Teamanalyse: Das ist Rapid-Gegner KAA Gent!
Champions League 13.September.2020 Daniel Mandl
Der SK Rapid trifft am Dienstagabend in der Champions-League-Qualifikation auf den belgischen Vizemeister KAA Gent. Wir analysieren den Gegner der Hütteldorfer im Detail.
Die KAA Gent wurde bereits im Jahr 1864 gegründet – die Fußballsektion gibt es seit 1900, womit der Fußballverein heuer sein 120-jähriges Bestehen feiert. Die „Buffalos“, die ihren Namen wegen eines Stopps der Western-Zirkus-Legende Buffalo Bill in Gent um die Jahrhundertwende tragen, wurden 2015 erstmalig belgischer Meister und gewannen dreimal den Pokal.
Standing in Belgien
Die KAA Gent kam erst gegen Ende der 2000er-Jahre so richtig in der Spitze des belgischen Fußballs an. Davor galt der Verein als Mittelständler, der zwar zumeist erstklassig spielte, im Rennen um den Titel gegen die großen Klubs aus Brügge und Anderlecht aber kaum ein Wörtchen mitsprach. 2015 wurde Gent völlig überraschend Meister und seitdem gehört man fix zum oberen Drittel der belgischen Liga. Im Anschluss an den Titel wurde Gent zweimal Dritter, danach Vierter, Fünfter und zuletzt im Rahmen der abgebrochenen Ligasaison 2019/20 Vizemeister.
Standing in Europa
Bis zum Jahr 2008 nahm Gent nur fünfmal am UEFA-Cup und einmal am Cup der Cupsieger teil, spielte ansonsten häufig, aber erfolglos im UEFA Intertoto Cup, auch bekannt als UI-Cup. Seit 2008 sind die Belgier allerdings ein europäischer Stammgast: 2010 schaffte man es erstmalig in die Gruppenphase der Europa League, wo man in einer Gruppe mit Levski Sofia, Lille und Sporting Lissabon nicht aufstieg. 2015 nahm Gent als belgischer Meister erstmalig an der Gruppenphase der Champions League teil und schaffte es sogar sensationell ins Achtelfinale. In der Gruppe mit Lyon, St.Petersburg und Valencia holte man zehn Punkte und schied danach im K.O.-Duell gegen den VfL Wolfsburg aus.
2016/17 drang Gent bis ins Achtelfinale der Europa League vor, schaltete dabei im Sechzehntelfinale die Tottenham Hotspurs aus und scheiterte danach an Genk. In der vergangenen Saison 2019/20 kam Gent souverän durch die Gruppe mit Saint-Étienne, Wolfsburg und Oleksandriya und scheiterte im Sechzehntelfinale knapp an der AS Roma. Ein Duell mit einem österreichischen Klub gab es erst einmal: 2017 schied Gent bereits im ersten Spiel der Europa-League-Qualifikation (3. Qualirunde) mit einem Gesamtscore von 2:4 gegen den SCR Altach aus.
Der Rekordtransfer
In den letzten Jahren feierte Gent immer wieder große Transfererfolge, verkaufte etwa Sven Kums – der mittlerweile wieder in Gent spielt – um neun Millionen Euro nach Watford, Samuel Kalu um 8,5 Millionen an Girondins Bordeaux oder Samuel Gigot um acht Millionen zu Spartak Moskau. Insgesamt verkaufte man bis vor wenigen Wochen 20 Spieler um drei Millionen Euro oder mehr.
Der 21. Transfer, der in diese Kategorie passt, war jedoch der aufsehenerregendste. Der kanadische Jungstar Jonathan David, absoluter Schlüsselspieler und Garant für die starke letzte Saison, wechselte um 32 Millionen Euro nach Lille. Es handelt sich nicht nur um den klaren Transferrekord für die KAA Gent, sondern auch um den teuersten Verkauf durch einen belgischen Klub überhaupt. Gleichwertig nachbesetzt wurde David allerdings noch nicht – stattdessen kaufte Gent eher für die Kaderbreite ein. Auch den teuersten Einkauf der Vereinsgeschichte tätigte man in der laufenden Transferperiode: Der angolanische Linksverteidiger Núrio Fortuna kam um sechs Millionen Euro aus Charleroi. An Rapid überwies Gent einst drei Millionen Euro für den georgischen Angreifer Georgi Kvilitaia.
Das Verhältnis zum AS Trencin
Die meisten neuen Spieler wechseln von kleineren belgischen Klubs nach Gent. Allerdings hat der Verein auch ein enges Naheverhältnis zum slowakischen Ausbildungsklub AS Trencin, den Rapid in der Saison 2016/17 aus dem Europa-League-Playoff warf. In den letzten sechs Jahren holte Gent mit Hajradinovic, Moses Simon, Rabiu, Kalu, Janga, Azango, Yem und zuletzt Bukari acht Spieler aus Trencin und es gab seitdem nur eine einzige Transferperiode, in der sich Gent nicht in der Slowakei bediente. Insgesamt lukrierte Gent aus Weiterverkäufen der Trencin-Spieler knapp 15 Millionen Euro, womit sich die Kooperation bereits deutlich lohnte.
Die bisherige Saison
Gent startete schwach in die neue Saison und verlor die ersten drei Ligaspiele. Bei Sint-Truiden gab es ein 1:2, zu Hause gegen Kortrijk ebenfalls und auswärts in Antwerpen eine 0:1-Niederlage. In der vierten Runde gab es den ersten Sieg: Die extrem fehleranfällige KV Mechelen wurde relativ souverän mit 1:0 besiegt. Zuletzt gab es noch eine 1:2-Niederlage gegen Eupen, wobei der Innenverteidiger Ngadeu Ngadjui wegen einer Tätlichkeit Rot sah und der Ex-Salzburger Smail Prevljak der KAA Gent einen Treffer einschenkte. Der Weggang von Starstürmer Jonathan David konnte merklich noch nicht kompensiert werden.
Der Trainerwechsel
Bereits nach der Heimniederlage gegen Kortrijk wurde der recht erfolgreiche und beliebte dänische Coach Jess Thorup entlassen. Der 50-Jährige, der einst unter anderem für den FC Tirol stürmte, gewann knapp die Hälfte seiner Spiele als Gent-Coach. Ersetzt wurde er durch den 17 Jahre älteren Rumänen László Bölöni, der vor allem geholt wurde, um Gent neue Stabilität einzuhauchen. Bölöni trainierte zuvor eher Mannschaften, die weniger dominant auftraten, sondern eine stabile Defensive als oberste Maxime hatten. So war er bis vergangenen Mai Coach beim aufstrebenden Underdog Royal Antwerpen. Längere Phasen als Coach hatte er außerdem in Rennes, Nancy, sowie bei Standard Lüttich. Die Art und Weise, wie Bölöni die KAA Gent spielen lässt, stieß mannschaftsintern auf große Kritik. Einige Spieler kommen nicht damit zurecht, dass sie sich offensiv nicht entfalten dürfen. Der Wegfall von Jonathan David und dessen extremer Dynamik ist hier allerdings ein bedeutender Faktor. Bei Gent verteilt sich die Verantwortung – ähnlich wie bei Rapid – derzeit auf mehrere Schultern. Einfacher macht man es sich aber selbst nicht: Yaremchuk kritisierte den Trainer offen und stand danach beim 1:2 in Eupen nicht mal im Kader. In Gent kommt es also derzeit sogar zu kleineren Machtspielchen zwischen dem Trainer und den aktuellen Starspielern.
Das System
Unter Jess Thorup praktizierte Gent ein offensiv zumeist sehr fluides 4-3-3, in dem Jonathan David entweder einen ausweichenden oder einen antizipativen Stürmer gab. Vergleichbar war die offensive Herangehensweise mit einigen 4-4-2-Varianten von Red Bull Salzburg, in denen seinerzeit der vorderste Part der Mittelfeldraute, häufig Munas Dabbur, den „heimlichen“ Stürmer gab, während die nominellen Stürmer eher auswichen und Räume für zentrale Durchbrüche schafften. Bei Gent spielte allerdings der Ukrainer und nominelle Stürmer Yaremchuk am ehesten den Stürmerpart, während man auf den anderen Offensivpositionen rochierte, um Löcher zu reißen. Phasenweise nahmen David oder Bezus die Dabbur-ähnliche Rolle ein und kamen somit aus der Etappe.
Unter Bölöni dürfte die Herangehensweise pragmatischer sein. Zwar ließ er bei seinem Debüt, dem 0:1 in Antwerpen, ebenfalls in einem 4-3-1-2-System spielen, gegen Mechelen war es aber bereits ein klassisches 4-3-3 mit Yaremchuk in der Spitze und Kleindienst und dem Ex-Wolfsberger und –Salzburger Anderson Niangbo an den Flügeln. Hinzu kommt eine deutlich defensivere zentrale Mittelfeldstaffelung. Bölöni setzt hier gerne auf eine 6-6-10-Staffelung, die das Team defensiver macht als in der vergangenen Saison. Auswärts in Eupen war die Staffelung mit einem 6-6-8 sogar noch defensiver, womit es an spielerischem Esprit in der Mittelfeldzentrale fehlte.
Der Torhüter
Zuletzt hütete der 26-jährige Davy Roef das Tor der KAA Gent. Der einstige Ersatztormann von Anderlecht kam vor der Saison zum Vizemeister, galt einst als durchaus großes Talent, konnte sich aber bisher nur im Zuge eines Leihgeschäfts mit Waasland-Beveren über zwei Saisonen hinweg etablieren. Es ist aber auch möglich, dass gegen Rapid mit Sinan Bolat ein routinierterer Neuzugang zwischen den Pfosten stehen wird. Der 32-jährige Türke mit belgischem Pass bestritt bisher zwölf Länderspiele für die Türkei und war zuletzt drei Jahre lang Stammkeeper bei Antwerpen. Bekanntheit erlangte der Keeper im Jahr 2009, als er in der Champions-League-Gruppenphase den Last-Minute-Ausgleich für seinen damaligen Klub Standard Lüttich gegen AZ Alkmaar erzielte. Mittlerweile dritter Torhüter ist der 28-jährige Colin Coosemans. Angesichts dessen, dass Roef gegen Eupen im Kasten stand, ist sein Einsatz gegen Rapid wahrscheinlicher geworden. Demgegenüber steht aber ein schwerer Fehler vor dem 2:0 für Gastgeber. Hier könnte es sich um eine Matchtag-Entscheidung handeln, welcher der beiden Keeper gegen Rapid das Tor hüten soll.
Die Innenverteidigung
Die Besetzung der Innenverteidigung ist bei der KAA Gent weitgehend vorgezeichnet. Abwehrorganisator ist der Ukrainer Igor Plastun. Der 30-Jährige erzielte bisher zwei von vier Ligatreffern und ist damit der beste Saisontorschütze seines Teams. Der 193cm große Abwehrspieler, der vor zwei Jahren von Ludogorets Razgrad nach Gent wechselte, gilt als starker Zweikämpfer, guter Kopfballspieler und vor allem sicherer Passhafen in der Defensive. Plastun ist ein Aufbauspieler, der sich auf die einfacheren Pässe beschränkt, Ruhe in den Aufbau bringt und durch seine einfachen Passmuster wenige spielerische Fehler begeht. Bei Offensivstandards ist er eine gefährliche Waffe und allgemein ein verlässlicher Defensivroutinier.
Neben ihm dürfte mit Michael Ngadeu Ngadjui ein weiterer Routinier auflaufen. Dies ist allerdings noch unsicher, weil sich der 29-jährige Kameruner gegen Eupen zu einer Dummheit hinreißen ließ und der autoritäre Coach Bölöni mit derartigen Aktionen nicht gut zurechtkommt. Der Innenverteidiger, der ebenfalls als sehr zweikampfstark gilt und im Gegensatz zu Plastun häufiger mit langen Bällen operiert, flog nach einem Kopfstoß nach einem Gerangel mit seinem Gegenspieler vom Platz und könnte daher kurzfristig von Bölöni degradiert werden. Ndageu Ngadjui ist einer der Spieler, die von ihrer Physis leben und beinhart verteidigen, andererseits aber auch fehlerbehaftet sind.
Die Alternative wäre Dino Arslanagic, der vor der Saison aus Antwerpen kam und damit ein ehemaliger Schützling von Trainer Bölöni ist. Gegen Eupen spielte er erstmals von Beginn an, konnte aber kaum überzeugen, zumal er eigentlich als aufbauender Innenverteidiger eingeplant war und zu verhalten agierte. Der 191cm große Belgier mit bosnischen Wurzeln ist als Starter neben Plastun eher weniger zu erwarten, weshalb eine Konstellation mit Plastun und Ngadeu Ngadjui wahrscheinlicher wirkt.
Die Ersatzleute für die Innenverteidigung sind der 28-jährige Bruno Godeau und der erst 19-jährige Ibrahima Cissé, die aber keine Chancen auf Einsätze haben sollten. Mit Ausnahme von Godeau sind alle Innenverteidiger Rechtsfüße.
Die Außenverteidigung
Der Auffälligere der beiden Außenverteidiger spielt auf der rechten Abwehrseite und heißt Alessio Castro-Montes. Der spanisch-stämmige Belgier ist 23 Jahre alt und reißt das Spiel deutlich mehr als sich, als sein Gegenüber. Castro-Montes hat viele Ballaktionen, zieht eine Menge Zweikämpfe und ist dennoch eher ein spielerischer Außenverteidiger. Dementsprechend ist bei ihm vor allem bei Einrückbewegungen Vorsicht geboten, denn Castro-Montes ist bekannt dafür, dass er gute Schnittstellenpässe in den Strafraum spielt und viele Tormöglichkeiten einleitet, dafür weniger die Grundlinie sucht. Sein Ersatzmann, der 27-jährige Kongolese Jordan Botaka, ist eher ein athletischer Außenverteidiger, der lange Sprints und die Grundlinie sucht. Mit seinem Einsatz wäre vor allem dann zu rechnen, wenn Gent ein Tor braucht und offensiv größeren läuferischen Aufwand betreiben müsste. Dies würde aber im Vergleich zu Castro-Montes auf Kosten der technischen Qualität gehen.
Auf der linken Abwehrseite ist der Sechs-Millionen-Mann aus Charleroi, Núrio Fortuna, gesetzt. Der 25-jährige Angolaner ist im Stammabwehrverbund der einzige Linksfuß und hat aufgrund der aktuellen Aufbauprobleme bei Gent auch stets viele Ballaktionen zu verzeichnen. Núrio ist aber aktuell deutlich fehleranfälliger und weniger präsent als sein Gegenüber Castro-Montes und man sieht deutlich, dass der laufstarke Außenverteidiger noch nicht ideal ins Team integriert ist. Speziell erkennt man dies im Zuge seiner Einrückbewegungen in die Zentrale, bei denen es noch einige Abstimmungsprobleme mit der Innenverteidigung gibt. Zudem hat Núrio erst vor kurzem eine schwere Knieverletzung überwunden und ist demnach noch lange nicht die Stütze, die er in Charleroi war.
Klar ist aber, dass Núrio dennoch den 26-jährigen Iraner Milad Mohammadi aus dem Team spielte und fix auf die Bank verbannte. Der 34-jährige Ghanaer Nana Asare, ein weiterer routinierter Linksfuß, steht zwar noch im Kader, spielt aber keine Rolle mehr.
Das zentrale Mittelfeld
Das bereits thematisierte zentrale Mittelfeld der KAA Gent beinhaltet einige Schlüsselspieler des Teams, hat aber aktuell auch so seine Probleme, was Spielaufbau, Tempohandling und nicht zuletzt Gegenpressing betrifft.
Der wichtigste Akteur im Mittelfeld und wohl im gesamten Team von Gent ist Heimkehrer Sven Kums. Der 32-Jährige, der vor der Saison um 1,5 Millionen Euro aus Anderlecht kam, ist einerseits der abkippende Sechser, der die Abwehrkette beim Spielaufbau unterstützen soll. Andererseits ist Kums aber auch ein wichtiger Taktgeber und als Box-to-Box-Midfielder zu bezeichnen, obwohl er nominell ein Sechser ist. Beim 1:2 in Eupen erzielte er mit einem Schuss aus der zweiten Reihe den Ehrentreffer und war allgemein einer der auffälligsten Gent-Akteure. Kums ist ein äußerst sicherer Passspieler und auch seine weiten und durchgesteckten Bälle sind zumeist sehr präzise gespielt und leiten immer wieder gefährliche Aktionen ein.
Kums wuchs in den letzten Wochen im Schnellverfahren in die Rolle des Mittelfeldorganisators. Grund dafür ist die COVID-19-Erkrankung von Kapitän Vadis Odjidja-Ofoe. Der 31-Jährige ist normalerweise der umtriebigste Mittelfeldspieler bei Gent, deckt den größten Aktionsradius ab und ist auch einer der wichtigsten Spieler im Gegenpressing und was Balleroberungen und Ballsicherungen im Allgemeinen betrifft. Der ghanaisch-stämmige Belgier trainiert aber erst seit vergangenem Mittwoch wieder mit der Mannschaft, war zuvor in Heimquarantäne, stand gegen Eupen noch nicht im Kader. Angesichts der Wichtigkeit des Spiels gegen Rapid ist es durchaus möglich, dass er ins Team zurückkehrt. Er stellt aber aufgrund seiner Quarantäne-Zwangspause das größte Fragezeichen dar.
Ebenfalls gesetzt ist der Franzose Elisha Owusu, der den insgesamt defensivsten Part in der Mittelfeldzentrale einnimmt. Kums kippt häufiger ab, um den Spielaufbau anzukurbeln und in diesen Phasen rückt Owusu ein Stück weiter nach vorne. Gegen den Ball ist Owusu in der 4-1-4-1-Pressingformation der Belgier der alleinige Sechser und bewegt sich in die Breite bzw. verschiebt auf Ballhöhe. Der kampfstarke 22-Jährige kam vor einem Jahr aus Lyon und ist wohl der robusteste Spieler in der Mittelfeldzentrale.
Mit dem Deutschen Niklas Dorsch hat Gent nun aber noch eine weitere, sehr spannende Personalie fürs defensive Mittelfeld. Dorsch spielt ebenfalls eine Art Sechser-Achter-Hybrid, agiert leicht linkslastig und gilt als passsicherer Spieler, der kaum Bälle verliert und auch immer wieder selbst auf der Suche nach Abschlüssen aus der Etappe ist. Dennoch ist es denkbar, dass Dorsch, der ähnlich wie Núrio noch nicht hundertprozentig im Team angekommen ist, zugunsten von Odjidja-Ofoe das Feld räumen muss, so dieser ins Team zurückkommt. In seiner ersten Partie für Gent präsentierte er sich stark, fiel dann aber deutlich ab.
Der 24-jährige Gambier Sulayman Marreh ist ein möglicher Einwechsler für die Sechs. Das 17-jährige Toptalent Mathéo Parmentier ist aktuell noch keine Option.
Die Flügelspieler
An den Flügeln wählt Trainer Bölöni aktuell eher asymmetrische und fluide Lösungen. So konnte beispielsweise zuletzt der Georgier Giorgi Chakvetadze aufzeigen. Der 21-Jährige ist eigentlich ein Zehner, spielt aber nur bedingt auf einer eindeutig zentralen Position. Der flinke Techniker pendelt immer wieder nach links, wurde zuletzt auch nominell als Linksaußen aufgeboten und ist ein äußerst unangenehmer Pressinggegner und mit dem Ball ein gefährlicher Dribbler, der mit seinen schnellen Haken und Finten immer wieder für Gefahr sorgt. Er war gegen Eupen einer der Besten, machte allgemein zuletzt einen großen Schritt nach vorne und hat seine Schwächen derzeit noch vor allem im Abschluss. Insgesamt ist der junge Georgier aber reif für den nächsten Schritt und aufgrund seiner unvorhersehbaren Spielweise ist er gegen Rapid als pendelnder Flügelspieler zu erwarten.
Auf der rechten Seite ist wohl der Ex-Wolfsberger Anderson Niangbo zu erwarten. Der 20-jährige Ivorer ist hierzulande ohnehin ein Begriff, spielte zuletzt ebenfalls passable Partien, hat aber seine Position noch nicht klar gefunden. Er war zumeist stärker, wenn er von links zur Mitte ziehen konnte, wurde nun aber auch rechts aufgeboten, auch weil Chakvetadze einen Formanstieg verzeichnete und selbst eher linkslastig agiert.
In der Offensivreihe gibt es allerdings noch jede Menge spannende Alternativen. So etwa den 29-jährigen Ukrainer Roman Bezus, ein durchschlagkräftiger Offensivmotor, der vor allem im Pressing von Gent eine wichtige Rolle einnimmt. Eigentlich ist Bezus gelernter Stürmer, in Gent kommt er allerdings auf der Zehn zum Einsatz, wenn man auf ein Zweistürmersystem umstellt und die Stürmer dabei nach außen pendeln, sodass er durch die Mitte in die Spitze stechen kann.
Weiters bietet der Neuzugang aus Trencin, Osman Bukari, eine Option für Trainer Bölöni. Der trickreiche Rechtsaußen wäre möglicherweise eine Option anstelle von Niangbo, allerdings ist zu erwarten, dass ein Einsatz für ihn noch zu früh kommt. Auch der 18-jährige Dylan Mbayo sollte derzeit noch eine wahrscheinlichere Variante darstellen. Der kongolesisch-stämmige Belgier kann als Linksaußen und Rechtsaußen eingesetzt werden, hat noch defensive Defizite, ist aber ein unbekümmerter Dribbler, der durchaus für Gefahr sorgen kann. Mit dem 26-jährigen Alexander de Bruyn gibt es zudem einen Neuzugang für die gesamte offensive Dreierreihe, also beide Außenpositionen und die Zehnerposition, der aber noch an einem Kreuzbandriss laboriert und somit sicher nicht gegen Rapid debütieren wird.
Der Sturm
Im Angriff hat Gent zahlreiche, jeweils sehr robuste Optionen. Der beste Stürmer ist der Ukrainer Roman Yaremchuk, der aber bekanntlich zuletzt wegen seiner öffentlichen Kritik am Coach aus dem Kader verbannt wurde. Es ist allerdings anzunehmen, dass er mit einer „Jetzt erst recht“-Anweisung gegen Rapid ins Team zurückkehren wird. Der 24-Jährige ist trotz seiner 191cm Körpergröße ein schneller und athletischer Stürmer, der aber auch als klassischer Zielspieler verwendet werden kann und seinen Körper gut einsetzt. Auch im Zuge von Pendelbewegungen nach außen macht Yaremchuk eine gute Figur und ihn aus dem Spiel zu nehmen wird eine der schwierigsten Aufgaben für Rapid werden. Allerdings litt der Stürmer zuletzt ein wenig unter Ladehemmung. Sein letztes Pflichtspieltor erzielte er im Dezember, was allerdings erst acht Spiele her ist. Zuletzt kam er auch zweimal im ukrainischen Nationalteam zum Einsatz, wo er aber ebenfalls nicht traf.
Die hierarchische Nummer Zwei ist der 25-jährige Deutsche Tim Kleindienst, der um 3,5 Millionen Euro aus Heidenheim kam. Für die Sensationsmannschaft Heidenheim erzielte er in der vergangenen Saison 16 Saisontreffer, für Gent traf der 194cm-Mann allerdings noch nicht. Gemeinsam mit Yaremchuk wird Kleindienst wohl nicht spielen, wenngleich dies beim 1:0-Sieg über Mechelen erfolgreich der Fall war. Hier spielte Kleindienst als Rechtsaußen, Yaremchuk im Zentrum und Niangbo auf links. Dies ist auch eine der möglichen Varianten, zumal ein Doppelsturm mit Yaremchuk und Kleindienst eher etwas für situative Erfordernisse wäre. Beim 0:1 in Antwerpen testete man dieses Zweistürmersystem mit Yaremchuk und Kleindienst bzw. Bezus dahinter. Das Experiment verlief allerdings wenig vielversprechend. Kleindienst wirkte in seinen ersten Spielen für Gent noch sehr staksig und technisch unglücklich, steht daher bereits ein wenig in der Kritik.
Hinzu käme zudem noch der routinierte 191cm-Mann Laurent Depoitre, der als klassischer Einwechsler bei Rückstand zu bezeichnen ist. Der 31-Jährige ist ein wuchtiger Angreifer mit Premier-League-Erfahrung und wäre notfalls in der Schlussphase ein idealer Wandspieler. Ähnliches würde auf den hierzulande bestens bekannten Giorgi Kvilitaia zutreffen, doch der mittlerweile 26-Jährige hat unter Bölöni noch keinerlei Chance erhalten. In der ersten Runde der Saison saß er auf der Bank, danach stand er in keinem Matchkader mehr. Ebenfalls kein Thema ist der 26-jährige Leihrückkehrer Mamadou Sylla, der keine Rolle mehr in den Plänen von Bölöni spielt.
Demnach gibt es im Angriff drei verschiedene Varianten bzw. drei verschiedene Optionen, wie das Spielermaterial eingesetzt werden kann.
- Yaremchuk als klassischer Mittelstürmer mit zwei Flügelspielern neben sich
- Yaremchuk als rochierender Stürmer mit einem Flügelspieler links und Kleindienst als Rechtsaußen, der ebenfalls immer wieder zur Mitte pendelt
- Ein – höchstwahrscheinlich situatives – Zweistürmersystem, in das auch Roman Bezus oder Anderson Niangbo als quirlige Konterparts zu einem physischen Stürmer stoßen könnten
Probleme, Identitätsfindung und schlechte Stimmung
Als seelen- und planlos bezeichnen die meisten Fans in den sozialen Netzwerken derzeit das Spiel der sonst offensiv so spektakulär agierenden KAA Gent. Einige Anhänger konstatierten bereits, dass sie kein großes Interesse daran haben, das blutleere Spiel ihrer Mannschaft zu sehen. Das macht die Belgier aber auch gefährlich, denn es gibt einige Variablen, die man noch nicht klar einschätzen kann. Allen voran natürlich die mögliche Rückkehr von Kapitän Odjidja-Ofoe, die einen Ruck durch die Mannschaft gehen lassen könnte. Aber auch Starstürmer Roman Yaremchuk könnte zu einem Game Changer werden, denn nachdem Bölöni ihn zuletzt auf der Tribüne versauern ließ, könnte dieser extramotiviert zurückkommen – so er von Bölöni überhaupt zurückgeholt wird, wovon aber auszugehen ist.
Am vergangenen Wochenende sah man Gent bei der 1:2-Niederlage in Eupen als schlechtere Mannschaft. Eupen spielte äußerst schnell und gefällig, zeigte große technische Sicherheit, auch auf hohem Tempo. Gent hingegen spielte sehr passiv, presste tief, wies aber gegen den Ball dennoch zu große Abstände zwischen den Mannschaftsteilen auf. Vorsicht geboten ist gegen die insgesamt große und robuste Mannschaft allerdings bei Standardsituationen. Gleichzeitig präsentierte sich Gent allerdings auch selbst anfällig bei Standards: So griff etwa der ebenfalls in der Kritik stehende Torhüter Davy Roef beim zweiten Gegentor in Eupen empfindlich daneben.
Schlüsselspieler und Problemfälle
Beides, also sowohl Schlüsselspieler, als auch Problemfall, ist der ukrainische Stürmer Yaremchuk, der zuletzt aus disziplinären Gründen im Kader fehlte. Der wichtigste Spieler im Mittelfeld ist Sven Kums, vor allem wenn der sehr dominante Kapitän Odjidja-Ofoe weiterhin fehlen sollte. Der stabilste Bereich der Abwehr ist die rechte Seite mit Plastun innen und Castro-Montes außen.
Torhüter Davy Roef steht derzeit ebenso in der Kritik, wie die beiden Neuzugänge von Heidenheim: Dorsch und Kleindienst ließen bisher nur wenig von ihrer Klasse aufblitzen und wirken noch nicht gut integriert. Ähnliches gilt für Núrio, der ebenfalls noch wie ein Fremdkörper wirkt. Auffällig war zuletzt die allgemeine Abschlussschwäche des Teams, das erst vier Saisontore in fünf Spielen erzielte und mit drei Punkten auf Rang 16 in der belgischen 18er-Liga steht.
Mögliche Aufstellungen
Wie bereits beschrieben sollte Gent grundsätzlich in einer 4-3-3-Konstellation und einem nominell sehr defensiv ausgerichteten zentralen Mittelfeld auflaufen. Nach den schwachen Spielen in der belgischen Liga ist das Team mit den größeren Ansprüchen aber unter Zugzwang und muss zu Hause gegen Rapid das Spiel machen. Dies muss allerdings vor allem durch die zentralen Mittelfeldspieler geschehen, was die Angelegenheit für die Belgier nicht leichter macht.
Die wahrscheinlichste Ausrichtung des belgischen Vizemeisters sieht wie folgt aus:
Hierbei würde es sich um dieselbe Aufstellung handeln, wie beim 1:2 gegen Eupen, mit der Ausnahme, dass Yaremchuk anstelle von Kleindienst ins Team zurückkehren würde.
Bekanntlich gibt es aber einige Fragezeichen und so könnten auch andere Spieler, aus bereits erklärten Gründen ins Team rutschen. Dies wären die potentiellen Wackelkandidaten, die ins Team kommen könnten.
Auch ein 4-3-1-2-System ist denkbar, allerdings unwahrscheinlich. Unter anderem wegen der Stürmerduo-Problematik. In diesen Variationen geht der nach Frankreich verkaufte Starspieler Jonathan David eben noch extrem ab.
Ausblick und Prognose
Wie schon zuvor Lokomotiva Zagreb erwischt Rapid den nächsten Gegner Gent zu einem idealen Zeitpunkt. Die Mannschaft ist noch in keinem echten Spielfluss angekommen, ist verunsichert, wird scharf kritisiert und hat interne Probleme, unter anderem ausufernd in Kritik der Spieler am Trainer. Es läuft also noch nicht vieles zusammen und Rapid wird auswärts in Gent wohl mit einer Kontertaktik den Erfolg suchen. Das zwingt Gent dazu, das Spiel zu machen, was wiederum derzeit nicht ihre Paradedisziplin ist. Dass es sich um ein Auswärtsspiel für die Hütteldorfer handelt, könnte hier sogar zu einem Vorteil werden. In Wien könnte Gent etwas passiver und abwartender agieren, aber zu Hause erwartet jeder einen Sieg von den Buffalos. Wir tippen darauf, dass Rapid an einem guten Tag eine absolut realistische Chance auf den Aufstieg hat und schätzen die Hütteldorfer aktuell als 40:60-Außenseiter ein. Eine hochkonzentrierte und auch physisch aufopfernde Leistung ist aber eine absolute Grundvoraussetzung, denn Gent wird versuchen, über den Kampf ins Spiel zu finden und zudem darf man die individuellen Qualitäten der Schlüsselspieler keinesfalls unterschätzen.
Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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