Wahrheiten, Lügen und Statistiken über die Heute-für-Morgen-Erste-Liga
Sonstiges 10.Dezember.2011 Georg Sander 0
Der Drops ist gelutscht, die Messe gelesen. 21 Spieltage umfasste die Herbstrunde der Heute-für-Morgen-Erste-Liga. Vorne steht der SCR Altach, ganz hinten der TSV Hartberg. Das ist ein Bild, welches von Experten bereits vor der Saison gezeichnet wurde. Doch die etwas mehr als halbe Saison war spannender, als es diese nüchterne Erkenntnis erahnen ließe. abseits.at wirft einen Blick zurück, auf den Aufstiegs- und den Abstiegskampf, auf außergewöhnliche Spieler und taktische Kniffe.
Ausbildungsliga?
Die sponsorlose Heute-für-Morgen-Erste-Liga fristet ein Mauerblümchendasein. Ohne Bewerbssponsor und mit einer zwar leicht verbesserten, aber nach wie vor mangelhaften Präsenz im Fernsehen, tun sich die Vereine schwer. Das selbst auferlegte Ziel, Spieler für höhere Aufgaben auszubilden, wurde vor der Saison nicht erreicht. Mittelfeldspieler Daniel Schütz (Altach zu Wacker) und Torhüter Dejan Stojanovic (FC Lustenau zu FC Bologna) sind die einzig auffälligen Transfers des Sommers gewesen. Ein Blick auf die Torschützenliste offenbart, dass auch innerhalb der Liga andere Kriterien als die Jugend gelten. Unter den ersten 25 dieser Tabelle befindet sich kein einziger Spieler (!), der für die U21 spielberechtigt wäre. Von den sechs Spielern, die zehn Tore oder mehr erzielt haben, ist gar kein Spieler dabei, der unter 23 Jahre alt ist. Der führende der Torschützenliste Christoph Falk vom WAC/St. Andrä ist Jahrgang 87 und wird wohl nur noch von sehr verblendeten Analytikern als „Talent“ bezeichnet“. Auch in der Dauerbrennerstatistik befindet sich mit Innenverteidiger Michael Sollbauer unter den Top25 nur ein Spieler, der für Andreas Herzogs Team spielen darf. Auch bei den nominellen Kapitänen vertrauen die Trainer auf bewährte Kräfte. Sieben der zehn Schleifenträger sind 30 Jahre oder älter, der jüngste ist Jürgen Rindler (25) vom TSV Hartberg. Einen Altersdurchschnitt von unter 23 weisen nur der SKN St. Pölten (22,9) und der FC Lustenau (22,6) auf. Das selbstauferlegte Bild der „Ausbildungsliga“ darf angesichts dieser Fakten als verzerrt bezeichnet werden.
Finanzielles…
Wie die Kollegen von 90minuten.at recherchierten, steht es um die Klubs der zweiten Spielklasse offiziell recht gut. Lediglich der Bundesligaabsteiger LASK gab einen relativ hohen Verlust von 1,195 Millionen Euro an. Das erklärt sich durch einige Verträge aus der Vorsaison in der Bundesliga. 74 Prozent des Umsatzes fließen im schwarz-weißen Linz in Personalkosten. Im Schnitt geben die Vereine rund 60 Prozent ihres Budgets für ihr Personal aus. Als „absurd gering“ werden beim Finanzreport die Kosten für die Angestellten des TSV Hartberg bezeichnet. Nur rund 540 000 Euro sollen in der Steiermark ausgegeben werden. Immerhin befinden sich mit Andreas Dober, Matej Miljatovic, Martin Zivny oder Luca Tauschmann einige Spieler im Kader, welche bereits in diversen höchsten Spielklassen gekickt haben. Blau-Weiß Linz stieg mit einem Kader, welcher 350.000 Euro kostete in die zweite Spielklasse auf. Das wirft die Frage auf, wie die Hartberger einen so billigen Kader haben können? Grundsätzlich gilt ja, dass ein Profi 14 Mal im Jahr mindestens 1000 Euro brutto verdienen muss. Bei einem durchschnittlichen Kader von 25 Spielern ergibt das schon eine Summe von 350.000 Euro. Vollkommen wertfrei darf jetzt jeder Leser rechnen, wie sich das ausgehen soll – und nicht Trainergehälter et cetera vergessen!
Zuschauer- eine erfreuliche Statistik
Auf der Suche nach Positivem in dieser Saison in Österreichs zweithöchster Spielklasse fällt aber definitiv die Zuschauerstatistik auf. Besuchten in der gesamten Vorsaison 310.782 Fans die Stadien, waren es diese Saison bereits 227.426. Das ergibt einen Schnitt von 2.165 gegenüber 1.726 in der Vorsaison, eine prognostizierte Zuschaueranzahl von 389.873 und eine Steigerung von über 25 Prozent. In der ersten Bundesliga beträgt der Schnitt bisher 6.900 und die Gesamtanzahl bisher 527.700. Das wären 1.187.325. Somit würde die zweite Spielklasse rund drei Mal weniger Zuschauer haben. Bei unseren Schweizer Nachbarn beträgt der Schnitt in der Challenge League übrigens 2050 Zuschauer, in der Super League allerdings 12 703. Das Verhältnis ist also dort mit 1:5 anders gelegen. Zu erklären ist diese Statistik so, dass neben dem traditionellen Lustenauer Derby der LASK und Blau-Weiß einige Zuschauer und Derbys mitbringen. Auch Altach überzeugt mit Aufstiegsstimmung, genauso wie die Lavanttaler vom WAC. Mit Absteiger Gratkorn und Aufsteiger Admira verlor die Liga auch zwei Teams, welche weniger Zuschauer als die Linzer Clubs mitbrachten. Es ist aber anzumerken, dass die Liga nicht etwa wegen der besseren Vermarktung mehr Zuschauer als im letzten Jahr hat, sondern, weil eben Teams mit großem Zuschauerpotential dazukamen. Ein kleiner Ausblick: Mit dem GAK liegt ein weiterer Zuschauermagnet gut im Aufstiegsrennen! Der Ruhm gehört aber der Tradition der Liganeulinge, nicht der Bundesliga.
Außergewöhnliches
Die Spieler präsentieren sich gut in Schuss. Bei nur zwei Partien durften keine Tore bejubelt werden (9. Runde, Vienna – BW Linz, 10. Runde, Austria – Grödig). Den höchsten Sieg feierte der FC Lustenau, als am 15. Spieltag Blau-Weiß mit 1:6 demontiert wurde. Ein gern gesehener Gast in der Fremde war die Vienna, vor allem gegen Ende der Hinrunde. Der FC Lustenau, der LASK, Blau-Weiß und Altach durften den Goalies der Döblinger gleich vier Stück einschenken. Apropos Tore: Der WAC erzielte elf seiner 49 Tore in der Zeit zwischen der 16. und der 30. Minute., bewiesen aber mit neun Treffern nach der 75. Minute auch einen langen Atem. Die Altacher fühlten sich hingegen gleich nach der Pause wohl, erzielten in der Viertelstunde nach Wiederanpfiff mit elf Toren die meisten Treffer. In Wien geht die Mär um, die Vienna hätte zwei Gesichter. Hier nun der Beleg in Zahlen: In Durchgang eins erzielten die Blau-Gelben acht Tore, die restlichen neunzehn nach der Pause. Des Weiteren fällt auf, dass der bevorzugte Fuß in der zweiten Spielklasse der rechte ist. Vor allem der FC Lustenau scheint die linken Beine nur zum Stehen zu gebrauchen – lediglich ein Tor wurde aus dem Spiel heraus mit links erzielt. Auffällig auch die Strafstoßstatistik der LASKler, gleich sechs Elfmeter wurden verwandelt, während die Grödiger vom Punkt aus gar nicht erfolgreich waren. Auch die Gegentorstatistik fördert Interessantes zu Tage. So erhielt der FC Lustenau die meisten Gegentore in der Viertelstunde nach der Pause, die anderen Abstiegskandidaten Hartberg und Vienna erhielten in der Schlussviertelstunde gleich elf Treffer. Richtig wach präsentierten sich die Altacher – sie mussten lediglich sechs Gegentore vor der Pause hinnehmen. Ein Blick aus der Ferne auf diverse Statistiken zeigt, dass die Teams, die hinten drinnen stehen, vor allem in der zweiten Halbzeit nachlassen. Des Weiteren leben die Lavanttaler von der Devise „Vorne immer eins mehr als hinten rein“, denn der LASK, BW Linz, die Austria und St. Pölten liegen hinter ihnen und erhielten weniger Tore. Altach hat zumindest der Torstatistik nach das Zeug zum Aufsteiger. 43 geschossenen Toren stehen lediglich 21 erhaltene Treffer gegenüber.
Es ist vorne wie hinten alles knapp und damit angerichtet, dass auch das Frühjahr spannend wird.
Georg Sander, abseits.at
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