Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (62): Lieber Bastian Schweinsteiger!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an einen erfolgreichen Ex-Profi…

Lieber Bastian Schweinsteiger!

Schon wieder gibt es eine Doku über einen (ehemaligen) Fußballer, diesmal über dich. Til Schweiger hat „Schw31ns7eiger Memories – Von Anfang bis Legende“ produziert, du selbst und viele andere haben mitgewirkt. Stilisiert sind die knapp zwei Stunden wie eine typische Heldengeschichte: Sie beginnt mit Bildern vom nebelverhangenen Oberbayern und einem pummeligen Bürschchen, das gegen die Jugend des FC Bayern antritt. Das war der Anfang.

Es folgte eine gestrickte Geschichte, zeitlich willkürlich, damit aus dem „Rohstoff Leben“ ein Filmdrehbuch wird. Die Protagonisten sitzen bequem auf dem Sofa und kommentieren mit genügend Abstand die bewegten Bilder, die dich als Fußballer zeigen: Typisch und eigentlich langweilig. Es geht ja „nur“ um einen Kicker, der zum Helden stilisiert wird. Dessen größte Probleme – ein verschossener Elfmeter, eine Verletzung – gemessen an den wirklichen Katastrophen dieser Erde „First world problems“ deluxe sind. Auswuchs einer Eventkultur, Brot und Spiele im 21. Jahrhundert. Was man trotzdem daraus lernen kann?

Lieber Basti, du hast dich nie hängen lassen. Zwar war es wohl dein persönlicher Plan mit Bayern „dahoam“ Championsleague-Sieger 2012 zu werden, das hat damals nicht hingehaut. Genauso wie die Großereignisse bis zur WM 2014 nie zum ganz großen Coup gereicht haben. Aufstehen nach Niederlagen – das musstest du aber von „Anfang bis Legende“. Es war nur ein Nebensatz in der Doku, die ständig über „Memories“, „Erinnerungen“ spricht: Hermann Gerland wird mit den Worten „Basti hatte Mängel. […] Das war nicht so zu erkennen. Wer einem das erzählt, dass er so eine Karriere macht, der lügt.“ zitiert. Es stand nichts fest, du hast es selbst in der Hand gehabt. Dich nicht hängen lassen, weiter gemacht und gekämpft bis ins WM-Finale. Das bekommt man zwar immer gesagt, merkt es aber dann doch erst, wenn einer, der es geschafft hat, davon spricht. Und wie schon erwähnt – eigentlich geht es nur um Nebensachen. Irgendwie bleibt am (Leg)ende der schale Beigeschmack, ob es ein mit Musik emotionalisiertes Fußballspiel – selbst wenn es das Endspiel der Weltmeisterschaft ist – wert ist, seine Gesundheit aufs Spiel zu setzten. Schließlich muss man immer einen Preis zahlen. Aber das ist eine andere Geschichte, eine, die es vielleicht auch wert ist, erzählt zu werden.

Genieße deinen Ruhestand, das wünscht dir

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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