Abseits.at-Leistungscheck, Saison 2011/12 (Teil 4) – Arnautovic einer der Gewinner des bevorstehenden Umbruchs bei Werder Bremen?
Deutschland 23.Mai.2012 Stefan Karger 0
In dieser Serie betrachten wir die Leistungen und Statistiken der österreichischen Legionäre in der deutschen Bundesliga, wobei wir in erster Linie jene Spieler analysieren, die beim österreichischen Teamchef Marcel Koller gute Karten haben. Zum Abschluss der Saison sehen wir uns die Leistungen jedes einzelnen Legionärs genau an und ziehen Bilanz. Nachdem wir in den letzten Tagen Sebastian Prödl und Zlatko Junuzovic unter die Lupe nahmen, sehen wir uns nun die Leistungen des dritten österreichischen Legionärs beim SV Werder Bremen an. Marko Arnautovic hatte es vergangenes Jahr nicht leicht bei seinem Verein, sollte in der kommenden Saison jedoch bessere Chancen vorfinden.
Wo etwas passiert, ist er nicht weit
Leider blieb der österreichische Legionär in der vergangenen Saison nicht verletzungsfrei. Beim Spielen mit seinem Schäferhund riss Anfang März das Innenband im rechten Knie, nachdem er in einem Rasenloch hängenblieb. Die Verantwortlichen beim SV Werder Bremen reagierten ein wenig schockiert, insbesondere da die Bremer sowieso schon gewaltiges Verletzungspech hatten. Geschäftsführer Allofs meinte zu diesem Vorfall:
„Ich bin seit 30 Jahren Hundehalter. Aber mir ist so etwas noch nie passiert. Ich gebe Marko keine Schuld, aber wo etwas passiert, ist er nicht weit.“
Leisere Töne
Ansonsten war es die meiste Zeit über ruhig um Arnautovic und der österreichische Nationalspieler leistete sich keine Fehltritte abseits des Platzes. Auch in den Interviews klang er zuletzt deutlich zurückhaltender, es scheint als ob ihm in Bremen die Verantwortlichen endlich eintrichtern konnten, dass er nur mit seinen Taten am Platz für Aufsehen sorgen soll. Auf die Frage, ob er nach den Abgängen von Pizarro, Rosenberg, Marin und Wiese eine Führungsrolle einnehmen werde, meinte er nur, dass es genügend Führungsspieler, wie etwa Hunt und Fritz, in der Mannschaft gebe. Vor zwei Jahren hätte sich das wohl ganz anders angehört, die neue Bescheidenheit steht im jedenfalls gut und es wird die Werder-Funktionäre freuen, dass er leisere Töne anstimmt.
Eine Frage des Systems
Arnautovic zeigte seine bisher stärksten Leistungen in der Saison 2008/09 beim FC Twente Enschede, als er in 28 Saisonspielen 12 Treffer erzielte und niederländischer Vizemeister wurde. Er spielte damals als rechter Flügelstürmer in einem 4-3-3-System und zeigte auf dieser Position teilweise überragende Leistungen. Zusammen mit dem Schweizer Blaise Nkufo (Mittelstürmer) und dem Niederländer Eljero Elia (linker Flügelstürmer) bildete er einen brandgefährlichen Angriff.
Beim SV Werder Bremen gibt es diese Position jedoch nicht, denn Trainer Thomas Schaaf rückt auch dann nicht von seiner Raute im Mittelfeld ab, wenn die geeigneten Spieler für dieses System fehlen. Arnautovic kann zwar auch in einer 4-4-2-Formation als Stürmer, oder als offensiver Mittelfeldspieler zum Zug kommen, doch kann er seine wahren Stärken wohl eher als offensiver Flügelstürmer in einem 4-3-3 oder 4-2-3-1-System ausleben. Die Flügelspieler im Mittelfeld spielen unter Schaaf recht defensiv und zentral und befinden sich oft auf einer Höhe mit dem defensiven Mittelfeldspieler.
Vom dritten Stürmer zur ersten Wahl?
Besonders in der Hinrunde war Stürmer Claudio Pizarro die Bremer Lebensversicherung und der einzige Spieler der Mannschaft, der regelmäßig traf. Der Schwede Markus Rosenberg zeigte bis auf die letzten Saisonspiele unkonstante Leistungen, ließ zahlreiche Großchancen aus und war in manchen Spielen gar nicht zu sehen. Dennoch hatte man das Gefühl, dass Trainer Schaaf den Schweden immer wieder Arnautovic vorzog, auch wenn der österreichische Nationalspieler gut in Form war und sich mehr Einsätze verdient hätte. Völlig unverständlich war etwa Schaafs Entscheidung Arnautovic in der 23. Runde gegen den 1. FC Nürnberg auf die Ersatzbank zu setzen, obwohl der Stürmer in den beiden Runden zuvor traf und sich auch spielerisch in bester Laune präsentierte. Rosenberg hingegen erzielte zu diesem Zeitpunkt schon seit acht Runden kein Tor. Auch die Werder-Fans hätten den Österreicher gerne öfters statt dem Schweden in der Startaufstellung gesehen.
In der kommenden Saison werden die Karten jedenfalls neu gemischt. Pizarro und Rosenberg sind nicht mehr beim Verein, es wird sicher der eine oder andere Stürmer kommen – Allofs hatte etwa Interesse an Bayern-Reservist Nils Petersen angemeldet. Dennoch ist es sehr wahrscheinlich, dass Arnautovic zu Beginn der neuen Saison gesetzt sein wird, sollte er verletzungsfrei bleiben und sich an alle Vereinsrichtlinien halten.
Seine Leistungsdaten
Arnautovic absolvierte in der vergangenen Saison 19 Einsätze für seinen Verein, wobei er zehn Mal von Beginn an am Platz stand und neun Mal eingewechselt wurde. Insgesamt erzielte er sechs Treffer in 963 Minuten Spielzeit, das heißt, dass er für ein Meisterschaftstor im Schnitt 160,5 Minuten benötigte. Markus Rosenberg brauchte vergleichsweise 236,7 Minuten für einen Treffer, Claudio Pizarro hatte alle 140 Minuten einen Grund zum Jubeln. Vier Mal traf Arnautovic mit dem rechten Fuß, je einen Treffer erzielte er mit links und per Kopf. Der achte Spieltag verlief besonders turbulent, denn Arnautovic erzielte bei der 2:3-Niederlage gegen Hannover 96 zunächst einen Treffer, wurde dann aber von Schiedsrichter Winklmann nach einem Zweikampf gegen Pinto mit Rot vom Platz geschickt – eine etwas harte Entscheidung. Neben dieser roten Karte, sah Arnautovic sechs Mal den gelben Karton. Insgesamt beging der Offensiv-Allrounder 20 Fouls während er selbst nur 14 Mal mit unfairen Mitteln gestoppt wurde. Arnautovic schoss 42 Mal aufs gegnerische Tor, was bedeutet, dass er mit jedem siebenten Torschuss Erfolg hatte. Insgesamt hatte der Österreicher bei 60 Torschussbeteiligungen seine Beine im Spiel. Ein Assist gelang ihm in der ganzen Saison leider nicht, immerhin kommt er aber auf 0,9 Schlüsselpässe pro Partie, also Zuspiele, aus denen ein Tor hätte entstehen können. Pro 90 Minuten gelangen ihm 1,2 erfolgreiche Dribblings, während er nur in jeder zweiten Partie einmal überspielt werden konnte. Arnautovic machte im Schnitt 0,7 Tacklings pro Partie, stand 0,6 Mal pro Partie im Abseits und verlor 0,8 Mal den Ball bei einem Dribbling an einen Gegenspieler.
Insgesamt hatte Arnautovic 506 Ballkontakte, das heißt, dass er pro 90 Minuten 47,2 Mal den Ball berührte. Von insgesamt 316 Pässen kamen 77,5 Prozent bei seinen Mitspielern an, eine Statistik die in Ordnung ist, wenn man bedenkt, dass er oft den schwierigen tödlichen Pass versuchte. Traurig sieht seine Bilanz bei den Flanken aus, denn von 17 Versuchen landete nur eine bei einem Mitspieler. Von seinen 227 Zweikämpfen gewann Arnautovic 38,3% – eine Statistik die für einen Spieler auf seiner Position nicht berühmt ist, allerdings auch nicht sehr schlecht. Pizarro gewann vergleichsweise 42,4% seiner Duelle, während Rosenberg mit 36% gewonnenen Zweikämpfen die schlechteste Bilanz der drei Stürmer besitzt.
Fazit
Nach der katastrophalen Rückrunde der Bremer steht ein Umbruch bevor, von dem Arnautovic profitieren könnte. Die beiden gesetzten Stürmer stehen in der kommenden Saison nicht mehr im Kader und da man davon ausgehen kann, dass Thomas Schaaf in der nächsten Spielzeit wieder mit zwei Stürmern agieren wird, hat Arnautovic gute Chancen auf einen Stammplatz, selbst wenn noch ein starker Angreifer verpflichtet wird. Auch wenn Arnautovic in dieser Saison mit sechs Toren doppelt so viele Treffer wie in seinem ersten Jahr bei Werder Bremen erzielte, kann man nicht von einer gelungen Saison sprechen. Zu oft wurde der Angreifer ein- und ausgewechselt und er fand bisher nicht seinen Platz in Schaafs System. Wir halten Arnautovic die Daumen, dass es ihm noch einmal gelingt seine Torstatistik zu verdoppeln, denn das Potential dazu hätte er auf alle Fälle.
Stefan Karger, www.abseits.at
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