Aspektanalyse: Juventus Turins Defensivleistung gegen die Bayern
Champions League 24.Februar.2016 David Goigitzer 0
Juventus Turin verteidigte gestern Abend in der Champions League gegen den FC Bayern München in der ersten Halbzeit sehr tief und bekam dafür viel Kritik, da die Gastmannschaft dadurch viel Übergewicht erlangte. Eine genauere Aspektanalyse war deswegen angebracht.
Von Beginn an war der Rhythmus der Partie vorgegeben: die Turiner positionierten sich (gewollt oder ungewollt) recht tief in ihrer eigenen Hälfte, waren sehr vorsichtig darin Zugriff zu suchen und verlegten sich vor allem auf Zentrumsverdichtung, was prinzipiell gut gelang. Der Zwischenlinienraum war zu und die Bayern mussten viel über die Flügel angreifen, wenngleich dies auch durchaus forciert wurde. Vor allem Costa wurde auf Juventus‘ rechter Seite fokussiert, der mit seiner extremen Schnelligkeit immer wieder Cuadrado, der ihn oft mannorientiert verfolgte und von Lichtsteiner abgesichert wurde, überlief und so richtig scharfe Flanken in den Strafraum brachte. Um die starken Flügel besser zu verteidigen stand die Mittelfeldreihe oft etwas enger als die Außenverteidiger, die näher an Robben und Costa standen um besser Zugriff zu generieren.
Das Zentrum ist zu. Alaba versucht den Zwischenlinienpass nach einem weiteren Schritt Khediras nach rechts dennoch, aber Khedira fängt den Pass trotzdem ab.
Kam es aber doch einmal dazu, dass die Bayern nach hinten gedrückt wurden, rückte Juventus auf und zwang Neuer zu hohen Bällen, die jedoch oft in Zonen kamen, wo die Bayern guten Zugriff im Gegenpressing hatten, sodass die Gäste den Ball schnell wieder zurückgewinnen konnten. In Minute 12 deutete sich das Führungstor der Bayern quasi schon an: Nachdem die Bianconeri weit aufgerückt waren kam ein hoher Ball auf Lewandowski, Barzagli verlor das Duell gegen ihn und ein direkter, schneller Angriff von der Mittellinie über Costa und Robben wurde binnen sechs Sekunden abgeschlossen und Costas Schuss ging daneben.
Auf links stand Evra stets etwas breiter als Pogba, der die Halbräume versperren sollte. Dies misslang nur wenige Minuten nach der vorhin beschrieben Szene, als Lahm den Raum hinter Pogba erkannte und dort einen Ball erhielt, den er für einen Stanglpass nutzte – doch Müller verpasste knapp.
Mit fortlaufender Spielzeit wurde der Druck auf Juventus‘ Verteidigung höher. Da die Ballzirkulation aufgrund einiger Faktoren (zu enge Innenverteidiger, prinzipiell ungünstige Staffelungen) nur sehr schwierig aufrechtzuerhalten war, gewannen die Bayern den Ball oft zurück und konnten die durch den Umschaltmoment gerade öffnenden Italiener immer wieder gefährlich angreifen. Die Bewegungen der Bayern im Ballbesitz waren zudem einfach goldrichtig, sodass die situativen Mannorientierungen teilweise zum Nachteil wurden. Die Münchner öffneten mit bestimmten Bewegungen (Bernat im Halbraum in die letzte Linie für Thiago zum Beispiel) immer wieder Räume füreinander. Selbst Verfolgungen der Juve-Verteidiger über nur wenige Zentimeter reichten um Passwege zu öffnen. Im Zentrum konnten jedoch ein, zwei Mal Khedira und vor allem Pogba Pässe abfangen und Konter starten, die jedoch aufgrund der allgemein tiefen Position nichts einbrachten.
In Minute 43 war es dann soweit: Juventus hatte eigentlich durch gute Zentrumsverdichtung den Ball nach einem schwach kontrollierten Pass auf Lewandowski gewonnen und startete einen Konter. Aufgrund der tiefen Position seiner Stürmer musste Khedira jedoch einige Meter mit dem Ball machen um neue Staffelungen zu erzeugen. Durch das starke Gegenpressing, sowie die fehlende Geschwindigkeit von Mandzukic, Pogba und Dybala im Starten nach vorne (und somit das fehlende Binden von Verteidigern, die den Raum im Gegenpressing enger machten) verlor Khedira den Ball. Die Bayern starteten direkt einen Konter über Robben, dessen Flanke Costa nochmal in die Mitte brachte. Müller stand dank des einzigen Fehlers der bis dahin glorreich starken Abwehr der Alten Dame komplett frei und passte den Ball perfekt durch zwei Verteidiger hindurch.
Juve bei Standards
Bei Eckbällen agierten die Italiener in einer Mischform aus Raum- und Manndeckung. Vier Raumdecker, 3 am Fünfer und einer für weiter vorne, sowie 4 Manndecker sollten die Corner der Bayern verteidigen. Bei Freistößen war es fast eine reine Raumdeckung, wo nur situativ ein nächstgelegener Gegenspieler verfolgt wurde. Durch die physische Überlegenheit und dem starken Buffon ließen die Italiener jedoch in der Hinsicht nichts anbrennen.
Fazit
Ja, Juve stand tief. Jedoch verstand ich die Kritik der „Analysten“ im Schweizer Fernsehen nicht wirklich. Diese tiefe Position war vor allem der unglaublich guten Ballzirkulation geschuldet, die vielleicht zu einer der besten in der Guardiola-Ära der Bayern gehörte. Juve verdichtete das Zentrum jedoch gut und Barzagli und vor allem Bonucci zeigten ihre Stärken in der Strafraumverteidigung.
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David Goigitzer
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