Abseits.at-Leistungscheck, Saison 2011/12 (Teil 9) – Jimmy Hoffer zwischen Genie und Wahnsinn
Deutschland 7.Juni.2012 Stefan Karger 0
In dieser Serie betrachten wir die Leistungen und Statistiken der österreichischen Legionäre in der deutschen Bundesliga, wobei wir in erster Linie jene Spieler analysieren, die beim österreichischen Teamchef Marcel Koller gute Karten haben. Zum Abschluss der Saison sehen wir uns die Leistungen jedes einzelnen Legionärs genau an und ziehen Bilanz. Der 28-fache österreichische Nationalspieler Erwin „Jimmy“ Hoffer schaffte mit Eintracht Frankfurt den Aufstieg in die oberste Spielklasse und hatte mit neun Toren maßgeblichen Anteil an diesem wichtigen Erfolg. Ob er in der kommenden Saison jedoch auch in den Genuss der deutschen Bundesliga kommen wird ist noch unsicher, da dem Verein die vom SSC Napoli geforderte Ablösesumme zu hoch ist.
Zunächst sei auf zwei Artikel hingewiesen, die während der Saison Hoffers Leistungen genau unter die Lupe nahmen. Im ersten Artikel wurden die ersten 17 Spieltage analysiert, im zweiten analysierten wir seinen erfolgreichen Frühjahrsauftakt. Hoffer profitierte davon, dass Mittelstürmer c in der Winterpause den Klub verließ, der in weiterer Folge keinen Ersatzmann für den Griechen holte. Auch aus diesem Grund stand Jimmy Hoffer in der Rückrunde meistens von Beginn an am Platz. Der Österreicher profitierte zudem auch von der Genesung des Kameruners Mohamadou Idrissou, der nach seiner Sprunggelenks-Operation wieder in Form kam. Idrissou und Hoffer ergänzten sich am Platz gut und man hatte meistens das Gefühl, dass die Mischung im Sturm bei der Eintracht passte. Leider präsentierte sich Hoffer dennoch einige Male schwach und zeigte stellenweise sehr inkonstante Leistungen. Nach einem Traumspiel folgten oft 90 Minuten, in denen der Österreicher nur durch Fehler auffiel.
Licht und Schatten
Als Beispiel dafür seien die Runden 27 bis 30 angeführt, in denen Hoffer zwei völlig unterschiedliche Gesichter zeigte. In den Runden 27 und 28 traf er gegen Union Berlin und den VfL Bochum jeweils einmal, präsentierte sich spielfreudig, giftig und kombinationssicher. In den beiden anschließenden Spielen gegen den MSV Duisburg und den FC Ingolstadt war dann genau das Gegenteil der Fall. Hoffer war über weite Strecken nicht zu sehen, arbeitete sich kaum Chancen heraus und die Körpersprache sah alles andere als motiviert aus. Ähnliches konnte man auch in der 22. und der 23. Runde beobachten – zunächst spielte er gegen FSV Frankfurt sein bestes Saisonspiel (ein Tor, zwei Assists), danach war er bei der 2:4-Niederlage gegen den SC Paderborn nicht wiederzuerkennen. Natürlich können Stürmer gute und schlechte Tage haben und unterschiedliche Leistungen zeigen, bei Hoffer waren diese Niveauunterschiede jedoch zu extrem.
Vertragsspiele
Die inkonstanten Leistungen sind auch der Grund dafür, weshalb Hoffer noch nicht weiß, wo er in der nächsten Saison spielen wird. Eintracht Frankfurt würde gerne mit dem österreichischen Nationalspieler in die nächste Saison gehen, zögert aber noch die geforderten zwei Millionen Euro Ablöse an den SSC Napoli zu überweisen. Sportdirektor Bruno Hübner verriet der Frankfurter Rundschau den Grund:
„Ich glaube, Hoffer hat gute Spiele gemacht, aber es waren auch welche dabei, da dachte ich, das ist doch nicht derselbe Spieler“
Der Verein spekuliert wohl ein wenig damit, dass die Italiener mit dem Preis noch ein wenig hinunter gehen werden, da der italienischen Tabellenfünften für den Österreicher wohl kaum eine Verwendung finden würde. Die Gründe dafür heißen Cavani, Lavezzi, Pandev und Vargas.
Hoffers Leistungsdaten
Hoffer absolvierte insgesamt 30 Meisterschaftseinsätze für Eintracht Frankfurt, wobei er elf Mal als Joker ins Spiel kam und 16 Mal ausgewechselt wurde. Insgesamt absolvierte er also in der gesamten Saison nur drei Spiele über die vollen 90 Minuten. Er schoss neun Treffer und steuerte vier Assists bei. Erstaunlich ist, dass Hoffer, der in Österreich nicht gerade für seine Kopfballstärke bekannt war, drei Meisterschaftstore per Kopf erzielte. Die anderen Treffer schoss er mit seinem starken rechten Fuß. Insgesamt stand der österreichische Nationalspieler 1514 Minuten am Platz, was bedeutet, dass er alle 168,2 Minuten einen Treffer erzielte. Diese Bilanz verschlechterte sich in der zweiten Saisonhälfte, denn nach 17 Runden traf er noch alle 125,8 Minuten.
Insgesamt schoss Hoffer 51 Mal aufs gegnerische Tor und hatte seine Füße bei 81 Torschussbeteiligungen im Spiel. Im Schnitt benötigte er also 5,7 Versuche für einen Treffer – dieser Wert verschlechterte sich ebenfalls, denn im Frühjahr landete jeder 3,4te Schuss im gegnerischen Tor. Seine Zweikampfwerte blieben etwa gleich und verbesserten sich leider nicht. Von insgesamt 380 Duellen gewann der quirlige Stürmer nämlich nur 32,4%. Hoffer hatte über die gesamte Saison 542 Ballkontakte, was bedeutet, dass er pro 90 Minuten im Schnitt 32,2 Mal den Ball berührte, was auch für einen Stürmer kein besonders starker Wert ist. Von 307 Pässen landeten 77,5% bei seinen Kollegen, von 17 Flanken kamen jedoch nur zwei bei seinen Mitspielern an (11%). Hoffer sah insgesamt vier gelbe Karten und wurde kein einziges Mal vom Platz geschickt.
Zahnschmerzen
Den 9. Juli 2010 würde Jimmy Hoffer wohl gerne aus seinem Gedächtnis streichen, denn an diesem Tag schlug er sich bei einem Testspiel gegen den Oberligisten mit dem passenden Namen SC Hauenstein zwei Schneide- und zwei Eckzähne aus. Seitdem hatte er immer Probleme, egal ob er mit Mundschutz, oder mit einer Brücke spielte. Deshalb entschied sich der Stürmer für einen großen Eingriff, um die Schmerzen ein für alle Mal in den Griff zu bekommen. Zuerst wurden Knochenstücke aus der Hüfte abgetragen, um den Kiefer wieder aufzubauen, danach wurden ihm vier Implantate eingesetzt. Leider verlief die Heilung nicht wie erwartet: Hoffer hatte starke Schmerzen, konnte lange keine feste Nahrung zu sich nehmen und musste Antibiotika und Schmerzpulver schlucken. Zu Marcel Kollers Leidwesen musste er deshalb auch für die beiden ÖFB-Länderspiele absagen. Wir wünschen Jimmy Hoffer eine baldige Genesung und hoffen, dass er bald wieder voll angreifen kann und von der Vorbereitung auf die neue Saison, wo auch immer er spielen wird, nicht viel verpassen wird.
Fazit
Jimmy Hoffer spielte alles in allem eine recht gute Saison und zeigte in vielen Partien seine Qualitäten. Leider folgten nach starken Leistungen immer wieder Durchhänger, ein Phänomen, das man bei ihm die ganze Saison über beobachten konnte. Dennoch schätzt man in Frankfurt die Stärken des österreichischen Nationalspielers – Trainer Armin Veh baute in der Rückrunde extra für ihn das System von einer 4-2-3-1- auf ein 4-4-2-Formation um, damit Hoffer neben dem wiedergenesenen Idrissou stürmen konnte. Schon bald wird sich zeigen wie Hoffers Karriereweg weiterverlaufen wird. Die Verhandlungen zwischen der Eintracht und dem SSC Napoli dauern an und wir hoffen für den Stürmer, dass es bald eine für ihn zufriedenstellende Lösung geben wird. Sein Verbleib bei der Eintracht wäre sicher nicht das Schlechteste für ihn, da er das Umfeld nun gut kennt und sich durchaus auch in der kommenden Saison einen Platz im Angriff der Frankfurter ausrechnen kann. Sollte er wieder zurück nach Neapel müssen, dann steht dem österreichischen Nationalspieler jedoch eine schwierige Saison bevor.
Stefan Karger, www.abseits.at
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