Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (54): Lieber Mario Götze!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an den letzten deutschen WM-Siegtorschützen…

Lieber Mario Götze!

Jetzt ist die Zeit für lange TV-Abende. Die Zeit, um sich Filme und Dokumentationen anzuschauen. So habe ich kürzlich „Being Mario Götze“ gesehen: Diesen Film über dein Leben finde ich nicht sonderlich gelungen. Ich denke ja die Essenz deiner Geschichte ist, dass im Fußballgeschäft zur Überbewertung tendiert wird. Man erwartet immer Konjunktur: Höher, schneller, weiter. Schön wäre, wenn dem entgegengewirkt wird. Nachdem du Deutschland zum Weltmeister geschossen hast, hat man wohl erwartet, dass es so „weitergeht“. Doch was soll das schon heißen?!

Lieber Mario, niemand wird leugnen, dass du herausragendes Talent besitzt. Niemand wird leugnen, dass du dich auch schon bewiesen hast. Damit meine ich nicht dein WM-Tor, denn das war nur ein Tor. Ein Tor, das du zwar geschossen hast, aber konstante Leistungen sind mehr wert und die hast du immer wieder gebracht.

Kürzlich sah ich auf Instagram – by the way: Dieses Zeug ist wirklich nicht gesund – einen Auswahlfragebogen an FCB-Fans, welche Dinge sie rückgängig machen würden, wenn sie dazu in der Lage wären: Auf diesem Fragebogen stand unter anderem das verlorene „Finale dahoam“, aber ganz oben war (ernsthaft) dein Wechsel zu den Bayern aufgelistet. Das habe ich nicht verstanden. Ich finde das beinahe obszön. Einfach blöd. Jeder von uns lebt vorwärts und auch wenn es einem nicht so vorkommt, ist jeder Tag neu und nichts bleibt stehen. Aus damaliger Perspektive war dein Wechsel zu den Bayern richtig. Du hast ja oft genug erklärt, warum du dich dazu entschlossen hast. Als Fragesteller muss man doch eine Minute innehalten und überlegen, ob man mit seinen Worten jemanden kränkt. Aber, lieber Mario, ob du dir etwas vorwerfen kannst, das weißt du nur selbst. Wahrscheinlich schleppst du – so wie jeder – dein Päckchen mit dir herum. Dieser Wechsel war ein Schritt ins Unbekannte, der karrierestrategisch richtig war. Wenn du (und wir alle) akzeptieren, dass das unser erstes Leben ist und wir de facto nicht alles richtig machen können, dann fallen unsere Zwischenbilanzen wohl mehr als positiv aus und wir können der Zukunft freudig entgegenblicken.

Ich bin gespannt, wohin die Reise noch gehen wird.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag