Die Zuschauer im Bremer Weser Stadion sahen Freitagabend ein fantastisches Fußballspiel zwischen dem SV Werder Bremen und Borussia Dortmund. Und trotzdem gingen die meisten... Borussia Dortmund siegt mit 2:0 im Weser-Stadion: Wie man in Unterzahl gewinnt, wenn alle Spieler ihre Aufgaben erfüllen…

Die Zuschauer im Bremer Weser Stadion sahen Freitagabend ein fantastisches Fußballspiel zwischen dem SV Werder Bremen und Borussia Dortmund. Und trotzdem gingen die meisten von ihnen enttäuscht nach Hause, zumal der amtierende Meister, der inklusive Nachspielzeit über 46 Minuten in Unterzahl spielte, den aufstrebenden SV Werder gnadenlos niedertaktierte und schließlich erfolgreich auskonterte.

Das Spiel befand sich von Beginn auf einem hohen technischen und taktischen Niveau. Das Tempo wurde von beiden Teams hoch gehalten, zudem standen sich zwei Teams gegenüber, die im Mittelfeld enorm kompakt standen und ihren jeweiligen Gegenspielern kaum Platz ließen. Zumeist wurden die Kreativspieler beider Teams bereits Sekundenbruchteile nachdem sie an den Ball kamen energisch attackiert. Umso beeindruckender war es, dass dennoch beide Teams in der ersten halben Stunde für gefällige, schnelle und präzise vorgetragene Angriffe sorgen konnten.

Moderne Spitzen auf beiden Seiten

Besondere Rollen in diesem kurzweiligen Fußballspiel nahmen die Solospitzen der beiden Teams ein, die mustergültig vortrugen, wie sich moderne Stürmer zu verhalten haben. Sowohl Claudio Pizarro auf der einen, als auch Robert Lewandowski auf der anderen Seite, bewegten sich in Vorwärtsbewegung bewusst selten an die Brennpunkte des gegnerischen Sechzehnmeterraums, sondern versuchten das Spiel aktiv mitzugestalten. Beide verstanden es gut Bälle zu behaupten, weiter zu verarbeiten und daraufhin wieder mit viel Weitblick zu fordern. In Lewandowskis Fall kam in der zweiten Halbzeit eine weitere Facette hinzu: Um die kompakte Verteidigung für die in Unterzahl spielenden Dortmunder sicherzustellen, agierte der polnische Torjäger als „offensivster Verteidiger“, setzte seine Gegenspieler nicht selten 35 Meter vor dem eigenen Tor unter Druck.

Dortmund extrem kompakt und kraftsparend

Hinter Lewandowski igelte sich Dortmund ein und minimierte die läuferischen Anstrengungen, indem die jeweiligen Mannschaftsteile dicht beieinander standen. Die Mannschaft von Jürgen Klopp schaffte es mit sieben bis acht Spielern hinter den Ball zu kommen und gegen wütend angreifende Bremer einen Abwehrriegel aufzuziehen, ohne sich dabei zu überanstrengen. Wenn der SV Werder einen seiner zahlreichen Richtungswechsel im Mittelfeld startete, mussten die Dortmunder Spieler jeweils nur wenige Meter mitverschieben. Da dies jeder Akteur über 90 Minuten enorm diszipliniert und präzise machte, ging die Mannschaftstaktik in allen Punkten auf und Dortmund schaffte es, die Bremer trotz numerischer Unterlegenheit auszukontern. Dass das 2:0 durch Patrick Owomoyela aus einem Eckball fiel ist schon fast als kurios anzusehen. „Logisch“ wäre ein Tor aus einem der perfekt vorgetragenen Konter gewesen, bei denen der Ball über wenige Stationen bis zum gegnerischen Tor getragen wurde, indem sich drei bis vier Dortmunder Spieler mit effizientem Laufspiel, sowohl mit als auch ohne Ball, in Position brachten – und so erneut „gemeinsam“ Kraft sparten.

Werder kreiert zu wenige Chancen

Werder Bremen musste sich in einem Spiel geschlagen geben, in dem man den Gegner grundsätzlich kontrollierte und eine Halbzeit in Überzahl spielte. Dass die Dortmunder Menschenmauer nicht überwunden wurde, lag jedoch nicht nur am guten Spiel des Meisters, sondern auch an unpräzisen und unentschlossenen Bremer Offensivspielern. Chancen waren da: Philipp Bargfrede schlug einen Pass zum im Abseits stehenden Offensivfreigeist Markus Rosenberg, als er selbst vom Elfmeterpunkt aus abschließen hätte müssen. Schüsse von Mehmet Ekici und Claudio Pizarro wurden geblockt, ein abgefälschter Kracher von Lukas Schmitz klatschte von der Unterkante der Latte wieder ins Feld zurück. Der Hauptgrund dafür, dass Werder keinen Treffer erzielte war jedoch der, dass die Norddeutschen zu wenige Torchancen kreieren konnten bzw. sich das Leben im Aufbauspiel durch fehlende Lockerheit und zu wenig Mut zum Risiko zu schwer machten. Spieler wie Diego, der sich seinerzeit gerne ein Herz fürs Geniale/Unerwartete nahm, fehlen derzeit in der Elf von Thomas Schaaf. Daran konnte auch der von den Bremer Fans häufig verschmähte Aaron Hunt, der eine seiner besten Saisonleistungen zeigte, nichts ändern. Es war vieles durchaus brav, dynamisch und kampfkräftig, aber kaum ein Spieler traute es sich zu, den Gegner durch eine Einzelaktion zu überraschen. Die drei missglückten Weitschussversuche des Innenverteidigers Naldo sind am ehesten in diese Kategorie einzuordnen, waren jedoch schlichtweg schwach.

Perisic als enfant terrible, Papastathopolous als Schwächster

Auf der anderen Seite war es eine Einzelaktion, die das Spiel mitentschied. Der junge Kroate Ivan Perisic, der später völlig zurecht nach zwei übermotivierten Fouls die gelb-rote Karte sah, packte seinen griechischen Gegenspieler Sokratis Papastathopolous mit einem Übersteiger und einem schnellen Schritt ein, knallte den Ball platziert hoch ins kurze Eck und stellte damit kurz vor der Pause auf 1:0 für Dortmund. Es war die Einzelaktion, auf die der Bremer Anhang bei ihrem Team vergeblich wartete. Bremens Rechtsverteidiger Papastathopolous war aber nicht nur aufgrund des verlorenen Zweikampfs vor dem ersten Gegentor und den beiden erlittenen Fouls, für die Perisic vom Platz musste, einer der auffälligsten Spieler der Partie. Der 23-jährige Grieche zeigte, dass er Potential hat, einer der unangenehmsten Gegenspieler der Bundesliga zu werden: Schon alleine aufgrund der vielen kleinen Mätzchen, die der Ex-Serie-A-Legionär in nahezu jedem Duell mit seinem jeweiligen Gegenüber auspackt. Gleichzeitig zeigte er aber auch, dass er zu einem Lieblingsgegenspieler werden könnte: Der Grieche war technisch eindeutig der schwächste Mann auf dem Feld. Ebenfalls schwach zeigte sich einmal mehr Marko Marin, der sich aufgrund seiner unterlegenen Physis nie durchsetzen konnte. Auf der anderen Seite lieferten die zuletzt fehleranfälligen Dortmunder Abwehrspieler rund um Neven Subotic und Mats Hummels wieder starke Leistungen.

Kein Arnautovic, kein Prödl, dafür aber Leitner

Und die Österreicher? Sebastian Prödl saß über die volle Spielzeit auf der Ersatzbank und Marko Arnautovic ist weiterhin rotgesperrt. Den Österreicherbeitrag lieferte Dortmund, als Jürgen Klopp eine Minute vor Schluss den 18-jährigen Moritz Leitner, einen „Ex-Österreicher“, einwechselte. Leitner ist Sohn eines deutschen Vaters und einer österreichischen Mutter, hält ursprünglich die österreichische und seit 2010 auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Er schnupperte gegen Werder Bremen zum zweiten Mal Bundesligaluft, ist für das österreichische Nationalteam jedoch kein Thema mehr: In der U17 spielte er noch für sein Mutterland, seine U19- und U21-Erfahrungen macht er jedoch für Deutschland… das übrigens so manchen fantastischen Schiedsrichter hat! Das Spiel war ausgezeichnet, einige Spieler waren sehr gut, der Schiedsrichter (samt Team) war trotzdem der Beste. Keine Fehler, großes Fingerspitzengefühl und nie im Begriff eine flotte und ansehnliche Partie unnötig aus den Rudern laufen zu lassen. Gratulation daher nicht nur nach Dortmund, sondern auch an Florian Meyer und Kollegen!

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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