Nach der grandiosen letzten Saison, die im Gewinn des DFB-Pokals gipfelte, haben die Wölfe bereits jetzt die Möglichkeit zur erneuten Qualifikation für Europa verspielt. Dass eine Wiederholung des letztjährigen Ergebnisses schwierig werden würde, war zumindest Manager Klaus Allofs bereits vor dieser Saison klar. Diesen massiven sportlichen Einbruch hatten aber die wenigsten erwartet. Der Versuch einer Problemanalyse.
Das Umfeld
Einen direkten Zusammenhang mit den Problemen des Geldgebers VW herzustellen ist zwar hypothetisch. Trotzdem scheint das Szenario möglicher zukünftiger finanzieller Einbußen nicht alle in Wolfsburg kalt zu lassen. Genau diese werden aber durchgehend von Vereins – wie Konzernseite bestritten. Es mutet spekulativ an, aber für VW könnte es schwierig werden, die Tatsache zu rechtfertigen, dass auf der einen Seite Menschen entlassen und Gehälter gekürzt, jedoch dem Werksteam weiterhin die unveränderte finanzielle Zuwendung zukommt.
Einschnitte monetärer Natur sind für jeden Fußballverein der Welt schwierig zu verkraften. Der Standort Bundesliga in Wolfsburg ist jedoch ausschließlich auf dem Geld von VW aufgebaut. Für einen Verein wie den VfL wird es schwierig, bei potenziellen neuen Spielern von entsprechender Qualität, mit anderen Faktoren zu punkten. Die Stadt Wolfsburg und die umliegende Region versprühen beispielsweise den Glamour eines Schwarzbrots mit Frischkäse.
Zudem wird immer wieder kolportiert, dass die Profis in Wolfsburg eine „rundum sorglos Wohlfühloase“ vorfinden, welche die im Kader schnell grassierende Selbstzufriedenheit fördert. Gerade die für einen Verein dieser Größe sehr hohen Gehälter, führen schnell dazu, dass der ein oder andere auch gern mal einen Vertrag aus sitzt, anstatt sich für die erste Mannschaft aufzudrängen.
Natürlich sind nach der letzten Saison auch die Erwartungen in der Stadt und Region gestiegen. Manch einer wähnte sich wohl bereits als zweite Kraft im deutschen Fußball und erachtete die aktuelle Saison als Selbstläufer, da der Kader ja theoretisch höchsten Ansprüchen genügen sollte.
Die sportlich Verantwortlichen
Dieter Hecking und Klaus Allofs wirkten in den letzten Wochen angeschlagen. In den Interviews der beiden Hauptverantwortlichen scheint eine anhaltende Ratlosigkeit ob der derzeitigen sportlichen Situation durch. Natürlich kann man das bisherige Abschneiden mit dem Verkauf von Kevin De Bruyne argumentieren. Allein, dies würde wohl zu kurz greifen. Ein solcher Einbruch nach dem Abgang eines Fixpunktes ist auch mit taktischen Mängeln zu erklären und somit auf den Trainer zurückzuführen. Zumal mit Max Kruse, Julian Draxler, Andre Schürrle oder Bas Dost genügend Potenzial vorhanden wäre, um ein funktionierendes Offensivsystem zu entwickeln. Dies ist jedoch bisher nicht geschehen. Dass bis auf Julian Draxler, der aber immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hat, alle Offensivspieler unter ihren Möglichkeiten geblieben sind, kann man Trainer Hecking aber nicht ankreiden.
Der Kader hatte aber nicht nur mit Formschwächen, sondern auch mit Verletzungen zu kämpfen. Fast jeder potenzielle Leistungsträger war im Laufe der Saison über einen längeren Zeitraum verletzt. Im Zuge der Ausfälle wurde deutlich, dass es im Sommer versäumt wurde, den Kader auch in der Breite so aufzustellen, diese kompensieren zu können.
Die Transferpolitik von Allofs wirkte in Gänze etwas unausgegoren. Kevin De Bruyne und Ivan Perisic verkaufte man erst nach Saisonstart und damit auch nach der Saisonvorbereitung; auf die Verletzung von Bas Dost reagierte Allofs in der Winterpause mit der Verpflichtung von Bruno Henrique, der zwar über Potenzial verfügt, aber eine gewisse Anpassungszeit brauchte und noch immer braucht. Timm Klose wurde im Winter zwar weit über Marktwert nach England verkauft, riss aber ein weiteres Loch in den Kader. Auch die Verpflichtung von Dante muss als Fehleinkauf und Fehleinschätzung von Allofs gewertet werden. Es war nicht allzu schwer zu sehen, dass der Brasilianer bereits bei Bayern über seinem Zenit war.
Die Mannschaft
All diese Faktoren sind sicherlich zum Teil für die derzeitige gen Süden zeigende Leistungskurve mitverantwortlich. Sie erklären jedoch nicht, warum fast die komplette Mannschaft lustlos agiert bzw. einen internen Wettbewerb in der Zweikampfvermeidung ausgerufen zu haben scheint. Die Nicht-Leistung der letzten Wochen kann nur als Frechheit gegenüber den Fans und den Teams, für die es in dieser Saison noch um etwas geht, bezeichnet werden. In den letzten beiden Partien verloren die Wölfe gegen Bremen und Augsburg – also zwei Abstiegskandidaten.
Es wäre ein Leichtes gewesen in den letzten Wochen mit ein paar Grundtugenden noch an die Champions–League-Plätze heranzupirschen, da auch die restlichen Mannschaften in dieser Tabellenregion, Leverkusen einmal ausgenommen, schwächeln. Die Möglichkeit, auch nächstes Jahr wieder international dabei zu sein und damit auch etwas für das Image des Graue-Maus– Klubs zu tun, verspielte die Mannschaft in fahrlässiger Art und Weise.
Spieler, wie Ricardo Rodriguez, befinden sich augenscheinlich gedanklich schon im Urlaub oder bei einem neuen Verein. Eben jener Rodriguez oder auch Luis Gustavo haben Ausstiegsklauseln für die neue Saison, Andre Schürrle Angebote aus England. So oder so wird nach dieser Saison ein Umbruch unumgänglich sein.
Ral, abseits.at
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