Schon im Achtelfinale sollten sich mit Manchester City und dem FC Barcelona zwei der besten europäischen Offensivreihen begegnen, also wurden viele Tore erwartet. Obwohl... Manchester City gegen den FC Barcelona – Nach Demichelis‘ Ausschluss löst sich Citys Defensive auf

Champions LeagueSchon im Achtelfinale sollten sich mit Manchester City und dem FC Barcelona zwei der besten europäischen Offensivreihen begegnen, also wurden viele Tore erwartet. Obwohl das Spiel anfangs von der Defensive bestimmt war, wurde diese Hoffnung nicht gänzlich enttäuscht.

 Citys Mittelfeldzentrale

Pellegrini musste lange um den Einsatz von Fernandinho bangen. Er ist einer der wichtigsten Akteure, weil er seine defensiven Fähigkeiten mit sehr guter Technik und hervorragender Übersicht ergänzt. Zusammen mit Yaya Toure bildet er ein flexibles Gespann, das verschiedene Aufgaben variabel aufteilen kann.

Mal sichert der Brasilianer ab, in manchen Szenen stößt er dafür in die Spitze, während Toure ihm den Rücken freihält. Sie sind vom Spielertyp her ähnlich genug, um das zu ermöglichen, allerdings gleichen sie sich nicht komplett, so dass je nach Situation doch die speziellen Fähigkeiten der beiden genutzt werden können, weil sie zusammen ein breiteres Anforderungsspektrum abdecken.

In dieser Partie agierte Fernandinho überwiegend tiefer, um das Spiel klug zu verlagern. Außerdem konnte er sich dank seiner Technik und Beweglichkeit aus Gegenpressingsituationen befreien, um Konter zu initiieren.

Pellegrini setzt auf Kompaktheit

Auf Agüero musste City verzichten, womöglich auch deshalb entschied sich Pellegrini für eine defensivere Aufstellung. Er zog Kolarov ins Mittelfeld, um mit seiner Dynamik, Ausdauer und Defensivstärke Dani Alves‘ Vorstöße abzufangen. Die rechte Seite besetzte mit Navas ein geradliniger und sehr schneller Flügelspieler, was zum angestrebten Umschaltspiel passte.

Indessen driftete Silva aus dem Zentrum weiträumig über das Feld, um Überzahlsituationen und Verbindungen zu schaffen. Er rochierte häufig auf die Flügel, ließ sich aber zusätzlich manchmal in tiefere Areale fallen. Damit gewährleistete er eine leichtere Anbindung an den Sturm, an der es 4-4-2-Systemen traditionell oft mangelt. Daher verzichtete Pellegrini auf den zweiten Stürmer.

Iniesta auf dem Flügel

Beim FC Barcelona lief Iniesta auf dem linken Flügel auf, was die Struktur des Systems änderte. Iniesta positionierte sich deutlich tiefer als Sanchez, sein Pendant auf der anderen Seite, und trieb sich in zentraleren Gefilden herum.

Dadurch ergab sich ein interessantes Wechselspiel mit Fabregas, das auch auf die Defensive übertragen wurde. Sie kombinierten miteinander, öffneten sich gegenseitig Räume und tauschten situativ ganz die Positionen. Was sehr fluide und unberechenbar sein kann, birgt aber auch die Gefahr, dass sie sich gegenseitig auf den Füßen stehen. Diese Problematik ergab sich häufig unter Vilanova, der in vielen wichtigen Spielen dieser Anordnung vertraute. In diesen Spiel krankte die offensive Durchschlagskraft hingegen etwas daran, dass durch das Fehlen des zweiten Außenstürmers nicht genug Anspieloptionen in die Tiefe vorhanden waren.

Vom linken Halbraum assistierten die beiden dann in vielen Szenen Dani Alves, der sich immens offensiv zeigte. Im Gegenzug hielt sich Alba eher zurück. Normalerweise postierte Messi sich im rechten Halbraum, wobei er sich ohne Ball nicht besonders engagiert freilief.

Barcelona umgeht das hohe Pressing

Zu Beginn versuchte City noch, hoch zu pressen, was jedoch rasch aufgegeben wurde. Sie gingen dabei ziemlich mannorientiert vor. Negredo lief die Innenverteidiger an, die Außenverteidiger verfolgten ihre Gegenspieler und Fernandinho orientierte sich an Xavi. Um Messi ins Mittelfeld zu folgen, verließen die Innenverteidiger situativ die Abwehrkette. Silva hatte eine Freirolle. Meistens attackierte er gemeinsam mit Negredo die Innenverteidiger, er durfte aber aus tieferen Positionen Druck ausüben.

Allerdings gelang es Barca, das Pressing zu umspielen. Denn zum einen nutzte Sergio Busquets seine Freiheit ohne direkten Gegenspieler. Manchester gewährte ihm zwar nicht besonders viel Raum, doch das, was er bekam, genügte, da er bekanntlich zu den pressingresistentesten Akteuren der Welt zählt. Insbesondere in den ersten Spielminuten kippte er bei Gelegenheit zwischen die Innenverteidiger ab, um eine Dreierkette und somit Überzahl gegen die Angreifer herzustellen. Zum anderen glitt Xavi weit zurück in den rechten Halbraum, wohin Fernandinho ihm nicht folgen konnte, ohne die Defensive zu entblößen.

Citys Abwehr hält stand

Daraus resultierte die Ballbesitzhoheit Barcas, 68% sind der Beweis. Dennoch kreierte Barcelona keine Großchancen, weil ihnen die kompakte Defensive im Weg stand. City verteidigte infolgedessen nämlich tiefer und passiver. Es mangelte an der passenden Bewegung in der gegnerischen Hälfte, um den Mannschaftsverbund aufzureißen. Messi verhielt sich zu statisch, auf der linken Seite wurde der Raum bisweilen zu eng, weil niemand eindeutig Breite offerierte.

Zudem stand City gut. Obwohl sie sich tiefer formierten, rückte einer der zentralen Mittelfeldspieler immer etwas auf den Ballführenden vor, um Gegnerdruck anzudeuten und die Passwinkel zu verschlechtern. Das ist an sich nichts besonderes, allerdings reagierten die Mitspieler gut, indem sie die möglichen Lücken, die sich dadurch ergeben könnten, sofort schlossen. Folglich verbuchte der FCB keine gute Torchance in der ersten Halbzeit.

Der Platzverweis wendet das Blatt

In der 53. Minute änderte der Ausschluss Demichelis‘ das Spielgeschehen. Messi verwandelte den fälligen Strafstoß, also mussten die Citizens nun in Unterzahl einem Rückstand hinterherhecheln. Nach einer kurzen Phase vollkommener Konfusion, in der Fernandinho sich in der Innenverteidigung wiederfand und Barcelona beinahe den zweiten Treffer erzielte, stabilisierten sie sich wieder. Lescott wurde für Kolarov eingewechselt, außerdem sollte Nasri seine Kreativität einbringen.

City spielte nun in einem 4-4-1-System, dessen Flügel von Silva und Nasri besetzt wurden. Beide tendierten jedoch in Ballbesitz stark ins Zentrum. Dadurch bewahrten sie die eigene Torgefahr, da Silva und Nasri zwischen den Linien kaum zu bändigen sind, Toure sein ganzes Können in ein paar phänomenalen Seitenwechseln offenbarte und mit den engen Flügelspielern auch die Chance bestand, zweite Bälle zu erobern. City forcierte jetzt nicht mehr das direkte Flügelspiel, sondern griff vermehrt auf Kurzpasskombinationen zurück.

City öffnet den eigenen Flügel – und wird dafür bestraft

Die Kehrseite der Medaille war, dass sich nach den Auswechslungen niemand mehr dafür verantwortlich fühlte, auf Dani Alves aufzupassen. Er konnte unbedrängt auf Clichy zumarschieren, es hatte sich bereits angedeutet, dass dies nicht gut enden würde.

Bereits in der 67. Minute bereitete Alves mit einer flachen Hereingabe einen gefährlichen Schuss Xavis vor. Eine Minute darauf durfte er selbst abschließen, da City nach einer Verlagerung nicht schnell genug verschob, wodurch ein riesiger Raum hinter Clichy klaffte. Dass Martino den präsenteren Neymar für Sanchez brachte, trug seinen Teil dazu bei, dass Alves folgerichtig das zweite Tor schoss.

Fazit: Obwohl Citys erster Ansatz, hoch Druck auszuüben, nur sporadisch von Erfolg gekrönt wurde, waren sie bis zur roten Karte nicht unterlegen. Sie liefen dem Ball hinterher, verteidigten aber stark und setzten einzelne Nadelstiche, die Barca ansonsten gut torpedierte. Mit zehn Mann war es ihnen dann nicht mehr möglich, die Katalanen in Schach zu halten.

Barcelona nutzte ein konservativeres, nicht so riskantes Pressing und Gegenpressing. Damit ließen sie verhältnismäßig wenig Torchancen zu, außerdem ist ihr Ballbesitzspiel natürlich weiterhin auf höchstem Niveau. Dennoch kreieren sie zu wenig Chancen, sobald der Kontrahent diszipliniert, taktisch solide und individuell stabil verteidigt. Mit der 2:0-Führung im Rücken geht die Blaugrana natürlich als klarer Favorit ins Rückspiel.

Leonard Dung, abseits.at

 

Leonard Dung

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