Während die Nationalteamverantwortlichen auch vor dem Türkei-Spiel noch von einer „kleinen Chance“ sprechen, gibt es einige kleine Fußballnationen, die realistische Chancen auf große Sensationen... Armenien, Montenegro, Ungarn – welche Außenseiter schaffen's ins EM-Playoff?

Während die Nationalteamverantwortlichen auch vor dem Türkei-Spiel noch von einer „kleinen Chance“ sprechen, gibt es einige kleine Fußballnationen, die realistische Chancen auf große Sensationen in der EM-Qualifikation haben. Die Gruppensieger sind zwar in den meisten Gruppen einzementiert, dahinter tummeln sich jedoch auch einige No-Name-Teams!

Armenien mit taktischer Disziplin zur Sensation?

So zum Beispiel in Gruppe B: Russland (16 Punkte) hat derzeit die besten Karten auf den Gruppensieg, danach kommen mit Giovanni Trapattonis Iren (14) und der minimalistischen Slowakei (14 bei 6:4-Toren) die beiden logischen Verfolger. Überraschend weiterhin im Rennen sind jedoch die Armenier (11), die mit 13 Toren aus sieben Spielen das schusskräftigste Team dieser Gruppe darstellen. Sollten Armenien am Dienstag auswärts in der Slowakei siegen und Russland gewinnt zeitgleich gegen Irland, wäre das Team von Wardan Minasjan schon Zweiter! Die interessantesten Kicker der Armenier spielen übrigens in der Ukraine: Shakhtar-Donetsk-Legionär Henrik Mkhitaryan ist 22 Jahre alt, hat 23 Länderspiele auf dem Buckel und erzielte in diesen fünf Tore. Bei seinem Ex-Klub Metalurg Donetsk spielen zwei weitere interessante Teamspieler Armeniens: Marcos Pizzelli (26) ist gebürtiger Brasilianer und seit 2008 Stürmer im armenischen Team, Gevorg Ghazaryan (23) ist wie zahlreiche andere junge Spieler eines der Kinder aus Armeniens goldener Fußballergeneration, die vor allem durch Laufstärke und taktische Disziplin auffällt.

Außenseiterchancen für Estland und Nordirland

In Gruppe C ist Italien mit 19 Punkten aus sieben Spielen praktisch durch – doch dahinter herrscht reges Treiben! Slowenien (11) und Serbien (11) kämpfen derzeit gleichauf um den Playoff-Platz, wobei die Slowenen zurzeit ein Spiel mehr haben. Serbien präsentiert sich aktuell nicht mehr so souverän wie es vor einigen Jahren der Fall war, Slowenien änderte seit der Weltmeisterschaft nicht viel an der Mannschaft. Die Sensationsteams lauern aber dahinter und haben im direkten Aufeinandertreffen am kommenden Dienstag die Chance einen großen Schritt in Richtung Playoff zu machen: Estland (10) empfängt Nordirland (9) und ist zum Siegen verdammt – denn auch Estland hat wie Slowenien bereits acht Spiele. Die Stars im estnischen Team sind Abwehrspieler Ragnar Klavan (25) von AZ Alkmaar und Flügelflitzer Tarmo Kink (25) von Middlesbrough. Die Schlüsselspieler der Nordiren spielen allesamt bei den Glasgow Rangers: Steven Davis, David Healy und Kyle Lafferty. Aber auch Manchester-United-Talent Jonny Evans (23), der Abwehrchef der nordirischen Elf, sammelte bereits internationale Erfahrung auf hoher Ebene.

Ungarn muss auf schwedische Umfaller hoffen

In Gruppe E beginnt Schweden (15) zu zittern, da Ungarn (15) immer näher kommt, auch wenn die Mannschaft von Sándor Egervari ein Spiel mehr hat. Zuletzt wahrte Ungarn die letzte Chance auf ein EM-Ticket durch einen Last-Minute-Sieg gegen Schweden, bei dem Panathinaikos-Stürmer Gergely Rudolf erst in der Nachspielzeit das 2:1 besorgte. Die aktuellen Stars der Ungarn: Sunderland-Torhüter Marton Fülöp (28), Innenverteidiger Roland Juhász (28) vom RSC Anderlecht und ganz besonders Balázs Dzsudzsák (24), der zuletzt um knapp 15 Millionen Euro von PSV Eindhoven zu „Kerimov-Spielzeug“ Anzhi Makhackhala wechselte. Ungarn muss am Dienstag nach Moldawien und muss dort gewinnen – Schweden trifft währenddessen auf die tor- und punktlosen Amateure aus San Marino, die zuletzt mit 0:11 in Holland, das mit dem Punktemaximum (21) die Gruppe anführt, verlor. Nur mit Siegen über Moldawien und Finnland kann Ungarn den zweiten Platz sichern, muss dabei aber auch hoffen, dass Schweden nach dem zu erwartenden Sieg über San Marino am Dienstag, im Oktober gegen Holland (h) und Finnland (a) Punkte liegen lässt.

Montenegro spürt die Schweiz im Nacken

Nach dem fulminanten Start der montenegrinischen Nationalmannschaft in Gruppe G, läuft das Team ohne den aktuell verletzten Ex-Rapidler Branko Boskovic (Kreuzbandriss, Comeback voraussichtlich im Oktober) nun Gefahr abzustürzen. England liegt mit 14 Zählern recht sicher an der Spitze der Gruppe, Montenegro hält bei einem minimalistischen Torverhältnis von 5:3 aus sechs Spielen und elf Punkten auf Rang 2. Doch wenn die Schweiz am Dienstag gegen Bulgarien gewinnt, könnte die Gruppe G ein Herzschlagfinale bekommen. In der darauffolgenden Runde muss die Schweiz nämlich nach Wales, während Montenegro England empfängt. Eine montenegrinische Niederlage und zwei Schweizer Siege würden Punktegleichheit bedeuten – und am letzten Spieltag der Qualifikation muss Montenegro zum Auswärtsspiel nach Basel! Der Top-Mann der montenegrinischen Nationalmannschaft ist Fiorentina-Stürmer Stevan Jovetic (22), der zusammen mit dem bei Juventus Turin unter Vertrag stehenden Mirko Vucinic (28) stürmt. Der Österreich-Bezug Montenegros: Branko Boskovic und Innenverteidiger Milan Jovanovic spielten für Rapid – ebenso wie Trainer Zlatko „Zizo“ Kranjcar, der als einer der erfolgreichsten Rapid-Legionäre aller Zeiten gilt.

Erste norwegische Teilnahme seit 2000?

In Gruppe H steht am Dienstag ein Schlüsselduell an: Dänemark empfängt Norwegen. Dänemark hat ein Spiel und drei Punkte weniger als die Norweger, dafür aber dasselbe Torverhältnis (7:4). Norwegen war seit nunmehr elf Jahren nicht mehr bei einem Großereignis dabei, die goldenen Zeiten schienen lange Zeit vorbei, doch eine neue Generation macht dem Land Hoffnung: So ist etwa Hannover-96-Legionär Mohammed Abdellaoue (25) zu einer Stütze herangereift und mit Fulham-Innenverteidiger Brede Hangeland (29) hat Norwegen einen starken Abwehrchef und Kapitän.

Zypern: Gute Klubs, miese Nationalmannschaft

Umgekehrt sehr enttäuschend: Zypern holte bisher aus fünf Spielen nur zwei Punkte, kassierte zwölf Gegentore. Die übertrieben vielen Legionäre in der zypriotischen Liga haben ein schwaches Nationalteam zur Folge, während Klubs von der Mittelmeerinsel mittlerweile regelmäßig Gäste in der UEFA Champions League sind – dann aber zumeist mit portugiesischen oder brasilianischen Schlüsselspielern. Da Zypern im Nationalteam keinen einzigen Legionär stellt, sind die Kaderspieler des aktuellen Tabellenvierten der Gruppe H (Island hält als Letzter erst bei einem Punkt) auf neun verschiedene heimische Klubs aufgeteilt – manche von ihnen sind nicht mal Stammspieler…

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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