Zehnmal hat man es probiert, zehnmal ist man gescheitert. Red Bull Salzburg und das Thema Champions League ist mittlerweile eine ewige Leidensgeschichte, verbunden mit... Analyse: Farbloses Salzburg spielt in Belgrad 0:0

Zehnmal hat man es probiert, zehnmal ist man gescheitert. Red Bull Salzburg und das Thema Champions League ist mittlerweile eine ewige Leidensgeschichte, verbunden mit vielen Rückschlägen und traurigen Momenten. Doch im elften Anlauf soll nun alles anders werden und das große Ziel endlich erreicht werden. Und die Chancen stehen so gut wie lange nicht mehr, denn die Mannschaft der Bullen ist weitestgehend zusammen geblieben und auch Erfolgscoach Marco Rose suchte nicht das Weite, sondern wollte dieses Ziel in Angriff nehmen. Die letzte Hürde auf dem Weg in die Königsklasse ist nun der serbische Rekordmeister Roter Stern Belgrad und im Hinspiel trat man die Reise nach Serbien an in der Hoffnung, ein gutes Ergebnis für das Rückspiel zu erzielen.

Salzburg und der Versuch die Kontrolle zu erlangen

Der österreichische Meister veränderte auch in diesem Spiel die eigene Grundordnung nicht und vertraute auf das bewährte 4-3-1-2 System und die eigenen Spielprinzipien, die man auch beim schwierigen Auswärtspiel in Belgrad durchziehen wollte. Personell gab es auch nur kleine Fragezeichen, so bekam auf halblinks Routinier Junuzovic den Vorzug vor Schlager und neben Dabbur durfte im Angriff Yabo ran. Die Salzburger versuchten auch von Anfang an das Spiel in die Hand zu nehmen und mittels eines behutsamen Spielaufbaus die Kontrolle über die Partie zu erlangen, aber auch, um sich anzusehen, was der Gegner so vorbereitet und anzubieten hatte. Roter Stern Belgrad  wählte für die Partie gegen die Salzburger  eine 4-1-4-1 Grundformation aus, die jedoch sehr variabel daherkam und auch mal zum 4-4-1-1 oder einem flachen 4-5-1 wurde. Interessant war dabei zunächst, dass Roter Stern zu Beginn eher ein tannenbaumartiges 4-3-2-1 aufbaute und die beiden Achter sehr weit nach vorne rückten, wie man dies beim ersten Bild gut erkennen kann:

Salzburg im Ballbesitz, Roter Stern formiert sich zu einem 4-1-4-1, was allerdings anfangs wie ein 4-3-2-1 aussieht, da die beiden Achter (gelber Strich) aufrücken und wesentlich höher stehen als etwa die Flügelspieler.

Die Serben wollten wohl damit die vertikalen Passwege besser kontrollieren und mittels eigener Deckungsschatten diese abdecken, da dies ja bekanntlich einer der liebsten Aufbauarten der Bullen ist. Die ersten Sequenzen agierten die Gastgeber aus einem klassischen Mittelfeldpressing heraus, doch rasch kommandierte sie der Trainer nach vorne und so setzte man auch in der Anfangsphase immer mal wieder auf ein höheres Angriffspressing , womit man versuchte, die Salzburger unter Druck zu setzen und zu Fehlern zu zwingen. Die Bullen ließen sich davon allerdings nicht beirren und versuchten sich daraus spielerisch zu lösen, wobei Stankovic immer wieder mit Chipbällen auf die Seite die Räume hinter der ersten Pressinglinie des Gegners erfolgreich attackierte. Darüber hinaus gab es bei den Salzburgern die üblichen Muster im Aufbauspiel zu sehen. Breitstehende Innenverteidiger, Sechser Samassekou versuchte den Kontakt zu halten und die beiden Außenverteidiger schoben etwas weiter nach vorne, wobei sich Lainer auch mal tiefer aufhielt und Ulmer auch mal im linken Halbraum anzutreffen war. Gelegentlich gab es aber auch Ausweichbewegungen von Junuzovic zu sehen, der sich ab und zu mal in den linken Halbraum fallen ließ, genauso wie Haidara auf der anderen Seite. Also viele Varianten und Optionen, wie man das Spiel in höhere Zonen bringen konnte.

Nach einer guten Viertelstunde nahm bei den Serben die Frequenz beim Angriffspressing deutlich ab und man agierte von nun an quasi kontrazyklisch, indem man sich sehr tief fallen ließ und die Salzburger von nun an im Aufbauspiel völlig in Ruhe ließ. Diese Ruhe nutzten die Gäste dann auch dazu, sich den Gegner zurechtzulegen und geduldig nach Lücken in der Defensivformation zu suchen. Man versuchte dabei im Positionsspiel recht variabel zu agieren und so gab es bei der Besetzung der Räume immer wieder verschiedene Varianten und Schemata zu sehen. So agierte die Raute im Mittelfeld alles andere als zentrumsfokussiert, im Gegenteil, vor allem Haidara wich sehr viel auf den rechten Flügel aus und versuchte damit dem Spiel Breite zu geben und den Gegner auseinanderzuziehen, wie man anhand des nächsten Bildes gut sehen kann:

Hier ist das Salzburger Positionsspiel gut zu erkennen, sowohl Breite (Haidara im gelben Kreis) als auch Tiefe ist gegeben und man hat hinten im Aufbau eine Zwei gegen Eins Überzahlsituation, wodurch ein Innenverteidiger den Ball immer in die gegnerische Hälfte führen konnte.

Von den Bullen gab es generell sehr starke Ausweichbewegungen auf den Flügel zu sehen, sei es von den beiden Achtern oder Stürmern, die sich dabei immer wieder abwechselten. Interessant war dabei vor allem der Fokus auf die rechte Seite, wo man oft Überladungsversuche startete und versuchte eine Überzahl auf dem Flügel herzustellen, indem ein Achter und ein Stürmer herausrückten und auch Wolf auf die Seite eilte. Generell war „Zehner“ Wolf sehr aktiv und viel unterwegs, um sich als Kombinationspartner anzubieten. Trotz dieser Breite im Spiel und eines ordentlichen Positionsspiels, taten sich die Salzburger dennoch schwer, Lösungen zu kreieren und Gefahr auszustrahlen. Das hing damit zusammen, dass Roter Stern sehr tief verteidigte und alle Feldspieler sehr diszipliniert arbeiteten. Man verschob auch mit den beiden Ketten recht stark zum Ball und konnte so oft fünf bis sechs Spieler in Ballnähe aufbieten, wodurch man erfolgreich den Raum verengte. Die Abläufe wirkten allgemein bei den Serben sehr sauber, man zog sich im Zentrum oft zusammen, die Verteidigungslinie schob immer wieder nach und blieb nicht hinten stehen, wodurch man den Zwischenlinienraum gut verengte und wenig offene Räume offenbarte. Gelegentlich wurde die Abwehrreihe auch zu einer Fünferkette, indem sich ein Flügelspieler tief nach hinten fallen ließ und den aufrückenden Außenverteidiger verfolgte. Die gute Organisation der Serben kann man beim nächsten Bild auch gut erkennen:

Salzburg im Ballbesitz, Roter Stern steht extrem tief und mit allen 10 Feldspielern  kompakt und eng zusammen, weshalb Ramalho den Ball bis tief in die gegnerische Hälfte führen kann. Dadurch ist der Raum verdammt knapp und ein Vorwärtskommen gegen diesen massiven Abwehrblock schwierig. Man erkennt auch hier die Tendenz zur Fünferkette.

Die Salzburger versuchten geduldig den Ball zirkulieren zu lassen und den gegnerischen Block in Bewegung zu bringen, um auf eine Lücke zu lauern und diese dann zu bespielen. Diese gab es zwar auch gelegentlich, allerdings zog sich Roter Stern nach Pässen ins Zentrum wie eine Ziehharmonika zusammen und fokussierte sich auf diese Region. Auf den Flügeln gab es dadurch zwar ab und zu Räume, allerdings fehlte es den Bullen da an Durchschlagskraft und man konnte kaum Durchbrüche kreieren, weshalb auch die vielen Spielverlagerungen meist verpufften.

Auch wenn gelungene Torraumszenen Mangelware waren, so dominierten die Salzburger dennoch das Spielgeschehen vollkommen. Nicht nur wegen den hohen Ballbesitzzeiten, sondern vor allem aufgrund der Arbeit gegen den Ball. Durch das saubere Positionsspiel hatte man nach Ballverlust eine sehr gute Struktur, um sofort ins Gegenpressing  gehen zu können und den Ball wiederzuerobern, wobei hier vor allem mal wieder Sechser Samassekou herausragte. Aber auch gegen die vielen hohen Bälle der Serben war man sehr gut abgesichert und das aggressive Duo in der Innenverteidigung konnte alles abräumen, wobei vor allem Pongracic gefühlt alle Zweikämpfe gewann und kaum zu überwinden war. Man ließ sich auf die Spielweise der Serben ein, die viele lange Bälle auf Zielspieler Stojiljkovic spielten und den Kampf um den ersten und zweiten Ball aktiv suchten. Die Bullen waren darauf allerdings sehr gut vorbereitet und versuchten auch selber aktiv diese Spielweise zu provozieren, indem man den tiefen Linksverteidiger Rodic als „Pressingopfer“ auserwählte und Yabo ihn sofort nach Ballanahme im Sprint anlief, um den langen Ball zu provozieren. Dadurch, dass man also die eigenen Hausaufgaben gut machte, konnte man die Angriffsbemühungen der Gastgeber bereits im Keim ersticken und das Spiel vollkommen beherrschen.

Da man allerdings auch selber zu wenig konkret wurde und es an guten Momenten in der Offensive mangelte, ging man mit einem 0:0 in die Halbzeitpause.

Salzburg und die Suche nach der Lösung

Nach dem Wiederanpfiff zur zweiten Halbzeit gab es auf Seiten der Gastgeber prompt einige interessante Adaptionen zu sehen. Die augenscheinlichste war zunächst systematischer Natur, denn man passte die eigene Anordnung etwas an in Richtung eines 4-4-1-1, da man scheinbar mit der eigenen zu passiven Haltung nicht einverstanden war. Von nun an versuchte man die beiden Innenverteidiger bereits beim Spielaufbau aktiver zu stören und zumindest mit einem Stürmer anzulaufen, damit sie nicht in aller Seelenruhe das Spiel nach vorne tragen können, während der Zehner sich um Samassekou kümmern und im Auge behalten sollte. Die Stürmer versuchten dabei auch im Bogen anzulaufen, um die Verbindung zwischen den Innenverteidigern zu kappen und den ballführenden Defensivspieler nach außen zu drängen. Wenn dies gelang, verschob man im Block in Richtung Flügelzone, was man beim nächsten Bild auch gut sehen kann:

Salzburg im Spielaufbau, Roter Stern nun in einem 4-4-1-1 und man treibt den Ball erfolgreich nach außen, wo man dann als kompakter Block nachschiebt und versucht die Räume eng zu machen. Salzburg findet dagegen keine Lösung und muss den Angriff abbrechen und zurückspielen.

Durch die Umstellungen der Serben konnten die Salzburger das Spiel nicht mehr so beruhigen und hatten nun mehr Mühe, in die gegnerische Hälfte geordnet vorzudringen. Sei es in zentraler Position, oder auf dem Flügel, Roter Stern stand sehr kompakt und attackierte immer wieder energisch, machte es den Bullen also richtig schwer nach vorne zu kommen. Erschwerend hinzu kam, dass die Salzburger selbst immer unsauberer wurden und sich vermehrt leichtfertige Ballverluste leisteten, wodurch man sich in der Offensive zusätzlich etwas aus dem Rhythmus brachte und nicht mehr mit der selben Sicherheit agierte, wie noch im ersten Durchgang. Vielleicht lag es aber auch daran, dass die Salzburger ihre Anordnung ebenfalls anpassten und vermehrt mit einem klassischen 4-3-3 aufliefen, da Wolf immer öfter auf einer Höhe mit den beiden Angreifern stand und gemeinsam mit den beiden anderen Stürmern fleißig die Positionen wechselte. Mit dieser Adaption wollte man wohl für eine größere Präsenz in der letzen Linie des Gegners sorgen, um noch konkreter im letzen Drittel zu werden und für mehr Gefahr zu sorgen.

Geholfen hat es allerdings wenig. Nach wie vor spielte man sich zwar einige Male bis in die Nähe des gegnerischen Tores, allerdings fehlte es auch weiterhin an der letzen Genauigkeit und Durchschlagskraft, um etwas Zählbares aus diesen Situationen zu machen. Auf der anderen Seite wurde es dafür brandgefährlich, denn Roter Stern kam nach einer Standardsituation zu einer Doppelchance und Torhüter Stankovic musste mit einer Glanzparade eingreifen. Die restliche Spielzeit plätscherte die Partie dann so vor sich hin, da keine der beiden Mannschaften ein großes Restrisiko eingehen wollte, um eine Torchance zu kreieren bzw. einen Treffer zu erzwingen. Die letzte Chance der Partie hatte noch Roter Stern mit einem Distanzschuss, den Torhüter Stankovic allerdings parierte. Somit blieb es beim letztlich beim torlosen 0:0 und damit sind alle Augen auf das Rückspiel gerichtet.

Fazit

Die Salzburger konnten sich also im schwierigen Hinspiel in Belgrad, vor einem eigenartigen Ambiente und leeren Rängen, keine perfekte Ausgangssituation für das Rückspiel und damit den Einzug in die Gruppenphase der Champions League erarbeiten. In erster Linie hing das mit dem gut organisierten Gegner zusammen, der sehr diszipliniert verteidigte und den Bullen über die gesamte Spielzeit quasi auf den Füßen stand und sie in viele Zweikämpfe verwickelte. Der österreichische Meister machte das in der ersten Halbzeit noch recht passabel und man konnte sich in Ruhe den Gegner zurechtlegen und weit nach hinten drängen, wobei vor allem die Arbeit gegen den Ball wie so oft auf einem sehr hohen Niveau vonstatten ging und man dadurch nie in Gefahr kam die Kontrolle zu verlieren.

Mit den Anpassungen des Gegners im zweiten Durchgang konnte man die Serben allerdings ab da an nicht mehr so weit nach hinten drücken und gestaltete sich der Übergang in höhere Zonen wesentlich schwieriger und mühsamer. Darüber hinaus nahm auch noch die Fehlerquote in der Offensive merklich zu und dadurch konnte man keinerlei Durchschlagskraft in der gegnerischen Hälfte entwickeln und kam daher auch zu keinen wirklichen Torchancen mehr. Auf der Gegenseite musste man zwei, dreimal zittern und es brauchte es Torhüter Stankovic, damit es nicht zum schlimmsten Szenario kam und man dieses Spiel tatsächlich noch verlor. So geht dieses torlose Unentschieden letztlich in Ordnung, allerdings brauchen die Bullen nun im Rückspiel einen Heimsieg, um den Traum von der Champions League endlich zu verwirklichen.

Dalibor Babic, abseits.at

Stefan Karger

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