Nachdem am Wochenende der Ligabetrieb wieder begonnen hat, stehen diese Woche bereits die ersten Europacup-Spiele nach der Länderspielpause an. Aus diesem Anlass haben wir... Salzburg empfängt Napoli: Ein Schlüsselspiel um den Aufstieg

Nachdem am Wochenende der Ligabetrieb wieder begonnen hat, stehen diese Woche bereits die ersten Europacup-Spiele nach der Länderspielpause an. Aus diesem Anlass haben wir einen kurzen Blick darauf geworfen, was auf die österreichischen Vertreter diese Woche so zukommt. In diesem Artikel beleuchten wir das bevorstehende Heimspiel des FC Red Bull Salzburg.

Salzburg-Napoli (Mittwoch, 21 Uhr)

Das erste Spiel mit österreichischer Beteiligung ist gleich ein richtiger Kracher – und ein Match mit einer Vorgeschichte. Denn ausgerechnet gegen die Italiener ist Salzburg im Frühjahr aus der Europa League ausgeschieden. Dementsprechend hoch wird die Motivation der Mozartstädter sein.

In der Gruppentabelle steht der SSC Neapel momentan an der Spitze. Gegen Genk, die von Salzburg mit 6:2 besiegt wurden, reichte es zuletzt aber nur für ein Remis. Aber im Gegensatz zu den Österreichern konnte Napoli den FC Liverpool besiegen. Die Champions-League-Form spricht dennoch eher für Salzburg, denn ein unglückliches 3:4 an der Anfield Road ist wohl höher einzuordnen als ein 0:0 bei Genk, der wohl schwächsten Mannschaft der Gruppe.

In der Liga läuft für Salzburg aktuell eigentlich alles nach Plan. Platz 1 mit drei Punkten Vorsprung auf den LASK. Trotzdem war das 1:1 in Graz ein kleiner Dämpfer für Salzburg. Napoli hingegen ist direkt mit einem Sieg aus der Länderspielpause gekommen und besiegte Hellas Verona mit 2:0. Somit dürften die aktuellen Formverhältnisse insgesamt ausgeglichen sein.

Kadervergleich

Nimmt man die Kader als Maßstab, muss man die Italiener als Favorit sehen. Immerhin sind Spieler wie Insigne, Mertens oder Milik doch im internationalen Fußball etabliertere Kicker als so ziemlich jeder aus dem Salzburg-Kader. Aber beide Mannschaften haben wohl heute einen stärkeren Kader als zu ihrem letzten Aufeinandertreffen. Der Unterschied in der Kaderentwicklung ist, dass die Salzburger viele Stammspieler abgeben mussten. Napoli hingegen konnte seinen Stamm zusammenhalten und gerade in der Offensive Akteure wie Llorente, Hirving Lozano oder Amin Younes zum Kader hinzufügen. Das generierte einen größeren Spielerpool, aus dem sie schöpfen können. Ein solches „Überangebot“ hat aber auch zur Folge, dass Spieler wie Lorenzo Insigne öfter auf der Bank oder der Tribüne Platz nehmen müssen. Daraus resultiert eine gewisse Unzufriedenheit, die für das Mannschaftsklima sicher nicht optimal ist.

Napoli im 4-4-2

Seit Starcoach Carlo Ancelotti den SSC Neapel 2018 übernommen hat, läuft das Team meistens in einer 4-4-2-Grundformation auf. Dieses System wird hier aber sehr variabel interpretiert. Vor allem zwei Positionen sind für die Auslegung des Systems entscheidend.

Das ist zum einen die Position der hängenden Spitze. Denn der Doppelsturm wird meistens von einem der beiden „Brecher“ ganz vorne (Llorente, Milik) und einem kleinen wendigen Spieler wie Mertens oder Insigne gebildet. Während die erstgenannte Position eher der eines klassischen Neuners entspricht, ist die Position des zweiten Spielers wesentlich variabler. Der Spieler, der als hängende Spitze aufgestellt wird, hat im Spiel der Süditaliener sämtliche Freiheiten. Gerade für einen Spieler wie Dries Mertens ist das die optimale Position, da er seine Qualitäten abseits jeder Raumdeckung ausspielen kann.

Eine andere Schlüsselposition bei Napoli stellt der linke Mittelfeldspieler dar. An der Besetzung des linken Flügels erkennt man die generelle Ausrichtung der Italiener. Hier gibt es die Variante mit einem gelernten Flügelspieler wie Insigne oder Younes, die die Position eher klassisch auslegen wie das Pendant auf der anderen Seite (Jose Maria Callejon). Wird die linke Außenbahn so besetzt, hat das meistens eine eher zentrale Ausrichtung der hängenden Spitze zur Folge. Diese Spieler sorgen zwar offensiv für mehr Gefahr, aber die genannten Spieler haben leichte Defizite in der Rückwärtsbewegung. Sollte Napoli also mit dieser Variante ins Match starten, dann könnte sich auf dieser Seite die eine oder andere Kontermöglichkeit ergeben.

In den Spielen, für die Coach Ancelotti diese Formation für zu offensiv hält, lässt er auf dieser Position gerne einen der zentralen Mittelfeldspieler auflaufen. Falls es dazu kommt, wird diese Position entweder vom Polen Piotr Zielinski oder von Fabian Ruiz bespielt. Kommt hier einer der beiden zum Einsatz, dann hat das zur Folge, dass das Offensivspiel dieses Akteures eher auf der halblinken Seite stattfindet als ganz außen. Da die äußere Spielfeldlinie im Angriffsspiel dann unbesetzt wäre, rückt dann der offensive Freigeist hinaus auf den Flügel. Um aber den defensiven Vorteil dieser Variante nicht zu verlieren, kreuzen diese Spieler bei Ballverlusten ihre Laufwege in der Rückwärtsbewegung.

Wird die zweite Option gezogen, dann ist es wichtig für die Salzburger, dass die Räume um den klassischen Neuner eng gemacht werden. In diesem Fall werden gerne Flanken in den Strafraum geschlagen. Und das kann bei großen Spielern wie Milik und Llorente immer gefährlich werden. Spielt Neapel aber die erste Variante, wird es wichtig sein, dass die Räume zwischen Verteidigung und Mittelfeld in der Zentrale sehr eng gehalten werden, da sich die hängende Spitze genau dort aufhalten wird. Und gerade ein Spieler der Marke Mertens weiß dort jeden Zentimeter zu nutzen.

Kein Linksfuß im Aufbauspiel

Im Spielaufbau wählen die Italiener meistens die klassische Variante. Das heißt, dass diese Aufgabe zu größten Teilen von den beiden Innenverteidigern übernommen wird. Falls es notwendig ist, werden sie vom abkippenden Allan unterstützt. Sowohl der brasilianische Sechser als auch die Stamm-Innenverteidigung mit Manolas und Koulibaly sind sehr passstark – allgemein ist dieses Gespann das Herzstück der Mannschaft aus Kampanien. Aber sie alle haben ein Defizit gemein, nämlich den schwachen bzw. zumindest schwächeren linken Fuß. Läuft man die Gegner an ihrer rechten Verteidigungsseite an, dann könnte man sie zu Fehlpässen im Kurzpassspiel zwingen.

Um den Aufbauspielern die Anspielstationen zu nehmen, ist es wichtig, dass die Salzburger Außenspieler die Passwege auf Napolis Außenverteidiger zustellen, um den Gegner zu langen Bällen und zu Rückpässen zu zwingen.

Es wird für die Österreicher wichtig sein, dass man über schnelle Gegenangriffe oder Weitschüsse sein Glück sucht, denn vor allem Koulibaly gilt als einer der Besten, wenn nicht der Beste in Italiens Serie A in punkto Zweikampfführung und Strafraumbeherrschung.

Einzig, weil Napoli über einen breiteren Kader mit besseren Individualisten verfügt, muss man ihnen hier eine kleine Favoritenrolle zusprechen. Aber die Salzburger haben gerade im Europacup schon gezeigt, dass sie sich vor niemandem verstecken müssen. Man darf also durchaus ein Spiel auf Augenhöhe erwarten – auch weil es sich um ein Schlüsselspiel für die Salzburger handelt, wenn man die Sensation Achtelfinalaufstieg schaffen will.

Kristian Müller, abseits.at

Kristian Müller