Rapid bejubelt den ersten Sieg im Frühjahr – ein teilweise sehr überzeugendes 2:1 über den niederländischen Klub Vitesse Arnheim. Dennoch gibt’s bei den Hütteldorfern... Erster Sieg im Frühjahr: Rapids „paradoxer“ 2:1-Erfolg in der Analyse

Rapid bejubelt den ersten Sieg im Frühjahr – ein teilweise sehr überzeugendes 2:1 über den niederländischen Klub Vitesse Arnheim. Dennoch gibt’s bei den Hütteldorfern nach der hitzigen Europacupnacht auch ein weinendes Auge, denn es wäre sogar noch mehr drin gewesen.

33 Sekunden brauchte Rapid, um durch Ferdy Druijfs erstes Tor mit 1:0 in Führung zu gehen. Nur Sekunden davor waren die Hütteldorfer bereits erstmals im eigenen Strafraum „geschwommen“. Mit dem Führungstreffer gewann Rapid aber massiv an Sicherheit und aufgrund der aggressiven Herangehensweise der Feldhofer-Elf, aber auch eklatanter taktischer Fehler auf Seiten von Vitesse verlief das Spiel in der ersten Halbzeit phasenweise wie auf einer schiefen Ebene.

Extreme Abstände bei Vitesse

Vitesse vernachlässigte seine Defensivarbeit und stand als Team viel zu weit auseinander. Die Abstände zwischen dem vordersten Angreifer und der Dreier-Innenverteidigung waren deutlich zu hoch und speziell im Mittelfeldzentrum konnten die Niederländer dadurch nie Zugriff aufs Spiel erlangen. Rapid war speziell im zweiten Drittel gegen den Ball sehr aggressiv und konnte die Bälle im Mittelfeld teilweise einfach gewinnen. Bei Vitesse machte sich der Ausfall von Matus Bero auf der Acht deutlich bemerkbar und Tronstad und Domgjoni konnten die Mitte nie kompakt halten, der Zehner Gboho kam viel zu selten und langsam hinter den Ball.

Rätselraten um Bazoers Erkrankung

Hinzu kam, dass Rapid auch in höheren Zonen gut presste und damit ein weiteres nominelles Problem bei Vitesse ausnützte. Der Abwehrchef und wichtigste Aufbauspieler Riechedly Bazoer fiel überraschend aus. Er klagte am Tag vor dem Spiel über Unwohlsein und wurde ins Krankenhaus eingeliefert, um genauere Tests zu machen und kein Risiko einzugehen. Positiv auf COVID-19 wurde er allerdings nicht getestet. Auch am Sonntag gegen Utrecht wird der „Architekt“ des Vitesse-Aufbaus fehlen. Ob er zum Rückspiel wieder fit ist, ist noch unklar.

Vitesse demnach mit schwachem Aufbau

So baute Vitesse aus einer Dreierabwehr mit Doekhi, Rasmussen und dem in Wien geborenen Dominik Oroz auf. Gerade Rasmussen wurde dabei gerne als erstes Pressingopfer auserkoren, weil der Linksfuß als schwächster Aufbauspieler bekannt ist. Nach besagten, recht einfachen Ballgewinnen im Zentrum, konnte Rapid stets schnell umschalten. Dabei agierte man aber noch nicht zielgerichtet genug, auch weil Yusuf Demir noch ein wenig die Selbstverständlichkeit im Spiel fehlte. Dennoch hatte Rapid in der ersten halben Stunde die Chancen für vier Treffer – einen zweiten erzielte Marco Grüll schließlich nach einer starken Umschaltsituation.

Schiedsrichter bringt massive Unruhe ins Spiel

Gegen Ende der ersten Halbzeit bekam Vitesse ein bisschen Kompaktheit zurück, ohne dabei aber zwingend zu werden. Rapid schaffte es schließlich mit einem 2:0 in die Pause, mit dem die Niederländer aber unterm Strich gut bedient waren. Und bereits in der ersten Halbzeit sorgte der litauische Schiedsrichter Donatas Rumsas für den einen oder anderen Aufreger. Etwa als Filip Stojkovic nach 41 Minuten ein Tackling ohne jeglichen Gegnerkontakt für sich entschied, danach aber auf dem nassen Rasen in Linksverteidiger Maximilian Wittek schlitterte. Rumsas zeigte dem Montenegriner Gelb – eine lachhafte Entscheidung, die später schwere Auswirkungen auf das Spiel haben sollte.

Openda auf der Zehn macht Vitesse stärker

Denn mit der Einwechslung von Nikolai Baden Frederiksen statt des schwachen Yann Gboho nach 55 Minuten wurde Vitesse allgemein stringenter und ausbalancierter. Openda rückte zurück auf die Zehn, war dort deutlich schwieriger unter Kontrolle zu bringen, als in der ersten Hälfte. Grbic und Baden Frederiksen beschäftigten die Rapid-Abwehr recht gut und so wurde das Spiel nach und nach ausgeglichen. Da die Kette der Niederländer nun auch höher stand, passten auch die Abstände wieder. Gleichzeitig schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, dass Rapid im Umschaltspiel hinter diese Kette kommen würde. Dafür sollte unter anderem die Einwechslung nach Taxiarchis Fountas nach 62 Minuten sorgen.

Pech bei Stojkovic-Foul, Glück bei Grbic-Tor

Nur drei Minuten später kippte der Spielcharakter aber völlig, als Filip Stojkovic nach einem taktischen Foul Gelb-Rot sah und Rapid auf der Rechtsverteidiger improvisieren musste. Aufgrund der ersten gelben Karte war dies eine äußerst harte Entscheidung und nicht die einzige, mit der der Schiedsrichter Unruhe in die Partie brachte. Obwohl das Spiel nicht besonders hart geführt wurde, verteilte der litauische Unparteiische zehn gelbe und eine gelb-rote Karte. Auch im Umgang mit den Spielern wirkte der 33-Jährige nicht professionell. Einmal hatte dann auch Rapid Glück, als ein reguläres Grbic-Tor wegen Abseits aberkannt wurde – in der UEFA Europa Conference League gibt es keinen Videoschiedsrichter…

Rapid verliert Offensivordnung, rettet sich aber über die Zeit

Nun musste Rapid ein Rückzugsgefecht starten und hatte im Konterspiel nicht mehr die Klarheit aus der ersten Hälfte, was auch den vielen unerzwungenen Rochaden in der Formation geschuldet war. Weil Vitesse es nun klarerweise besser schaffte, den Zwischenlinienraum zu bespielen bzw. zu übernehmen, erzielte Openda noch das 1:2 aus Sicht der Gäste. Aber auch wenn das Eredivisie-Team nun einen Sturmlauf startete, der weitgehend aus Halbfeldflanken bestand, konnte Rapid den schlussendlich verdienten Sieg über die Zeit bringen.

Kein Rückspiel vor dem man Angst haben muss

Die Erleichterung war nach der ebenfalls kuriosen siebenminütigen Nachspielzeit groß, aber dennoch hatte der erste Sieg im Frühjahr einen fahlen Beigeschmack. In der ersten halben Stunde hätte Rapid den Sack bereits zumachen können und der ungerechtfertigte Ausschluss ließ ein weitgehend entspanntes Spiel unnötig kippen. Angesichts der Schwächen gegen den Ball, speziell im Zentrum, muss Rapid aber auch vor dem Auswärtsspiel in Arnheim nicht vor Angst erstarren. Auch die Rückkehr von Matus Bero nach seiner Gelbsperre wird Vitesse nicht innerhalb einer Woche grundlegend verändern. Die größte Herausforderung betrifft hier die Aufstellung in der Defensive, weil Ferdinand Feldhofer allmählich die Spieler ausgehen. Man sah aber deutlich, dass Rapid mit dem Sechsten der Eredivisie mehr als nur auf Augenhöhe und auch auswärts gut für Tore sein wird. Zudem ist der 2:1-Vorsprung gerade gegen Vitesse ein großer Vorteil – denn die Elf von Thomas Letsch genießt es nicht unbedingt, das Spiel machen zu müssen…

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen