Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (75): Lieber Stefan Kulovits!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an die „Kampfgelse“…

Lieber Stefan Kulovits!

Man hat es kaum mitbekommen, aber du bist tatsächlich Co-Trainer eines deutschen Zweitligisten geworden. Erst gestern hast du dein Debüt auf der Bank des SV Sandhausen gefeiert. Groß medial aufgearbeitet wurde das nicht. Aber das ist dir ja aus deiner aktiven Karriere bekannt, denn du warst immer ein Spieler, der nicht im Rampenlicht stand.

Vereinstreue, das ist für dich mehr als nur ein Wort: Von deinem Jugendclub Red Star ging es zum großen SK Rapid, wo du Wurzeln geschlagen hast und bis zu deinem 30. Lebensjahr geblieben bist. Es gibt wohl kaum einen Anhänger der Grün-Weißen, der dich nicht sympathisch findet. „Kulo“ – einer von uns. Das hörte man in Hütteldorf, denn du warst der Prototyp eines Spielers, der nie aufgibt.

Manche behaupten, deine fehlenden spielerischen Qualitäten hätten dich in diesen Kämpfertypen verwandelt, doch Zoran Barisic – seines Zeichens als Aktiver selbst ein Filigrantechniker – hat einst verkündet, du seist der der meistunterschätzte Spieler Österreichs. Man kann sich darauf einigen, dass du ein echter Hackler am Platz warst. Selbst als dich Verletzungen gebeutelt haben und dir Andi Herzog den Spitznamen „Kampfgelse“ verliehen hat, hast du dich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Ein Spielertyp wie du es warst, wird von Fans weit mehr geschätzt als ein launisches Genie, das zwischen Welt- und Kreisklasse alterniert.

Lieber Stefan, obwohl du schon letzte Saison als Stand-by-Profi hauptsächlich in der Coachingzone aktiv warst, wurde das hierzulande kaum wahrgenommen. Während deines gesamten Auslandsengagements hat man dein gutes Standing beim kurpfälzischen Klub zu wenig anerkannt: Du warst jahrelang Stammspieler und Kapitän bei einem Verein, bei dem andere Österreicher wie René Gartler und Daniel Beichler nicht reüssiert haben. Vielleicht musst du damit leben, dass deine Erfolge (für andere) nicht in hellen Farben leuchten.

Das mindert deren Wert jedoch nicht, schon gar nicht für die einzige Person, deren Beurteilung ausschlaggebend ist. Jetzt hast du große Pläne, willst die A‑Lizenz machen und irgendwann deinen Herzensverein trainieren.

Lieber Stefan, man sieht, dass es dir gut geht, du Aufgaben und Ziele hast. Möge dir möglichst viel aufgehen und wenn nicht, denk immer daran, was du schon alles erreicht hast. Diese Form der Selbstzufriedenheit wünscht dir.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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