Bayern München gewann am siebenten Spieltag etwas unspektakulär mit 1:0 gegen Wolfsburg. Die Presse diskutierte über Schweinsteigers angebliche Tätlichkeit an Diego und über Bayerns „Schiri-Bonus“. Wir beschäftigen uns lieber mit etwas Interessantem: Bayerns Spielaufbau und insbesondere die Rolle der Außenverteidiger gegen das mannorietiert gespielte 4-4-2, dem Standard-Defensivsystem der deutschen Bundesliga.
Allgemeines
Bayern spielte von der Grundidee so, wie sie es die letzten Spiele auch taten: im Spiel nach vorn, sprich in den ersten beiden Dritteln, wurde wenig die Breite des Platzes genutzt, stattdessen lag der Fokus auf dem Zentrum. Erst in Strafraumnähe wurde das Spiel breit gemacht. Lahm ließ sich im Spielaufbau meistens nach hinten fallen, um die Mannorientierung der Stürmer, die sich im 4-4-2 zu den Innenverteidigern ergibt, aufzulösen. Durch Lahms Abkippen konnten Dante und Boateng recht breit stehen. Ließen die Bayern den Ball in der hintersten Reihe zirkulieren waren prinzipiell zwei Möglichkeiten der Spieleröffnung denkbar: entweder man bespielte die situative Lücke neben den Stürmern und vor der Mittelfeldkette, oder man spielte durch die Lücke zwischen den Stürmern.
Spieleröffnung über den eingerückten Rafinha
Man sieht in dieser Situation, wie Bayern sich verhielt, wenn der Ball bei Dante am Flügel war.
Alaba ging auf seiner Seite sehr hoch, um vorne die Breite zu geben, und Ribery von dieser Aufgabe zu befreien. Der Franzose konnte dann ins Zentrum ziehen und dort Überladungen erzeugen. Die Lücke, die hinter Alaba entstand, nutze Schweinsteiger um dort aus dem Zentrum herauszukippen. Er wäre sonst im Deckungsschatten des ballnahen Stürmers verschwunden und hätte nur seinen Gegenspieler ins Zentrum hineingezogen. Durch seine Position bot er Dante eine Anspielstation, für den Fall, dass die Stürmer die Schnittstelle zwischen sich geschlossen hielten, und Lahm im Deckungsschatten des zweiten Stürmers verschwand. Er zog dadurch aber auch die Schnittstelle zwischen den beiden Stürmern auf, da der ballnahe Stürmer dem äußeren Mittelfeldspieler des Gegners beim Doppeln helfen musste, für den Fall, dass Schweinsteiger den Ball erhielt. Auf die zentrale Schnittstelle bot sich Rafinha immer wieder an. Er war von seiner Aufgabe, dem Spiel Breite zu geben befreit, das tat Boateng, und so driftete er immer wieder ins Zentrum. Über ihn hatten die Bayern eine weitere Anspielstation, um die erste Linie der Wolfsburger zu überspielen. Dadurch, dass Schweinsteiger aus seiner Position gut ins Zentrum spielen konnte, war es für die Wölfe auch nur schwer möglich Rafinha mannorientier zu verteidigen, da das bedeutet hätte, dass sie einen Mann weniger im Zentrum gehabt hätten und dieses unter Umständen geöffnet gewesen wäre. So konnte Rafinha sich immer wieder aufdrehen und in den Raum gehen, der rechts durch sein Einrücken verwaist war.
Bayern lockt Wolfsburg und verlagert dann
Als zweite Möglichkeit der Spieleröffnung bot sich Bayern das Anlaufen der formativen Lücke durch einen der Innenverteidiger, meistens war das Boateng. Durch eine Verlagerung, entweder direkt von Dante oder über Rafinha, kam der Ball dann zum Nationalspieler, der den Raum vor sich anlaufen konnte, weil Müller und Robben die Mannorientierung ihrer Gegenspieler ausnutzten und diese tief zogen. Rafinha verhielt sich dann meistens so, dass er diagonal nach vorne zog, um einen weiteren Gegner zu binden, und den rechten Halbraum zu überladen. Dabei verschwand er aber oft im Deckungsschatten seines Gegenspielers und überhaupt schien Wolfsburg gut auf diese Vorstöße eingestellt zu sein. Bayern reagierte darauf so, dass es auf rechts immer wieder Rochaden zwischen Müller und Robben gab. Boateng spielte den Ball schneller und rückte dann nach.
Dadurch ergab sich einiges an Bewegung und Bayern wurde kombinativer.
Alabas weites Einrücken bei eigenem Ballbesitz
Kamen die Bayern auf der rechten Seite in ihre Kombinationen war zu beobachten, wie weit vor allem Alaba einrückte. Seine Aufgabe war es nicht mehr vorne Breite zu geben, sondern sich so zur Situation zu stellen, dass er situativ Breite konnte und mit Vertikalsprints Lücken reißen konnte, bei Ballverlust, sowohl Zugriff auf die Situation hatte, als auch bei einem Seitenwechsel seine Seite zu verteidigen. Hier ist situativ die Position der Innenverteidiger und Alabas zu sehen, wenn der Ball am rechten Flügel war. Boateng und Alaba stehen etwas näher zur Situation um eventuell eingreifen zu können. Dante sichert ab.
Fazit
Bei den Rollen der Außenverteidiger wird deutlich, dass das Positionsspiel der einzelnen Spieler entscheidend ist. Wie weit entfernt ein Spieler zur Situation steht begünstigt, bzw. verschlechtert manche Handlungsoptionen. Je besser das Positionsspiel, desto mehr Optionen und desto variabler das Spiel.
Tobias Robl, www.abseits.at
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Tobias Robl
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