Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (12): Liebe Megan Rapinoe!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag adressieren wir unseren Brief erstmals an eine Fußballerin.

Liebe Megan Rapinoe!

Ich gebe zu, ich habe mich nie für Frauenfußball interessiert. Weiß der Teufel warum. Gerade als Sportjournalistin wollte ich nicht nur aus reinem Pflichtgefühl über meine kickenden Geschlechtsgenossinen schreiben. Aus diesem Grund habe ich bis vor kurzem auch nicht die Weltmeisterschaft in Frankreich verfolgt. Am Laufenden gehalten haben mich nur meine Kollegen und mein Vater.

Mein Vater ist auch schuld daran, dass ich mir plötzlich doch die letzten Matches angeschaut habe und heute das Finale verfolgen werde. Als ich ihn letztes Wochenende besucht habe, ist es passiert. Weißt du, wann der Funke übergesprungen ist? In der fünften Minute des Viertelfinales USA vs. Frankreich. Du stehst beim ruhenden Ball, hebst den linken Arm, läufst an, ziehst ab: Tor! Irgendwie hüpft der Ball feinjustiert an allen Beinen, Hüften und den Händen der Torfrau vorbei. Dieser Freistoß, dieser Jubel, das 1:0 gegen den Gastgeber. Das hat auch mich gepackt!

Eigentlich ist es kein besonders schönes Tor. Es hat mich aber an die Freude erinnert, die ich einst empfunden habe, wenn mir ein Treffer gelungen ist. Das war aber nie für eine Nationalmannschaft, nie vor so vielen Zuschauern und nicht annähernd auf diese Art und Weise. Ab diesem Zeitpunkt habe ich auf dich geachtet. Schnell habe ich gesehen, wie du das Spiel deiner Mannschaft prägst. Du bist das Herz dieses US-Teams: Leitwölfin und Spielmacherin. Von solchen Spielern lebt der Fußball. Bei den Männern gab es Beckenbauer, Maradona, Pelé. Leader of the pack eben. Bei den Frauen gibt es (noch) kaum Referenz in dieser Größenordnung.

Zuvor kannte ich dich nicht als Sportlerin, nur als „Kopf des Tages“. Aktuell warst du aufgrund deiner Aussage, du würdest sicher nicht einer Einladung ins fucking Weiße Haus Folge leisten, in aller Munde. Trump hat via Twitter geantwortet und für kurze Zeit hieß es yellow hair vs. pink hair. Vor allem in deiner Heimat hat man intensiv diskutiert, ob dein Verhalten respektlos ist.

Klarerweise sehe ich das nicht so: In Europa hat obrigkeitshörige Vaterlandsliebe einen eher schlechten Ruf. Es ist mir aber auch aus anderen Gründen nicht so wichtig: Deine Antihaltung gegenüber deinem Präsidenten, dein Engagement gegen Rassendiskriminierung und gegen Homophobie sind für mich nicht entscheidend. Es ist mir auch egal, ob du rosa Haare hast oder mit deiner Freundin gemeinsam nackt für Magazincovers posierst. Für mich war dieses Spiel wichtig, indem du gezeigt hast, was für eine großartige Athletin du bist.

Jetzt nachdem ich mich entschlossen habe, diesen Brief an dich zu schreiben, habe ich mich aber auch mit deinen politischen Ansichten auseinandergesetzt. Und weißt du was? Wieder hast du mich „erwischt“! Bei einer Pressekonferenz hast du gesagt, du und deine Teamkolleginnen wolltet die gebotene Plattform nutzen, um Gutes zu tun, um das Spiel und – vielleicht auch – die Welt besser zu machen. Vielleicht sollte ich dich – vielleicht sollten wir dich – auch aus diesem Grund bewundern. Denn so einer edlen Haltung gebührt einfach nur Respekt.

Alles Gute für das Finale wünscht dir

Marie Samstag, abseits.at

Für unseren Kooperationspartner tipp3 ist Megan Rapinoes Team jedenfalls der große Favorit:

Marie Samstag

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