Jeden Sonntag wollen wir in dieser neuen Serie einen Blick in die Vergangenheit werfen: Wir spielen sozusagen einen Zuckerpass in den Rückraum und widmen... Wiederholung in Zeitlupe (16) –  Weltmeisterin in Kanada (KW 27)

Jeden Sonntag wollen wir in dieser neuen Serie einen Blick in die Vergangenheit werfen: Wir spielen sozusagen einen Zuckerpass in den Rückraum und widmen uns kurz und bündig legendären Toren, Spielen, Fußballpersönlichkeiten, Ereignissen auf oder neben dem Platz und vielem mehr. Wir wollen Momente, Begebenheiten, Biografien im Stile von Zeitlupenwiederholungen aus dem TV nochmals Revue passieren lassen. Diesen Sonntag reisen wir zurück zum 5. Juli 2015, als das US-amerikanische Frauenfußballteam gegen Japan Weltmeisterin wurde …

Eine echte Frauensache

Fußballerin in Amerika müsste man sein. Der Ballsport ist in den USA weiblicher Volkssport. Es ist der beliebteste Collegesport unter Frauen. Seit 2013 gibt es – nach mehreren gescheiterten Versuchen – mit der National Women’s Soccer League auch eine Profiliga für Fußballerinnen. Kein Wunder, dass bei dieser intensiven Förderung auch der erste Weltmeistertitel an die USA ging. Nach dem Triumph 1991 folgte acht Jahre später der zweite Streich. Als Brandi Chastain den letzten Elfmeter verwandelt hatte, jubelte sie im schwarzen Sport-BH. Das Bild ging um die Welt und brachte Chastain einen Werbevertrag mit Nike ein. Die Stürmerin betitelte später sogar ihre Biografie in Anspielung auf die Ereignisse mit „It’s Not About the Bra“ (Es geht nicht um den BH). Die US-Frauen waren noch nie schlechter als Dritte bei einer WM-Endrunde. 2015 reiste man daher als Mitfavorit zum Turnier nach Kanada.

Die Endrunde begann für die US-Amerikanerinnen am 8. Juni in Winnipeg mit dem Gruppenspiel gegen Australien. Der 3:1-Sieg sah jedoch nur am Papier aussagekräftig aus, in Wahrheit mühten sich Hope Solo und Co. in das Turnier. Sie konnten auch beim zweiten Spiel gegen Schweden nicht überzeugen: Nach Abpfiff hieß es 0:0. Gegen Nigeria schoss Ersatzkapitänin Abby Wambach in ihrer letzten Weltmeisterschaft das entscheidende Tor zum 1:0-Sieg. Im Achtelfinale trafen die US-Girls auf Kolumbien: Alex Morgan wurde in der zweiten Halbzeit knapp innerhalb des Strafraums von der Torhüterin von den Beinen geholt. Den folgenden Strafstoß vergab Wambach aber beinahe kläglich. Das erste Tor erfolgte nach einem Torfraufehler ehe Carli Lloyd nach einem erneuten Elfmeterfoul an Rapinoe vom Punkt alles richtigmachte und die USA mit 2:0 eine Runde weiter schoss. Im Viertelfinale trafen die US-Amerikanerinnen auf die chinesischen Frauen, wo Lloyd in einem umkämpften Match das rettende 1:0 machte. Im Halbfinale wartete mit Deutschland ein harter Brocken: Torfrau Nadine Angerer konnte sich anfangs mehrmals mit dem Fuß auszeichnen. Die Deutschen bekamen die Chance auf die Führung, verschossen jedoch einen Elfer. Die fast 32-jährige Carli Lloyd machte es besser, traf vom Punkt und es stand 1:0 für die US-Amerikanerinnen. Anschließend konnte die eingewechselte O’Hara eine wunderschöne Kombination abschließen und die heute vierfachen Weltmeisterinnen standen im Finale.

Die von Jill Ellis trainierte Elf traf in Vancouver vor rund 53.000 Zuschauern auf die amtierende Weltmeisterin Japan. Das Spiel begann überraschend furios. Es schien als hätten sich die US-Damen ihr Potential für dieses Finale aufgehoben: Bereits nach 14 Minuten stand es 3:0 für die erfolgreichste Frauenfußballnationalmannschaft der Welt. Lloyd traf zweimal nach ruhenden Bällen in den Elfmeterraum und Holiday knallte den Ball nach einem Abwehrfehler auf Höhe des Elfmeterpunktes ins Netz. Lloyd wurde nicht nur zur Spielerin des Spiels, sondern auch zur Spielerin des ganzen Turniers gewählt und war außerdem zweitbeste Torschützin. Die Nummer 10 der US-Amerikanerinnen sah in der 16. Minute, dass die japanische Torfrau Kaihori außerhalb ihres Tores stand und zog von der Mittelauflage ab. Das Finale war nach diesem 4:0 zwar so gut wie entschieden, doch die Japanerinnen gaben zunächst nicht auf und erzielten noch in der ersten Hälfte den Anschlusstreffer. Am Ende stand es 5:2 für die USA. Abby Wambach und Christie Rampone – die beiden Kapitäninnen – stemmten den Pokal in die Höhe. Rampone war bereits 40 Jahre alt, zeigte der Welt aber, dass die besten Frauenfußballerinnen aus den USA kommen. Vier Jahre später konnte die Nationalmannschaft den Titel in Frankreich verteidigen. Star dieses Turniers war Megan Rapinoe, die sich nicht nur mit ihrer sportlichen Leistung, sondern auch mit politischen Aussagen in den Vordergrund spielte. Später machten die US-Frauen Schlagzeilen, weil sie den herrschenden Gender-Pay-Gap gerichtlich Einhalt gebieten wollten. Frau wird sehen, wie die Reise der vierfachen Weltmeisterinnen weitergeht. Vermutlich weiter nach oben.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag