Das Geheimnis des AS Monaco: Ein kluger Trainer und eine ideale Defensivausrichtung
Champions League 17.März.2015 Rene Maric 0
In der Liga mögen sie vielleicht nur auf Platz 4 liegen, doch mit Olympique Marseille, Paris St. Germain und Olympique Lyon liegen nur drei vergleichsweise große Mannschaften vor ihnen; Saint Etienne und Girondins Bordeaux befinden sich knapp hinter ihnen, doch auch sie gehören zu zwei der traditionsreicheren Teams Frankreichs. Doch das Beeindruckende sind Monacos Leistungen auf europäischem Boden. Die Monegassen setzten sich in einer Gruppe mit drei herausragenden Trainern und interessanten Mannschaften als Gruppensieger durch. Sie ließen Bayer 04 Leverkusen (Roger Schmidt), Zenit St. Petersburg (André Villas-Boas) und Benfica Lissabon (Jorge Jesus) hinter sich. Die Krönung kam aber im Achtelfinalhinspiel, denn überraschend gewann man in London sensationell mit 3:1 gegen Arsenal.
Woher kommt diese Stärke auf europäischem Boden allerdings?
Leonardo Jardims Defensivmaschine
20 Gegentore in 28 Spielen sind nicht nur in der französischen Liga ein Spitzenwert, sondern auch in Europa. Nur die Bayern (11 in 25), der FC Barcelona (16 in 27) und Juventus (14 in 27) haben in den fünf Topligen Europas eine bessere Quote. Sogar Atlético Madrid steht mit 23 Gegentoren in 27 Partien etwas schwächer da. Die Ursache dafür ist, dass Trainer Leonardo Jardim die Monegassen mit einer enormen defensiven Stabilität ausgestattet ist.
In gewisser Weise ist ihre Spielweise mit der letztjährigen Ausrichtung Atlético Madrids zu vergleichen. Die Rojiblanco sind natürlich individuell besser besetzt und dadurch deutlich stärker im eigenen Angriffs- und Konterspiel, doch gegen den Ball gibt es zahlreiche interessante Parallelen.
In diesem Bild ist eigentlich schon alles zu sehen, was man von den Monegassen wissen muss. Sie agieren zwar gelegentlich in einem 4-1-4-1/4-5-1 gegen den Ball, welches offensiv zu einem 4-3-3 wird, doch im Normalfall nutzen sie das oben zu sehende 4-4-2. Die zwei Stürmer besetzen den gegnerischen Sechserraum, die zwei Viererketten spielen positionsorientiert dahinter. Hierbei agiert die Mittelfeldreihe öfters etwas enger als die Abwehrkette, um den Gegner auf den Flügel zu leiten und dort isolieren zu können.
Das Beeindruckende daran ist, wie kompakt Monaco in alle Richtungen ist. Kaum eine Mannschaft europaweit ist vertikal und horizontal so dicht gestaffelt. Dadurch lassen sie dem Gegner in der Mitte kaum Räume und verstärken das Leiten zur Seite zusätzlich. Ihre positionsorientierte Raumdeckung sorgt dafür, dass auch Positionswechsel und dergleichen kaum Passwege und Räume öffnen können.
Einzig die Flügel wirken bespielbar, doch das ist sehr schwierig umzusetzen. Sobald der Gegner auf die Seiten spielt, die durch die enorme Enge geöffnet und dem Gegner bewusst angeboten werden, verschiebt der gesamte Block der Monegassen zum Ball. Sie isolieren den Gegner dadurch auf dem Flügel und haben hier viele Balleroberungen, gleichzeitig sind sie auch bei guten Kombinationen des Gegners über dem Flügel nicht allzu instabil, weil der Gegner weit vom Tor entfernt ist und erst in die Mitte zurückkommen muss, um die strategisch wertvollen zentralen Zonen gefährlich bespielen zu können.
Insofern ist die Leistung Monacos auf europäischem Boden einfach erklärt: Wenn der Gegner das Spiel macht / machen muss, dann frustrieren sie ihn mit strategisch und taktisch herausragendem Defensivspiel sowie passablen Kontern. Und hier verbirgt sich auch die Erklärung dafür, wieso sie in Frankreich nicht ganz im Meisterschaftsrennen mithalten können.
Offensivprobleme aus dem eigenen Spiel heraus
In der Ligue 1 hat sich Monaco vor ein paar Wochen aus dem Titelrennen verabschiedet. Zwar haben sie durchaus noch die theoretische Möglichkeit Meister zu werden, aber letztlich ist die Chance wegen des großen Abstands nach vorne überaus gering. Die nicht geholten Punkte liegen an der Offensive. Bei den erzielten Toren liegen sie mit nur 32 auf Platz 11 in Frankreichs höchster Spielklasse. Das kostete ihnen einige mögliche Siege, die sich in der Punktausbeute eben niederschlagen.
Die Probleme variieren hierbei aber; manchmal ist es mangelnde Präsenz im Strafraum durch ein zu breites Angriffsspiel mit zu flachen Staffelungen, in anderen Partien fehlte es an der Besetzung des Zehnerraums und des gegnerischen Zwischenlinienraums, während es teilweise auch einfach zu viele Flanken und zu viele lange Bälle sind, welche dem Angriffsspiel die Effizienz rauben.
Meistens korrelieren die Probleme mit der gewählten Formation. Wie erwähnt ist es häufig ein 4-4-2, welches bei eigenem Ballbesitz zu einem 4-2-3-1/4-4-1-1 mit einer hängenden Spitze wird, doch bei einer Aufstellung mit zwei Stürmern fehlen die Verbindungen vom Mittelfeld nach vorne. Spielt z.B. Moutinho auf der Position des Zehners, dann ist dies besser, aber es mangelt an der Durchschlagskraft. Viele Spieler halten sich bei eigenem Ballbesitz in dieser Ausrichtung hinter dem Ball auf, was natürlich dem Gegner das effektive Verteidigen erleichtert.
Beim 4-3-3 wiederum sind es wieder die Verbindungen und das schon erwähnte, zu breite Spiel, welches zu den Problemen führt. Insgesamt sind die Monegassen hierbei keineswegs schwach, weder kollektiv noch individuell, haben aber eben in zahlreichen Partien gewisse Probleme beim Herausspielen gefährlicher Torchancen. Dennoch reicht es aktuell zu Platz 4 und europäischen Achtungserfolgen; neben dem Trainer sind dafür auch die Spieler verantwortlich.
Ein unterschätzter Kader für einen unterschätzten Trainer
Zwar gibt es im Kader von Monaco viele relativ durchschnittliche Spieler, doch einige davon sind durchaus namhafte Akteure und/oder sind besser, als man es vermuten würde. Jeremy Toulalan, Dimitar Berbatov, Ricardo Carvalho und Joao Moutinho sind gestandene Nationalspieler mit internationaler Erfahrung. Torwart Danijel Subasic hat zwar eine eher unspektakuläre Karriere hinter sich, ist aber ein solider Schlussmann mit durchaus passablem Aufbauspiel, wenn er eingebunden wird.
Interessant sind aber natürlich die jungen Talente; Geoffrey Kondogbia (22 Jahre, Sechser), Bernardo Silva (20 Jahre, Mittelfeldallrounder), Wallace (20 Jahre, Innenverteidiger), Fabinho (21, Rechtsverteidiger), Layvin Kurzawa (22 Jahre, Linksverteidiger), Timoué Bakayoko (20 Jahre, Sechser) und Yannick Ferreira-Carrasco (21 Jahre, Flügelstürmer) sind durchaus interessante Namen und für ihr Alter schon recht weit. Besonders Kondogbia, Silva und Fabinho könnten schon in den nächsten zwei oder drei Jahren einen Wechsel zu einem der größeren Vereine in Europa hinlegen.
Fazit: Jardim als Simeone-Nachfolger?
Diese Mischung aus talentierten Spielern, einigen abgeklärten Routiniers sowie einem hierzulande unbekannten, aber sehr fähigen Trainer in Leonardo Jardim, sowie die interessante strategische Ausrichtung bei guter taktischer Umsetzung ist die Erklärung für Monacos aufsehenerregende Erfolge in Europa. National zeigen sich zwar aktuell einige Schwächen auf, langfristig könnten sich die Monegassen aber zu einem Geheimfavoriten auf den Titel entwickeln. Die richtigen Einkäufe und eine Weiterentwicklung im Offensivspiel wären hierbei nötig, was zwar schwer, aber nicht unmöglich ist. Allerdings muss Monaco aufpassen: Wenn Jardim geht, wird es schwer Ersatz zu finden. Unter Insidern gilt der Portugiese nämlich u.a. als erste Option für Atlético Madrid, wenn Simeone abwandern sollte…
Rene Maric, abseits.at
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