Bayern München auch statistisch ein verdienter CL-Sieger
Champions League 2.Juli.2013 Christian Ditz 0
Im ersten rein deutschen Endspiel der Champions League Geschichte konnte Bayern München mit einem 2:1 gegen Borussia Dortmund nach zwei Finalniederlagen in den letzten vier Saisonen endlich den begehrten Titel einfahren. Damit nicht genug, wurde mit dem souveränen Meistertitel und dem Cupsieg gegen Stuttgart auch das historische Triple eingefahren. Wer die spielerische Dominanz der Münchner verfolgt hat, gesteht ein, dass der Titelgewinn in Europas Königsklasse in dieser Saison hochverdient war. Ist dem aber auch statistisch so? War Defensive Trumpf? Wer wurde aus dem Bewerb eliminiert? Wie machten sich die Bayern zu den letzten CL-Siegern? Wir vergleichen die Ergebnisse der Bayern mit jenen der CL-Sieger seit der Saison 2003/2004.
Gruppenspiele: Einmal verlieren reicht auch diesmal und der zweite CL-Fluch trifft andere
Wie 6 der 9 vorigen Titelgewinner konnte auch Bayern den Gruppensieg davontragen. Zum fünften Mal gab es dabei eine Niederlage, zum zweiten Mal nach Barcelona 2008/2009 wurde die Gruppe mit der Bilanz 4-1-1 abgeschlossen. BATE Borisov war zum ersten Mal Gegner des späteren Champions, Lille (2006/07 AC Milan) und Valencia (2011/12 Chelsea) hingegen schon zum zweiten Mal. Diese beiden Mannschaften steigen damit in den Klub jener Mannschaften auf, die schon zwei Mal einen CL-Sieger in der Gruppenphase zu Gast hatten (Panathinaikos Athen, Rubin Kasan, Sporting Lissabon, Dynamo Kiew). Auch bei den Gruppengegnern nach Länderherkunft setzen sich Spanien mit fünf Mal und Frankreich mit vier Mal (ex aequo mit Griechenland) an die Spitze.
15 erzielte Tore bedeuteten Rang 2 in der abgelaufenen CL-Saison und Rang 3 bei den CL-Siegern der letzten 10 Jahre – nur Barcelona jeweils 2008/2009 mit 18 Toren und 2005/2006 mit 16 Treffern schoss mehr. Die Abwehr mit 7 Gegentreffern war mit Rang 13 unter allen Teams der aktuellen Saison nur Durchschnitt, auch bei den letzten Titelgewinnern waren mit je 8 Gegentreffern nur Barcelona 2008/09 und der FC Porto 2003/04 schlechter. Die Tordifferenz von +8 bedeutete Rang 2 in der abgelaufenen Saison, aber nur Rang 6 unter den letzten Siegern – nur Milan, Liverpool, Inter Mailand und Porto waren noch schlechter. Verglichen mit dem bisherigen Schnitt lagen die Bayern bei Punkten und Tordifferenz leicht besser, bei erzielten Toren deutlich besser, bei Gegentoren schlechter als der Mittelwert der Vorgänger.
Nach der Gruppenphase konnte man die Bayern also durchaus auf der Rechnung haben, insbesondere die vielen Gegentore machten aber skeptisch, da in der Playoffphase eine starke Abwehr der Schlüssel zum Triumph ist. Auf der Habenseite gab es dafür Hilfe in Form des zweiten CL-Fluchs: neben des bekannten Umstands, dass noch keine Mannschaft ihren Titel verteidigen konnte (Chelsea schaffte diesmal sogar das Kunststück, erstmals als regierender Champion in der Gruppenphase zu scheitern), konnte nämlich seit Beginn der Champions League 1992/93 überhaupt noch keine Mannschaft den Titel holen, die in der Gruppenphase gegen ein Team aus England oder den Niederlanden antreten musste. Als ernsthafte Gegner im Kampf um den Titel waren damit Real Madrid und Dortmund gleich doppelt mit dem Fluch belegt, spielten sie doch gegen Manchester City und Ajax Amsterdam. Auch Geheimtipp Juventus Turin (Chelsea) hatte nach dieser Begebenheit keine Chance auf den Sieg.
Playoffs: Wieder über Barcelona und das einmalige Kunststück gegen die „großen 4“
Die Serie seit der Saison 2006/07 geht weiter, auch diesmal wurde der Bezwinger der Katalanen (zum vierten Mal im Halbfinale) der spätere CL-Sieger, wenn es nicht der FC Barcelona selbst schaffen konnte. Mit der Niederlage setzt sich Spaniens Meister mit 4 Niederlagen gegen den späteren Sieger ex aequo auf Platz 2 (gemeinsam mit Bayern und Manchester) hinter Chelsea (5 Niederlagen). Beeindruckend auch jene einmalige Konstellation, für die den Bayern ebenfalls großer Respekt zu zollen ist: Erstmals konnte der CL-Sieger in den Playoffs Mannschaften aus allen vier großen Fußballnationen England, Italien, Spanien und Deutschland eliminieren. Vier Mannschaften aus 3 der „großen 4“ Nationen auszuschalten gelang zuvor nur dem FC Liverpool 2004/05 mit Leverkusen, Juventus, Chelsea und dem AC Milan.
Arsenal konnte als einzige Mannschaft Bayern an den Rand des Ausscheidens drängen, das 0:2 in München war auch die erste Niederlage des CL-Siegers in einem Rückspiel im Achtelfinale. Das Torverhältnis von 3:3 ist weiters das erste nicht Positive in dieser Runde. Ab dem Viertelfinale kristallisierte sich die Dominanz der Bayern dann aber klar heraus. Als einziges Team holte man 2 Siege, zum erst dritten Mal nach Inter Mailand 2009/10 gegen ZSKA Moskau und Manchester United 2007/08 gegen die AS Roma beide Male zu Null. Im Halbfinale dann die Entzauberung von Barcelona, erstmals gewann ein CL-Sieger beide Halbfinalspiele und dann gleich mit einem Gesamtscore von 7:0. Die meisten erzielten Tore in der Vorschlussrunde bisher mit 5 Treffern schoss Milan 2006/07 gegen Manchester. Ein 2:1 im Finale gab es bereits zum dritten Mal, ebenfalls ein neuer Rekord. Bayern schoss mit 16 Toren gemeinsam mit Barcelona 2010/11 die meisten Tore im Playoff, das Torverhältnis von +12 ebenfalls ist das Beste der letzten 10 Jahre.
Fazit
Wie sehr viele CL-Sieger der letzten 10 Jahre starteten auch die Bayern in der Gruppenphase alles andere als dominant. Understatement und ein Schonen der Kräfte scheinen hier Trumpf zu sein. Im Achtelfinale drohte im Rückspiel das Ausscheiden, ab dem Viertelfinale zeigten die Münchner aber, worauf es ankommt, will man die begehrteste Klubtrophäe der Welt holen: eine bombensichere Abwehr, die kaum Chancen zulässt (siehe auch Inter und Chelsea in den letzten Jahren) und Offensivspieler, die ihre Chancen eiskalt verwerten. Garniert wurde das Gesamtpaket mit einer attraktiven, offensiven Spielweise, die die Zuschauer in den Stadien und vor den Bildschirmen begeistert hat. Insgesamt – auch statistisch gesehen – ein mehr als verdienter Sieger, womit nur noch eine Frage offen bleibt: kann der Fluch des Titelverteidigers nächste Saison nach mehr als 20 Jahren durchbrochen werden?
Christian Ditz, abseits.at
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