Abseits.at-Leistungscheck, Saison 2011/12 (Teil 3) – Sebastian Prödl von Verletzungen ausgebremst
Deutschland 22.Mai.2012 Stefan Karger 0
In dieser Serie betrachten wir die Leistungen und Statistiken der österreichischen Legionäre in der deutschen Bundesliga, wobei wir in erster Linie jene Spieler analysieren, die beim österreichischen Teamchef Marcel Koller gute Karten haben. Zum Abschluss der Saison sehen wir uns die Leistungen jedes einzelnen Legionärs genau an und ziehen Bilanz. Nachdem wir uns zuletzt die Statistiken von Zlatko Junuzovic ansahen, analysieren wir nun die abgelaufene Saison von seinem Teamkollegen Sebastian Prödl.
Innenverteidiger Sebastian Prödl machte in den vergangenen Monaten einiges durch und wurde, wie schon einige Male in seiner noch relativ jungen Karriere, vom Verletzungspech gnadenlos verfolgt. Im März 2011 zog er sich einen Sehnenriss im linken Oberschenkel zu, eine seltene Verletzung, die ihn lange Zeit außer Gefecht setzte und durch die er auch die Vorbereitung auf die neue Saison verpasste. Anfang August war die Verletzung dann endlich ausgestanden und er debütierte am zweiten Spieltag bei der 1:0-Niederlage gegen Bayer Leverkusen wieder in der Kampfmannschaft.
Verletzungsserie reißt nicht ab
Den 21. Jänner würde Sebastian Prödl gerne aus seinem Gedächtnis streichen. Im Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern wollte der österreichische Nationalspieler in der 28. Minute per Kopf einen Ball im gegnerischen Strafraum spielen, der von der Stange wieder zurücksprang. Kaiserslautern-Stürmer Dorge Kouemaha traf ihn dabei mit dem Fuß voll im Gesicht und brach ihm das Nasenbein und den Oberkiefer. Zu diesen Verletzungen gesellten sich eine Gehirnerschütterung und die Gewissheit, dass der Abwehrspieler wieder eine lang Zeit ausfallen wird. Auch wenn man Kouemaha in dieser Szene keine Absicht unterstellen kann, hätte Schiedsrichter Robert Hartmann natürlich trotzdem auf Elfmeter entscheiden müssen. Der Pfiff blieb jedoch zum Erstaunen aller Beteiligten aus, sodass Prödl als Trostpflaster nicht einmal die Chance auf einen Assist-Punkt bekam.
Prödls Verletzung heilte zum Glück gut aus und er gab ein paar Wochen früher als erwartet sein Comeback. Gleich im zweiten Spiel danach zog er sich allerdings einen Muskelfaserriss zu und er musste einen weiteren Monat aussetzen.
Vertragsverlängerung bis 2015
Trotz der zahlreichen Verletzungen steht der österreichische Nationalspieler beim SV Werder Bremen hoch im Kurs und der Vorsitzende der Geschäftsführung, Klaus Allofs, wollte unbedingt seinen Vertrag verlängern, was schließlich auch gelang. Prödl unterschrieb bis 2015 und Thomas Schaaf freute sich ebenfalls über die Verlängerung der Zusammenarbeit:
„Das ist eine gute Nachricht. Sebastian hat sich in seiner bisherigen Zeit bei Werder sehr gut entwickelt und vor allem im letzten Jahr trotz seines Verletzungspechs einen großen Sprung nach vorn gemacht. Wir freuen uns, dass er diesen Weg mit uns fortsetzen wird.“
Sebastian Prödl sah die Verlängerung als logischen Schritt an:
„Die Ziele von Werder und mir sind deckungsgleich. Ich will Gas geben und mich weiterentwickeln und Verantwortung übernehmen. Ich habe inzwischen einige Erfahrungen gesammelt und möchte sie gern auch an junge Spieler weitergeben. Der SV Werder, der für mich in den letzten vier Jahren zu einer Herzensangelegenheit geworden ist, hat mir in den Gesprächen das Gefühl gegeben, dass ich hier auch künftig einen wichtigen Teil beitragen kann. Es wird eine interessante Zeit. Wir werden wieder durchstarten“
Großteils solide Leistungen
Wenn Sebastian Prödl nicht durch eine Verletzung verhindert war, dann zeigte er zumeist solide Leistungen. Nur in der 13. Runde gegen Borussia Mönchengladbach und in der 17. Runde gegen den FC Schalke 04 erwischte er, wie der Großteil der Mannschaft, schlechte Tage und bekam vom Kicker die Noten 6 bzw. 5,5. Auch in der letzten Runde, bei der 2:3-Heimniederlage gegen den FC Schalke 04 sah man, dass ihm aufgrund der Verletzungen noch ein wenig die Spielpraxis fehlte.
Ansonsten darf der Abwehrspieler aber mit seinen Leistungen zufrieden sein. Zwischen der zweiten und 12. Runde hatte er seine stärkste Phase. Er stand in diesem Zeitraum sechs Mal in der Startaufstellung und kam auf einen Kicker-Notendurschnitt von 3,14, was ein absolut toller Wert ist. Zum Vergleich: Dortmunds Innenverteidiger Neven Subotic kam in der aktuellen Saison auf einen Schnitt von 3,12.
Die oben erwähnten schlechten Leistungen drücken den Gesamtnotendurchschnitt leider auf 3,71, wodurch er dann doch recht deutlich hinter Emanuel Pogatetz liegt, der über die gesamte Saison auf einen Schnitt von 3,33 kam. Die beste Saisonleistung zeigte er gleich nach seinem Comeback nach der Kieferverletzung, beim 3:0-Sieg gegen Hannover 96. Prödl agierte hinten abgeklärt und erzielte zudem noch einen Treffer. Am 11. Spieltag traf der Abwehrspieler ebenfalls, diesmal beim 3:1-Sieg gegen den 1. FSV Mainz 05. Einen Spieltag später steuerte er beim 3:2-Sieg gegen den 1. FC Köln seinen einzigen Assist in dieser Saison bei.
Gute Zweikampfwerte
Sebastian Prödl absolvierte 221 Zweikämpfe in der Saison und entschied rund zwei Drittel dieser Duelle für sich. Insgesamt gewann er nämlich 66,1% aller Duelle, wobei er seine Lufthoheit in 68,8% aller Fälle unter Beweis stellte, während er am Boden 64,1% seiner Duelle gewann. Pro Spiel fing er durchschnittlich 2,3 Mal einen Ball ab (Interception)und klärte diesen 3,3 Mal in kritischen Positionen. 0,7 Mal pro Partie gelang es einem Gegenspieler im Schnitt in einem Eins-gegen-Eins-Duell am Österreicher vorbei zu kommen. 0,9 Mal pro Partie blockte Prödl im Schnitt einen gegnerischen Schuss ab. Diese Werte sind in Ordnung, wobei er im Vergleich zu Emanuel Pogatetz weniger dominant wirkt. Der Hannover-96-Spieler klärte etwa starke 5,8 Mal pro Partie in einer kritischen Situation und wurde nur jede zweite Partie einmal überspielt. Interceptions haben beide Spieler gleich viele, immerhin beging Prödl weniger Fouls, da Pogatetz im Schnitt 1,4 Mal zu unfairen Mitteln greifen musste.
Weitere Statistiken
In 1061 Spielminuten spielte der Österreicher 413 Pässe, also etwa 35 pro Spiel. Von diesen Zuspielen kamen 86,9% bei seinen Mitspielern an. Nur in jedem fünften Spiel überspielte Prödl einen Gegenspieler, dafür verlor er aber auch nur in jedem zehnten Spiel den Ball nach einem Dribbling. Eine weitere interessante Statistik ist, dass der Österreicher keine einzige gelbe bzw. rote Karte in dieser Saison bekam. Während er in der vorletzten Saison in 25 Spielen acht Mal den gelben Karton sah, blieb er in den 16 Einsätzen in der abgelaufenen Spielzeit ohne Verwarnung. Er beging 14 Fouls, von denen aber keines gelbwürdig war und wurde selbst 13 Mal mit unfairen Mitteln gestoppt. Insgesamt schoss der Abwehrspieler neun Mal aufs gegnerische Tor (2 Treffer) und hatte bei 13 Torschussbeteiligungen seine Füße im Spiel.
Fazit
Prödl hat eine schwierige Saison hinter sich, die von schmerzhaften Verletzungen geprägt wurde. Wenn er am Platz stand, dann bot er bis auf wenige Ausnahmen solide Partien, wobei er aufgrund der Verletzungen nie seinen Rhythmus finden konnte. Sein Verein ist mit der Einstellung des Abwehrspielers jedenfalls voll und ganz zufrieden und setzt große Stücke auf den Österreicher. Die Vertragsverlängerung sollte Prödl zusätzliche Sicherheit geben. Während der Verbleib von Innenverteidiger Naldo weiterhin ungewiss ist, hat der Klub die Option auf Sokratis gezogen. Der Grieche, der sowohl rechts in der Viererkette, als auch im Abwehrzentrum spielen kann, war einer der Lichtblicke in der abgelaufenen Saison bei Werder Bremen. Wir werden sehen ob Schaaf weiterhin im Abwehrzentrum mit ihm plant, oder ob er wieder als rechter Außenverteidiger auflaufen wird, wenn genug Innenverteidiger fit sind. Ein weiterer Konkurrent ist der junge Schweizer Francois Affolter. Sollte Prödl verletzungsfrei bleiben, dann darf man allerdings davon ausgehen, dass er sich einen Stammplatz im Abwehrzentrum sichern wird. Die nächste Saison wird alles andere als einfach werden, denn es steht ein großer Umbruch in Bremen bevor. Neben Tormann Tim Wiese und Mittelfeldspieler Marko Marin wird nun wohl auch Stürmerstar Claudio Pizarro den Verein den Rücken zukehren. Auch Pizarros Sturmpartner Marcus Rosenberg wird in der kommenden Saison bei einem anderen Verein spielen, da der Klub dem Schweden keinen neuen Vertrag anbot.
Stefan Karger, www.abseits.at
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