Das Duell der hochklassigen Außenseiter | Paris Saint-Germain empfängt Chelsea
Champions League 2.April.2014 Rene Maric 0
Diese Partie steht unter dem Motto „Das Spiel der hochklassigen Außenseiter“. Beide Mannschaften haben wohl nur wenige in Europa auf dem Schirm, aber sowohl PSG als auch Chelsea verfügen über eine außerordentliche kollektive wie individuelle Stärke. PSG hat dabei einige herausragende Einzelspieler, unter anderem den wohl besten Innenverteidiger und den besten Mittelstürmer der Welt. Chelsea hingegen hat… José Mourinho.
Chelsea als klassisches Mourinho-Team
Die Londoner haben zwar immer wieder Probleme mit dem eigenen Aufbauspiel und dem sauberen Übergang ins letzte Drittel gegen tiefe, kompakte und intensive Gegner, doch in der Champions League können sie sich auf ihre Fähigkeiten im Umschaltspiel verlassen. Dabei sind sie insbesondere im offensiven Umschaltspiel extrem stark, verfügen kollektiv über eine enorme Dynamik und haben auch noch die passende Spielerbesetzung dafür.
Eden Hazard mit seinen tollen Dribblings und seiner Dynamik, Oscar mit seiner Spielintelligenz, Willian mit seiner Athletik und den Fähigkeiten im Bespielen enger Räume und André Schürrles Tiefensprints sind unterschiedliche, aber jeweils sehr gefährliche Waffen im Konterspiel. Dazu kommen noch die Mittelstürmer Samuel Eto’o, Fernando Torres und Demba Ba, welche ebenfalls verschiedenste und an den Gegner angepasste Angriffsmöglichkeiten bieten.
In dieser Saison hat Mourinho auch ein paar Mal mit einem nominellen Außenstürmer wie Schürrle als Mittelstürmer agiert, was bei einer sehr tiefen Ausrichtung Chelseas gegen PSG ebenfalls möglich wäre. Auch Ramires könnte theoretisch als Außenstürmer eine Option sein. Vermutlich wird es aber darauf hinauslaufen, dass Mourinho mit dem laufstarken Oscar als Zehner vor Ramires und David Luiz als Doppelsechs spielen wird. Lampard oder Obi Mikel dürfte die Bank blühen.
Aus Stabilitätsgründen wird wie üblich mit einer sehr starken Absicherung gespielt werden; die Außenverteidiger Branislav Ivanovic und Cesar Azpilicueta rücken meistens nur bis ins zweite Spielfelddrittel auf, nur situativ geht einer von ihnen weiter nach vorne und zieht bis zur Grundlinie. Dabei könnten ausgerechnet Paris‘ Außenverteidiger das Ziel für Chelseas Konter werden.
Paris als pressingresistente Ballbesitzmannschaft
Die Franzosen spielen mit sehr hoch aufrückenden Außenverteidigern und haben enorme Fähigkeiten in puncto Pressingresistenz in der Spielfeldmitte. Mit Thiago Motta, Yohan Cabaye und Marco Verratti gibt es drei extrem ballstarke Akteure, welche sich sowohl mit Dribblings in engen Räumen als auch mit schnellen Weiterleitungen von Pässen befreien können. Zusätzlich gibt es mit Blaise Matuidi noch eine athletische Box-to-Box-Alternative, welche immer wieder mit schnellen Vertikalläufen Räume öffnet und im Angriffsabschluss den Rückraum des Strafraums konstant besetzen kann, was Torgefahr erzeugt.
Darum ist es sehr schwer PSG den Ball mit einem hohen Pressing abzunehmen. Sobald der Ball ins Mittelfeld kommt, können Verratti und Motta mit guten raumgreifenden Pässen in die Spitze für schnelle Angriffe sorgen oder hebeln mit erfolgreichen Dribblings das gegnerische Pressing aus, um Überzahl zu erzeugen. Wenn sie nach vorne spielen, haben sie dann mit Ibrahimovic im Zentrum und Lucas, Cavani, Menez oder Lavezzi auf den Flügeln drei Akteure, die aus fast jeder Situation Gefahr erzeugen können. Besonders Ibrahimovic ist hierbei gefährlich.
Der lange Schwede verfügt über tolle Fähigkeiten in puncto Ballbehauptung und –verteilung. Er lässt sich immer wieder kurz zurückfallen und bietet sich für Pässe im Zwischenlinienraum an. Dank seiner Athletik und Technik kann er sich auch in engen Situationen freispielen und dann gefährliche Pässe hinter die sich öffnende Abwehr des Gegners spielen.
Im Verbund mit den schnellen Flügelstürmern, die mit viel Zug diagonal in Richtung Tor ziehen, können sie auch aus eigentlich ungünstigen Stellungen Gefahr erzeugen. Dazu kommt noch, dass Ibrahimovic auch aus der Distanz mit seiner Schusskraft gefährlich werden kann. Darum dürfte ein tieferes Pressing Chelseas auch die wahrscheinlichste Variante sein.
Stiehlt Chelsea ihnen den Raum?
Wenn sich die Blues tief und eher passiv positionieren, dann könnten sie die Stärken Paris St. Germain neutralisieren, auch wenn sie den Ballbesitz und die Präsenz im Mittelfeld dafür opfern. Verratti und Motta sind zwar hervorragend in engen Räumen, aber haben Probleme in der Ballverteilung zur Öffnung von kompakten und tiefen Abwehrreihen.
Durch die entstehende Kompaktheit können auch Ibrahimovics Synergien mit seinen Mitspielern etwas abgeschwächt werden. Der Mittelstürmer tendiert dann dazu entweder zu hoch und nicht anspielbar zu agieren oder sich zu weit zurückfallen zu lassen. Er steht dann vor dem Mittelfeld, isoliert sich aber dort von den strategisch wichtigen Zonen.
Zusätzlich können auch die Flügelstürmer nicht mehr ihre Dynamik ordentlich ausspielen. Wird ihnen der Raum zwischen Abwehr und Strafraum genommen beziehungsweise verringert, müssen sie ihr Spiel etwas umstellen und können nicht mit schnellen Sprints die Abwehr knacken. Neben diesen positiven Aspekten gibt es auch einen weiteren Faktor, der Chelsea wohl zu einer tieferen Ausrichtung zwingen dürfte: Thiago Silva.
Thiago Silva als Mittel gegen jegliches Pressing
Ob Angriffspressing, hohes oder tiefes Mittelfeldpressing, gegen all diese grundsätzlichen Ausrichtungen ist Innenverteidiger Thiago Silva ein unangenehmer Gegenspieler. Wenn man hoch presst, gibt es kaum eine Chance auf einen Ballgewinn, da er extrem stark am Ball ist, sich kaum Fehlpässe erlaubt und über eine tolle Spielintelligenz verfügt. Im schlechtesten Fall kann der Brasilianer auch einfach lange Schnittstellenpässe durch den gesamten Pressingblock in die Formation auf einen Mitspieler spielen, was dann die schnellen Angriffe über Ibrahimovic und die Flügelstürmer ermöglicht.
Ein hohes oder tiefes Mittelfeldpressing hingegen gibt Thiago Silva die nötige Zeit, um seine strategischen Fähigkeiten in der Ballverteilung ins Spiel zu bringen. Er lässt den Ball laufen, sorgt für Rhythmuswechsel und bringt seine Vordermänner geschickt ins Spiel. Lediglich ein sehr tiefes Pressing sorgt dafür, dass Thiago Silva seine fast unheimliche Komplettheit in seinen Fähigkeiten nicht perfekt einbinden kann.
Hier gibt es jedoch ein anderes Problem: Die Wege im Konterspiel sind länger und Thiago Silva ist herausragend im Abfangen von Kontern. Seine Tagesform – und noch viel mehr die Leistung seines Partners in der Innenverteidigung – werden entscheidend, ob die Engländer ihre Angriffe durchbringen können.
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Rene Maric
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