Welche Perspektiven kann ein Verein haben, der auf der Hohen Warte Profifußball spielen will, wenn es innerhalb von 20 Minuten zu Rapid und Austria... Weg von dort unten – der First Vienna FC im Preseason-Check

Welche Perspektiven kann ein Verein haben, der auf der Hohen Warte Profifußball spielen will, wenn es innerhalb von 20 Minuten zu Rapid und Austria geht? Einen Platz im Mittelfeld der zweiten Liga, das ist die Antwort.

Endlich weg von dort unten

Herbert Dvoracek gibt seit dem Aufstieg im Mai 2009 den Präsidenten des Vereins, vertraut aber auf Lorenz Kirchschlager, wenn es um die Budgetplanung geht. Dieses enge Budget versucht Alfred Tatar auf sportlicher Eben zu verwalten. Der Trainer, der zunächst die SV Ried und die Admira betreute, arbeitete bei Amkar Perm und Lokomotive Moskau als Co-Trainer von Raschid Rachimov, ehe er Ende August 2010 die Vienna von Frenkie Schinkels übernahm. Tatar brachte die Mannschaft auf ein körperlich akzeptables Niveau und konnte den direkten Abstieg verhindern, die Vienna wies Ostligameister Parndorf in der Relegation in die Schranken. In der Saison 2011/12 schaute das Abstiegsgespenst auch recht oft vorbei, Platz acht konnte aber letztlich gesichert werden. Um von unten wegzukommen, möchte die Vienna nach einigem Pech bei Spielerverpflichtungen nun mit offensiverer Ausrichtung und einigen jungen hungrigen Spielern von unten raus.

Spielerkader

Eine lange Liste an Spielern wurde abgegeben. Insgesamt 17 Akteure verließen den Verein, darunter die Routiniers Matthias Hattenberger (Ziel unbekannt), Wolfgang Mair (FC Liefering) oder die ausgeliehenen Spieler wie Goalie Thomas Dau (SK Rapid) oder Julian Erhart (SCR Altach). Unter den Abgängen befinden sich auch Leistungsträger wie Rade „Radogoal“ Djokic (FC Sunkar/KAZ) oder Freistoßspezialist Marjan Markovic (FK Kaisar Kyzylorda/KAZ). Keine leichte Aufgabe für Alfred Tatar. Umgekehrt konnte er nach Saisonende seine Vorstellungen ohne Gegenwehr von routinierten Akteuren umsetzen. Prominentester Neuzugang ist Thomas Mandl (33) vom LASK, der mit Oldie Ernst Dospel (35) der Defensive Stabilität verleihen soll. Dazu unterzeichnete noch Andreas Dober (26) jüngst einen Vertrag. Mit Jochen Fallmann (33) wurde ein erfahrener Sechser vom SKN St. Pölten verpflichtet. Der Spielmacher kam auch vom SKN, Mirnes Becirovic (23) soll mit Mesut Dogan (27), der im Nachwuchs der Austria spielte und später vor allem in der Regionalliga, das Spiel nach vorne leiten. Ganz vorne soll Markus Pink (21) für Tore sorgen, er spielte schon in der Bundesliga bei Austria Kärnten sowie in der U19-Nationalmannschaft. Auf der rechten Außenbahn in der Offensive wird Hansi Hinterseers Neffe Lukas Hinterseer (21) für Gefahr sorgen. Auch er spielte mit seinem Stammverein Wacker schon in der Bundesliga, war zuletzt an den FC Lustenau ausgeliehen. Bis zum Saisonauftakt im Cup Mitte Juli werden wohl noch zwei bis drei Spieler verpflichtet werden. Vor allem auf den Außenbahnen defensiv wie offensiv besteht Handlungsbedarf.

Spielerische Kultivierung

Alfred Tatar möchte weg vom 4-4-2, das bis in den Herbst 2011 praktiziert wurde. Dieses ist schlichtweg nicht die richtige Formation und die letzte Saison zeigte, dass man mit mehr Mut auch belohnt wird. In einem 4-5-1, das im Grunde genommen ein 4-3-3 ist, soll eine dreifach besetzte Zentrale die Außen- und den Mittelstürmer bedienen. Zwar wird auf das zentrale Mittelfeld auch viel defensive Arbeit zukommen, aber Mut zur Offensive wurde bei gegebenem Weitblick noch sehr selten wirklich bestraft. Immerhin beherrschen die Konkurrenten aus Hartberg und Lustenau auch das Offensivspiel und die Tordifferenz könnte ein entscheidender Faktor werden. Ein Vergleich: Mit einem defensiven 4-4-2 mit Doppelsechs kassierte man im Herbst vier Tore gegen Altach, im Frühjahr konnte im 4-3-3 gewonnen werden. Und zurückziehen kann man sich noch immer. Mit schnellen Vorstößen soll eine spielerische Kultivierung erreicht werden.

Wunschaufstellung

 

 

 

 

 

 

Die Erwartungen

Es muss nun der nächste Schritt Richtung gesichertes Mittelfeld folgen. Je schneller man sich der 40-Punktemarke nähern kann, desto eher ist das möglich. Wichtig wird sein, dass Tatar am offensiven Plan festhält, selbst wenn es sich anfangs noch nicht in Punkten niederschlagen sollte. Das muss den Verantwortlichen auf der Hohen Warte bewusst sein, denn die Meisterschaft wird nicht im Sommer 2012 entschieden, sondern im Mai 2013. So lange bis zum Winter ein kleiner Polster zum Tabellenletzten vorhanden ist, kann das Mittelfeld angepeilt werden. Die Mannschaft wirkt hungriger und taktisch disziplinierter als in der abgelaufenen Saison. Selbst wenn die Vienna mit wehenden Fahnen untergehen sollte, wäre sie in der Ostliga eine attraktivere Adresse, als ein Verein, der den Strafraum verrammelt und dann trotzdem die entscheidenden Gegentore kassiert.

Georg Sander, abseits.at

Georg Sander

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