Der dritte Spieltag der UEFA Champions League stand auf dem Programm und für Red Bull Salzburg geht es dabei Schlag auf Schlag. Im Drei-Tage-Rhythmus... Analyse: Mutige Salzburger verlangen Bayern alles ab

Der dritte Spieltag der UEFA Champions League stand auf dem Programm und für Red Bull Salzburg geht es dabei Schlag auf Schlag. Im Drei-Tage-Rhythmus hat man aktuell Spiele zu absolvieren und die Belastung nähert sich der Schmerzgrenze an. Diesmal stand das Heimspiel gegen den aktuellen Titelträger in der Königsklasse Bayern München bevor und damit auch das Highlight in der Gruppenphase. Die Münchner präsentieren sich auch in dieser Saison als nahezu unbezwingbar, auch wenn die Ergebnisse in den letzten Spielen etwas knapper ausfielen. Daher witterte Salzburg auch seine Chance, den Bayern wehzutun und möglicherweise einen Punktegewinn einfahren zu können.

Salzburgs Blick auf das gegnerische Zentrum

Wenn man auf das aktuelle Bayern-Team trifft, dann folgt auch recht schnell die Einsicht, dass man vor einer großen Aufgabe steht. Die Münchner treten unter Trainer Flick absolut dominant auf, versuchen in den jeweiligen Phasen des Spiels die Kontrolle an sich zu reißen und mit einer aktiven Spielweise den Gegner förmlich zu erdrücken. Dabei kombinieren die Bayern ihre hohe individuelle Qualität mit einer gut eingestellten und strukturierten Mannschaft, die die Vorgaben des Trainers gut umsetzt und sich mit der Philosophie und der Spielanlage zu 100% identifiziert. Darüber hinaus verfügt man auch über einen breiten Kader, der qualitativ gut bestückt ist und es den Gästen erlaubt, einen zuletzt geschonten und damit frischen Stürmerstar Lewandowski auf die Salzburger loszulassen. Den Bullen stand also eine Mammutaufgabe bevor und man war gespannt, wie es der österreichische Meister anlegen würde.

Die Salzburger zeigten dabei am vergangenen Spieltag gegen Atletico Madrid bereits, dass man zweifellos auf diesem Topniveau mithalten und bestehen kann. Doch nicht nur das, man tat dies, ohne die eigene Identität zu verändern. Man versuchte auch gegen diesen starken Gegner, das eigene Gegenpressing durchzubringen und auch den Ball länger in den eigenen Reihen zu halten. Das ist gegen Atletico natürlich einfacher als gegen die Bayern, die dem Gegner keinen Ballbesitz zugestehen wollen. Daher stand den Bullen nun auch eine andere Herausforderung bevor, auf die man sich anpassen musste. Der österreichische Meister stellte sich auch gezielt auf den deutschen Rekordmeister ein und veränderte dafür leicht die Systematik.

Gegen den Ball wählte man im Anlaufen interessanterweise eine 4-3-2-1-„Tannenbaumformation“ aus, bei der mit Junuzovic, Camara und Mwepu drei zentrale Mittelfeldspieler aufliefen, davor Berisha und Szoboszlai auf den Halbpositionen platziert wurden und Koita den Mittelstürmer gab. Warum entschied sich Trainer Marsch zu dieser Variante? Sie zielte in erster Linie auf die beiden Sechser der Bayern ab. Die Gäste verfügen mit Kimmich über den aktuell wohl besten defensiven Mittelfeldspieler der Welt und der deutsche Nationalspieler nimmt auch eine sehr wichtige Rolle bei seiner Mannschaft ein. Er hält nicht nur die Ballzirkulation am Laufen und besticht durch seine Pressingresistenz, sondern kann auch mit seinen Bällen in die Spitze, eine Abwehr aus der Tiefe und fast aus dem Nichts aushebeln. Daher versuchte Salzburg, den Sechserraum der Bayern zu verschließen und die Deutschen auf die Außenbahn zu leiten. Um das zu bewerkstelligen, ließ man auch die Außenverteidiger der Münchner zunächst frei und sie konnten angespielt werden. Sobald dann der Pass nach außen erfolgte, schob der ballnahe Achter auf den Flügel hinaus und stellte den Gegenspieler, während der restliche Block ebenfalls nachschob.

Auf ein Angriffspressing verzichteten die Bullen dabei und ließen die Innenverteidiger des Gegners im Spielaufbau in Ruhe, um sich vordergründig auf eine kompakte Formation zu konzentrieren. Dieser Ansatz klappte auch nicht schlecht und man lenkte das Spiel oftmals tatsächlich auf den Flügel und weg aus dem Sechserraum, weshalb die Außenverteidiger der Gäste auch die meisten Ballkontakte sammelten. Allerdings nahm man die Sechser dadurch nicht ganz aus dem Spiel, denn Bayern fand Alternativwege ins Zentrum. Da die Salzburger auf eine Raumorientierung mit höchstens losen Manndeckungen setzten, passierte es hin und wieder, dass die Sechser sich freischieben und mit dem Ball aufdrehen konnten. Das tat den Bullen in der Anfangsphase durchaus weh, als Kimmich etwa dadurch Gnabry auf die Reise schickte und dessen erzielter Treffer aufgrund einer knappen Abseitsentscheidung zurückgenommen wurde.

Wildes Spiel nimmt seinen Lauf

Jedoch fanden die Salzburger sehr schnell ins Spiel hinein, wobei die frühe Führung natürlich einen großen Beitrag dazu leistete. Nach einem sehenswerten Konter in Unterzahl, kombinierten sich die Bullen im höchsten Tempo vor das gegnerische Tor, ehe Berisha alleine vor Welttorhüter Neuer die Ruhe behielt und mit einem Schuss ins kurze Eck zum frühen 1:0 traf. Das gab den Gastgebern natürlich zusätzlichen Auftrieb und das merkte man auch rasch. Immer wieder gab es gute Ballgewinne gegen die ansonsten so ballsicheren Münchner durch die kampfstarken Camara und Mwepu, wonach man in weiterer Folge gefährliche Konter fahren konnte. Doch es war ein Ritt auf der Rasierklinge, wenn die Salzburger nämlich zu den Umschaltsituationen ausschwärmten, gab es nicht immer eine passende Absicherung, weshalb Bayern immer wieder selbst nachfolgend zu Kontersituationen kam und gefährliche Momente kreierte. Dadurch kam eine unheimliche Dynamik und Intensität in das Spiel hinein und es ging sehr oft auf und ab.

Mut und Leichtsinn wechselten sich dabei bei Salzburg durchaus auch ab, denn man versuchte sich gegen das Pressing der Bayern spielerisch zu befreien und auch einen eigenen Spielaufbau aufzuziehen. Dabei ließ man Mwepu auf die rechte Seite abkippen und versuchte so das Pressing des Gegners mit einer Überzahl in dieser Region zu destabilisieren, um sich über diese Zone befreien zu können. Manchmal ging es tatsächlich gut und die Bullen konnten sich so befreien und nach vorne kommen, jedoch gab es auch einige gefährliche Ballverluste, die zu Großchancen des Gegners führten. So hatte man in einigen Situationen durchaus Glück und ein Elfmeter für den Gegner wurde zurückgenommen. Allerdings hatte Salzburg nach einem Eckball durch Ramalho auch die Möglichkeit auf 2:0 zu stellen und generell fuhr man selbst einige vielversprechende Angriffe. Es war durchaus imposant, wie die Bullen sich phasenweise aus der Umklammerung des Gegners befreien konnten und mit der Intensität des Gegners zurechtkamen. Vor allem Jungstar Szoboszlai wusste mit seiner überragenden Technik zu brillieren und fand selbst in engen Situationen immer wieder Lösungen, um die Angriffe aufrechtzuerhalten. In dieser Hinsicht bewegte man sich auf einem Niveau mit den Bayern und konnte ohne Probleme mithalten.

Natürlich gab es auch Phasen, wo man tiefer in der Abwehr stand und sich zurückzog. In diesen Fällen wurde aus dem 4-3-2-1 ein 4-4-2 und Szoboszlai rutschte auf den linken Flügel, um seinen Kapitän zu unterstützen und die Münchner zu doppeln. Das war auch notwendig, griffen die Bayern doch sehr stark über die Flügel an und suchten über diese Zone gezielte Durchbrüche in Richtung Strafraum. Die Flügelspieler gingen immer wieder in Dribblings und man verlagerte mehrmals auch die Seite, um sie in diese Situationen zu bekommen. Die Münchner attackierten dabei immer wieder den Raum zwischen Innen-und Außenverteidigung des Gegners, weshalb Müller oder ein Sechser abwechselnd mit Tiefenläufen in diese hineingingen. Das führte dann auch zum Ausgleichstreffer der Gäste, als Müller dies praktizierte und von Mwepu gelegt wurde, ehe Lewandowski vom Punkt aus das 1:1 erzielte.

Die Salzburger ließen sich davon allerdings nicht beirren und blieben weiterhin giftig und unangenehm für den deutschen Rekordmeister. Durch die extrem hohe Abwehrlinie und die Balleroberungen der Bullen, gab es immer wieder gute Kontersituationen, durch die man in Richtung des gegnerischen Strafraums kam. Allerdings verlangte dieses enorme Tempo beiden Teams sichtlich einiges ab, weshalb auch die Salzburger nach 35 Minuten etwas abwartender wurden. Ab und zu verpassten es die Salzburger nämlich, sich durch längere Ballbesitzphasen ein wenig Ruhe und eine Pause zu gönnen, um so nicht ständig kräftemäßig am Limit unterwegs sein zu müssen. Das rächte sich gegen Ende des ersten Durchgangs, weshalb Bayern noch kurz vor der Pause durch ein Eigentor zum 2:1-Führungstreffer kam und die Salzburger schockte. So mussten die Gastgeber trotz einer starken Leistung mit einem Rückstand in die Kabine.

Salzburg erzwingt Fehler bei Bayern

Mit dem Halbzeitergebnis konnten die Gastgeber natürlich nicht zufrieden sein und es spiegelte auch nicht wirklich das Spiel wider, denn man war eigentlich richtig gut in der Partie drin. Auch nach der Pause blieb es dabei und dieser Gegentreffer vor der Pause zu einem psychologisch schwierigen Zeitpunkt, warf die Bullen nicht aus der Bahn. Im Gegenteil, schon nach wenigen Augenblicken hatte Mwepu die große Chance auf den 2:2-Ausgleich, doch Torhüter Neuer parierte stark. Diese Situation gab den Salzburgern natürlich Selbstvertrauen und zeigte, dass man weiterhin im Spiel ist und dem aktuellen Champions-League-Sieger wehtun kann. Daher entschloss sich Salzburg-Trainer Marsch auch noch mutiger zu agieren und die Pressinghöhe etwas nach vorne zu schieben. So wurden zwar die Innenverteidiger des Gegners weiterhin nicht angelaufen, allerdings schob man auf die Seite heraus und versuchte da die Bayern unter Druck zu setzen, sobald der Ball zu den Außenverteidigern kam.

Und das zeigte tatsächlich Wirkung, denn durch dieses höhere Mittelfeldpressing, eroberte man einige Bälle und konnte so den gegnerischen Spielaufbau unterbinden. Speziell Rechtsverteidiger Pavard zeigte sich beim Pressing anfällig und leistete sich mehrfach Ballverluste, wodurch Salzburg einen guten Zugriff bekam und die Münchner vor Probleme stellte. Ein weiterer interessanter Aspekt war, dass die Bayern ihrerseits nicht mehr konsequent auf ein Angriffspressing setzten, sondern vom 4-2-3-1 öfter in ein 4-4-2 verfielen und die Innenverteidiger der Salzburger wiederum in Ruhe ließen. Dadurch bekamen die Gastgeber mehr Zeit am Ball und konnten sich öfter Ruhephasen genehmigen. Man merkte in dieser Phase schlicht, dass Salzburg sehr gut in der Partie war und Bayern alle Hände voll zu tun hatte.

Allerdings zeigte der deutsche Rekordmeister speziell im Konterspiel, warum man so viel Qualität hat und trotz der Probleme gab es einige Möglichkeiten, das 3:1 zu erzielen. Diese Chancen ließ man aus, weshalb Salzburg im Spiel blieb und seinerseits eine Möglichkeit nutzte. Der eingewechselte Okugawa traf zum 2:2, nachdem Innenverteidiger Ramalho einen starken Ballgewinn gegen Lewandowski verzeichnete und mit einem Traumpass den Japaner bediente, der vor dem Kasten die Ruhe behielt. Der Ausgleich war vollkommen verdient und auch danach blieben die Bullen am Drücker. Man hatte sogar die große Möglichkeit durch den eingewechselten Okafor auf 3:2 zu stellen, jedoch zögerte der Schweizer bei seiner Chance zu lange.

Die Bayern versuchten in der letzten Viertelstunde mit einem Dreifachwechsel neue Impulse zu setzen und frische Kräfte zu bringen. Interessanterweise entschied sich Salzburg-Trainer Marsch in dieser Phase, einen Innenverteidiger für einen Stürmer zu bringen und auf ein 5-3-2 System umzustellen. Eigentlich war man gut in der Partie, verteidigte die Angriffe der Bayern weitestgehend aufmerksam und blieb speziell im Konter gefährlich. Durch die Umstellung wurde man allerdings defensiver und die Bayern gewannen eine Überzahl im Mittelfeld, die man prompt bemerkte. Wenig später fiel dann auch das 2:3 nach einem Eckball und die Bullen lagen erneut in Rückstand.

Das war verbunden mit den Umstellungen natürlich äußerst bitter, da man nun fünf Verteidiger auf dem Platz hatte. Marsch versuchte auf ein 4-2-3-1 umzustellen, Wöber als Linksverteidiger und Ulmer davor zu postieren, doch die Luft war nach dem Rückstand sichtlich draußen. Das kräfteraubende Spiel zollte seinen Tribut und speziell der eingewechselte und frische Sané wirbelte durch die müden Reihen der Salzburger, wodurch das Ergebnis mit 2:6 letztlich noch unnötigerweise sehr deutlich ausfiel.

Fazit

Es war eine beeindruckende Leistung der Salzburger, auch wenn man dies aufgrund des Ergebnisses zunächst nicht vermuten würde. Doch 79 Minuten lang verlangten die Bullen dem deutschen Rekordmeister alles ab, lieferten sich einen Schlagabtausch auf hohem Niveau und sorgten so für ein abwechslungsreiches und spannendes Duell. Die Salzburger waren gut auf die Münchner eingestellt und enorm bissig, erzwangen so immer wieder Ballverluste bei den Gästen und das Trio Szoboszlai, Berisha und Daka war im Konter brandgefährlich, wodurch man immer im Spiel war. Selbst nach dem bitteren Rückstand ließ man nicht locker und kämpfte sich zurück, wobei man über weite Strecken des zweiten Durchgangs sogar noch stabiler als im ersten wirkte und ein Punktegewinn in Reichweite schien.

Letztlich kassierte man aus einer Ecke das bittere 2:3 und von diesem Nackenschlag erholte man sich nicht mehr. Allerdings sollte auch hinterfragt werden, warum Salzburg-Trainer Marsch in einer Phase, wo man eigentlich gut im Spiel war, defensiv wechselte und von einer funktionierenden Anordnung folglich auf eine Fünferkette umstellte. Klar ist es verständlich, dass man speziell nach dem späten Gegentor in Madrid auf Nummer sicher gehen wollte, doch in diesem Spiel war es vermutlich nicht die richtige Lösung und veränderte die Balance zugunsten der Bayern. Nichtsdestotrotz können die Bullen erhobenen Hauptes aus diesem Spiel gehen, denn 95 Prozent der Mannschaften in der deutschen Bundesliga vermochten es nicht, die Münchner vor solche Probleme zu stellen, wie es den Bullen an diesem Abend gelang. Mit etwas mehr Glück, werden sich diese starken Leistungen der Salzburger auch bald in den Ergebnissen widerspiegeln.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic