Ach, wie die Zeit vergeht! Wenn man Lars Rickens 30-Meter-Heber über Angelo Peruzzi zur Vorentscheidung im Champions League Finale noch immer klar vorm geistigen Auge sieht, weiß man: man wird alt! Mittlerweile ist dieser legendäre Abend im Münchner Olympiastadion nämlich schon wieder zwanzig Jahre her! 1997 gelang neben „Herne-West“ – wie der Dortmunder zu den blauweißen aus Gelsenkirchen sagt – auch dem zweiten Ruhrpott-Klub der Europacupsieg. Nachdem wir am Mittwoch schon die königsblauen Eurofighter ansahen, möchten wir heute mal wissen, was eigentlich aus den Champions-League-Siegern in gelb-schwarz wurde! Natürlich vergessen wir auch nicht auf den unglücklichen Wegbereiter aus Saalfelden!
Stefan Klos (#1, Tormann, GER, jetzt 45 Jahre alt)
Man müsste etwas tiefer in den Statistiken graben, aber Klos ist wohl der einzige Stammtormann eines Champions-League-Siegers, der es nie ins Nationalteam schaffte. Nach acht Jahren bei Schwarz-Gelb übersiedelte er 1998 auf die Insel zu den Glasgow Rangers. Zehn Jahre spielte er dort und sammelte vier schottische Meisterschaften. Das Comeback in Dortmund folgte 2013: da kehrte er als Kassenprüfer zum BVB bis November 2016 zurück.
Matthias Sammer (Kapitän, #6, Libero, GER, 49 Jahre)
Der „Schattentrainer“ hing noch ein Jahr dran und beendete seine aktive Karriere 1998. Zwei Jahre später zog der gebürtige Dresdner als Co-Trainer in den Betreuerstab des BVBs ein und übernahm in der Folge den Chefposten. 2002 wurde Sammer mit dem BVB Meister. Mäßig erfolgreich verlief sein Jahr in Stuttgart. 2006 dann der nächste Karriereschritt, als er das Amt des DFB-Sportdirektors übernahm, ehe er 2012 ausgerechnet bei den Bayern andockte. Letzten Sommer trat er überraschend aus gesundheitlichen Gründen zurück und ist heute noch als TV-Experte im Flimmerkasten zusehen. Ab Herbst wird er auf Eurosport die Live-Übertragungen der deutschen Bundesliga analysieren.
Jürgen Kohler (#15, Verteidiger, GER, 51 Jahre)
Nach 191 Spielen für den BVB beendete der „Eisenfuß“ 2002 seine Fußballer-Karriere in Dortmund. Der Weltmeister von 1990 versuchte sich als Trainer, jedoch mit eher bescheidenem Erfolg. Zuerst übernahm er die deutsche U21-Nationalmannschaft, von wo er zum Sportdirektor bei Bayer Leverkusen bestellt wurde. Nach einem Jahr endete dort sein Job und er versuchte sich in der Folge in Duisburg, Aalen, Bonn, Wirges, Hauenstein und aktuell beim Mittelrheinligisten VfL Alfter als Trainer.
Martin Kree (#16, Verteidiger, GER, 52 Jahre)
Nach seiner Fußballer-Karriere verstaute er die Stollenschuhe erst mal im Keller und stieg bei einer Liechtensteiner Marketingagentur ein. Danach, im August 2004, verdiente er sich in der EDV-Branche, wo er in Holzwickede ein IT-Schulungscenter eröffnete. Ganz ohne der Lederkugel geht es dann aber doch nicht: seit 2012 sitzt der Älteste der Final-Stammformation im Aufsichtsrates des VfL Bochum.
Paul Lambert (#14, Def. Mittelfeld, SCO, 47 Jahre)
Nach seiner erfolgreichen Karriere im Ruhrpott, zog es den Schotten nach dem Finalsieg dann doch wieder heim in die Highlands. Dort spielte er mit Goalie Klos zusammen bei Celtic Glasgow, ehe er 2006 beim FC Livingstone seine Spielerkarriere beendete. Dort übersiedelte er auch gleich in die Coachingzone. Nach Stationen bei Wycombe und Colchester stieg Lambert zuerst mit Norwich in die Premier League auf, ehe er als eines der heißesten Eisen am englischen Trainermarkt zu Aston Villa wechselte. Danach war er bei Blackburn tätig, ehe er bei seinem aktuellen Verein Wolverhampton unterschrieb. Dorthin lotste er im Winter seinen Schützling Andy Weimann auf Leihbasis und ermöglichte so seinem erfolgreichen Torjäger aus Aston Villa Zeiten den Karriere-Restart.
Paulo Sousa (#19, Def. Mittelfeld, POR, 46 Jahre)
2002 hing der Portugiese seine Fußballschuhe an den Nagel und konnte da schon auf zahlreiche namhafte Vereine zurückblicken – neben den BVB unter anderem Benfica und Sporting Lissabon, Juventus Turin, Inter Mailand oder AC Parma. Kein bisschen ruhiger oder beständiger wurde es nach seiner aktiven Karriere. Seine erste Trainer-Station war die des Co‘s bei der portugiesischen Nationalmannschaft. Es folgten Stationen auf der Insel bei Queens Park, Swansea und Leicester, dann Ungarn (Videoton), Israel (Maccabi Tel Aviv) und der Schweiz (Basel). Seit 2015 trainiert der Globetrotter den AC Florenz. In der Gerüchteküche wurde sein Name auch kurzfristig als potentieller Nachfolger von Thomas Tuchel beim BVB gehandelt.
Stefan Reuter (#7, Rechtes Mittelfeld, GER, 50 Jahre)
Noch sieben weitere Jahre folgten nach dem Champions League Triumpf in schwarz gelb. 2004 wechselte er in die Unternehmensführung bei Borussia Dortmund. 2006 wurde er dann Sportdirektor bei 1860 München, wo er drei Jahre arbeitete. Seit 2012 ist Reuter nun Sportdirektor beim FC Augsburg und mit geschickten Personalentscheidungen ein wesentlicher Bestandteil an der Etablierung der Bayern in der Bundesliga.
Jörg Heinrich (#17, Linkes Mittelfeld, GER, 47 Jahre)
Der wohl längst aktive Kicker der 97er-Truppe, bis 2011 jagte Heinrich der Lederkugel hinterher. Jedoch zuletzt nicht mehr im Profibereich, so war er von 2005 bis 2007 nebenbei auch Sportdirektor bei Union Berlin. Danach wechselte er in die Coachingzone, wo er den BSC Rathenow und den FSV 63 Luckenwalde betreute. Wer jetzt ein Autogramm möchte, dem sei eine Reise nach Berlin ans Herz gelegt. Mit etwas Glück findet man ihn persönlich in einer seiner beiden Sportartikel-Filialen in Berlin-Spandau oder Rathenow hinter dem „Tresen“ – wie der Deutsche so gern sagt.
Andreas Möller (#10, Offensives Mittelfeld, GER, 49 Jahre)
2000 machte sich der Spielmacher mit seinem Wechsel zu den Knappen auf der Südtribüne wenig beliebt. Danach ließ er seine Karriere bei seinem Stammverein Eintracht Frankfurt ausklingen. 2004 nahm Möller vom Fußball-Business ganz Abschied, ehe er 2007 für ein Jahr als Trainer in Aschaffenburg anheuerte. Seit 2015 ist der 49-Jährige Co-Trainer der ungarischen Nationalmannschaft. Auch wenn’s für uns immer noch ein wenig weh tut: Dort zog er als Teil des deutschen Trainerteams bei der Euro als Gruppensieger vor Island, Portugal und Österreich ins Achtelfinale ein.
Stéphane Chapuisat (#9, Stürmer, SUI, 47 Jahre)
1999 kehrte der Schweizer in seine Heimat zurück. Dort ließ er bei den Grashoppers, Young Boys und Lausanne seine Karriere ausklingen. Seit 2008 ist er zudem als Technischer Leiter, Stürmertrainer und Scout für die Young Boys aktiv. Außerdem ist er „FIFA-Botschafter für SOS-Kinderdörfer“.
Karl-Heinz Riedle (#13, Stürmer, GER, 51 Jahre)
Auch Chapuisat’s Sturmpartner zog es Anfang des neuen Jahrtausends in die Alpenrepublik. Nach seinem Karriereende 2001 wurde der Doppelfinaltorschütze als Sportchef der Grasshopper Zürich intoniert. Im Herbst 2014 folgte dann auch das Comeback beim BVB, wo er jetzt internationaler Markenbotschafter für die Borussen ist.
Lars Ricken (#18, Joker, GER, 40 Jahre)
Der Dortmunder-Junge ist der einzige „One-Klub-Player“ in dieser Aufstellung, heißt er hat nie woanders (profimäßig) gekickt. Weiters ist er Schütze des „BVB-Jahrhundert-Tores“, der Lupfer zum 3:1 über Angelo Peruzzi bedeutete die Vorentscheidung in dieser legendären Minute 71 im Münchner Olympiastadion. Ricken spielte noch bis 2009 im Verein. Dort ist er bis heute als Nachwuchskoordinator tätig. Außerdem war er einige Jahre als TV-Experte bei Sky tätig.
Michael Zorc (#8, Defensives Mittelfeld, GER, 54 Jahre)
Als Dortmunder Rekordspieler (463 Spiele) bzw. der Mittelfeldspieler mit den zweitmeisten Toren (131) im Verein, war „Susi“ wie er wegen seiner langen Haare genannt wurde, eine Ikone bei den Borussen. Der Publikumsliebling und langjährige Kapitän blieb seiner „Liebe“ auch nach der aktiven Zeit treu. Wenig überraschend übernahm er den Job des Sportdirektors, den er auch heute noch innehat. Sein Vertrag – in der aktuell etwas turbulenten sportlichen Führung – läuft noch bis 2019.
Heiko Herrlich (#11, Stürmer, GER, 45 Jahre)
Beim Schicksal des Stürmers relativiert sich wieder vieles. Im Herbst 2000 wurde ein bösartiger Gehirntumor festgestellt, den er erfolgreich bekämpfen konnte. 2001 beim Ruhrpott-Derby gab er sein Comeback und wurde von beiden Fanlagern gefeiert. Nach mehreren Verletzungen beendete er bei den BVB-Amateuren 2004 seine aktive Laufbahn. Als Trainer war zunächst bei Nachwuchsauswahlen des DFB aktiv, ehe er ins „Herren-Geschäft“ einstieg und unter anderem Bochum oder Unterhaching trainierte. Aktuell ist er bei Jahn Regensburg engagiert, wo er im Vorjahr in die 3. Liga aufstieg.
Wolfgang Feiersinger (#11, etatmäßiger Libero – Tribünengast, AUT, 52 Jahre)
Der gebürtige Saalfeldener war der tragische Held an diesem Frühsommertag in München. Während „Sali“ den verletzten Sammer in der entscheidenden Libero-Position vertrat und so den BVB erst ins Finale brachte, musste er im Endspiel dem wieder genesenen Kapitän Platz machen. Mehr noch, der Schlag in die Magengrube folgte bei der Spielerbesprechung: Durch taktische Überlegungen fand Coach Hitzfeld keinen Platz im Aufgebot und so musste Feiersinger auf der Tribüne Platz nehmen. Sein Nachfolger Nevio Scala vertraute in der Folge wieder vermehrt auf die Dienste des Abwehrspielers, ehe er 2000 zum LASK wechselte und ein Jahr später zur Salzburger Austria zurückkehrte. Nach der aktiven Zeit versuchte er sich als Nachwuchstrainer bei Red Bull. Danach zog er sich vom aktiven Kick zurück und kam 2013 in die Schlagzeilen, als er beim Bruno-Pezzey-Gedenkturnier mit Kammerflimmern zusammen brach. In den Sommermonaten bewirtschaftet er nun eine Almhütte bei Kitzbühel. Der Name Feiersinger ist auch jetzt noch in den Sportseiten präsent, Tochter Laura ist Nationalteamspielerin.
Ottmar Hitzfeld (Trainer, GER/SUI, 68 Jahre)
Der Mathematik- und Sportlehrer hält bis heute noch hinter Pep Guardiola den zweitbesten Punkteschnitt aller Trainer in der deutschen Bundesliga. Als Spieler war er in der Schweiz und bei Stuttgart ein gefährlicher Torjäger. Als Trainer verdiente sich der Doppelstaatsbürger seine Sporen zuerst in der Schweiz, ehe ihm mit Dortmund der große Coup gelang. Danach war er für zwei Amtszeiten bei den Bayern und dann fast sechs Jahre als Schweizer Teamchef im Amt. Mit den Bayern wiederholte er den Triumpf in der Königsklasse, gewann dazu unter anderem noch fünf Meisterschaften. Der „Sir“ ist für zahlreiche soziale Projekte aktiv und analysiert noch bis Sommer auf Sky die Fußballspiele. Ab dann will er in Lörrach mit seiner Frau den wohlverdienten Ruhestand genießen.
Borussia Dortmund – Juventus Turin 3:1 (2:0)
Tore: 1:0 Karl-Heinz Riedle (29.), 2:0 Karl-Heinz Riedle (34.), 2:1 Alessandro Del Piero (66.), 3:1 Lars Ricken (71.)
59.000 Zuschauer, Olympia-Stadion München, 28.5.1997
SR: Sándor Puhl (Ungarn)
Marcelo Lippi vertraute folgender Startelf: 1 Angelo Peruzzi (K) – 2 Ciro Ferrara, 4 Paolo Montero, 5 Sergio Porrini (HZ / Alessandro Del Piero), 13 Mark Iuliano – 7 Angelo Di Livio, 14 Didier Deschamps, 18 Vladimir Jugovic, 21 Zinedine Zidane – 9 Alen Boksic (88. Alessio Taccinardi), 15 Christian Vieri (73. Nicola Amoruso)
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Werner Sonnleitner
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