Während sich der FC Bayern mit einem 4:0-Heimerfolg gegen Borussia Dortmund langsam aus seiner Krise herausarbeitet, warten auf den Gegner ungemütliche Tage. Die erschreckend... Bayern gegen Dortmund: Das vermeintliche Spitzenspiel

Während sich der FC Bayern mit einem 4:0-Heimerfolg gegen Borussia Dortmund langsam aus seiner Krise herausarbeitet, warten auf den Gegner ungemütliche Tage. Die erschreckend schwache Vorstellung dürfte beim BVB alte Wunden aufreißen.

1:5, 1:4, 0:6, 0:5 und 0:4 – so lauteten die letzten Ergebnisse, wenn Borussia Dortmund in München beim FC Bayern antreten musste. Es ist eine erschreckende Bilanz; zumal sich der BVB ja eigentlich rühmt, die zweitbeste Mannschaft in Deutschland zu sein. Die Diskussion darüber, was das über die Leistungsstärke der Bundesliga insgesamt aussagt, ersparen wir uns lieber.

Der „Klassiker“, wie das Duell zwischen BVB und FCB auch genannt wird, ist, zumindest in der Allianz Arena, in den letzten Jahren nur ein vermeintliches Spitzenspiel gewesen. Auch an diesem 09. November änderte sich daran nichts: mit 0:4 ging die Borussia beim deutschen Rekordmeister unter.

Das Ergebnis war auch in dieser Höhe okay. Die Expected Goals belegen das, weisen 3,91 für den FC Bayern und 0,61 für die Dortmunder aus. Die Möglichkeit von Paco Alcacer in der 69. Minute war der erste und einzige Torschuss Dortmunds in der Partie. Bei den Gegentoren hingegen gewährte das Team von Lucien Favre den Gegenspielern stets nur höflichen Geleitschutz. Aggressivität? Unbedingter Wille die letzten Horror-Ergebnisse vergessen zu machen? Davon war bei den Schwarz-Gelben nichts, aber auch gar nichts zu sehen.

Eigentlich hätte Borussia Dortmund mit ordentlichem Selbstvertrauen in die Partie gehen können. Die letzten drei Spiele gegen Borussia Mönchengladbach, den VfL Wolfsburg und Inter Mailand wurden schließlich alle gewonnen. Nach den vorherigen Diskussionen über „Mentalitätsscheiße“ und die Jobsicherheit von Trainer Favre, schien sich die Mannschaft endlich gefunden zu haben.

Auf der anderen Seite konnte man in den letzten Wochen einem Team beim Implodieren zuschauen. Viele Spieler des FC Bayern wollten wohl nicht mehr mit Trainer Niko Kovac zusammenarbeiten und spielten auch dementsprechend. Die Mannschaft bekam – wie eigentlich fast immer – ihren Willen: Kovac musste nach dem 1:5 bei Eintracht Frankfurt gehen. Co-Trainer Hansi Flick übernahm und wird wahrscheinlich auch bis zum Ende der Saison an der Seitenlinie stehen.

Alles in allem waren die Vorzeichen für einen Erfolg beim FC Bayern für den BVB selten so günstig. Blöd nur, dass sich während der 90 Minuten eben jene Vorzeichen in das genaue Gegenteil umkehrten. Nach dem 1:0 durch Robert Lewandowski in der 17. Minute (der Pole ist nun der erste Spieler in der Bundesliga-Geschichte, der an elf Spieltagen in Folge traf), schien sich die Mannschaft des FC Bayern gefunden zu haben, während das Dortmunder Team implodierte. Jegliches Selbstvertrauen – so fern vor dem Spiel welches vorhanden war – wich dabei fast sichtbar aus den Körpern.

Wie ein Tier, das Schwäche wittert, stürzten sich die Bayern auf den hilflosen Gegner. Daraus resultierte in der ersten Hälfte zwar kein weiterer Treffer mehr, die schienen aber nur eine Frage der Zeit zu sein. Immer wieder setzte die bajuwarische Flügelzange bestehend aus Serge Gnabry und Kingsley Coman den überforderten Dortmunder Außenverteidiger zu. Die Defensive des BVBs schien dem Tempo des Gegners nicht gewachsen zu sein.

Die erste Konsequenz zog Trainer Favre dann schon in der 36. Minute, als er Jadon Sancho quasi erlöste. Für den jungen Engländer kam Raphael Guerrero, der sich aber nahtlos in ein schwaches Team einfügte.

Wer glaubte, die Dortmunder würden die Halbzeitpause für einen Neustart nutzen, der wurde schnell eines Besseren belehrt: Serge Gnabry erhöhte nach nur zwei gespielten Minuten auf 2:0. Der Rest der Partie ist schnell erzählt. Der BVB machte keinerlei Anstalten, an seiner Einstellung irgendetwas zu ändern, während die Bayern aggressiv blieben und durch Lewandowski in der 75. Minute das 3:0 nachlegten. Es war sein 16. Treffer im elften Saisonspiel. Ausgerechnet der beste Feldspieler von Dortmund, Mats Hummels, sorgte mit einem Eigentor (79.) für den Endstand.

Ob dieser Sieg für die Münchner letztlich als realistische Standortbestimmung taugt, ist aufgrund der Schwäche des Gegners an diesem Abend schwer einzuschätzen. Zu beobachten jedoch war, dass der FC Bayern im Pressing wieder entschlossener und strukturierter zu Werke ging. Nur 10 Pässe erlaubte die Mannschaft, ehe sie eingriff. Zum Vergleich: die Dortmunder erlaubten 18 Pässe.

Die Kritiker von Lucien Favre haben nun neue Munition erhalten. Die Debatte um den Schweizer war nach den jüngsten Erfolgserlebnissen zunächst merklich ruhiger geworden, wird während der Länderspielpause aber höchstwahrscheinlich wieder an Lautstärke zulegen. Doch wie Manager Michael Zorc nach dem Spiel richtig anmerkte, sollte sich die Kritik auf die Spieler fokussieren. Die Ruhrnachrichten schrieben gar, diese hätten ihren Trainer im Stich gelassen. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.