Am Donnerstag empfängt der SK Rapid den niederländischen Tabellensechsten Vitesse Arnheim. Die Gelb-Schwarzen haben die letzten vier Pflichtspiele allesamt verloren und dabei eine Tordifferenz von 1:16 eingesteckt. Was die Gründe dafür waren und wie die Mannschaft des Ex-Austria-Trainers Thomas Letsch tickt, analysieren wir in unserem umfassenden Team-Portrait.
Fünf Punkte Rückstand auf Rang 5, 17 Punkte Vorsprung auf den ersten Relegationsplatz. Vitesse spielt heuer in der Eredivisie eindeutig um einen Europacupplatz und ist nach unten abgesichert. Ein Zustand, der für den Verein normal ist, denn in den letzten zehn Saisonen belegte Vitesse immer einen einstelligen Tabellenplatz. Erstklassig ist das Team bereits durchgehend seit 1989.
Wochen der Wahrheit
Die neuerliche Qualifikation für Europa könnte dieses Jahr für eines der jüngsten Eredivisie-Teams aber noch ein hartes Stück Arbeit werden. Nach einem guten zweiten Saisonviertel fiel Vitesse zuletzt merklich ab, einige Spieler befinden sich in Formlöchern und die Verfolger aus Utrecht bzw. Nijmegen – dem größten Rivalen des Klubs – schlafen nicht. Das Kuriosum der kommenden Wochen: Zwischen den beiden Spielen gegen Rapid geht’s für Vitesse auswärts nach Utrecht, unmittelbar nach dem Rückspiel ins Heimderby gegen NEC Nijmegen. Thomas Letsch steht also vor entscheidenden vier Spielen und ein Trainerwechsel während der nächsten zwei Wochen ist bei anhaltendem Misserfolg nicht unwahrscheinlich.
Für alle, die unsere 3.000 Wörter lange Analyse nicht vollständig lesen wollen, fassen wir hier die wichtigsten Eckpunkte zusammen:
- Vitesse ist nach vier Niederlagen in Serie bei 1:16-Toren verunsichert
- Letsch bringt sein Team im 3-5-2, wobei sich vor allem die Abwehr-Besetzung kaum ändert
- Das Team presst erst ab der Mittellinie, dann aber sehr intensiv und effizient
- Andererseits ist Vitesse aber auch selbst sehr anfällig auf hohes Pressing
- Vitesse ist allgemein eine defensive Mannschaft, die offensiv eher auf kurze, schnelle Aktionen setzt
- Das Team hat in den meisten Spielen weniger Ballbesitz als der Gegner
- Es handelt sich um eines der jüngsten Teams der Eredivisie – und um eines der kleinsten
- Die Innenverteidigung ist nominell stark, hat aber Abstimmungsprobleme – auch mit dem Keeper
- Die Außenverteidiger sind der Schlüssel: Sie sind offensiv enorm dynamisch und zielgerichtet…
- …dafür bringen sie aber auch deutliche defensive Schwächen und Probleme im Raum mit
- Mit Matus Bero fehlt im Hinspiel ein zentraler Akteur im Mittelfeld aufgrund einer Sperre
- Top-Torjäger Lois Openda ist eine Brügge-Leihgabe und wird auf der Zehn erwartet
- Den Angriff bilden Baden Frederiksen und Grbic – also hierzulange keine Unbekannten
3-5-2 mit leichten, situativen Abwandlungen
An seiner grundsätzlichen Herangehensweise wird Letsch dennoch nichts ändern. Der deutsche Coach setzt auf eine 3-5-2-Grundordnung, die nur teilweise in der antizipativen Herangehensweise im offensiven Zentrum verändert wird. So tritt man auch immer wieder im 3-4-3 auf, in dem der Mittelstürmer aber kein Stoßstürmer ist, sondern sich tiefer fallen lässt und diagonale Räume für die beiden Flügel nach innen öffnet. Ein 3-5-2 ist aber angesichts von 16 Gegentreffern in den letzten vier Spielen gegen Rapid etwas wahrscheinlicher, zumal Letsch das Zentrum verdichten möchte.
Statistischer Ligadurchschnitt
Vitesse tritt allgemein nicht als offensive, dominante Mannschaft auf, sondern hat durchschnittlich recht wenig Ballbesitz und presst auch nicht hoch. In sämtlichen Statistiken im Teamvergleich zu anderen Eredivisie-Klubs ist das Team derzeit Durchschnitt. Es gibt kaum statistische Ausreißer nach oben und in zahlreichen Teamstatistiken befindet sich der Rapid-Gegner in der unteren Hälfte der Liga, die allerdings ohnehin eine Zweiklassengesellschaft darstellt. Ajax ist derzeit unantastbar, danach folgen zumeist PSV und Feyenoord – der Rest der Liga ist in den meisten Metriken sehr einheitlich unterwegs.
Spannende PPDA-Werte
Spannend ist allerdings ein Blick auf die PPDA-Werte, die die Pressingintensität einer Mannschaft abbilden. Hier befindet sich Vitesse recht deutlich im oberen Drittel der Ligastatistik, wobei die Mannschaft nicht hoch presst, sondern erst im zweiten Drittel wesentlich aktiver wird und dann auf schnelle Gegenstöße lauert. Hohes Pressing sieht man bei Vitesse eher von einzelnen Spielern in Eigenregie. Das gruppen- und mannschaftstaktische Pressing startet für gewöhnlich ab der Mittellinie.
Allerdings zeichnet auch der „PPDA against“-Wert ein deutliches Bild. In diesem Wert geht es darum, wie effizient sich eine Mannschaft vom Gegner anpressen lässt. In dieser Statistik ist Vitesse nur Dreizehnter in der niederländischen 18er-Liga und weist nahezu dieselben Werte wie einige Abstiegskandidaten auf. Die Probleme bei speziell hohem Pressing waren in den letzten beiden Partien gegen die Top-Teams PSV (0:5) und Ajax Amsterdam (0:5 im Cup) gut zu beobachten.
Kaum herausstechende Mannschaftsteile
Vitesse verfügt insgesamt über eine solide Mannschaft, in der man aber keine absolut herausstechende Top-Position entdecken kann. Die Innenverteidigung hat Potential, die Außenverteidiger sind einerseits Stärke, andererseits Achillesferse. Das Mittelfeldzentrum passt bei guter Form stark ins Spielkonzept von Letsch, bringt aber Probleme mit sich, wenn es außer Form ist (so wie jetzt). Ebenso sind die Offensivspieler sehr launisch, an guten Tagen schwer zu bändigen, häufiger aber in der eher vorsichtigen Spielanlage unsichtbar. Nach 22 Ligaspielen beträgt die Tordifferenz der Arnheimer 26:37. Vitesse agiert von den Europacupanwärtern demnach gemeinsam mit Erzrivale NEC Nijmegen effektiv am minimalistischsten.
In weiterer Folge wollen wir auf die einzelnen Positionen im Team von Thomas Letsch genauer beleuchten und die Synergien, Stärken und Schwächen der Mannschaftsteile analysieren.
Wankelmütige Torhüter
Der Einsertorhüter von Vitesse ist eigentlich der Deutsche Markus Schubert (23), der letzten Sommer von Schalke nach Arnheim wechselte. Nach einer Corona-Erkrankung im Dezember verlor er allerdings seinen Stammplatz und nimmt seitdem auf der Bank Platz. Stattdessen steht jetzt der Eigenbauspieler Jeroen Houwen (25) im Kasten, der in seinen 15 Saisonspielen prompt 26 Gegentreffer einstecken musste. Wirklich überzeugend agierten beide nicht und in den letzten Monaten waren einige fast slapstickhafte Aktionen dabei. Speziell in der Abstimmung mit den Vorderleuten gibt es Probleme, vor allem Houwen agierte häufig zu zögerlich, brachte sich damit selbst in die Bredouille. Ein Wechsel auf Schubert ist nicht unwahrscheinlich, aber auch der hatte in dieser Saison Probleme im Spiel mit dem Ball, im Aufbau und in der Strafraumbeherrschung. Zudem sind beide Keeper mit 187cm und 188cm eher „klein“.
Bazoer als Sechser in der inneren Innenverteidigung
Die Innenverteidigung von Vitesse ist nominell stark besetzt, hat aber Abstimmungsprobleme, obwohl sie bereits seit mindestens 1 ½ Jahren in dieser Besetzung zusammenspielt. Das könnte unter anderem daran liegen, dass sich die Akteure teilweise ähnlich sind.
Der zentrale Akteur in der Dreierkette ist der einstige Wolfsburg-Legionär Riechedly Bazoer (25), der bereits 2015 mit Ajax Amsterdam gegen Rapid aus der Champions-League-Qualifikation ausschied. Bazoer ist eigentlich ein Sechser, spielt bei Vitesse aber gegen den Ball allgemein tiefer, um sich dann in Ballbesitz auf eine etwas höhere Position zu bewegen. Das große Potential, das man ihm einst nachsagte, konnte der 25-Jährige nie abrufen, aber dennoch ist er für Vitesse ein sehr wichtiger Aufbauspieler, der auch gerne mit weiten Bällen operiert und im Spielaufbau die dominanteste Rolle einnimmt. Allerdings wird Bazoer nicht gerne in Defensivzweikämpfe gezwungen und ist auch bei Defensivstandards eher eine kleinere Schwachstelle. Dass er mit 184cm der innere Innenverteidiger ist, während seine beiden Nebenleute 190cm messen, ist eher untypisch, aber Bazoer ist der progressivste Passspieler in der Vitesse-Defensive und daher klar die wichtigste Aufbauinstanz, die es wohl zuzustellen gilt, wenn in dieser Zone möglich.
Zwei starke Zweikämpfer als Nebenleute
Der rechte Innenverteidiger ist mit Danilho Doekhi (23), ausgesprochen „Duki“, das wohl größte Defensivtalent im Klub. Der einstige Ajax-Nachwuchsspieler könnte im Sommer ablösefrei nach Neapel wechseln und überzeugt einerseits mit sauberem Passspiel, andererseits als bester defensiver Zweikämpfer seines Teams. Ihn im physischen Duell zu fordern wird äußerst schwierig, weshalb man eher die Schnittstelle zu seinem Außenverteidiger bespielen sollte, auf die wir später zu sprechen kommen.
Links innen spielt die Fiorentina-Leihgabe Jacob Rasmussen (24), der als einziger Linksfuß in der Dreierkette eine Bank ist, im Aufbau aber dennoch der unsicherste der etatmäßigen Innenverteidiger ist. Der Abwehrspieler aus Odense ist ein eher statischer Akteur, der dicht macht, sich auf defensive Aufgaben beschränkt und dies durchaus robust macht. Im Aufbau versucht er zumeist keine Wunderdinge, ist aber auch auf gute Antizipation seiner Neben- und Vorderleute angewiesen. Die Fehlerrate im Aufbau ist bei ihm dennoch am höchsten.
Innenverteidiger-Ausfälle verboten
Wenn Rasmussen ausfällt, wovon allerdings nicht auszugehen ist, würde der Tscheche Tomás Hajek (30) einspringen, der wiederum sehr anfällig auf hohes Pressing durch den Gegner ist und als unsicherster Innenverteidiger des Teams gilt. Aktuell ist er aber kadertechnisch unverzichtbar, weil der junge Enzo Cornelisse (19) verletzt ausfällt und somit nur noch Hajek als linksfüßiger Ersatzmann in Frage kommt. Ein Ausfall eines der drei Stamminnenverteidigers würde Vitesse allerdings massiv schwächen – das Leistungsgefälle ist hier zu den Ersatzspielern sehr hoch. Der Austro-Kroate Dominik Oroz (21), ausgebildet in Salzburg bzw. Liefering, ist eine weitere Alternative für die Abwehr, wurde zuletzt aber eher als Sechser aufgeboten. Oroz ist allerdings zumeist klassischer Einwechselspieler. Durch Beros Sperre wäre er theoretisch eine Startalternative für die Doppelacht, dann aber in einer Sechs-Acht-Staffelung.
Außenverteidiger als Schlüsselspieler – in beide Richtungen
Einen Schlüssel in beide Richtungen können die beiden Außenverteidiger der Niederländer darstellen. Auf der rechten Abwehrseite spielt der israelische Nationalspieler Eli Dasa (29). Der äthiopisch-stämmige Israeli ist ein sehr untypischer Außenverteidiger, der seine Stärken deutlich im Spiel mit dem Ball und in der Offensive hat. Speziell wenn Dasa den Ball in der gegnerischen Hälfte bekommt, zieht er das Tempo an und agiert sehr direkt, entweder in Form von Schnittstellenpässen aus dem Halbfeld in die Spitze oder mit Läufen an die Grundlinie und Flanken, wobei kein anderer Spieler im Team häufiger flankt, als der 29-Jährige.
Gegen den Ball hat Dasa allerdings Probleme, weist nicht selten schwache Zweikampfwerte auf und zeigt vor allem im Positionsspiel Mängel. Nicht selten steht Dasa etwas zu hoch und kann auf seiner Seite umspielt werden. Noch interessanter sind jedoch seine nicht immer stringenten Einrückbewegungen zur Mitte, mit denen er das Zentrum weiter verdichtet, den Flügel aber damit öffnet. Gerade Ajax zeigte mehrfach, wie man Dasas Seite mit Überladungen immer wieder knacken kann.
Die markanteste zu bespielende Zone ist aber die Schnittstelle zwischen Dasa und Doekhi, wenn Dasa nicht einrückt, sondern gegen den Ball Breite gibt. Hier sind Schnittstellenpässe ein absolut vielversprechendes Mittel, mit dem die Ordnung der gesamten Vitesse-Abwehr zerstört werden kann und den angreifenden Spieler zugleich in eine vielversprechende Abschluss- oder Stanglpassposition bringt. Dasa ist aber vor allem wegen seines Offensivdrangs dennoch klar gesetzt und für den ivorisch-stämmigen Franzosen Romaric Yapi (21) gibt es kein Vorbeikommen.
Extrem offensiver linker Flügelverteidiger
Der Linksverteidiger ist der 173cm große Deutsche Maximilian Wittek (26), der im Sommer 2020 von Greuther Fürth kam und sofort zu einer Stütze im Team wurde. Wittek ist einer der besten Flügelverteidiger der niederländischen Eredivisie und ebenso wie Dasa vor allem mit Ball brandgefährlich. Wittek zeichnet sich durch eine enorm hohe Grundposition aus, durch die er phasenweise wie ein Flügelstürmer aussieht. Vergleichbar ist die Position mit der von Robin Gosens, der einst bei Vitesse seine ersten Schritte als Profi machte.
Wittek neigt dazu im Offensivspiel stärker einzurücken als Dasa und taucht demnach häufig in Halbräumen auf oder sammelt verwaiste Flanken vom ballfernen Flügel ab. Er versucht selbst immer wieder abzuschließen oder die Angreifer sehr direkt anzuspielen. Auf der anderen Seite steht aber wieder das Spiel gegen den Ball: Im Eins-gegen-Eins gegen den Ball ist Wittek nur Liga-Durchschnitt und zudem ist er aufgrund seiner hohen Durchschnittsposition der Spieler im Team, der die meisten progressiven Pässe des Gegner zulässt.
Einfacher gesagt: Wittek spielt so offensiv, dass er häufig nicht mehr rechtzeitig nach hinten kommt. Das kann zwar durch die eher defensive Herangehensweise seines Hintermannes Rasmussen ein wenig abgefedert werden, ist aber dennoch nicht ideal für den Defensivverband, wenn der Gegner schnell umschaltet. Wie auf Dasas Seite gibt es auch auf links mit Million Manhoef (20) eine klare Nummer Zwei, die nicht an Wittek vorbeikommt.
Die Außenverteidiger der Niederländer sind also in ihren Anlagen etwas paradox, könnten einerseits Schlüsselspieler im Vitesse-Angriffsspiel sein, andererseits aber auch Schlüssel-Positionen, die Rapid bespielen kann, weil beide ihre defensiven Probleme haben. Zudem pressen die Außenverteidiger durchschnittlich sogar höher als die zentralen Mittelfeldspieler, wodurch sich wiederum bei erfolgreichem Aufbau schon im zweiten Drittel Passsynergien hinter die Außenverteidiger ergeben sollten.
Etatmäßig mit klassischer Doppelacht
Im Mittelfeldzentrum von Vitesse werden wir eine klassische Doppelacht sehen, nachdem Hintermann Bazoer ohnehin situativ einen Sechser gibt bzw. den Part eines abkippenden Sechsers durch seine Grundposition nicht notwendig macht. Sondre Tronstad (26) und Matus Bero (26) sind somit eher „Receiver“, als Aufbauspieler.
Der Norweger Tronstad nimmt eher den spielenden Part ein, soll als Passverteiler fungieren und spielt eher auf der halbrechten Position. Beim gegnerischen Spielaufbau ist Tronstad lange passiv, presst erst wenn der Gegner über der Mittellinie ist. Dann allerdings verdichtet er gemeinsam mit Bero recht gekonnt das Zentrum. Zudem ist Tronstad ein wichtiger Spieler im Gegenpressing, der das Spiel recht gut lesen kann und so einige Bälle im zweiten Drittel einfach absammelt.
Neben ihm ist der Slowake Matus Bero fast schon ein chaotischer Akteur. Bero ist der Inbegriff eines Box-to-Box-Midfielders, taucht am eigenen, wie am gegnerischen Sechzehner auf und spult ein enormes Laufpensum ab. Dabei achtet der 26-Jährige auch nicht zu sehr auf seine Positionstreue, sondern rochiert immer wieder, wodurch er nur schwierig im Blick zu behalten ist. Aktuell, wohlgemerkt in einem Formloch, geht dies bei Bero auf Kosten der Präzision und er macht immer wieder unnötige Fehlpässe und Konzentrationsfehler mit Ball. Bero als eines der Pressingopfer auszuwählen, ist aufgrund seiner Umtriebigkeit zwar nicht immer die einfachste Option, allerdings spielt der Slowake derzeit fehleranfällig, begeht zu viele Fouls und hadert immer wieder mit sich selbst. Ein großes Manko ist aktuell auch seine Torungefährlichkeit – für Letsch ist er aber aufgrund seines Laufpensums unverzichtbar.
Bero-Sperre verändert Mittelfeldzentrum
Bero wird man allerdings erst im Rückspiel sehen, denn im Hinspiel in Wien ist der Slowake gesperrt.
Somit fällt Letsch eine sehr wichtige physische Komponente in einer allgemein sehr kleinen Mittelfeldreihe weg. Alternativ bringt Letsch auf diesen Positionen auch mal den in der Schweiz geborenen Kosovaren Toni Domgjoni (23) oder den Eigenbauspieler Patrick Vroegh (22), die in ihrer Spielanlage ähnliche Typen wie die etatmäßige Doppelacht sind. Vroegh hat als der technisch etwas sauberere Spieler die bessere Karten als Bero-Ersatz im Hinspiel.
Nicht unerheblich: Die Durchschnittsgröße der vier Achter im Team beträgt 177cm, exklusive Bero sogar nur 176cm. Vitesse hat also, ähnlich wie Rapid, keine echten Hünen auf dieser Position. Bei den Niederländern trifft dies aber sogar auf noch mehr Positionen zu, als bei den Wienern.
Torgefährliche Brügge-Leihgabe auf der Zehn
Für die Zehnerposition im 3-5-2 der Niederländer gibt es zwei Optionen: Wahrscheinlicher ist es, dass Letsch hier Topscorer Lois Openda (21) bringt, um das Mittelfeld nicht zu defensiv zu machen. Openda ist eine Leihgabe des FC Brügge und erzielte in der bisherigen Saison in 31 Pflichtspielen 15 Tore und vier Assists. Der belgische U21-Teamspieler ist ein Offensivakteur, der viel mit dem Ball läuft, kreuzt, Verteidiger bindet und auch gerne schnell abschließt. Er sucht dabei weniger Eins-gegen-Eins-Duelle, sondern eher Räume. Dennoch läuft der torgefährliche, 175cm große Youngster laut seiner xG-Statistik heuer ein wenig über Erwartung. Sein Laufspiel mit Ball und vor allem seine intensiven Läufe in die Spitze ohne Ball können aber stets für Gefahr sorgen. Ein probates Mittel: Auf seinen Zehen stehen. Der junge Belgier verliert schon mal die Fassung, flog erst gegen Groningen wegen eines Ellbogenchecks mit Rot vom Platz. Openda ist insgesamt definitiv ein Spieler, den man nicht aus den Augen lassen darf.
Intensiver Dribbler als Alternative
Allerdings könnte Openda auch auf einer der beiden Angriffspositionen zum Einsatz kommen und antizipativ agieren. In diesem Fall wäre die „Zehn“ frei für eine Leihgabe von Stade Rennes. Der ivorisch-stämmige Franzose Yann Gboho (21) ist der intensivste Dribbler im Team, blieb bisher aber deutlich hinter den Erwartungen zurück. Bei Rennes war er nur Reservist, bei Vitesse pendelt er zwischen Bank und Platz, ohne bisher klarer Stammspieler geworden zu sein. Ein Grund dafür sind sicher seine Mängel gegen den Ball, wo Openda bereits weiter ist. Daher und aufgrund des Hinspiel-Ausfalls von Bero, erwarten wir Gboho trotz seiner Dribbelstärke zunächst als Joker.
Nicht zu verachten ist auch der junge Daan Huisman (19), der mit seinen 189cm für die nötige Portion Physis sorgen könnte. Immerhin kam der Eigenbauspieler in der bisherigen Saison auf fast 1.000 Einsatzminuten, traf in der Conference League Gruppenphase doppelt. Dennoch ist er gegen Rapid nur Außenseiter auf einen Einsatz.
Ex-Wattens-Knipser im Angriff
Den Angriff von Vitesse Arnheim kennt man hierzulande nur allzu gut. Nikolai Baden Frederiksen (21) wechselte vor der Saison von Juventus Turin zu den Niederländern, nachdem er leihweise bei der WSG Tirol kräftig von sich reden machte. Zehn Pflichtspieltore in 32 Partien konnte der junge Däne bei Vitesse bereits sammeln. Die Spielweise ist ebenso bekannt: Schnelle Abschlüsse, wenige Ballberührungen, stets Bewegungen in die unmittelbare Gefahrenzone. Baden Frederiksen knüpfte in Arnheim genau dort an, wo er in Wattens aufgehört hat, allerdings noch mit einer etwas geringeren Trefferquote pro Minute.
Rapid-Nachwuchskicker als neuer Nebenmann
Neben ihm spielt mit Adrian Grbic (25) nicht nur ein neunfacher ÖFB-Teamspieler, sondern auch ein Stürmer, der im Nachwuchs ganze 8 ½ Jahre für Rapid kickte, ehe er in den Nachwuchs des VfB Stuttgart wechselte. Grbic wurde nun von seinem französischen Klub Lorient an Vitesse verliehen. Bisher bestritt er sechs Pflichtspiele für die Niederländer wirkte dabei aber noch nicht ideal eingebunden. Zumindest nicht im Offensivspiel, denn was die defensive Antizipation betrifft, die aufgrund der offensiveren Herangehensweise von Baden Frederiksen mehr an Grbic hängen bleibt, zeigte er schon in den ersten Spielen seine Qualität. Zudem ist augenscheinlich, dass Grbic im Offensivverbund der Arnheimer wohl der „eleganteste“ Spieler ist.
Die einzige echte Alternative im Angriff ist der Eigenbauspieler Thomas Buitink (21), der praktisch in jedem Eredivisie-Spiel eingewechselt wird, in der Conference League Gruppenphase aber auch dreimal von Beginn an ran durfte, wobei er prompt zwei Treffer erzielte. Der 21-Jährige stagniert allerdings ein wenig in seiner Entwicklung, nachdem er im Alter von 18 Jahren noch als Top-Talent gehandelt wurde. Gerade gegen Rapid ist nicht unbedingt mit einem Startelfeinsatz zu rechnen.
Eine Mannschaft mit taktischen Baustellen
Vitesse bietet also eine Mannschaft auf, die einerseits aufgrund der letzten Ergebnisse stark verunsichert und auch physisch nicht gerade beängstigend ist, andererseits aber viele intensive Läufer und direkt agierende Spieler in ihren Reihen hat. Dennoch gibt es einige Positionen und Situationen, die man als Gegner von Vitesse gezielt bespielen kann. Speziell das Verhalten der Außenverteidiger ist hier ein absoluter Schlüssel, in dem es aber darauf ankommen wird, die Balance zwischen defensiver Achtsamkeit und offensiver Kaltschnäuzigkeit zu bewahren. Auch bei Standards kann die insgesamt kleine Mannschaft kalt erwischt werden: In der laufenden Saison wurden immer wieder Schwächen am kurzen Eck augenscheinlich.
Die Schnittstellen zwischen Innen- und Außenverteidigung, speziell auf der rechten Abwehrseite der Arnheimer, ist eine weitere Zone, die Rapid richtig bespielen muss. Auch wird es allgemein darauf ankommen, mehr Ruhe bei eigenem Ballbesitz aufzubauen, als in den letzten Spielen. Schließlich wird Vitesse nicht das Spiel machen und Rapid kommen lassen. Je nach Hinspielergebnis wäre das sogar im Rückspiel in Arnheim zu erwarten. Rapid benötigt also mit Sicherheit Geduld, muss hart in die Zweikämpfe gehen und ein hohes Laufpensum abspulen – speziell an den Flügeln und auf den Halbpositionen.
Wäre Vitesse aktuell gefestigter, würden wir hier von einer 50:50-Chance sprechen. Aber angesichts der aktuellen Lage der Niederländer sehen wir Rapid sogar als leichten Favoriten. Eine Einschätzung, die man aber theoretisch auch genau umgekehrt argumentieren könnte…
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Daniel Mandl, abseits.at
Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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