Am dritten Spieltag der UEFA Champions League empfing der österreichische Meister Red Bull Salzburg den italienischen Vizemeister SSC Neapel. Dabei wollten die Salzburger... Analyse: Salzburg unterliegt Napoli knapp

 

Am dritten Spieltag der UEFA Champions League empfing der österreichische Meister Red Bull Salzburg den italienischen Vizemeister SSC Neapel. Dabei wollten die Salzburger ihre guten Auftritte in der Königsklasse prologieren und im direkten Duell um einen möglichen Aufstieg in die K.O-Phase ein großes Ausrufezeichen setzen. Doch einfach sollte es nicht werden, haben die Bullen doch bereits in der vergangenen Saison Erfahrungen mit den Italienern gemacht und ist man in der Europa League an den Neapolitanern gescheitert. Diesmal sollte es anders ausgehen und vor allem Topstürmer Haaland dafür sorgen, dass die Salzburger als Sieger vom Platz gehen.

Salzburg passt sich an Napoli an

Nach dem 1:1-Unentschieden in der Liga, blieb für Red Bull Salzburg wenig Zeit, sich auf die kommende schwierige Aufgabe gegen den SSC Neapel vorzubereiten. Die Italiener verfügen unter Trainer Carlo Ancelotti über eine recht komplette Mannschaft, die sich dank ihrer Flexibilität auf verschiedene Situationen einstellen kann und auch im Spiel gerne den Rhythmus nachhaltig verändert. Gegen das 4-4-2 der Gäste, ließ sich der Trainer der Salzburger daher etwas Spezielles einfallen. Man entschied sich dazu, die eigene Grundformation zu verändern und auf die gegnerische anzupassen. Salzburg wählte daher ein 4-2-3-1/4-3-3-Grundsystem aus und kehrte vom bevorzugten 4-2-2-2 ab. Daka rutschte etwas überraschend in die Mannschaft und besetzte den rechten Flügel, während Hwang vom Sturmzentrum auf die linke Seite gezogen wurde.

Diese Umstellung hatte natürlich einen speziellen Grund, denn man wollte damit den Zugriff auf das Ballbesitzspiel der Italiener gewährleisten. Napoli baut nämlich nicht nur recht ungewöhnlich das eigene Spiel auf, sondern verfügt darüber hinaus über einige technisch starke Spieler, die selbst unter Druck und auf engem Raum Situationen auflösen können. Die Gäste nutzen von der Struktur her eine asymmetrische Viererkette, in der der linke Verteidiger neben die zwei Innenverteidiger ins Zentrum rutscht, während der rechte Verteidiger dafür weit nach vorne schiebt und für Tiefe sorgt. Des Weiteren besetzen die beiden zentralen Mittelfeldspieler Fabian und Allan den Sechserraum vor der Abwehr und unterstützen dabei aktiv den Spielaufbau.

Salzburg ließ sich dagegen etwas einfallen und dank der 4-2-3-1-Formation wollte man dafür sorgen, dass Napoli nicht in das für sie gewohnte Spiel hineinfinden konnte. Das wollte man dabei mit den vorderen vier Spielern bewerkstelligen und damit in Unterzahl gegen die fünf Aufbauspieler der Italiener quasi dieses eindämmen. Haaland, Hwang und Daka orientierten sich an die aufbauende Dreierkette der Italiener, während dahinter Minamino den ballfernen Sechser abdecken sollte. Salzburg startete dabei aus einer kompakten Formation und versuchte zunächst den Raum und die Passwege ins Zentrum zu verteidigen. Sobald man dann ins Pressing startete, gab es wie beschrieben eine klare mannorientierte Zuordnung, mit der man für den nötigen Zugriff sorgen wollte.

Es bestand allerdings das Problem, dass durch den Fokus der Salzburger Flügelstürmer auf die Dreierkette, naturgemäß die Außenverteidiger der Gäste offenblieben. Das versuchten die Bullen so aufzufangen, indem stattdessen die eigenen Außenverteidiger weit aufrückten und die gegnerischen Positionskollegen direkt übernahmen, was doch recht ungewöhnlich war. Doch auch das wurde auszubalancieren versucht, indem stattdessen die beiden Sechser Mwepu und Junuzovic tiefer standen und das Herausrücken der Außenverteidiger absicherten. Das konnten sie deswegen tun, da durch das 4-4-2-System der Italiener, ein großes Loch zwischen dem Sturm und dem Aufbauspiel klaffte und die Sechser der Bullen tiefer bleiben konnten.

Die Salzburger tüftelten also einen ausgeklügelten Plan aus und stellten sich präzise auf den Gegner ein. Doch zunächst hatte die Vorgehensweise gegen den Ball so einige Tücken. So gut jeder Plan auch ist, es steht auf der anderen Seite natürlich ein Gegner, der ebenso einen Matchplan entwickelt hat und diesen durchziehen möchte. Hinzu kam, dass Napoli natürlich über viel individuelle Qualität verfügt und defensive Strukturen des Gegners mit ihren technisch starken Spielern aufbrechen kann. Das bekam Salzburg speziell in der Anfangsphase zu spüren, weshalb Napoli auch recht rasch nach Spielbeginn zu einer großen Möglichkeit kam.

Die Bullen hatten speziell bei ihrem versuchten Angriffspressing Probleme, für Zugriff zu sorgen. Napoli konnte sich durch die technisch starken Akteure (wie Sechser Fabian) einige Male spielerisch aus der Umklammerung befreien, wodurch sie im Nachgang offene Räume in der Offensive vorfanden. Die Italiener bespielten diese zwar nicht immer zielstrebig, allerdings kamen sie dennoch auf wesentlich mehr Ballbesitz. Das führte dann auch zum 1:0-Führungstreffer, als die Gäste aus dem Spielaufbau heraus die Bullen über den Flügel und einem Diagonalpass ins Zentrum knackten, Mertens anschließend den Ball sehenswert im Tor unterbringen konnte. Danach wachte Salzburg auf, während gleichzeitig Napoli sich etwas zurückzog und den Bullen den Ball überließ.

Dadurch waren die Gastgeber nun gezwungen, vermehrt das Spiel zu gestalten und in der Offensive für Lösungen zu sorgen. Den strategischen Fokus verlegte man dabei auf den Flügel, wo man mit den Flügelstürmern und den nachstoßenden Außenverteidigern für Durchbrüche sorgen wollte – um damit Napoli zu knacken. So hatten die Flügelspieler unterschiedliche Rollen, denn während Daka sehr torgerichtet agierte und stark einrückte, blieb Hwang sehr breit und konstant auf dem Flügel. Gemeinsam mit dem stark durch die Räume driftenden Minamino, versuchte man mittels Flügelüberladungen ins letzte Drittel zu kommen. Im Spielaufbau hatte man mit Wöber und Ramalho zwei aufbaustarke Innenverteidiger, die in der Spieleröffnung auch enge Passfenster treffen und dadurch das Spiel nach vorne verlagern konnten.

Das taten sie auch, wodurch sich Salzburg mit Fortdauer der Partie in der gegnerischen Hälfte festsetzen konnte. Man kam zu einigen guten Abschlüssen und gefährlichen Situationen im letzten Drittel, wo man den Gegner unter Druck setzen konnte. In der Absicherung spielte man zwar mit großem Risiko und verteidigte mitunter Mann gegen Mann, allerdings blieben die Spieler sehr konzentriert und erledigten ihre Aufgaben meist sehr ordentlich. Der strategische Fokus in der Offensive auf die Außenbahn wiederrum, führte dann auch zu der Elfmetersituation, in der Hwang über seine breite Position in den Strafraum drang und vom Gegenspieler gefoult wurde. Haaland verwandelte den Strafstoß souverän und so ging es mit einem 1:1 in die Halbzeitpause.

Salzburg bleibt am Gas, Napoli schlägt eiskalt zu

Nach dem Wiederanpfiff machten die Bullen genau da weiter, wo sie vor der Pause aufgehört hatten. Man schob mit der Mannschaft im Ballbesitz weit nach vorne, die Außenverteidiger rückten in die Halbräume ein und die Salzburger zeigten allgemein ein ausgereiftes Positionsspiel. Dadurch konnte man den Ball auch gut in den eigenen Reihen zirkulieren lassen und fand immer eine Anspielstation. Die gute Struktur der Salzburger half ihnen auch gegen den Ball, denn nach Ballverlust war man im Gegenpressing in der Nähe präsent und damit sehr griffig, wodurch man einige gute Ballgewinne errang. Interessant war auch zu sehen, wie sehr Salzburg das Direktspiel nutzte und durchaus Risiko in den Aktionen nahm – in dem Wissen, dass sie auch nach Ballverlust eine Absicherung hatten.

Napoli behielt die passive Haltung auch nach dem Wiederanpfiff bei, auch wenn man gelegentlich ebenfalls nach Abstößen oder Balleroberungen etwas längere Ballbesitzzeiten verbuchte. Die Italiener verließen sich dabei ganz klar auf ihre stabile Defensive und lauerten auf Nadelstiche, die man über das Konterspiel setzen wollte. Das war ihre Form der Kontrolle, wodurch man zwar kein Chancenfeuerwerk zuließ, aber selber nur vereinzelt gefährlich wurde. Erst nach 60 Minuten, ließen die Neapolitaner den Ball länger in den eigenen Reihen laufen und bohrten vor allem die gegnerische linke Seite an. Durch die asymmetrische Viererkette, konnte Rechtsverteidiger Malcuit sehr offensiv und damit quasi wie ein Flügelstürmer agieren.

Dadurch war der linke Flügelstürmer Hwang immer wieder gezwungen, hinten mitzuarbeiten und auch mal bis in den eigenen Strafraum den Gegenspieler zu verfolgen. Der Südkoreaner ist dies natürlich nicht gewohnt und das merkte man auch in einigen Situationen, weshalb Napoli hauptsächlich über diese Seite gefährlich wurde. So auch im Vorfeld des 2:1, als Malcuit Hwang davonlief und mit einer Hereingabe Mertens bediente und dieser seinen Doppelpack schnürte. Dieser Gegentreffer war bitter für die Gastgeber, da man nicht viele Chancen zuließ, aber dennoch das zweite Gegentor schlucken musste. Nach der Führung zogen sich die Italiener klarerweise wieder weiter zurück und überließen den Bullen das Spiel, die natürlich das Risiko erhöhen mussten.

Salzburg-Trainer Marsch brachte dann mit Ashimeru nicht nur einen neuen Spieler, sondern auch ein neues System in die Mannschaft. Die Bullen stellten auf ein rautenförmiges 4-1-2-1-2 um und zogen Hwang zurück in die Sturmmitte, um den Fokus wieder vermehrt auf das Zentrum zu verlegen. Bevor der Wechsel seine Wirkung entfalten konnte, schlug der österreichische Meister zu und stellte auf 2:2. Nach einem Eckball kam der Ball erneut zu Junuzovic, der eine Maßflanke auf Haaland schneiderte, der mit dem Kopf nur noch Danke sagen musste. Doch die Freude währte nur kurz, denn quasi im Gegenzug stellte Napoli die Führung wieder her. Nach einem langen Ball über die Abwehr, kam der Ball zum eingewechselten Insigne, dessen Abschluss Ramalho unglücklich abfälschte und so der Ball den Weg ins Tor zum 3:2 fand.

Von diesem Nackenschlag konnte sich Salzburg in der Schlussphase nicht mehr erholen. Man kam auch nicht mehr zu einer guten Ausgleichsmöglichkeit, weshalb es beim 2:3-Endstand blieb.

Fazit

Es war zweifellos ein munteres und abwechslungsreiches Spiel, welches Red Bull Salzburg bei ihrem dritten Auftritt in der Champions League hinlegten. Damit festigte man den Ruf, Spektakel in den Spielen abzuliefern und für Unterhaltung zu sorgen. Wie in den Spielen zuvor, konnte man in vielen Phasen mit dem eigenen Offensivspiel punkten und einige Torchancen kreieren, die man auch in Treffer ummünzte. Doch hier und da merkt man dann doch in einigen Phasen die fehlende Routine bei den Bullen, wodurch man speziell in der Defensive ab und an das Nachsehen hat und leichte Gegentreffer erhält.

In dieses Spiel ging man zwar mit einem sehr guten Matchplan hinein, allerdings zeigte auch Napoli seine Qualität und man demonstrierte phasenweise, dass man nicht umsonst der italienische Vizemeister ist. Das merkten die Bullen speziell beim Angiffspressing, aus dem sich die Italiener einige Male wunderschön befreien konnten. Andererseits zeigten die Salzburger aber dann wiederrum auch, dass man phasenweise das Spiel auch gegen starke Kontrahenten dominieren und den Gegner nach hinten drücken kann, so wie man es auch in diesem Spiel tat. Letztlich fehlte den Salzburgern wie bereits in Liverpool das letzte Quäntchen Abgebrühtheit, um zumindest mit einem Punktegewinn aus diesem Spiel zu gehen. Leistungstechnisch hätte sich der österreichische Meister diesen zweifellos verdient.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic