Auch wenn vorher schon die erste Cup-Runde ausgetragen wurde, ist das Antreten im Europacup für österreichische Top-Teams immer der erste echte Gradmesser, während man... Rapids unterschiedliche Halbzeiten und die Rückschlüsse für die nächsten Spiele

Auch wenn vorher schon die erste Cup-Runde ausgetragen wurde, ist das Antreten im Europacup für österreichische Top-Teams immer der erste echte Gradmesser, während man noch nicht genau weiß, wo man steht. Rapid meisterte die erste Aufgabe gegen Sparta Prag mit Bravour, profitierte dabei aber von zwei sehr unterschiedlichen Halbzeiten.

Man ahnte bereits Böses, als der junge Ladislav Krejci nach nicht mal drei Minuten per Kopf auf 0:1 stellte. Ein kurz abgespielter Freistoß und ein kurzer Antritt von Assistgeber Borek Dockal rissen die Ordnung der Hütteldorfer auseinander. Kelvin Arase war mit zwei Gegenspielern konfrontiert, wusste nicht mehr ob er attackieren oder Raum decken sollte, Knasmüllner kam zu langsam in die Situation und plötzlich waren gleich mehrere Tschechen im Strafraum frei und bereit einzuköpfen. Vor 19.500 Zuschauern im Weststadion war dies der schlechtestmögliche Start in die neue Europacupsaison. Und ein strategisch ärgerlicher obendrein, wusste man doch schon vorher um Krejcis Kopfballstärke bei Standards von Borek Dockal Bescheid.

Intensives Sparta

Rapid tat sich fortan sehr schwer. Sparta Prag erwies sich als äußerst intensiver und gedankenschneller Gegner, war konsequent in den Zweikämpfen, ließ Rapid wenig Platz und vor allem kaum Zeit. Gerade im Mittelfeld konnte sich Rapid nicht freischaufeln, weshalb man zu zahlreichen langen Bällen griff, dann aber die zweiten Bälle zu selten gewann. Hinzu kam, dass Sparta den Aufbau Rapids nach außen leitete. Hier waren aber mit Ullmann und Arase zwei Spieler kaum durchsetzungsstark genug, wodurch Sparta gut in die Zweikämpfe kam und Rapids Offensivbemühungen dank der gut ausgespielten Physis früh im Keim erstickte.

Rapids Neue beginnen beherzt, aber unpräzise

Während Rapid nur mit einem guten Weitschuss von Ljubicic gefährlich wurde, hätte Sparta in der ersten Halbzeit durch den etwas offensiver als erwartet aufgebotenen Wiesner den Sack zumachen können. Die Aufbauprobleme Rapids sorgten unweigerlich dafür, dass Sparta zu weiteren Chancen kam. Die eine oder andere seltsame Schiedsrichterentscheidung tat ihr Übriges. Bei Rapids Neuen fehlte es zunächst noch an Präzision und Selbstverständlichkeit auf diesem Niveau. Marco Grüll spielte beherzt, wollte aber zu häufig mit dem Kopf durch die Wand und hatte dann zu wenig Ballglück, um Schnittzweikämpfe für sich zu entscheiden. Robert Ljubicic’ Laufwege sahen zwar bereits gut aus, der national noch gesperrte Sechser hatte aber auch immer wieder Pech und konnte gute Ballgewinne zunächst nicht ausreichend stabilisieren. Kevin Wimmer wirkte defensiv zwar weitgehend abgebrüht, aber speziell einige Querpässe waren noch nicht so präzise, wie man sie sich erhoffen würde.

Überbrückungen nehmen zwei Rapid-Schlüssel aus dem Spiel

Das Resultat: Zwei zentrale Anker im Rapid-Spiel wurden von der Hektik angesteckt und hatten Probleme ins Spiel zu finden. Einerseits der durch die Überbrückungen und den durch den Gegner erzwungenen Flügelfokus in der Luft hängende Knasmüllner, andererseits Petrovic im Zentrum, der gedanklich oft einen Schritt zu spät kam. Die zahlreichen weiten Bälle hätten auch von Ercan Kara größere Präsenz erfordert, die der Stoßstürmer normalerweise auch an den Tag legt. Diesmal hatte er mit Stetina und Hancko im Nacken aber Probleme, Bälle zu sichern und die nachrückenden Mittelfeld- und Flügelspieler in Szene zu setzen. Kurzum: Wäre das Spiel so weiterverlaufen wie in der ersten halben Stunde, hätten die Tschechen vermutlich ein zweites Tor erzwungen.

Kurze Läufe mit Ball verändern das Bild

Rapid kam aber völlig konträr aus der Kabine und riss recht schnell das Publikum mit. Der wichtigste Grund dafür war das Spiel durch die Mitte. Die Innenverteidiger versuchten nun immer wieder mit kurzen, intensiven Läufen mit Ball die erste Pressinglinie des grundsätzlich gut geordneten Gegners zu überspielen. Dass man dies nun mit dem Ball am Fuß versuchte, anstatt lange Bälle zu spielen, überraschte die Gäste – und schaufelte das zentrale Mittelfeld frei. Schon in der ersten Halbzeit zählte Robert Ljubicic zu den Stärksten in Grün-Weiß. In der zweiten Halbzeit riss der Neuzugang aber das Spiel an sich und beherrschte das Zentrum in beeindruckender Manier und mit enormer Kampfkraft.

Ljubicic führt an: Rapid hält spielerische Komponente hoch

Vor dem 1:1 war es ein kraftvoller Vorstoß von Ljubicic durch das zentrale Mittelfeld, der Rapid in den gegnerischen Strafraum brachte. Das 2:1 bereitete Ljubicic mit einer perfekten Flanken auf Knasmüllner direkt vor. Zuvor hatte Knasmüllner im Achterraum einen wichtigen Ballgewinn verbucht und sich danach ideal in den Raum bewegt. Die spielerische Abstimmung passte also und später hätte der eingewechselte Taxiarchis Fountas, der für viel frischen Wind anstelle des schwachen Kelvin Arase sorgte, auch noch das dritte Tor erzielen können.

Geordneteres Spiel kommt dem Matchwinner zugute

Der Matchwinner war aber natürlich Doppeltorschütze Christoph Knasmüllner. Mit dem „schönsten Tor seiner Karriere“, wie er selbst nach dem Spiel konstatierte, brachte er Rapid zurück in die Partie. Der Siegtreffer sieben Minuten später war noch das i-Tüpfelchen. Auffällig war aber auch, welche Rahmenbedingungen es braucht, um Knasmüllner gut ins Spiel integrieren zu können. Weil es in der ersten Halbzeit häufig um zweite Bälle ging und Rapids Nummer Acht daher immer wieder ausweichen und pendeln musste, um überhaupt Bälle zu erhalten, machte ihn das spielerisch dominantere Zentrumsspiel in der zweiten Halbzeit zu einer Art Freigeist, als der er schalten und walten konnte. Speziell die hohe Intensität von Robert Ljubicic kam ihm hierbei extrem zugute und hier könnte sich neben dem pragmatischen Petrovic ein durchaus spektakuläres Gespann bilden.

Rapid emotionalisierte sich mit Fortdauer des Spiels

Zum richtigen Zeitpunkt wurde Rapid auch etwas „dreckiger“. Ein gutes Beispiel war dabei wieder einmal Filip Stojkovic, der sich einen Infight mit dem älteren der beiden Ladislav Krejcis lieferte, bis dieser sich sogar zu einem kleinen Disput mit dem Publikum hinreißen ließ. Spätestens ab hier zog das Publikum – nicht nur der Block West, sondern auch die Längsseite – immer mehr mit und gerade Rapids Mentalitätsspieler wie Stojkovic oder Hofmann nutzten das aus, um die Emotionen noch zu verstärken. Im Laufe der zweiten Halbzeit sah man also auch das Band zwischen Fans und Spielern, das die Grün-Weißen noch stärker und intensiver werden ließ. In Erinnerung blieb etwa eine Aktion von Ljubicic in der Schlussphase am linken Flügel, als er mit letzter Kraft um einen Ball kämpfte, rutschte, biss, nicht aufgab. Nach dem Spiel war genau diese Szene neben Knasmüllners Supertoren die, über die die Fans sprachen. Schließlich sind es genau diese Szenen, die Fans des „Arbeitervereins“ Rapids sehen wollen…

Tiefstehende Hartberger als nächste Hürde

Am kommenden Samstag geht es für Rapid gegen den TSV Hartberg. Es ist bereits das dritte Heimspiel innerhalb von neun Tagen und eines mit gänzlich anderen Vorzeichen. Die Mannschaft von Kurt Russ wird sich sehr tief positionieren und nicht mehr versuchen um jeden Preis mitzuspielen, wie es noch unter Markus Schopp der Fall war. Rapid sieht sich also einer defensiv ausgerichteten Truppe gegenüber, die robuster und routinierter zu Werke gehen wird als die Wiener Viktoria im Cup. Angeführt von Mario Sonnleitner, der als Abwehrchef der Hartberger von den Rapid-Fans gefeiert werden wird.

Mehr Kontrolle, weniger Kampf um zweite Bälle

Dass der offensichtlich formstarke Robert Ljubicic aufgrund seiner Rotsperre fehlen wird, ist ein klarer Nachteil für die Hütteldorfer. Das Spiel gegen Sparta Prag zeigte aber deutlich auf, was es stattdessen brauchen wird. Um die Stärken Rapids in der aktuellen Personallage bestmöglich auszuspielen, wird es nicht primär einen Kampf um zweite Bälle brauchen, sondern möglichst intensives Laufspiel mit Ball und vor allem Ballkontrolle. Wenn man Hartberg gerade im Zentrum bzw. im zweiten Drittel in Zweikämpfe kommen ließe, würde man den Oststeirern einen Gefallen tun. Rapid verfügt über keinen Sechser wie etwa Ladislav Krejci bei Sparta Prag, deshalb braucht es eher feinen Fußball und technische Präzision, um Hartberg nachlaufen zu lassen und nicht zu viele Schnittzweikämpfe zu riskieren. Auch im Hinblick auf das sicher sehr intensive Rückspiel in Prag am kommenden Mittwoch wird dies wichtig sein.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen