4:1 gegen Italien: DFB-Elf rehabilitiert sich für Niederlage gegen England
Fußball international 30.März.2016 Jens Bartholmae 0
Der deutschen Nationalmannschaft ist die Wiedergutmachung für die 2:3-Niederlage gegen England in überzeugender Manier gelungen: Das Team von Trainer Joachim Löw besiegte am Dienstagabend in München Italien mit 4:1 (2:0). Dabei war die DFB-Elf über 90 Minuten die überlegene Mannschaft und verdiente sich den Erfolg auch in dieser Höhe. Bei Italien dagegen ist nach dem starken Auftritt zuvor gegen die Spanier nun erst einmal wieder Ernüchterung eingekehrt. Neben dem Spiel verlor die Squadra Azzurra auch noch Verteidiger Leonardo Bonucci mit Verdacht auf eine Muskelverletzung. Wie sich am Tag nach dem Spiel herausstellte, zog sich der Turiner aber lediglich eine leichte Blessur zu und wird nur einige Tage pausieren müssen.
Aufstellungen
Deutschland (3-4-3): ter Stegen – Hummels, Mustafi, Rüdiger – Hector, Kroos, Özil, Rudy – Draxler, Götze, Müller
Wechsel: Reus für Götze (61.) / Can für Müller (69.) / Ginter für Hector (85.) / Volland für Draxler (85.) / Kramer für Kroos (90.)
Italien (3-4-3): Buffon – Acerbi, Bonucci, Darmian – Giaccherini, Motta, Montolivo, Florenzi – Insigne, Zaza, Bernardeschi
Wechsel: De Silvestri für Florenzi (61.) / Ranocchia für Bonucci (61.) / Okaka für Insigne (68.) / Parolo für T. Motta (68.) / El Shaarawy für Giaccherini (69.) / Antonelli für Zaza (78.)
Tore
1:0: Kroos, Assist: Müller (24.)
2:0: Götze, Assist: Müller (45.)
3:0: Hector, Assist: Draxler (59.)
4:0: Özil, Foulelfmeter (75.)
4:1: El Shaarawy, Assist: Okaka (83.)
Analyse
Beide Teams begannen mit fünf personellen Veränderungen im Vergleich zum jeweils zurückliegenden Testspiel: Bei Deutschland vertrat Ter Stegen den krankheitsbedingt fehlenden Manuel Neuer im Tor; Rudy spielte für Emre Can, Götze anstatt Mario Gómez im Sturmzentrum. Zudem kamen Draxler für Reus und Mustafi für Khedira ins Team.
Damit einhergehend ergab sich eine auch eine veränderte formative Ausrichtung im Vergleich zum England-Spiel: Löw ließ seine Elf in einer Art 3-4-3 agieren, wobei die Dreierkette Hummels-Mustafi-Rüdiger defensiv von den Außenspielern Hector und Rudy unterstützt wurde, die ansonsten (also bei eigenem Ballbesitz) sehr hoch agierten.
Özil spielte auf der für ihn ungewohnten Sechserposition, davor/daneben Kroos auf der Acht, und davor dann wiederum die offensive Dreierreihe Draxler-Götze-Müller mit Götze als falscher Neun im Zentrum.
Italien behielt die 3-4-3/5-4-1-Formation bei, die sich im Test gegen Spanien bewährt hatte. Personell ersetzte dabei Acerbi auf der linken Position der Dreierabwehrkette Davide Astori; in der Zentrale spielte Montolivo anstelle von Marco Parolo. Die Offensivreihe war mit Insigne-Zaza-Bernardeschi statt Eder-Pellè-Candreva komplett neu besetzt.
Von Anfang an präsentierte sich Deutschland als die aktivere der beiden Mannschaften: Die DFB-Elf agierte konzentrierter und zielstrebiger als es im Spiel gegen die Engländer der Fall gewesen war. Özil fand sich in der ungewohnten Rolle auf der Sechs gut zurecht, auch Kroos konnte in der Zentrale überzeugen.
Italien dagegen bekam selten jenen Zugriff auf den Gegner, den man noch im Spanien-Spiel hatte. Das Team von Antonio Conte agierte defensiv zu passiv und oftmals auch zu behäbig im Umschaltspiel. So gelang es den Deutschen immer wieder, die Pressingversuche der Italiener zu umspielen und gefährlich in die Zwischenlinienräume zu kommen. Auch deutsche Durchbrüche über die Außen brachten häufig Gefahr. So fiel nach einer Hereingabe von Thomas Müller von der rechten Seite das 1:0 durch einen präzise platzierten Flachschuss von Kroos aus ca. 16 Metern (24.).
Das 2:0 kurz vor der Pause war dann ein Kopfballtor des bei Bayern zuletzt selten spielenden Mario Götze – ebenfalls nach Vorarbeit von Müller, der diesmal im Zwischenlinienraum angespielt wurde und eine präzise Flanke auf den einlaufenden Götze schlug.
Die Deutschen hatten die nötige Ruhe und Passsicherheit, um den Ball kontrolliert zirkulieren zu lassen, bis sich Möglichkeiten ergaben, gefährlich vors Tor zu spielen. Den Italienern dagegen fehlte im Spiel nach vorne die Passgenauigkeit; sowohl flache wie auch lange hohe Bälle fanden oftmals nicht ihr Ziel. Das 2:0 zur Halbzeit war verdient.
In der zweiten Hälfte, in die es ohne personelle Veränderungen ging, zeigten sich die Italiener zunächst etwas engagierter: Tendenziell etwas höher pressend und mit einem zentraler agierenden Insigne verlagerte sich das Spielgeschehen in der ersten Viertelstunde nach dem Seitenwechsel öfter in die deutsche Hälfte, ohne dass dabei jedoch wirklich hochkarätige Torgelegenheiten entstanden. Am gefährlichsten in dieser Phase war eine Schusschance Montolivos, bei der der Ball allerdings links neben dem Tor vorbeiging. Deutschland dagegen blieb stets gefährlich, so auch in Minute 59, als der Kölner Jonas Hector nach schnellem Umschaltspiel und einer sehenswerten Kombination von Götze und Draxler das 3:0 erzielte.
In dieser Szene verletzte sich (ohne Fremdeinwirkung) Bonucci, für ihn kam Andrea Ranocchia ins Spiel. Mit dem 3:0 war die Partie aber praktisch entschieden, sodass in der Folge auf beiden Seiten munter durchgewechselt wurde. Deutschland wurde trotz der komfortablen Führung nicht nachlässig, kontrollierte weiterhin das Geschehen und kam durch ein Elfmetertor von Mesut Özil (Foul von Buffon an Rudy, nach sehenswertem langen Diagonalpass von Kroos auf den Hoffenheimer) zum 4:0 (75.).
Auf der Gegenseite gelang dem eingewechselten Römer Stephan El Shaarawy mit einem von seinem Vereinskollegen Antonio Rüdiger abgefälschten Weitschuss noch der Ehrentreffer für die Italiener (81.). Mehr war für die Squadra Azzurra aber nicht mehr drin und so feierte Deutschland mit einem deutlichen 4:1 den ersten Sieg gegen Italiens Nationalmannschaft seit fast 21 Jahren.
Für Joachim Löw und das deutsche Team war der Sieg jedoch nicht nur aus Prestigegründen wertvoll: Nach zuletzt mäßigen Leistungen und Resultaten hätte bei einem erneut nicht überzeugenden Auftritt etwas Unruhe rund um das deutsche Team entstehen und die eine oder andere Diskussion in Gang kommen können. Nach der souveränen Vorstellung am Dienstagabend hat man nun stattdessen aber erst einmal Ruhe und kann sich auf die Auswertung der Erkenntnisse der beiden Testspiele konzentrieren. Im Hinblick auf den EM-Kader wird es spannend zu sehen sein, welche der Wackelkandidaten und nachrückenden jungen Spieler Löw für eine Nominierung in Betracht zieht. Auch die Frage, wann/inwiefern etablierte Kräfte wie Schweinsteiger, Boateng oder Gündogan fit für Frankreich sein werden, bleibt spannend.
Auf italienischer Seite bleibt als Erkenntnis aus der Länderspielwoche, dass man den Topteams an guten Tagen durchaus erfolgreich Paroli bieten kann (siehe Spanien-Spiel), an weniger guten Tagen aber auch klar und deutlich unterlegen sein kann (siehe Deutschland-Spiel). Antonio Conte steht weiterhin vor der Aufgabe, eine konstant funktionierende taktische Ausrichtung zu finden und das dazu passende Personal zusammenzustellen. Nicht außer Acht gelassen werden sollte bei der Beurteilung der beiden Partien aber in jedem Fall, dass diverse etablierte Spieler wie Chiellini, Barzagli, Verratti oder Marchisio nicht zur Verfügung standen, die – sofern fit – bei der EM eine tragende Rolle einnehmen können.
Jens Bartholmae, abseits.at
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Jens Bartholmae
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