Winterspiele in Katar? Von vergessenen Technologien bis zu geplatzten Grillabenden
Fußball in Österreich 11.Januar.2014 Stefan Karger 0
Jérôme Valcke, seines Zeichens FIFA-Generalsekretär, verlautbarte in einem Interview mit dem französischen Radiosender France Info, dass die Weltmeisterschaft 2022 in Katar nicht im Sommer ausgetragen wird. Das Turnier soll stattdessen in den Wintermonaten stattfinden, irgendwann zwischen dem 15. November und dem 15. Jänner. Die FIFA ruderte daraufhin rasch zurück und betonte, dass es sich um eine private Meinung des Generalsekretärs handeln würde. Offizielle Beschlüsse würden ohnehin erst nach der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien verlautbart werden.
Auch wenn es sich nur um eine persönliche Meinung Valckes handeln sollte, kann man inzwischen getrost davon ausgehen, dass im Sommer 2022 keine Weltmeisterschaft über die Bühne gehen wird. Es ist durchaus denkbar, dass er sein Statement gegenüber dem Radiosender in Absprache mit Sepp Blatter tätigte, um die Reaktionen der Medien zu testen und die Öffentlichkeit auf eine offizielle Meldung langsam vorzubereiten. Die Vergabe der Weltmeisterschaft an Katar stand von Anfang an in einem schiefen Licht, da aufgrund der kuriosen Entscheidung Korruptionsvorwürfe laut wurden und zu Recht Kritik an den zahlreichen Menschenrechtsverletzungen geübt wurde. Nach wie vor sterben pro Woche im Schnitt zwölf Immigranten bei Bauarbeiten, um dieses “Fußballfest“ zu ermöglichen. Im November verfassten wir einen detaillierten Artikel zu diesem Thema.
Überraschung: Katarsche Sommer sind heiß
Als am 02.12.2010 die Fußballweltmeisterschaft 2022 an Katar vergeben wurde, stand eine Verlegung des Turniers in die Wintermonate in keiner Weise zu Debatte. Hätte sich Katar für dieses Turnier beworben, unter der Voraussetzung, dass nur im Winter gespielt werden würde, dann hätten der Wüstenstaat den Zuschlag keinesfalls erhalten. Dass es im Sommer in Katar heiß sein würde, war den Verantwortlichen schon vor der Vergabe klar, doch Katar hatte neben den finanziellen Argumenten noch ein Ass im Ärmel. Hassan al-Thawadi zeichnete sich für die Bewerbung Katars verantwortlich und versicherte, dass die hohen Temperaturen für die Spieler und Zuschauer kein Problem sein würden, da mittels einer neuen Technologie die Temperatur in den Stadien von 50 auf 23 bis 27 Grad gesenkt werden würden. Es sollten Solarmodule zum Einsatz kommen, die mittels einer Absorptionskältemaschine Wasser unterhalb des Stadions stark kühlen. Die dadurch entstehende kalte Luft sollte direkt bei den Zuschauersitzen entweichen und das Stadion kühl halten. Diese Methode wurde auf diese Art noch nie angewandt und es konnten lediglich theoretischen Konzepten vorgewiesen werden.
Technologie kein Thema mehr
Katar erhielt aufgrund dieser Technologie den Zuschlag, doch schon Monate nach der Vergabe wurde es still um diese technische Innovation und sie spielte in den aufkommenden Hitze-Diskussionen plötzlich keine Rolle mehr. Stattdessen kam immer wieder das Argument auf, dass die Fans auch außerhalb des Stadions aufgrund der Hitze nicht reisen könnten und es unzumutbar für alle wäre, wenn im Sommer gespielt werden würde. Diese Argumente sind natürlich berechtigt, doch weshalb wurden diese Bedenken nicht schon vorher aufgebracht? Wie kann es sein, dass bei der Vergabe einer Weltmeisterschaft, zuerst nicht die elementaren Voraussetzungen geprüft werden, nämlich ob aufgrund der extremen Temperaturen, solch ein Großereignis überhaupt durchführbar ist. Die Antwort kennen wir alle, denn einige Entscheidungsträger werden persönlich von der Vergabe profitiert haben. Selbst Jerome Valcke deutete in einer privaten Mail an, dass die Vergabe an Katar durch Stimmenkauf zustande kam.
Die Folgen einer Verlegung in die Wintermonate
Sollte die Weltmeisterschaft in die Wintermonate verlegt werden, dann werden zahlreiche Ligen ihren Spielplan massiv ändern müssen. Stark betroffen ist beispielsweise die englische Premier League, die traditionsweise in den Wintermonaten keine Pause macht und ohnehin schon ein dichtes Programm hat. Es wurden bereits Vorschläge eingebracht die Zahl der Spiele zu reduzieren. Der FA-Cup könnte beispielsweise stark beschnitten werden: anstelle eines Rückspiels im Falle eines Unentschiedens, könnte es gleich im ersten Spiel eine Verlängerung samt Elfmeterschießen geben. Dies wird aber nicht ausreichen: Die Weltmeisterschaft dauert einen Monat, die Nationalteams kommen aber schon einen weiteren Monat davor zusammen, um gemeinsam zu trainieren und sich zu akklimatisieren. Der Meisterschaftsbetrieb kann auch nicht gleich nach der Weltmeisterschaft fortgesetzt werden, da die Nationalspieler eine Erholungsphase nach dem Turnier benötigen. Im Grunde fallen deshalb etwa zweieinhalb Monate weg. Für die Premier League bedeutet das, dass etwa 12 bis 15 Partien vorher oder nachher ausgetragen werden müssen – und wir reden hier nur von den Meisterschaftsspielen, die Cup-Bewerbe sind dabei noch gar nicht eingerechnet. Dies muss auch in der Terminplanung für die Saisonen davor und danach berücksichtigt werden, sodass gleich drei Spielzeiten von diesem Turnier massiv betroffen sein werden.
In anderen Ligen ist es vielleicht nicht so extrem, doch auch dort werden zahlreiche Umstellungen auf die Fans und Spieler zukommen. Ein weiteres Problem stellen zudem die Terminkollisionen mit den Olympischen Winterspielen 2022 und eventuell sogar dem Super Bowl dar. Als Fußballfan kann man angesichts dieser Farce nur noch ungläubig den Kopf schütteln. Keine Grillabende mit Freunden während der Weltmeisterschaft, Public Viewing ist ohnehin nicht möglich. Die Argumente für die Verlegung des Turniers sind natürlich nicht von der Hand zu weisen, dass aber Katar überhaupt den Zuschlag bekam ist der eigentliche Skandal.
Stefan Karger, www.abseits.at
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Stefan Karger
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