Vereinsportrait: Die schottischen „Saints“ wollen den LASK ärgern
Conference League 18.August.2021 Daniel Mandl
Um ein Haar wäre der LASK im Playoff zur UEFA Europa Conference League auf den türkischen Großklub Galatasaray getroffen. Der kleine schottische Klub St. Johnstone rüttelte am großen Favoriten, konnte ihn am Ende aber doch nicht zu Fall bringen und steigt jetzt ins „kleinste Playoff“ gegen den LASK um. Doch wer ist dieser kleine Klub im Schatten von Celtic, den Rangers und noch einigen anderen in Europa traditionsreicheren Vereinen?
Der St. Johnstone FC stammt aus der Kleinstadt Perth, besteht bereits seit 1884 und wurde nach der mittelalterlichen Bezeichnung der Stadt Perth benannt. Eigentlich waren die Gründerväter des Vereins Cricketer, aber die wollten nach der Cricket-Saison nicht die Füße stillhalten und stattdessen auch noch kicken…
Zweite Station für den „Sir“ als Spieler
In den 60er- und 70er-Jahren feierte der Klub so manchen Achtungserfolg, erreichte ein League Cup Finale, wurde in der Liga sensationell Dritter. Kurz vor dieser Zeit war der St. Johnstone FC die erst zweite Station von Sir Alex Ferguson als Spieler. Doch danach erarbeitete man sich den zweifelhaften Ruf einer Fahrstuhlmannschaft (oder wie man in England sagt: „yo-yo-club“), musste immer wieder in die zweite, phasenweise in die dritte Spielklasse. Zwischendurch war man auch wieder Mitglied der Premiership, etwa in den 90ern, als Austria-Legende Attila Sekerlioglu zwei Jahre für die Saints spielte. Seit insgesamt zwölf Jahren ist man nun ununterbrochenes Mitglied der höchsten schottischen Spielklasse.
Schottisches Cup-Double in der Vorsaison
Und in den letzten Jahren kamen zudem beachtliche Erfolge hinzu: Fünf Jahre nach dem Wiederaufstieg in die Premiership – der insgesamt siebente in der Vereinsgeschichte – gewann St. Johnstone den schottischen Cup. Ein Kunststück, das der Verein in der vergangenen Saison wiederholte und danach obendrein noch den Scottish League Cup drauflegte. Dem kleinen Klub aus Perth gelang somit ein prestigeträchtiges „Cup-Double“. In den Finalspielen setzte man sich dabei gegen Hibernian Edinburgh und Livingston durch. Auf dem Weg dorthin besiegte man aber auch die ewig ungeschlagenen Rangers nach Elfmeterschießen. Eine von nur zwei Saisonpleiten für die „Gers“.
Leihspieler von Top-Klubs
Der Klub, der aktuell durchschnittlich etwa 4.000 Zuschauer bei seinen Heimspielen begrüßt und sich gegen Galatasaray über mehr als 9.000 Besucher freute, verfolgt ein insgesamt gutes Konzept, das vorsieht, heimische Routine mit jungen Leihspielern von Top-Klubs zu mischen. Aktuell haben die Schotten Leihspieler von Millwall, den Rangers und sogar Manchester United. Auch wenn man in der vergangenen Saison in der Liga nur Fünfter wurde und damit unglaubliche 57 Punkte hinter Meister Rangers lag, darf man die Qualität dieser Mannschaft also nicht unterschätzen – wie Galatasaray, das zu Hause nur 1:1 spielte und auswärts mit 4:2 gewann, bereits feststellen musste.
Die größte Chance der Vereinsgeschichte
Auf internationaler Ebene ist St. Johnstone allerdings ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Das Duell mit dem LASK wird das erste europäische Playoff in der mittlerweile 137-jährigen Vereinsgeschichte sein. Somit darf man das Aufeinandertreffen mit den Linzern getrost als „Spiel des (zumindest) Jahrzehnts“ bezeichnen. Der Einzug in eine Gruppenphase wäre wohl der größte Erfolg der Vereinsgeschichte und noch über die beiden schottischen Cupsiege zu stellen. Auch weil er den Klub finanziell auf ein anderes Level heben könnte. Der teuerste Verkauf der Vereinsgeschichte war der von Callum Davidson zu den Blackburn Rovers im Jahr 1997. Damals lukrierten die Saints umgerechnet 2,5 Millionen Euro. Mehr als eine Million Euro verdiente man erst mit drei Transfers. Die für ihre Zeit beeindruckendste Summe gab es aber für den damals erst 18-jährigen, späteren Top-Stürmer Ally McCoist, der 1981 um umgerechnet 800.000 Euro nach Sunderland wechselte.
In Europa-League-Qualifikationen maximal ein Erfolg pro Saison
Bisher schied man in Europa eher frühzeitig aus. Der Klub spielte bisher ausschließlich in der Europa-League- bzw. der UEFA-Cup-Qualifikation. 2017 scheiterte man in der ersten Runde am litauischen Klub Trakai, 2015 war wegen einem Auswärtstor gegen Alashkert aus Armenien Endstation. In den Saisonen 2013/14 und 2014/15 konnte man immerhin jeweils den ersten Gegner ausschalten: Einmal überraschend den Rosenborg BK, einmal den FC Luzern. Das jeweilige Aus gab es in der darauffolgenden Runde gegen den FC Minsk und Spartak Trnava und damit auch keine besonderen europäischen Kapazunder.
UEFA-Cup-Achtelfinale in den 70ern
In der Saison 1971/72 – lange vor europäischen Gruppenphasen – trat St. Johnstone im UEFA-Cup an und sorgte gleich für zwei Sensationen. In der ersten Runde wurde der Hamburger SV mit einem Gesamtscore von 4:2 ausgeschaltet. Danach kam man in Runde 2 auch noch über Vasas Budapest hinweg, ehe in der dritten Runde gegen Zeljeznicar Sarajevo Endstation war. Die dritte Runde war damals gleichbedeutend mit dem Achtelfinale – den UEFA-Cup holte damals übrigens Tottenham Hotspur.
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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