Transfers erklärt: Darum wechselte Arkadiusz Milik zu Bayer Leverkusen und Giuseppe Rossi zum AC Florenz
Fußball in Österreich 17.Januar.2013 Rene Maric 1
In dieser Rubrik gehen wir auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive beleuchtet werden. Wieso holt eine Mannschaft diesen Spieler? Wer ist dieser Spieler überhaupt? Was erwartet sich sein neuer Verein von ihm? Kann er die Erwartungen in seinem neuen Verein erfüllen? Diese Fragen sollen beantwortet werden. In dieser Ausgabe blicken wir auf zwei Stürmer, die für ihre neuen Vereine ein klares Fragezeichen sind.
Arkadiusz Milik: von Gornik Zabrze zu Bayer 04 Leverkusen
Mit Arkadiusz Milik wechselte ein polnisches Talent in die deutsche Bundesliga. In den vergangenen Saisonen gab es mit den Erfolgen der Dortmunder um Robert Lewandowski, Lukasz Piszczek und Jakub Blasczykowski ein Empfehlungsschreiben an die Klasse polnischer Spieler. Eines der nachrückenden Talente ist Milik, der bereits vier Spiele für die A-Nationalmannschaft bestritt und dabei einen Treffer erzielte. Für einen erst 18-Jährigen (Jahrgang 1994) eine beachtliche Leistung.
Ohnehin ist Milik ein Frühstarter. Bereits mit 16 Jahren debütierte er in der dritten polnischen Liga bei Rozwoj Katovice und erzielte prompt zwei Tore für einen perfekten Einstand. Kurz darauf, im Jahr 2011, wechselte er in die erste polnische Liga zu Gornik Zabrze. Insgesamt kam er seitdem auf 40 Einsätze und 14 Tore, wobei die meisten Treffer in dieser Hinrunde fielen – nämlich ganze sieben Tore in 14 Spielen, welche seinen Status als Riesentalent zementierten. Milik gilt dabei als ein kopfballstarker und athletischer Stürmer, der dazu noch eine gute Technik und einen starken Antritt auf den ersten Metern besitzt. Der Linksfuß ist 1,83m groß, laufstark und gut im Zweikampf, wodurch er die Voraussetzungen für einen sogenannten modernen Stürmer erfüllt. Gleichzeitig ist er handlungsschnell und sicher im Kombinationsspiel, was ihm ermöglicht, aktiv am Spielgeschehen teilzunehmen – ebenfalls die Markenzeichen eines modernen Mittelstürmers.
Allerdings muss beachtet werden, dass Milik gelegentlich auch sehr vertikal agiert und oft zu früh versucht, zum Abschluss zu kommen. Dabei zieht er aus der Distanz oder aus der Drehung ab, was auf höherem Niveau, wenn er weniger Zeit für diese Schussversuche hat, zu einem Problem werden könnte. Kommt er nämlich nur bedrängt zum Schuss wird er langfristig zu ineffektiv sein und den Ballbesitz zu oft herschenken. Solche einfachen Ballverluste kann sich die Kontermannschaft Leverkusen (zumindest in ihrem 4-3-2-1) nicht erlauben. Andererseits ist Milik noch jung und wird sicherlich diese Fähigkeit entweder gewinnbringend nutzen oder seine Spielweise umstellen. In erster Linie stellt sich die Frage, wo er seinen Platz finden wird. Der aktuelle Tabellenzweite scheint gut besetzt zu sein. Mit Stefan Kießling gibt es einen überaus konstanten 28jährigen Mittelstürmer, der oft unterschätzt wird, aber in den vergangenen Jahren durch seine Laufarbeit und konstante Torausbeute überzeugen konnte.
Milik dürfte sein Ersatz werden. Doch der junge Pole hat den Vorteil, dass er auch als hängender Stürmer oder gar als Flügelstürmer auflaufen kann. Mit Junior Fernandes hat man einen dritten Angreifer, der neben dem laufstarken und taktisch gut geschulten Kießling, sowie dem athletischen und robusteren Neuzugang Milik eine dribbelstarke und sehr dynamische Option ist, die deswegen auch aktuell vorzugsweise über die Halbpositionen als hängender Stürmer kommt. Dort ist aktuell André Schürrle gesetzt, Milik könnte eventuell auch ein Ersatz für Schürrle in dessen Rolle als verkappter zweiter Stürmer sein, während Gonzalo Castro auf halbrechts im Leverkusener 4-3-2-1 die Balance gibt – ihn können die verletzungsanfälligen und etwas unkonstanten Sam und Bellarabi ersetzen. Somit ist Milik einerseits eine Verpflichtung für die Breite im Kader und andererseits eine Investition in die Zukunft. Seine Zeit wird wohl dann kommen, wenn Kießling in den nächsten Jahren langsam seiner laufintensiven Spielweise Tribut zollen muss.
Giuseppe Rossi : von Villareal zum AC Florenz
Auch Giuseppe Rossi galt in seiner Jugend als riesiges Talent. Schon mit 17 Jahren wechselte er von der Jugendabteilung des AC Parma zu Manchester United, wo er verliehen wurde um Spielpraxis zu sammeln. Doch bei Newcastle United fand er zwar Einsätze vor, aber brachte nicht die nötige Leistung – in elf Einsätzen konnte er kein einziges Mal treffen. Insgesamt waren seine zwei Saisonen bei United und den Leihstationen wenig erfolgreich. Als Leihspieler konnte er sechs Monate lang nur beim FC Parma überzeugen, wo er mit neun Toren in 19 Spielen sein Können zeigte. Sein Talent war nach wie vor unbestritten, aber United zweifelte, ob er sich in England durchsetzen würde. Dass es ein Fehler war, den erst 20jährigen im Sommer 2007 abzugeben, zeigte sich bald.
Bei Villareal wurde er in den nächsten Jahren eine fixe Größe bei einem Champions-League-Teilnehmer. Mit Nilmar bildete er ab 2009 sogar eines der modernsten Sturmduos Europa, wo die beiden mit ihrer extremen Schnelligkeit und Bewegung die Abwehrreihen Spaniens und Europas durcheinander wirbelten. In seinen sechs Jahren bei Villareal erzielte er in 137 Spielen 54 Tore – eine beachtliche Quote für einen so jungen Stürmer, der sich nicht nur über das Erzielen von Toren, sondern auch seine Laufarbeit und das Mitspielen definiert. Nun wechselt Giuseppe Rossi nach zwei Jahren mit schwierigen Verletzungen in die italienische Liga zurück, wo er in Florenz auf alte Bekannte trifft, nämlich Borja Valero und Gonzalo Rodriguez. Der Fiorentina fehlt ein zweiter starker Stürmer neben Stevan Jovetic. Adem Ljajic ist zwar ein großes Talent, aber zu unkonstant und eher ein Spieler für das Mittelfeld. Luca Toni ist eher ein Brecher und kein Stürmer mehr für das höchste Niveau, während Mounir El Hamdaoui an Unkonstanz leidet und Jungstar Haris Seferic kaum in Tritt kommt.
Aktuell wird deswegen Luca Toni als Referenzpunkt in der Höhe eingesetzt, dahinter kommt Jovetic zum Zug. Doch mit Rossi könnte man Jovetic als technisch stärkeren Referenzpunkt für Toni einsetzen, der zwar im Spätherbst seiner Karriere gute Leistungen bringt, aber mittel- wie langfristig keine Option darstellt. Jovetic könnte dann seine körperliche Stärke mit seiner Technik verbinden und eine ähnliche Rolle wie Toni mit mehr spielerischer Qualität ausführen. Rossi wäre dann der dribbelstarke und überaus schnelle hängende Stürmer, der immer wieder die offenen Löcher schnell bespielt. In der Theorie also eine wundervolle Variante – doch besitzt Rossi nach seinen langwierigen Verletzungen noch die Schnelligkeit, um zu früheren Leistungen zu finden?
René Maric, www.abseits.at
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