Eine magische Europacup-Nacht in Wien, West, Hütteldorf! Standardtore, Eigenbauspieler als Shootingstar und Aufstieg in eine europäische KO-Phase – alles dabei für einen spannenden Europacup-Fight!... Analyse: Wie kleine Anpassungen den Spielcharakter bei Rapid – Kopenhagen änderten

Eine magische Europacup-Nacht in Wien, West, Hütteldorf! Standardtore, Eigenbauspieler als Shootingstar und Aufstieg in eine europäische KO-Phase – alles dabei für einen spannenden Europacup-Fight! Doch was hielt das Spiel taktisch bereit und wie gelang es Rapid den FC Kopenhagen so deutlich abzuservieren?

Die Dänen reisten mit breiter Brust nach Österreich, zumal man die letzten 14 Spiele nicht verlor und man in der UEFA Conference League Ligaphase immerhin Kurs auf die Zwischenrunde nahm. Somit wollte man nun den letzten Dreier des Jahres auswärts bei Rapid eintüten, um die Top-16 zu fixieren bzw. vielleicht sogar noch in Richtung Top-8 zu schielen. Nach dem Spiel stellte sich jedoch die Frage: Warum gelang dieser Schritt nicht und wieso musste man die erste Niederlage seit Anfang Oktober einstecken?

Kopenhagens Aufbauspiel

Wenn der FC Kopenhagen in Ballbesitz war, so präsentierte man sich in der ersten Phase und in der ersten Aufbaulinie mit einer flachen Viererkette, davor die beiden Sechser, wobei Delaney sich etwas höher auf der linken Angriffsseite und Clem direkt vor der Abwehr positionierte.

Elyounoussi auf der rechten Angriffsseite rückte ein, befand sich somit im Halbraum, wo auch der nominelle Zehner der Dänen Viktor Claesson, etwas zentraler, zu finden war und auf dem linken Flügel gab Roberts meist die Breite. Kopenhagen-Solostürmer Chiakha gab sich sehr flexibel und war in der letzten Linie fast überall als Anläufer unterwegs. Darüber hinaus versuchte man von hinten herraus, das Pressing der Wiener mit Diagonalbällen zu überspielen, um in die Etappe weiter vorne zu kommen.

Im weiteren Verlauf des Spiels änderte man die Herangehensweise, indem man mit einem asymmetrischen Aufbau agierte und so der rechte Verteidiger hochschob, der linke Verteidiger in einen Dreieraufbau mit den beiden Innenverteidigern abkippte. Die beiden Sechser agierten sehr tief und flach vor dem Dreieraufbau, beide Flügel waren eingerückt, der offensive Mittelfeldspieler bewegte sich im Zentrum um Passschneisen zu öffnen und der Stürmer war, wie bei der Positionierung zuvor, in der letzten Linie sehr flexibel und ständig unterwegs.

In weiterer Folge zog man auch Delaney in den Dreieraufbau hinter und schob den linken Verteidiger wieder höher, aber das Prinzip blieb dasselbe. Was diese Positionierungen zur Folge hatten, wird im weiteren Verlauf geklärt.

Anpassung an Delaneys Position verändert Spielcharakter

In der Defensive zeigte sich Kopenhagen in der Anfangsphase, bis zur 10. Minute, sehr mannorientiert, da man Delaney nach vorne schob, um auf einen der beiden Sechser von Rapid zu attackieren. So lief Chiakha, nachdem Rapid-Aufbauspieler Raux-Yao den Abstoß mit Hedl vollzog, auf eine Seite an und Claesson hatte stets einen der beiden Sechser von Rapid im Auge. Den jeweils zweiten Sechser hatte Delaney eng gedeckt, wodurch Rapid Schwierigkeiten hatte, nach vorne zu gelangen, da Kopenhagen beide Sechser im Aufbau recht effizient aus dem Spiel nahm.

In weiterer Folge musste jedoch Kopenhagen auf Adaptierungen von Rapid agieren, da die Hütteldorfer die beiden Stürmer Wurmbrand und Beljo nahe den Seitenauslinien positionierte und die beiden Flügel Jansson und Seidl im Zentrum agierten und sich dort sehr tief fallen ließen, um die Bälle zu holen, die die gut zugedeckten Sechser nicht fordern konnten.

Die beiden offensiven Mittelfeldspieler Rapids ließen sich dabei so weit fallen, dass es für die Innenverteidiger Kopenhagens unmöglich war mitzugehen, weil sonst ein Loch dahinter entstehen würde, das Rapid mit Tempo belaufen könnte. So hat sich Kopenhagen dazu entschieden, Delaney wieder zurückzubeordern, um das Risiko zu minimieren und defensiv im Zentrum Überzahl zu schaffen.

Durch diese Maßnahme hatte Rapid wieder die Möglichkeit einen der beiden Sechser anzuspielen und das Spiel von hinten raus zu gestalten. Delaney konnte nun bei Spielaufbau Rapid nicht mehr so effizient nach vorne verteidigen und somit war Kopenhagen in einer schwierigen Situation gefangen.

Versöhnlicher Jahresabschluss als Ziel

Die letzten Wochen in Hütteldorf waren nicht leicht – 5 Spiele, kein einziges davon gewonnen und dazu nur zwei Tore erzielt. Doch man wusste: Mit einem Erfolg im Entscheidungsspiel gegen einen starken Gegner wie Kopenhagen, im letzten Spiel des Jahres und das noch vor eigener Kulisse, könnte man das Stimmungsbarometer rechtzeitig vor dem Jahreswechsel in die richtige Richtung bewegen.

Wenn die Flügel zu Zentrumsspielern werden

In Ballbesitz agierte Rapid wie bereits zuvor erklärt: Man agierte aus einer flachen Viererkette heraus, die Flügel stark abkippend und auf zentralen Positionen, sowie die beiden Stürmer auf den Seitenauslinien um die Formation von Kopenhagen auseinanderzuziehen.

Generell präsentierten sich die vier Offensivspieler sehr flexibel und dynamisch, was Rapid in den letzten Wochen etwas fehlte und Kopenhagen vor schwierige Aufgaben stellte. Zwischen den Minuten 23 und 28 hatte man die erste Drangphase, da man, sobald man in einer höheren Feldposition war, in einen Dreieraufbau mit dem abkippenden Grgic rückte. Davor agierte Sangare als „Box-to-Box-Spieler“ für die zweiten Bälle, die beiden Flügel rückten ins Zentrum ein, die Außenverteidiger gaben die Breite und Beljo hielt das Zentrum.

Die bereits erwähnten eingerückten Flügel und Wurmbrand gestalteten das Angriffsspiel sehr flexibel und dynamisch. In dieser Drangphase generierte man eine gute Staffelung und Restverteidigung, wodurch sich Kopenhagen mit langen Bällen nicht aus der Drucksituation hatte lösen können und wenn sie es flach versuchten, war Rapid durch den engen Block sofort im Gegenpressing.

Wichtiges „nach vorne Verteidigen“ von Raux-Yao

Gegen den Ball praktizierte Rapid zumeist ein Mittelfeldpressing, wodurch sie weniger Probleme mit der Überzahlsituation von Kopenhagen im Mittelfeld bekamen. Denn durch die einrückenden Flügel hatte man im Raum von Sangare und Grgic eine Unterzahlsituation. Auch wenn Robert den Weg ins Zentrum nicht ging, positionierte sich Delaney ein Stück höher. Das verlangte von Grgic als auch Sangare, dass sie sehr breit standen, was das Zentrum vor Rapids Viererkette für Kopenhagen doch immer wieder leicht öffnete. In weiterer Folge passte man dieses Detail an und vor allem Raux-Yao verteidigte von nun an aggressiver nach vorne bzw. aus der Kette heraus und egalisierte damit die zahlenmäßige Überlegenheit der Dänen im Zentrum.

Oftmals lief man auch höher an, dann aber nur mit einem Stürmer, da sonst ein Sechser von Kopenhagen Raum bekommen hätte. Defensiv verschob Rapid diszipliniert und war auch in den Zweikämpfen aktiv und voll im Saft.

Ein günstiger Spielverlauf für Rapid

Unmittelbar vor der Pause brachen im Weststadion erstmalig an diesem Abend alle Dämme und das ausgerechnet nach einer Standardsituation. Eine gut getretene Ecke von Auer verursachte Unsicherheiten bei Kopenhagen-Keeper Trott, Rapid hatte eine gute Staffelung und Strafraumbesetzung in der zweiten Reihe und Kopenhagen kam nicht aus dem eigenen Sechzehner heraus, was Beljo – zuvor mit dem Ball nahezu unsichtbar – zum sehenswerten 1:0 nützte.

Generell hatte man im Spiel selbst gemerkt, dass das Thema Standardsituationen angepasst wurde und, dass man hier bessere Lösungen als noch in den Wochen davor auf den Rasen bringen konnte. Auch statistisch lässt sich dies erklären, da Rapid einen xG-Wert von 1.19 alleine nach Standards aufzuweisen hatte.

Denn auch in der 51. Minute war es abermals ein Eckball von Auer, der genau zwischen den beiden blanken Spielern von Kopenhagen einschlug, wo Cvetkovic das Kopfballduell für sich entschied. Trott konnte zunächst noch parieren, aber Wurmbrand stahl sich an der zweiten Stange von seinem Gegenspieler davon und der Eigenbauspieler erzielte das 2:0 für den österreichischen Rekordmeister.

Kopenhagen musste nun mehr riskieren, wechselte gleich dreimal und so ergaben sich Räume für Rapid, in denen sich Jansson und Wurmbrand bekanntlich richtig wohl fühlen. Genau das zeigten sie auch in Minute 64, als Sangare im Umschaltspiel einen großartigen Ball mit dem Außenrist auf Jansson spielte, dieser mit einer gelungen Eins-gegen-Eins-Aktion und mit einem guten Heber auf Wurmbrand, der mit einem guten ersten Kontakt, einer tollen Ballmitnahme und einem noch besseren Abschluss unter die Latte zum 3:0 für den SK Rapid einschoss und damit den Achtelfinaleinzug der Grün-Weißen fixierte.

Danach passierte bis auf ein Abseitstor der Dänen nicht mehr viel und Rapid hatte Grund zum Feiern.

Fazit

Rapid präsentierte sich im taktischen, kämpferischen und läuferischen Bereich besser als Kopenhagen und ging als verdienter Sieger vom Platz. Gerade in der zweiten Hälfte präsentierte sich Kopenhagen enttäuschend und ohne Biss. Zu erwähnen ist mit Sicherheit, dass das Tor kurz vor der Halbzeit als Gamechanger fungierte, da hier für Rapid neue Energie frei wurde, die Hausherren das Momentum auf ihre Seite ziehen konnten und Kopenhagen sich in der Folge schwer tat. Davor war es ein ausgeglichenes Spiel, in dem Kopenhagen durchaus immer wieder seine Qualität aufblitzen ließ. Am Ende findet sich der dänische Tabellenführer auf Platz 18 in der Conference League Tabelle wieder und muss in die Zwischenrunde. Rapid hingegen freut sich über einen versöhnlichen Jahresabschluss, auf ein europäisches Achtelfinale im Frühjahr und über einen Sieg für die Fans, den Verein und vor allem für Guido Burgstaller!

Pascal Romano, abseits.at

Pascal Romano