Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (83) –  Lieber Marcel Sabitzer!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an einen RB Leipzig-Legionär…

Lieber Marcel Sabitzer!

Du bist erst 26 Jahre jung, hast aber schon jede Menge Vereinsstationen hinter dir. Deine Laufbahn hast du in Kärnten begonnen, ehe du für die Jugendvereine des Grazer AK und der Wiener Austria gespielt hast. Über die Admira bist du zu Rapid gekommen und dort ist deine Karriere so richtig losgegangen: Du warst 2013 ein Jungstar und für die Grün-Weißen ein Transfer für die Zukunft. Aber schon für die Spielzeit 2014/15 bist du zu Red Bull gewechselt. Das heißt: Offiziell hat dich Leipzig engagiert, aber du wurdest postwendend nach Salzburg verliehen. Nach dem Gewinn des Meistertitels war dir wohl klar, dass die österreichische Bundesliga zu klein für dich ist. Eigentlich sagtest du damals, die ostdeutsche Filiale des Getränkekonzerns sei nicht der richtige Schritt für dich um besser zu werden. Trotzdem bist du letztendlich nach Sachsen gegangen und es scheint richtig gut für dich zu laufen: Du wurdest als Leipzig-Spieler „Österreichs Fußballer des Jahres“ und bist seit dieser Saison Mannschaftskapitän der Rasenballer.

Lieber Marcel, du warst immer ein Spieler, der eine Meinung hatte – wie man anlässlich deines Wechsel nach Deutschland gesehen hat. „Ich werde dorthin gehen, wo ich mich am besten weiterentwickeln kann. Wenn ich ehrlich bin, ist Leipzig für die Weiterentwicklung nicht in meinem Kopf drinnen.“, hast du damals in die Kamera gesagt und dadurch das Stereotyp eines modernen Fußballers vermittelt, denn Verträge und Vereinbarungen sind – zumindest seit Bosman – im Fußball nicht mehr viel wert. Es bleibt eine Gratwanderung, inwiefern Spieler auf sich und ihr Leben schauen sollen, aber ihren Arbeitgebern trotzdem verpflichtet sind. Wenn ehemalige Fußballer und langjährige Fußballfans in nostalgischen Erinnerungen an jene Zeiten, als noch echte Typen am Platz standen, schwelgen, dann kommst du mir oft in den Sinn. Denn du fällst nicht mit extravaganten Haarschnitten, Tattoos oder Skandalen, sondern – neben deiner sportlichen Leistung – mit glasklaren Aussagen wie dieser oder deiner Kritik an der Personalauswahl deines Klubs im März 2019 auf.

Jetzt bist du ein Profi in den besten Jahren und Kapitän und hast zu den Länderspielaustragungen in der aktuellen Situation Stellung genommen: „Es ist sehr fragwürdig. Die Spieler kommen von überall angereist, das Risiko ist groß. Bei den Vereinen hat man wenigstens einen gewissen Überblick. Aber für die Verbände ist es eine gute Sache, sie brauchen Einnahmen. Wir Spieler leiden unter der Höchstbelastung. Im Endeffekt sind wir so Puppen, die ausführen, ausführen müssen. Alles andere liegt nicht in unserer Hand.“. So kennt man dich. Du nimmst dir kein Blatt vor den Mund. Mir gefällt das, denn ich finde, jemand, der auf dem Platz Verantwortung für sich übernimmt, muss das nicht nur als Fußballer, sondern auch – außerhalb des Platzes – als Mensch machen. Genauso wie ein reifer Mensch manchmal eben einräumt, dass er sich zu wenig auskennt um eine Meinung zu haben. Das hast du in diesem Interview nämlich auch gemacht, als du gesagt hast, dass du nicht weißt, ob Profifußball in Zeiten wie diesen vertretbar ist. Lieber Marcel, du hast es verstanden: Worüber man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.

Viel Gesundheit wünscht dir

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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