Zurück in die Zukunft – Der Kapfenberger SV im Preseason-Check
Sonstiges 19.Juli.2012 Georg Sander 0
Mit spannenden Mitteln versuchte der KSV die Klasse zu halten: Ein Happel-Schüler (Thomas von Heesen) auf der Trainerbank und acht (!) Neuzugänge im Winter reichten nicht zum Klassenerhalt. Es braucht in Österreich zwei Dinge, um erfolgreich Fußball zu spielen: Einen Haufen Geld oder ein langfristiges Konzept.
Zurück in die Zukunft
Rückblende: 2007 waren die Falken sportlich schon abgestiegen, nur die Lizenzverweigerung für Admira und GAK hielten die Obersteirer im Profifußball. Mit dem in groben Zügen gleichen Kader konnte ein Jahr nach dem sportlichen KO die Rückkehr in die Bundesliga gefeiert werden, 41 Jahre nachdem der KSV damals abgestiegen war. Die Rot-Weißen-Kicker überzeugten fortan mit physisch hartem Spiel, einige Spieler machten sich einen Namen. Abwehrchef Dominique Taboga wechselte nach Norwegen, Michael Liendl zum FAK und Deni Alar sowie Gerson zu Rapid Wien. Trainersohn Michael Gregoritsch erspielte sich einen Vertrag beim deutschen Bundesligisten Hoffenheim, Goalie Raphael Wolf sicherte sich einen Transfer zum SV Werder Bremen.
Dennoch kam es im Herbst 2011 zu Rissen in der Mannschaft, Präsident Erwin Fuchs setzte den harten Knochen Werner Gregoritsch vor die Tür und holte die modernere Version, Thomas von Heesen. Der 50-jährige Deutsche, der unter anderem Arminia Bielefeld und den 1. FC Nürnberg betreut hatte, modernisierte das Spiel, installierte eine offensivere Viererkette und ließ acht Neue verpflichten. Doch der Aktionismus des Präsidenten trug keine Früchte, der Klassenerhalt wurde letztlich deutlicher verpasst, als zu dem Zeitpunkt, als Gregoritsch gehen musste. Mit Ausnahme von Oldie Kuljic verließen alle im Winter geholten Spieler den Verein wieder.
Auch wenn von Heesen den Vorwärtsgang zum Klassenerhalt wählte, ist es nun eine schwierige Situation für ihn. 23 Spieler gingen, 18 kamen. Auf dieser Basis scheint ein sofortiger Wiederaufstieg eigentlich ausgeschlossen, nur die Schwäche der Konkurrenz kann das ermöglichen. Wie lange sich der Deutsche, der in seiner Heimat nach wie vor einen guten Ruf genießt, Grödig und Hartberg antun will, ist auch unklar. Noch dazu bewies auch der Präsident, dass er gerne ungewöhnliche Schritte setzt.
Der Kader
Ein gewisses Grundgerüst wurde bei den Nachbarn von Sturm Graz geholt. Die Abwehrroutiniers Thomas Burgstaller (32) und Joachim Standfest (32) sollen mit Dominic Pürcher (24) hinten dicht machen, vorne wurde der talentierte, aber bei den Blackies ausgemusterte, Marvin Weinberger (23) verpflichtet. Im Mittelfeld wird weiterhin David Sencar (28) die Fäden ziehen. Mit Miguel Ramos (28) holte der KSV den beinahe schon obligatorischen Spanier für die Offensive. Der Mittelstürmer verbrachte zwei Jahre im B-Team von Atlético Madrid. Abgerundet wird der Kader durch Spieler, die aus dem eigenen Nachwuchs kommen, wie etwa Innenverteidiger Manfred Gollner (21) oder Mittelfeldspieler Mario Grgic (20). Vom selbstvorgegebenen Ziel, den Kader zu 80 Prozent aus dem eigenen Nachwuchs zu besetzten, ist man weit entfernt, derzeit liegt die Quote derer, die direkt über das Nachwuchsmodel und die Amateure in die erste Mannschaft kamen, bei nicht einmal 50 Prozent.
Von Heesens Taktik
Der bestimmende Faktor ist die Physis, das hat von Heesen mit seinem Vorgänger gemein. Damit konnten die Falken im Grunde genommen immer schon überzeugen, die Basis ist das Spiel gegen den 1. Simmeringer SC am 27. Oktober 1956 – „Des is’ Brutalität!“ meinte dazu Helmut Qualtinger. Auf Basis der kämpferischen Tugenden und des Konterspiels modernisierte der Deutsche die Ausrichtung, versuchte im ersten halben Jahr initiativer spielen zu lassen. Dazu sind offensive Außenverteidiger genauso wichtig, wie eine spielstarke Mittelfeldzentrale. Das nominelle 4-4-2 kann sehr schnell in ein offensiveres 4-3-3 umgewandelt werden. Ultramodern ist die Grundausrichtung nicht, die angestrebte Dominanz wird den Kapfenbergern aber gut zu Gesicht stehen.
Wunschaufstellung
Sofortiger Wiederaufstieg?
Natürlich können alle geübten Automatismen sofort greifen, die Jungen können sofort tolle Leistungen bringen oder Talentproben bestätigen. Aber das Leben besteht nicht aus Konjunktiven, sondern Fakten und diese belegen, dass es verdammt schwer werden wird, in der ersten Saison nach dem Abstieg wieder hinauf zu kommen. Der verpasste Aufstieg des GAK machte es zwar wohl leichter, einige junge Talente zu bekommen, aber die Konkurrenz, allen voran Altach, ist schon länger auf den Aufstieg eingestellt. Noch dazu müssen die ehemaligen Bundesligakicker aus Graz erst einen Paradigmenwechsel schaffen, ebenso die Mitabgestiegenen – die zweite Liga ist für die Einen härter, für die Anderen muss mit der Favoritenrolle erst einmal umgegangen werden, nachdem man Jahre lang gegen den Abstieg spielte. Der ausgewechselte Kader trägt auch noch einiges dazu bei, dass es verdammt schwer werden wird, sofort wieder raufzukommen. Aber die Geschichte des KSV zeigte vor fünf Jahren schon einmal, dass ein Schritt zurück zwei nach vorne bedingen kann.
Georg Sander, abseits.at
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