Abseits.at-Leistungscheck, Saison 2011/12 (Teil 6) – Baumgartlinger noch nicht so effektiv wie in Österreich
Deutschland 29.Mai.2012 Stefan Karger 0
In dieser Serie betrachten wir die Leistungen und Statistiken der österreichischen Legionäre in der deutschen Bundesliga, wobei wir in erster Linie jene Spieler analysieren, die beim österreichischen Teamchef Marcel Koller gute Karten haben. Zum Abschluss der Saison sehen wir uns die Leistungen jedes einzelnen Legionärs genau an und ziehen Bilanz. Nachdem wir uns zuletzt die Statistiken von Andreas Ivanschitz ansahen, analysieren wir nun die abgelaufene Saison von seinem Teamkollegen Julian Baumgartlinger.
Nach zwei starken Saisonen bei der Wiener Austria kehrte Mittelfeldmotor Julian Baumgartlinger vergangenen Juni wieder nach Deutschland zurück und unterschrieb einen Vierjahresvertrag beim 1. FSV Mainz 05. Trainer Thomas Tuchel wollte den österreichischen Nationalspieler unbedingt verpflichten und zeigte sich von seiner Neuverpflichtung überzeugt:
„Julian Baumgartlinger passt perfekt zu uns. Er ist ein Mittelfeldspieler für das Zentrum oder die Halbpositionen. Er hat uns mit seiner Power, seiner Aggressivität und Laufbereitschaft beeindruckt, darüber hinaus verfügt er über ein großes strategisches Talent. Er wird mit seinen Fähigkeiten das Niveau unserer Mannschaft weiter anheben“
Kampf um einen Stammplatz
Trotz dieser lobenden Worte seines Trainers stand dem gebürtigen Salzburger keine einfache Saison bevor. Er musste über die gesamte Saison um einen Stammplatz im zentralen defensiven Mittelfeld kämpfen. Die beiden Nationalspieler Eugen Polanski (Polen) und Elkin Soto (Kolumbien) und der deutsche U21-Nationalspieler Jan Kirchhoff machten es dem Österreicher nicht einfach. Der 24-Jährige kam auf insgesamt 26 Meisterschaftseinsätze, wobei er 14 Mal von Beginn an am Platz stand und 12 Mal eingewechselt wurde. Wenn er von Anfang an auflief, dann durfte er immerhin meistens über die volle Distanz gehen, denn in der ganzen Meisterschaftssaison wurde er nur zweimal ausgewechselt. Insgesamt stand Baumgartlinger 1471 Minuten lang am Platz.
Nicht so effektiv wie in Österreich
Julian Baumgartlinger gewann in Deutschland nur 50,5% seiner Zweikämpfe, was für seine Position und für seine Ansprüche eindeutig zu wenig ist. In der Luft gewann er immerhin 55,7% seiner Kopfballduelle, was aber bedeutet, dass er eine negative Bilanz am Boden aufweist (49,3%). Eine weitere interessante Statistik finden wir bei den gelben und roten Karten. In seiner ersten Saison bei der Wiener Austria sah er fünfmal den gelben und einmal den roten Karton. In der Saison 2010/11 sah er in 31 Partien siebenmal gelb und einmal rot. Im Vergleich dazu präsentierte er sich in der deutschen Bundesliga lammfromm. In seinen 28 Einsätzen bekam er nur zweimal die gelbe Karte zu Gesicht und wurde kein einziges Mal ausgeschlossen. Angesichts der Umstände, dass die Mainzer lange Zeit gegen den Abstieg spielen mussten, ist das schon eine etwas überraschende Statistik.
Laufbereitschaft wie immer top
Was seinen Einsatz betrifft wird sich der österreichische Nationalspieler dennoch keine Vorwürfe anhören müssen, denn wenn Baumgartlinger 90 Minuten lang am Platz stand, dann konnte man sicher sein, dass kein anderer Mainzer mehr lief als er. Die 12-Kilometer-Marke knackte er praktisch in jeder Partie, einige Male lief er sogar über 13 Kilometer, eine Distanz, die nicht viele Profis erreichen können. Thomas Tuchel lobte ihn einige Male explizit wegen seiner hohen Laufbereitschaft und sagte, dass er noch nie einen Spieler in seinem Kader hatte, der so weite Wege gehen konnte. Auch seine Passquote ist mit 84,2% in Ordnung. Baumgartlinger müsste sich jedoch öfters in die Offensive einschalten und in dieser Hinsicht noch ein wenig effektiver werden. Ansätze waren zwar zu sehen, es gelangen ihm ja auch immerhin vier Assists, dennoch müsste er ein wenig präsenter im Offensivspiel werden.
Der Höhepunkt der Saison
Die Nummer 14 scheint Baumgartlingers Glückszahl zu sein, denn er trägt nicht nur diese Rückennummer, sondern zeigte auch seine beste Saisonleistung am 14. Spieltag. Die Mainzer empfingen den FC Bayern München zu Hause und bezwangen den Vizemeister mit 3:2. Baumgartlinger spielte neben Elkin Soto in einem 4-2-3-1-System im defensiven Mittelfeld und war einer der Garanten dafür, dass die Mainzer den Gast aus Bayern niederringen konnten. Er lief mit 13,17 Kilometer um mehr als einen Kilometer mehr als jeder andere Spieler am Platz und gewann 58,5% seiner Zweikämpfe. Zwischen der 12. und der 15. Runde zeigte er überhaupt seine besten Saisonleistungen und es sah alles danach aus, als ob er sich einen fixen Platz in der Mannschaft hätte erspielen können. Nach zwei mittelprächtigen Leistungen in Runde 17 und 18 fand er sich allerdings wieder auf der Ersatzbank und in der Rolle des Jokers wieder. In den Runden 28 und 29 gegen den SV Werder Bremen und den VfB Stuttgart spielte er zwei Mal von Beginn an, zeigte wieder gute Leistungen und steuerte sogar jeweils einen Assist bei. Dennoch setzte ihn Tuchel danach im Spiel gegen den 1. FC Köln wieder auf die Bank. Auch der Trainer, der über genügend Auswahl im Mittelfeld verfügte, machte es ihm in dieser Saison nicht immer leicht und ließ ihn auch nach guten Spielen auf der Ersatzbank sitzen.
Weitere Statistiken
Baumgartlinger hatte in der Saison 1014 Ballkontakte, das heißt, dass er im Schnitt in 90 Minuten 64,5 Mal den Ball berührte. In Österreich war sein Wert in dieser Hinsicht wesentlich höher, denn er war der zentrale Punkt im Aufbauspiel der Wiener Austria, dennoch ist sein Wert in Deutschland den Umständen entsprechend in Ordnung, auch weil die Mainzer gegen einige starke Mannschaften weit weniger Ballkontakte hatten, als die Wiener Austria in der österreichischen Bundesliga. Er schoss insgesamt zwölf Mal aufs gegnerische Tor und hatte bei 44 Torschussbeteiligungen seine Beine im Spiel. Baumgartlinger beging 40 Fouls und wurde 35 Mal selbst mit unfairen Mitteln gestoppt. Wie bereits oben erwähnt sah er nur zwei gelbe Karten und wurde kein einziges Mal ausgeschlossen.
Fazit
Baumgartlinger hatte es in seiner ersten Saison beim 1. FSV Mainz 05 nicht immer einfach, denn er fand sich auch nach soliden Leistungen teilweise auf der Ersatzbank wieder und konnte so nie seinen Rhythmus finden. Dennoch lag es teilweise sicherlich auch an ihm, dass er noch nicht unumstrittener Stammspieler in der deutschen Bundesliga ist. Seine Zweikampfquote lässt noch ein wenig zu wünschen übrig und er muss noch ein wenig aggressiver und dominanter auftreten. Hoffen wir, dass er nach seiner Eingewöhnungszeit in der kommenden Saison voll durchstarten kann und zu einem unverzichtbaren Leistungsträger bei den Mainzern avanciert.
Stefan Karger, www.abseits.at
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