Zum Topspiel des 27. Spieltages der deutschen Bundesliga standen sich die Mannschaften von Rekordmeister Bayern München und die vom Österreicher Adi Hütter trainierte Eintracht... Analyse: Dominante Bayern geben sich gegen Frankfurt keine Blöße

Zum Topspiel des 27. Spieltages der deutschen Bundesliga standen sich die Mannschaften von Rekordmeister Bayern München und die vom Österreicher Adi Hütter trainierte Eintracht aus Frankfurt gegenüber. Dabei war dies für die Münchner die Generalprobe vor dem „Klassiker“ gegen Dortmund, der bereits seit Tagen ein großes Thema in der Öffentlichkeit ist. Doch davor galt es die Pflichtaufgabe gegen Nachzügler Frankfurt zu erledigen, sowie man es in der Vorwoche gegen Union Berlin tat. Für Eintracht Frankfurt dagegen hingen die Trauben in München recht hoch, da man nach der 1:3 Heimniederlage gegen Gladbach nicht gerade vor Selbstvertrauen und auch ein Abstiegskampf noch im Bereich des Möglichen ist.

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Aggressive Eintracht versucht Bayern Paroli zu bieten

Für die von Adi Hütter trainierten Frankfurter lautete die Devise vor dem Spiel wohl: Wir haben nichts zu verlieren! Dementsprechend sah dann auch die Spielanlage der Hessen aus, denn man versteckte und verbarrikadierte sich nicht um den Strafraum herum, im Gegenteil. Trainer Hütter schickte seine Mannen mit einer 4-4-2-Grundformation auf das Feld, die zum Teil sehr eigenwillig anmutet. Hütter kehrte der Dreier/Fünferkette in der laufenden Saison den Rücken, nachdem man sich in der Defensive wesentlich anfälliger präsentierte, als noch in der vergangenen Spielzeit. Stattdessen laufen die Frankfurter mit gleich vier(!) nominellen Innenverteidigern auf, die das Tor im Verbund mit ihren Kollegen dichtmachen sollen. Wie sah der zurechtgelegte Matchplan der Eintracht aus? Zunächst einmal bot man zwei klare Viererketten auf, die mit kurzen Abständen für enge Räume und eine hohe Kompaktheit sorgen sollten. Wichtig war den Gästen, den eigenen Block zu verschließen und den Münchnern so wenig Räume (speziell im Zwischenlinienraum) zu offerieren.

Den beiden Stürmern der Eintracht kam die Aufgabe zu, viele Kilometer abzuspulen. Sie mussten sehr oft die aufbauenden Verteidiger mit Tempo anlaufen und zu versuchen diese unter Druck zu setzen. Dabei orientierte sich die hängende Spitze Gacinovic etwas stärker an den ballnahen Sechser, während Andre Silva versuchte, die Verteidiger in eine Richtung zu leiten. Es war allerdings nicht so, dass man mannschaftlich geschlossen nach vorne rückte, sondern eher versuchte, mit minimalen personellen Aufwand die Bayern zu einem unüberlegten Spielaufbau zu zwingen. Man wollte schlicht die eigene Stabilität nicht gefährden, verfügen die Bayern doch über die individuelle Klasse, auch einen pressenden Gegner spielend auseinanderzuspielen. Die Formation gegen den Ball der Frankfurter kann man beim ersten Bild recht gut erkennen:

Bayern im Ballbesitz, Frankfurt versucht aus einem kompakten 4-4-2/4-4-1 zu verteidigen und dabei die Abstände eng zu halten. Gacinovic orientiert sich dabei klar an den ballnahen Sechser, während Silva Alaba versucht nach außen zu leiten.

Zwar ging man in punkto Angriffspressing nicht ins volle Risiko und rückte mit der Mannschaft geschlossen auf, dafür wollte man allerdings im Gegenpressing Präsenz zeigen und den Bayern wehtun. Sobald die Frankfurter den Ball verloren, stürmte man wie ein Schwarm in Richtung Ball mit der Devise, das Spielgerät so schnell wie möglich zurückzuholen. Und in der Anfangsphase des Spiels klappte dies auch recht gut und führte zu einigen Ballgewinnen, da man die Bayern mit der eigenen Aggressivität und Präsenz etwas überraschen konnte.

Das führte dazu, dass eine recht hohe Intensität auf dem Feld herrschte und es in den Duellen ordentlich zur Sache ging. Interessant war aber auch, wie extrem ballorientiert die Gäste bisweilen agierten. Es gab einige Szenen, in denen die selbst die ballfernen Spieler extrem nach Innen rückten und so das Feld engmachten. Das war klarerweise ein zweischneidiges Schwert, denn einerseits konnte man so einen hohen Ball- und Raumdruck auf den Gegner gewährleisten, aber andererseits würde ein einfacher Seitenwechsel oder Durchbruch reichen, um die Frankfurter zu destabilisieren, weshalb dieses Mittel nur selten angewandt wurde. Die beschriebenen Aspekte kann man bei den nächsten Bildern erkennen:

Frankfurt mit dem Ballverlust, allerdings startet man sofort ins Gegenpressing mit dem Ziel, das Spielgerät so rasch wie möglich wiederzuerobern.

Die Eintracht versucht das Feld extrem kompakt und so den Ball- und Raumdruck hochzuhalten, weshalb selbst die ballfernen Außenspieler weit eingerückt sind.

Bayern läuft langsam auf Hochtouren

Die Anfangsphase war aufgrund der mutigen Spielweise der Frankfurter durchaus offen und abwechslungsreich, wobei man sich mehr oder weniger mit den gleichen Mitteln gegenseitig bearbeitete. Nach und nach fanden die Bayern allerdings in ihren Rhythmus hinein und auch die Schwachstellen beim Gegner. Eine dieser Schwachpunkte bei den Gästen lag in der Verteidigung des Spielaufbaus. Da de facto nur die Stürmer richtig vorne nachrückten und attackierten, konnten sich die beiden Innenverteidiger nach einigen Pässen oder unter Einbeziehung von Torhüter Neuer von den Angreifern absetzen und ins Mittelfeld dribbeln. Vor allem auf der linken Seite nutze Innenverteidiger Alaba dieses Mittel intensiv, was die Frankfurter in eine Zwickmühle brachte. Durch das Andribbeln von Alaba ins Mittelfeld, konnten die Bayern immer wieder eine Überzahlsituation kreieren und relativ simpel und flüssig nach vorne kombinieren. Auf der linken Seite etwa hatte Bayern mit dem Dreieck Alaba, Davies und Perisic eine Überzahl gegen die zwei Flügelspieler der Eintracht, da die beiden Sechser sich im Zentrum aufhielten und die Gäste allgemein daran bedacht waren, diese Region zuzustellen. Diesen Aspekt kann man beim nächsten Bild gut erkennen:

Bayern im Spielaufbau, Innenverteidiger Alaba dribbelt ins Mittelfeld hinein und zwingt den rechten Flügelspieler Da Costa zum Herausrücken, wodurch Davies freigeschoben wird und angespielt werden kann. In weiterer Folge wird eine Kettenreaktion ausgelöst, da der Außenverteidiger heraus- und der Rest der Verteidigung eilig nachrücken muss. Oftmals entstand dadurch hier eine 3 vs. 2 Überzahlsituation für die Bayern.

Durch dieses Muster bekam man den dynamischen Davies gut in das Spiel eingebunden und dieser konnte mit seinem Tempo und seiner Direktheit für Druck nach vorne sorgen. Ein oftmals praktiziertes Muster war dabei, dass Davies versuchte mit diagonalen Bällen ins Zentrum das Spielgerät in den Zwischenlinienraum zu bringen, wo entweder Müller oder Lewandowski lauerten und anspielbereit waren. Beeindruckend war dabei, wie flüssig und gut einstudiert diese Spielzüge waren, denn die Frankfurter konnten gegen diese große Diagonalität im Spiel der Bayern wenig ausrichten. Das Positionsspiel, Timing und die Anschlussaktionen waren schlicht zu gut und gepaart mit der individuellen Klasse eine recht große Herausforderung für die Gäste. Und die bekamen von Minute zu Minute immer größere Probleme, was zu zahlreichen Torchancen für die Bayern führte.

Die Münchner verstanden es darüber hinaus äußerst gut, mit Rotationsbewegungen und Positionswechsel die Frankfurter zu Verwirren und die Mannorientierungen durcheinanderzubringen. So sah man u.a. Lewandowski am Flügel, Coman im Zentrum oder Müller überall auf dem Feld. Vor allem Thomas Müller, der als hängende Spitze aufgestellt war, bekamen die Bayern sehr gut in das Spiel eingebunden. Der „Raumdeuter“ zeigte sein wunderbares Raumgefühl und positionierte sich unheimlich gut, wodurch er nicht nur oft anspielbar war, sondern auch Lücken in der gegnerischen Formation fand und anbohrte. So auch beim 1:0 Führungstreffer der Bayern, wo der Routinier aus dem Zentrum auf den Flügel auswich und den Rücken des Außenverteidigers attackierte, ehe er mit einem präzisen Zuspiel Goretzka mustergültig bediente.

Entstehung des 1:0: Perisic zieht den Außenverteidiger heraus, was Müller sofort erkennt und deshalb in dessen Rücken startet. Die Frankfurter sind zu spät dran beim Verschieben und weder ein Sechser, noch der Innenverteidiger haben Müller auf dem Radar. Dieser bestraft dies auch prompt und leistet die Vorlage zum Treffer.

Diese Szene war exemplarisch dafür, wie es die Münchner immer wieder vollbrachten, Räume zu kreieren, Überzahlsituationen zu schaffen und die Strukturen der Frankfurter zu destabilisieren. Thomas Müller spielte dabei eine große Rolle und war von dem Gegner kaum zu stoppen. Auch fußballerisch zeigte der „Raumdeuter“ seine Qualitäten und nach einer Flanke von Davies, nahm Müller den Ball akrobatisch an und traf kurz vor der Halbzeit zum 2:0. Das war auch der Halbzeitstand.

Hinteregger erweckt Frankfurter zum Leben

In der Halbzeitpause musste bei den Frankfurtern nach der schwachen ersten Halbzeit klarerweise etwas geschehen und eine Reaktion her. Frankfurt-Trainer Hütter brachte mit Chandler einen neuen Außenverteidiger ins Spiel, der mehr für die Offensive tun und diese mit seiner Geschwindigkeit beleben sollte. Doch bevor man überhaupt einen Effekt davon wahrnehmen konnte, lagen die Frankfurter schon mit einem weiteren Treffer zurück. Nach einer schönen Kombination über mehrere Stationen stellte Stürmerstar Lewandowski auf 3:0 für die Bayern. Das Spiel drohte für die Frankfurter zum Debakel zu werden und mit dem nächsten Nackenschlag wäre dies zu erwarten gewesen.

Doch es sollte anders kommen, denn plötzlich schlug in wenigen Minuten die große Stunde vom österreichischen Nationalspieler Martin Hinteregger: Der Innenverteidiger erzielte innerhalb von einigen Minuten nach zwei Eckbällen einen Doppelpack und stellte mit dem 3:2 das Spiel auf den Kopf. Plötzlich schnupperten die Frankfurter wieder an einem Punktegewinn und waren zurück im Spiel. Und diese Treffer gaben den Gästen auch sichtlich Rückenwind, denn man war plötzlich wesentlich besser im Spiel und konnte die Partie etwas offener gestalten. Die Bayern leisteten sich einige einfache Ballverluste und luden damit Frankfurt zu gefährlichen Konterangriffen ein.

Die Eintracht stellte defensiv auch etwas um und wählte nun einen anderen Ansatz im Spiel gegen den Ball aus. Beim Anlaufen wurden die Stürmer nun vermehrt von den Flügelspielern unterstützt, damit die Bayern nicht so einfach ins Mittelfeld kamen bzw. die Innenverteidiger mit dem Ball nicht einfach nach vorne dribbeln konnten. Das ist beim nächsten Bild gut zu erkennen:

Bayern im Spielaufbau, die Frankfurter versuchen nun die Präsenz in der gegnerischen Hälfte zu erhöhen und den Spielaufbau besser zuzustellen, damit die Gastgeber nicht so einfach ins Mittelfeld dribbeln und die Linien überspielen konnten.

Mit diesem Ansatz wollte man der Dominanz der Bayern im Ballbesitz etwas Einhalt gebieten. Das klappte zwar insgesamt besser als im ersten Durchgang und die Frankfurter kamen darüber hinaus zu einigen guten Kontersituationen, wo man am Ausgleich schnupperte. Doch zwei schwere Eigenfehler in der Abwehr führten dazu, dass die Bayern den Kopf aus der Schlinge ziehen konnten und rasch wieder einen Drei-Tore Vorsprung herstellten. Somit wurde es letztlich doch wieder eine deutliche 5:2 Pleite für die Hessen.

Fazit

Der deutsche Rekordmeister wusste auch in diesem Spiel in vielen Phasen zu gefallen, denn man überzeugte mit einem dynamischen und beweglichen Offensivspiel, erspielte sich so viele Tormöglichkeiten und hatte die Partie absolut unter Kontrolle. Dank des variablen Positionsspiels und dem guten Spielaufbau, hatte man alles im Griff, aber auch das Gegenpressing trug einen wichtigen Teil dazu bei, dass man die Konter der Frankfurter oft im Ansatz abwürgen konnte. Nur eine kurze Phase nach den zwei Gegentoren verlor man etwas die Souveränität, aber mit dem 4:2 sorgte man dann relativ schnell wieder für klare Verhältnisse. Nun ist man für den großen Schlager gegen Dortmund bestens gerüstet.

Dalibor Babic