Lupe nehmen.
Fem Fan: Werden in der nächsten Saison Auswärtsfahrten vom Verein unterstützt? Wenn ja, in welcher Form?
Lorenz Kirchschlager: Finanziell nein, organisatorisch ja.
Fem Fan: Kann ein Manager eines Fußballklubs auch irgendwann auf Urlaub gehen und gar das Handy ausschalten?
Lorenz Kirchschlager: Ja, man kann zu gewissen Zeiten des Jahres auf Urlaub fahren, das Handy bleibt aber auch da im Standby-Modus.
Fem Fan: Wann hast Du das erste Mal die Hohe Warte betreten?
Lorenz Kirchschlager: Das war Ende der 90er, als ich nach Wien zum Studieren gekommen bin.
Fem Fan: Wordrap, besser gesagt „entweder, oder“: Frucade oder Eierlikör?
Lorenz Kirchschlager: Frucade
Fem Fan: Brust oder Keule?
Lorenz Kirchschlager: Keule
Fem Fan: Hund oder Katze?
Lorenz Kirchschlager: Ich mag beide Tiere sehr gerne und bin mit beiden Haustieren aufgewachsen.
Fem Fan: Blau-Gelb oder Grün-Weiß?
Lorenz Kirchschlager: Steht mir beides gut.
Fem Fan: Steiermark oder Wien?
Lorenz Kirchschlager: Kein „oder“, sondern ein „und“. Beide haben ihre Vorzüge. An der Steiermark schätze ich die Natur und Landschaft, an Wien die Vielfalt der Freizeitmöglichkeiten und das Multikulterelle.
Fem Fan: Meer oder Berge?
Lorenz Kirchschlager: Meer.
Fem Fan: Rotwein oder Weißwein?
Lorenz Kirchschlager: Weißwein.
Fem Fan: Waren die ausstehenden Gehälter aus der Vorsaison bei den Neuvertragsabschlüssen, wie z.B. bei Fallmann, Speiser, Lebedev ein Thema, oder kramen Neulinge nicht in der Vergangenheit?
Lorenz Kirchschlager: Nein, das war kein Thema.
Fem Fan: Gibt es Hoffnung, dass wir nächste Saison finanzieller Natur solider unterwegs sein werden, abgesehen davon ob „Aspria“ kommt oder nicht?
Lorenz Kirchschlager: Ja, gibt es. Die nötigen Schritte – unter anderem die Reduktion des Personalbudgets – sind eingeleitet worden.
Luis Enrique: Warum fängt man erst jetzt mit dem großen Sparkurs an, ist dies nur auf die Auflagen der Bundesliga zurückzuführen?
Lorenz Kirchschlager: Das wirtschaftliche Umfeld ist in den letzten Monaten und Jahren immer schwieriger geworden, und es gilt sich an dieses anzupassen und sich innerhalb diesem zu konsolidieren. Wir wollen eine gesunde Vienna haben.
Luis Enrique: Warum hat man bisher „auf großem Fuß gelebt“ und zahlreiche namhafte Spieler sowie Trainer, die allesamt sicherlich nicht sehr billig waren, unter Vertrag genommen, wenn die finanzielle Lage ja scheinbar schon bisher eher angespannt war?
Lorenz Kirchschlager: Die Vienna hat nicht auf großem Fuß gelebt, es haben sich, wie gesagt, schlichtweg die Rahmenbedingungen verändert.
Luis Enrique: Warum hat man dafür sicher deutlich günstigere Spieler wie beispielsweise Bjelovuk oder Frenzl, die durchaus solide Leistungen gebracht haben, abgeschoben?
Lorenz Kirchschlager: Predrag Bjelovuk hat im Zuge seines Engagements beim NAC die Chance bekommen, nebenher ins Berufsleben einzusteigen. Das wäre im Rahmen des professionellen Trainings- und Spielbetriebes bei der Vienna nicht möglich gewesen, und wir wollten ihm diese Möglichkeit nicht verwehren. Es ist aber schon festzuhalten, dass die beiden erwähnten Spieler definitiv keine „deutlich günstigeren“ Spieler waren.
Luis Enrique: Warum hat man angesichts der finanziellen Lage nicht vermehrt versucht auf günstige Eigenbauspieler zu setzen? Die zahlreichen Spieler die zumindest in der Ostliga-Meistermannschaft gute Leistungen gebracht haben hat man ja bis auf Kröpfl ziemlich schnell aufgegeben, ohne eventuelle Leistungssteigerungen abzuwarten – und die Spieler der jetzigen erfolgreichen Amateurmannschaft haben eigentlich noch nie eine ernsthafte Möglichkeit sich zu beweisen erhalten.
Lorenz Kirchschlager: Für viele junge Spieler war die Luft in der zweiten Liga zu dünn, das wurde in den ersten eineinhalb Jahren nach dem Aufstieg deutlich. Einige andere haben sich – Beispiel Mario Kröpfl, oder Selim Imamoglu, der in der Bundesliga bei Wr. Neustadt unter Vertrag steht – weiterentwickelt. Jetzt haben Hakan Gökcek und Jasmin Fejzic ihre ersten Profiverträge unterschrieben und wir werden weiterhin versuchen, Eigenbauspieler an die Kampfmannschaft heranzuführen.
Luis Enrique: Gab es oder gibt es einen längerfristigen Plan für die sportliche sowie wirtschaftliche Entwicklung der Vienna?
Lorenz Kirchschlager: Wirtschaftlich wollen wir uns konsolidieren und in erster Linie das Netzwerk von klein- und mittelgroßen Sponsoren erweitern, da es im derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld schwierig ist, große Hauptsponsoren zu finden. Dafür wäre es – natürlich auch aus sportlicher Sicht, unter anderem um Junge besser heranführen zu können – wichtig, einmal eine „ruhige“ Saison zu haben, um die Planungssicherheit erhöhen zu können.
Antoine Doinel: Wie kamen Sie zur Vienna? Was taten Sie vorher?
Lorenz Kirchschlager: Ich habe Sportmanagement und Publizistik (1999-2006) studiert und parallel dazu die Management-Akademie der Österreichischen Fußball-Bundesliga (2002-2004) absolviert. Von 2003 bis 2004 war ich bei der Vienna für Medienarbeit und Marketing sowie die Lizenzierung zuständig, danach habe ich für die Heinz Palme Management GmbH im Bereicht Projekt-Management gearbeitet, u.a. waren da die Stadthallenturniere 2005, 2007 und 2009, Street Soccer Cups und die Koordination des Begleitprogramms „Österreich am Ball“ bei der Euro 2008 dabei. Vor allem das Mitwirken an der Koordination der Österreichischen Bundesregierung zur Euro 2008 war eine tolle Zeit. Im Dezember 2009 habe ich dann das Angebot der Vienna bekommen, seit Februar 2010 bin ich als Manager der Vienna tätig.
Antoine Doinel: Sie sind primär für wirtschaftliche Belange zuständig, oder?
Lorenz Kirchschlager: Ich bin für wirtschaftliche und organisatorische Belange zuständig und erfülle dort zahlreiche operative Aufgaben, die Letztverantwortlichkeit in den wirtschaftlichen Bereichen trägt der Finanzreferent, Vizepräsident Christian Bodizs.
Antoine Doinel: Wer entscheidet über die Verpflichtung eines Spielers?
Lorenz Kirchschlager: Nachdem sich die Verpflichtung aus sportlichen und wirtschaftlichen Aspekten zusammensetzt, liegt die sportliche Entscheidung beim Trainerteam, die wirtschaftliche beim Präsidium.
Antoine Doinel: Warum werden fast ausschließlich Einjahresverträge abgeschlossen?
Lorenz Kirchschlager: Die Laufzeit eines Vertrages entscheiden auch der Spieler und sein Umfeld mit. Wir haben in der aktuellen Transferperiode vor allem versucht, bei Verträgen mit vielversprechenden jungen Spielern vereinsseitige Optionen vertraglich festzuschreiben.
Antoine Doinel: Dominik Rotter der über einen gültigen Vertrag für die kommende Saison besitzt soll/te einen neuen, schlechter dotierten Vertrag akzeptieren, andernfalls wird/wurde ihm angedroht, zu den Amateuren abgeschoben zu werden. Wie läst sich ein derart unethischen Verhalten rechtfertigen?
Lorenz Kirchschlager: Mit Dominik Rotter laufen Gespräche, weshalb ich zu diesem Thema momentan keine Auskunft geben will.
michel: Was ist der Letztstand bezüglich „Aspria“?
Lorenz Kirchschlager: Der aktuelle Stand in Sachen Aspria wird vom Präsidium am 23.7.2012 im Rahmen einer Infoveranstaltung für alle Mitglieder der Vienna kommuniziert werden.
michel: Wie viele bezahlte Mitarbeiter hat der Club?
Lorenz Kirchschlager: Rund 30 Angestellte bzw. Arbeiter. Dazu kommen noch unsere Nachwuchstrainer und weitere helfende Hände. An Spieltagen fallen u.a. zusätzliche Kosten für Sicherheitsdienst, Polizei, Sanität usw. an.
michel: Zu wem hast du bei der EURO geholfen?
Lorenz Kirchschlager: Ich hatte kein Lieblingsteam, habe mich aber über die zahlreichen sehr guten Spiele sehr gefreut. Vor der Euro waren meine Favoriten auf den Sieg – wenig kreativ – Deutschland und Spanien.
michel: Haben sich diesmal angesichts der negativen Schlagzeilen wegen ausstehender Gehälter Spieler oder Manager selbst der Vienna angeboten?
Lorenz Kirchschlager: Die Frequenz von Anrufen, Mails und mehr oder weniger angemeldeten Besuchen von Spielern und Beratern während der Transferzeit ist komplett unabhängig von Schlagzeilen.
Istvan Who: Wie könnte aus Sicht des Managements ein realistisches Szenario aussehen, das die Vienna nicht im ewigen finanziellen und sportlichen Überlebenskampf beinhaltet, sondern auch einmal konstruktive Ambition und Planung „nach oben“ zulässt?
Lorenz Kirchschlager: Die Antwort auf diese Frage könnte Seiten und Bücher füllen. Ein kleiner Ausschnitt: Ein wirtschaftliches Ziel ist es, wie schon erwähnt, die Vienna auf eine breite Basis von Partnerschaften mit Klein- und Mittelunternehmen stellen, so dass der Ausfall eines Sponsors/Partners leichter zu verkraften ist. Gleichzeitig ist eine optimale, ganzjährige Auslastung des Areals auf der Hohen Warte (Stichworte Fußball, Tennis, Football, Firmenveranstaltungen etc.) erstrebenswert.
Istvan Who: Ist die einzige, in naher Zukunft realistische Option diesbezüglich der Deal mit „Aspria“?
Lorenz Kirchschlager: Nein, definitiv nicht.
Istvan Who: Ist es korrekt, dass sich seit Amtsantritt von Ing. Dvoracek der Schuldenstand der Vienna nicht vergrößert hat? Wodurch kamen die „Altlasten aus RLO-Zeiten“ zustande und seit wann sind sie der aktuellen Vereinsführung in ihrem vollen Umfang bekannt?
Lorenz Kirchschlager: Beim Amtsantritt von Präsident Dvoracek war ich noch nicht bei der Vienna tätig, dazu kann ich nichts sagen. Aber auch diese Frage kann man als Vienna-Mitglied am 23.7. stellen.
Herzlichen Dank an Lorenz Kirchschlager und Niko Ostermann für das Interview!
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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