Am kommenden Samstag steht der Höhepunkt der diesjährigen Saison im Klubfußball an: das Champions League-Finale zwischen dem FC Bayern München und dem Chelsea FC. Der deutsche Rekordmeister gilt dank des Heimvorteils als leichter Favorit. Dank des Debakels im DFB-Pokal-Finale darf an dieser Tatsache aber immer mehr gezweifelt werden. Wie dem auch sei. Dieses Finale ist auch das Aufeinandertreffen der „unvollendeten Generationen“. Weder die in der Premier League generationsprägenden Didier Drogba oder John Terry, noch ihre Bundesliga-Pendants Bastian Schweinsteiger und Phillipp Lahm konnten bisher einen großen internationalen Titel gewinnen.
Die „unvollendete Generation“ des Chelsea FC
Als Sinnbild jener Generation der Mannschaft aus West-London sind vor allem zwei Impressionen haften geblieben: der ausrutschende John Terry im Elfmeterschießen im CL-Finale gegen Manchester United 2008 und ein Jahr später ein nicht zu bändigender Michael Ballack, der auf Schiedsrichter Övrebrö zustürmt, nach dem dieser im Halbfinale Chelsea zwei glasklare Elfmeter verweigert hat und man deswegen gegen den FC Barcelona unverdient ausschied. Viele Experten waren sich einig: das war die endgültig letzte Chance dieser Chelsea-Generation. Diese Einschätzung sollte sich auch in den nächsten Jahren in der Champions League bestätigen. In der Premier League konnte die alternde Truppe hingegen 2010 nochmal den Titel feiern. Trotzdem war klar, in dieser Zusammensetzung hat diese Mannschaft keine Chance mehr, den großen Wunsch Roman Abramowitsch`s zu erfüllen und den aller ersten CL-Titel zu gewinnen. Der Augenblick zum rechtzeitigen Umbruch wurde scheinbar verpasst und ein langfristiges „Trainerprojekt“ konnte seit Jose Mourinho auch nie gestartet werden. Dazu kamen Millionenflops, wie Fernando Torres. Der Chelsea FC schien eindeutig auf dem absteigenden Ast. In der Premier League hat zudem der Emporkömmling Manchester City den „Blues“ den Rang abgelaufen.
In dieser Saison schien sich der Vereine zu allem Übel in einem Machtkampf zwischen dem „Trainer-Wunderkind“ Andres Villas-Boas und den Chelsea-Leitwölfen aufzureiben. Einen Kampf, den der Portugiese von Vorne herein nicht gewinnen konnte. Nach der Entlassung AVB`s wurde der ebenfalls eher unbeliebte Co-Trainer, aber Chelsea-Legende, Roberto di Matteo als Cheftrainer installiert. Dieser schaffte es aber gegen jede Erwartung, Drogba, Terry und Lampard auf seine Seite zu ziehen und sie nochmals zur absoluten Hochleistung zu treiben. Vor allem Didier Drogba spielt eine überragende CL-Saison. Fast im Alleingang kämpfte er Neapel im Achtelfinal-Rückspiel nieder und auch die Spieler des FC Barcelona dürften noch Alpträume von dem Ivorer haben. Einer der besten Strafraumstürmer aller Zeiten besann sich darauf, dass mit seinen 34 Jahren, diese Saison wohl die letzte Chance ist, den so sehr ersehnten Henkelpott zu gewinnen. Auch für Lampard und Terry dürfte dies die letzte Chance auf einen großen internationalen Titel sein, denn auch mit England ist bei dieser EM eher nichts zu holen. Dieser Wille wird die Mannschaft zu Höchstleistungen treiben. Der Wille, diese Generation doch noch zu vollenden.
Die „unvollendete Generation“ des FC Bayern oder „Der Ballack-Fluch“
Auch wenn es Phillip Lahm oder Bastian Schweinsteiger nie offen aussprechen werden, der Gedanke an die Karriere von Michael Ballack dürfte wie eine schwarze Wolke über den beiden deutschen Vorzeigefußballern hängen. Jener schaffte es nicht, seine Laufbahn mit einem großen internationalen Titel zu krönen. In den entscheidenden Momenten wurde Ballack immer Führungsschwäche vorgeworfen, denn weder dem CL-Finale 2008, noch dem EM-Finale im selben Jahr konnte er seinen Stempel aufdrücken.
Lahm und Schweinsteiger müssen beweisen, dass sie dazu sehr wohl in der Lage sind. Doch bisher kam bei ihnen international ebenfalls nichts Zählbares heraus. Beide gingen 2008 im EM-Finale mit Ballack unter. Auch im CL-Finale 2010 gegen Inter Mailand und im WM-Halbfinale des gleichen Jahres konnten die vermeintlichen Führungsspieler ihren Mannschaften nicht das nötige Etwas verleihen.
Nach einer eher gebrauchten Saison stehen beide, auch wenn es niemand wirklich zugeben mag, im Finale am Samstag gehörig unter Druck. Sie müssen beweisen, dass sie in der Lage sind, einem großen Spiel ihren Stempel aufzudrücken und ihre Mannschaft zu einem großen Titel zu führen. Nicht falsch verstehen: Was beide bisher erreicht haben, ist durchaus beeindruckend. Doch will man tolle Karriere zu einer großen machen, braucht es internationale Titel. Wie sagte nämlich Karl-Heinz Rummenigge in einem Interview mit dem kicker passend: „An die Bayern-Mannschaft von 1987, die gegen Porto im Finale verloren hat, erinnert sich heute keiner mehr.“. Nachzufragen eben auch bei Michael Ballack, der wohl nie die Würdigung erfahren wird, die er eigentlich verdient.
Lahm und Schweinsteiger müssen am Samstag beweisen, dass sie große Spieler sind. Auf Augenhöhe mit Anführern, wie Stefan Effenberg und Oliver Kahn, deren unbändiger Wille eine individuell nicht überragende Bayern-Mannschaft 2001 zum CL-Titel führte und somit für alle Zeiten im Bayern-Lexikon unter dem Schlagwort „große Mannschaft“ verewigt sind.
Ral, www.abseits.at
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