Das Dortmunder Pressing gegen Bayern als Schlüssel zum Erfolg
Deutschland 15.April.2014 Tobias Robl 0
Mit Borussia Dortmund gelang es der ersten Mannschaft in dieser Saison, die Münchner Bayern zuhause in einem Bundesligaspiel zu schlagen und das überraschend deutlich mit 3:0. Der Schlüssel zum Erfolg war dabei das Spiel gegen den Ball, auf das sich ein genauerer Blick lohnt.
Die Grundformation, die Jürgen Klopp gegen den Ball wählte, war ein relativ normales 4-4-2, das positionsspezifisch gut auf Besonderheiten der Münchener Spielweise angepasst war. Diese agierten in dieser Partie mit den inversen Außenverteidigern Alaba und Rafinha, die dem Spiel nicht die Breite gaben, sondern sich viel in zentralen Räumen aufhielten und einem abkippenden Sechser, den meistens Lahm mimte. Als Konsequenz ergaben sich damit theoretisch freie Passwege aus der Innenverteidigung auf die Flügelspieler, die Bayern nach Verlagerungen von einem Innenverteidiger zum anderen, mit anschließendem Vertikalpass anzuspielen versuchte. Die Überzahl im Zentrum hätte es zudem ermöglichen sollen mittels vieler vertikaler Pässe durch die Schnittstellen Spieler wie Götze im Zwischenlinienraum freizuspielen. Dass das nicht konsequent funktionierte, lag am Matchplan von Klopp.
Aus dem 4-4-2 ins 4-3-3 / Verbindungsprobleme bei den Bayern
Der BVB steuerte das Münchner Spiel von Anfang an bewusst auf deren linke Seite. Zu diesem Zweck hielt sich Hofmann im Pressing zurück, bis der Ball aus der Mitte zu Dante gespielt wurde, und lief dann dynamisch nach vorne (siehe Bild unten).Man erkennt, dass die Borussia so den einfachen Pass auf Lahm, der hinter den beiden Stürmern Reus und Aubameyang steht, verhindern kann, weil diese einfach so eng aneinander stehen und gleichzeitig Dante unter Druck setzen kann, sobald er den Ball erhält.
So ergaben sich im Spielaufbau immer wieder Gleichzahlsituationen und die Bayern hatten trotz abkippendem Sechser in letzter Linie keine Überzahl. Um Schnittstellen in die Mitte des Spielfeldes zu schließen rückten die Dortmunder Sechser Kehl und Sahin hinter selbige (siehe Bild unten). Damit waren nicht nur die Außenverteidiger im Zentrum nicht anspielbar – hier sieht man Rafinha und Alaba in der Mitte stehen – wegen der breiten Sturmreihe waren auch direkte Pässe auf die Flügelspieler Robben und Ribery nicht möglich.
Weil diese im Passwege durch die beiden äußeren Spieler der ersten Dortmunder Pressinglinie verstellt waren, konnte der verbliebene Flügelspieler im Mittelfeldband in die Mitte einrücken und diese weiter verdichten (hier Mkhitaryan im Kreis). Ziel der Dortmunder Sechser (und natürlich auch von Mkhitaryan) war es, die kurzen Anspielstationen zuzustellen und kurze Anspiele ins Zentrum zu vermeiden.
Gelang es Bayern nach sinnvollen Passstafetten Robben oder Ribery anzuspielen, führte das trotzdem zu keinem Stabilitätsverlust bei der Mannschaft von Jürgen Klopp (siehe Bild unten). Das lag zum einen daran, dass sowohl der jeweilige Außenverteidiger (hier Durm gegen Robben) mit seinem direkten Gegenspieler aufrücken und mit Hilfe des Mittelfeldspielers (hier Mkhitaryan) eine 2-gegen-1-Situation herstellen konnte. Robben war damit gezwungen viele Pässe wieder zurück zu spielen. Eine Verlagerung des Spiels weiter nach vorne war so gut wie nie möglich, weil die Flügelspieler nie in spieloffene Stellungen kamen.
Ein zweiter, aber genauso wichtiger Punkt war das Sechserverhalten bei den Dortmundern. Kehl und Sahin konnten nach vorne zugriffsorientiert im Pressing helfen, wenn es Sinn machte, mussten ihre Positionen aber nicht verwaisen lassen. Dadurch konnte der BVB fast immer Druck auf den ballführenden Münchner herstellen, hatte keine unnötig langen Laufwege und die Grundstabilität im Zentrum war stets gegeben.
Kleines taktisches Detail: die tiefere und eingerückte Stellung des ballfernen Mittelfeldspielers (in Grafik 2 das Verhalten von Mkhitaryan), führte beim Doppeln am Flügel dazu, dass Passwege in die Tiefe geschlossen wurden. Steil-Klatsch-Kombinationen oder Anspiele mit anschließendem Aufdrehen in den Zwischenlinienraum – hier z.B. auf Lahm – waren damit auch nach Verlagerungen nur schwer möglich.
Das Versperren des Zentrums und des Zwischenlinienraums als Gründe für den Erfolg
Obwohl Bayern 71% Ballbesitz hatte, gelang es ihnen nicht konstant zu hochwertigen Torchancen zu kommen, was natürlich hauptsächlich an den Dortmundern lag. Diese versperrten durch ihre Spielweise konsequent die Mitte und Bälle in die Tiefe oder den Zwischenlinienraum waren kaum möglich. In der Folge mangelte es an Verbindungen über das Zentrum nach vorn. Suchte Bayern den Weg über außen konnten Robben und Ribery relativ effektiv gedoppelt werden, ohne dass ein grundsätzlicher Stabilitätsverlust eintrat.
Bayern wurde in den Phasen des Spiels besser (vor allem vor der Halbzeitpause), als durch verschiedene Rochaden und Kniffe Guardiolas, Anspiele in den Zwischenlinienraum möglich wurden. Auch als der BVB die hohe Pressinghöhe zum Ende des Spiels nicht mehr halten konnte und auf ein passiveres Mittelfeldpressing umstellte, wurden die Bayern besser.
Tobias Robl, abseits.at
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