Das Finale „dahoam“ rückt für den FC Bayern München immer näher. 32 Tage vor dem großen Showdown, dem Endspiel der UEFA Champions League, in... Kontrolle im Zentrum und Gefahr über die Flanken – Bayern besiegt Real 2:1

Das Finale „dahoam“ rückt für den FC Bayern München immer näher. 32 Tage vor dem großen Showdown, dem Endspiel der UEFA Champions League, in der Allianz Arena fuhr der deutsche Rekordmeister gegen Real Madrid im Halbfinal-Hinspiel einen 2:1-Heimsieg ein. Nachdem Mesut Özil die Münchner Führung durch Franck Ribery egalisierte, brachte Mario Gomez in der 90. Minute sein Team der Erfüllung des Traums einen großen Schritt näher.

„Insgesamt war das ein verdienter Sieg gegen eine großartige Mannschaft. Kompliment an die Jungs!“, lobte Jupp Heynckes seine Schützlinge nach einem intensiven Spiel, das sich aber über weite Strecken recht ausgeglichen zeigte. Besonders die „Leidenschaft, Gier und den Hunger auf Erfolg“ strich der FCB-Coach positiv heraus. Obwohl Real in der ersten Viertelstunde das optisch überlegene Team war steckten die Heimischen nicht auf und konterten mit dem 1:0 nach einem Eckball. Auch der schnelle Ausgleich nach der Pause brach den Willen nicht und so belohnte Gomez die Bayern kurz vor Abpfiff für die harte Arbeit mit dem Siegtor.

Kroos statt Müller, Coentrao statt Marcelo

 

 

 

 

 

Nachdem Heynckes Schweinsteiger fit genug für die Startelf befand, musste sich der 66-Jährige einmal mehr die Frage stellen wen aus seinem prominenten Offensiv-Quintett er zunächst draußen lassen sollte. Ein wichtiges Problem im verlorenen Bundesligagipfel gegen Borussia Dortmund war die Anbindung der Offensiv durch das hohe Spiel von Thomas Müller. Der WM-Torschützenkönig war es dann auch, der zu Spielbeginn auf der Ersatzbank Platz nehmen musste – ein sehr guter Schachzug, wie sich rausstellen sollte. Ansonsten fand man das gewohnte Personal in der üblichen 4-2-3-1-Formation wieder, das heißt auch ÖFB-Legionär David Alaba war als Linksverteidiger mit von der Partie.

 

 

 

 

 

Mit dem gleichen System, zumindest auf dem Papier, schickte auch Jose Mourinho seine Elf auf den Rasen. Einzig der Einsatz von Fabio Coentrao als Linksverteidiger kam dabei etwas überraschend. Der Portugiese bekam aufgrund seiner Defensivstärke den Vorzug gegenüber Marcelo.

Bayern nimmt Ronaldo und Alonso aus dem Spiel

Die Augen waren vor 66.000 Zuschauern selbstverständlich in erster Linie auf Cristiano Ronaldo gerichtet. Doch wie so oft in „großen“ Spielen tauchte der 27-Jährige fast die ganze Spielzeit über unter. Auf nur 36 Ballkontakte kam der teuerste Fußballer der Welt, brachte nur 58% seiner lediglich 19 Pässe ans Ziel – bloß sechs im Angriffsdrittel. Hinzu kam, dass Ronaldo aufgrund seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten von sämtlichen Defensivaufgaben befreit ist und seinen direkten Gegenspieler, in diesem Fall Lahm, bei dessen Vorstößen nur sporadisch verfolgte. Doch wie beschnitt der FC Bayern das weiße Ballet um die Qualitäten seines Superstars? Mit geschicktem Pressing und Positionsspiel setzten sie das Aufbauspiel Reals auf deren linker Seite fest, versperrten die Passwege der Linie entlang und boten den Madrilenen die eigenen linke Seite an. So verschob zum Beispiel auch Alaba zeitweise nahe zu Badstuber und öffnete gemeinsam mit Ribery, der ebenfalls einschob, den Flügel. Diese Einladung nahm Real an und versuchte die Angriffe über ebendiese Seite aufzubauen.

 

 

 

 

Da aber Arbeloas offensive Eigenschaften äußerst überschaubar sind und Mourinho nach etwa 20 Minuten Özil und Di Maria die Positionen tauschen ließ, was für viele insofern unverständlich war, als der Argentinier der deutlich stärkere Flügelspieler ist, konnten über rechts kaum Chancen kreiert werden. Eingeleitet wurden Reals Angriffswellen in erster Linie von Xabi Alonso. Der Spanier war beim Spielaufbau ständig bemüht in Ballnähe zu sein und oft auch auf Höhe der Innenverteidiger zu finden. Auch er schloss sich dem rechtslastigen Aufbauspiel seiner Kollegen an, wie die folgende Grafik zeigt.

 

 

 

 

 

 

Dass der Spielmacher lediglich aus der Tiefe Pässe spielen konnte, lag an Bayerns Überzahl im Zentrum. Sowohl Özil als auch Di Maria fanden sich in ihren Phasen als Zehner relativ weit vorne wieder während, Schweinsteiger und Kroos Druck gegen den Ball ausübten. Reals zweiter Sechser, Sami Khedira, fehlt bekanntlich die spielerische Fertigkeit um aus dem defensiven Mittelfeld die Fäden zu ziehen, vielmehr lief er die Löcher zu und spielte risikoarme Pässe, was auch seine hohe Passgenauigkeit (74%) erklärt.

Wechsel und deren Auswirkungen

Nach der 1:0-Führung hatten die Bayern das Spiel weitestgehend in Griff, erst ein schnell gespielter Konterangriff, der von Özil abgeschlossen wurde, brachte die Hausherren ins Wanken. Der Ausgleich und die Tatsache, dass Schweinsteiger noch nicht fit für ein komplettes Spiel auf derartigem Niveau ist, zwangen Heynckes zu handeln. So kam nach einer Stunde Müller ins Spiel, besetzte das offensive Mittelfeld, wodurch Kroos nach hinten rückte. Der 22-Jährige war der prägende Akteur im Spiel des deutschen Vizemeisters. Die Aufgabe die Verbindung zwischen dem Defensivverbund und Torjäger Gomez sowie der Flügelzange herzustellen gelang dem Nationalspieler sowohl als Zehner, als auch später als zurückgezogener Spielmacher auf der Doppelsechs.

 

 

 

 

 

 

Aber auch Mourinho griff nach dem Ausgleichstreffer ins Spiel ein. Der Portugiese wäre, so schien es, mit dem Unentschieden zufrieden gewesen, brachte zunächst Marcelo statt Özil fürs linke Mittelfeld. Ronaldo wechselte auf die Seite von Alaba, der auch gegen den Superdribbler ohne Makel blieb, und Di Maria rotierte wieder in die Mitte. Als für diesen dann auch noch Granero ins Spiel kam war klar, dass Mourinho in erster Linie das Spiel zerstören und das Zentrum erobern wollte, was ihm auch gelang. Da Müller wie gewohnt eher als zweite Spitze agierte, sich vorrangig horizontal bewegte, hatte Real mit Granero einen weiteren zentralen Mittelfeldspieler – damit 3:2-Überzahl in der Mitte. Davon ließ sich Bayern aber nicht beirren und forcierte das Flankenspiel. Vor allem Kapitän Lahm ist hierbei hervorzuheben. Hielt sich der Rechtsverteidiger in der ersten Halbzeit noch zurück und legte sein Hauptaugenmerk auf das Neutralisieren Ronaldos, traute er sich mit Fortdauer des Spiels mehr zu und bereitete auch das 2:1 vor.

 

 

 

 

 

 

Fazit

Unterm Strich waren es aber individuelle Fehler von Real, die die Partie entschieden. Beim ersten Tor wirkte Ramos unentschlossen und Di Maria sah Ribery teilnahmslos zu, wie dieser den Abpraller ins Netz drosch. Zu allem Überfluss stand auch noch Luiz Gustavo, wenn aus Schiedsrichtersicht auch schwer zu beurteilen, im Abseits. Vor dem 2:1 ließ sich Coentrao zu leicht von Lahm ausspielen, legten Ramos, Pepe und Alonso dieselbe Schlampigkeit wie Di Maria zuvor an den Tag. Der Sieg der Bayern geht aber dennoch in Ordnung. Mit einem kompakten Zentrum und viel Laufarbeit setzten sie den Spaniern zu und fügten ihnen die erste Niederlage in der laufenden Champions League-Saison zu. Ein ähnliches Engagement müssen die Münchner aber auch beim Rückspiel im Estadio Santiago Bernabeu zeigen, denn es ist anzunehmen, dass Real vor eigenem Publikum energischer zu Werke gehen und auch das Pressing höher ansetzen wird. Hält die Defensive kann aber genau das zu schnellen Kontern und in weiterer Folge zum Finale „dahoam“ führen.

axl, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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