Abermals wird Kritik laut am deutschen Branchenprimus. Nach der Einstellung Sammers gelten viele Transfers von seinem Vorgänger Nerlinger als widersinnig und nicht ins System passend. Die Frage lautet, ob das wirklich der Wahrheit entspricht. Vielmehr sollte überlegt werden, ob das System und die Spielphilosophie überhaupt verändert wird beziehungsweise verändert werden sollte. Die aktuellen Transfers sehen nämlich überraschend gut und passend aus.
Mario Mandzukic: der neue Olic?
Ähnlich wie sein Landsmann, der den FC Bayern in diesem Sommer verlässt, hat auch Mario Mandzukic seine Stärken im läuferischen, mentalen und körperlichen Bereich. Er ist großgewachsen, schnell und sehr ausdauernd, was ihn zu einer interessanten Option auf mehr als einer Position macht. Er kann nicht nur statt oder neben Gomez als Mittelstürmer agieren, sondern sich auch im offensiven Mittelfeld als hängende Spitze in die Mannschaft spielen. Da er technisch ausreichend gut ist, um im Kombinationsspiel teilzunehmen, wäre er hier ein Konkurrent für Thomas Müller und Toni Kroos. Die Bayern könnten dann zwischen drei Optionen wählen, welche die Formation nicht verändern, aber durchaus die Spielweise in der Offensive dem Gegner anpassen könnten.
Dies ist auch einer der Gründe, wieso Olic in seiner Debütsaison und vor seiner schweren Verletzung solche starken Leistungen brachte. Viele Mannschaften stellen sich hinten rein und die Bayern tun sich schwer, dass sie an diesen dicht massierten Abwehrwällen vorbeikommen. Mit Olic hatten sie einen Wühler, der die gegnerische Abwehr bei fremdem Ballbesitz durchgehend unter Druck setzte und das eigene Pressing stärkte. Bei eigenem Ballbesitz half er seinen Mitspielern, indem er Räume öffnete und große Distanzen zurücklegte, um Chaos in die gegnerischen Abwehrreihen zu bringen. Diese Rolle könnte Mandzukic ebenfalls für sich beanspruchen, was ihn sogar zu einem ernsthaften Konkurrenten für den in der Defensiv- respektive Pressingarbeit inkonstanten Gomez macht. Dieser hat aber noch einen anderen Konkurrenten.
Claudio Pizarro: der zurückgekehrte Goalgetter
Da die Bayern Nils Petersen wohl noch eine oder gar zwei Saisons geben wollen, um sein Potenzial konstant auf Topniveau abrufen zu können, haben sie sich einen weiteren Mittelstürmer gesichert. Dieser soll mit Mandzukic als Ersatz und gegebenenfalls für Mario Gomez fungieren. Claudio Pizarro war trotz seines Alters in der letzten Saison einer der besten Akteure der Bundesliga an vorderster Front und dürfte in der nächsten Spielzeit eine Waffe von der Bank aus werden. Mit seiner Abgezocktheit und Erfahrung kann er auch bei kürzeren Einsätzen für Torgefahr sorgen und ist ein im Kombinationsspiel und in der Technik sehr guter Stürmer. Er wird wohl ohne Ärger zu machen die zweite Geige im Sturm spielen, kann jedoch bei Bedarf problem- und risikolos auch von Beginn an auflaufen.
Außerdem bietet er den Bayern die Option in knappen Spielen mit einem eiskalten Angreifer zu operieren: etwas, was Mario Gomez in den wichtigen Partien der letzten Saison vermissen ließ, was jedoch nicht nur an ihm lag. Desweiteren wäre es sogar möglich verstärkt im 4-4-2 aufzulaufen, um gegen tiefstehende Mannschaften die Brechstange auszupacken. Ob das dem Angriffsspiel der Bayern eine neue Dimension verleiht, ist allerdings fraglich. Viel eher wird man diese neue Dimension auf den Flügeln finden.
Xherdan Shaqiri, der neue Flügelstar
Er gilt als eines der größten Talente Europas auf seiner Position und ist mit viel Talent gesegnet: der Schweizer Shaqiri, welcher aus Basel zu den Bayern kam. Seine Stärken liegen im eins-gegen-eins und auch im Abschluss ist er gefürchtet. Dazu kommt, dass er auch taktisch gut agiert und mit seiner Robustheit, Geschwindigkeit und Laufstärke defensiv ebenso starke Leistungen zeigt. So lief er sogar schon als Außenverteidiger auf, wenn bei seinem alten Verein Not am Mann war. Bei den Bayern wird er sich aber sicherlich auf die Flügel beschränken. Da er im Grunde auch auf beiden Flügeln auflaufen kann, sind ihm Einsätze gesichert. Insbesondere, falls Robben oder Ribéry zu alter Verletzungsanfälligkeit neigen. Dann könnte er die Kohlen aus dem Feuer holen und sich zum Stammspieler hocharbeiten. Dieser Transfer ist auf jeden Fall einer der interessanteren Bayerns und könnte eine der Schwächen – die Stärke der Bank – beheben.
Dante als zusätzliche Option für die kränkelnde Defensive
Natürlich gibt es auch andere Schwächen bei den Bayern, neben der maximal solide besetzten Bank. Eine ist die Defensive, was aber weniger an der individuellen Klasse der dortigen Spieler liegt, sondern an der bayrischen Spielweise, der Kompaktheit und dem defensiven Umschaltspiel. Dennoch benötigten die Bayern einen Ersatz für das Innenverteidigerpärchen Badstuber und Boateng, da van Buyten nicht mehr der Jüngste ist und der in eine persönliche Krise geratene Breno den Verein verlassen wird – entweder zu Lazio Rom oder in eine Strafvollzugsanstalt. Auch Tymoshchuk zeigte sich in der letzten Saison nicht von seiner besten Seite und ließ etwas Konstanz sowie technische Stärke unter Bedrängnis vermissen.
Mit Dante haben die Bayern nun einen Spieler geholt, der bei seinem alten Verein aus Mönchengladbach fast als primärer Spielgestalter galt. Er eröffnete das Spiel von hinten und dirigierte die Mannen vor sich; Nordtveit, Marx und Neustädter, welche vor ihm die Doppelsechs bildeten, konzentrierten sich eher auf sichere Pässe und Seitenverlagerungen. Lediglich Arango und mit Abstrichen Reus brachten eine weitere spielgestalterische vertikale Komponente in das Spiel der Gladbacher. Eine ähnliche Rolle mit mehr Unterstützung seiner Vordermänner soll der Brasilianer in München übernehmen. Allerdings dürfte er wohl nur die Nummer drei in der Innenverteidigung werden: oder sogar weniger, falls Javi Martinez kommt. Für die Bank ist er aber eine hervorragende Neuverpflichtung.
Mitchell Weiser & Emre Can, zwei Optionen für die Zukunft
Neben den neuen Torhütern Starke und Raeder, die für Manuel Neuer keine Konkurrenz darstellen, haben die Bayern zwei weitere Spieler geholt. Emre Can wurde aus der eigenen Jugend nach oben gezogen und mit einem Profivertrag ausgestattet. Er gilt als ein körperlich wie technisch starker Spieler und ähnelt am ehesten noch Sami Khedira, wenn auch ohne dessen Dynamik und Erfahrung auf höchstem Niveau. Seine Trainer attestieren ihm das Potenzial zur Weltklasse, da er nicht nur das Spiel von hinten gestalten oder als Abräumer fungieren kann, sondern dank seiner körperlichen Fähigkeiten auch als box-to-box-midfielder aufgestellt werden kann.
Der Kölner Neuzugang Weiser spielte gemeinsam mit Can bei der U17-Europameisterschaft vor einem Jahr. Weiser gilt als großes Talent und durfte in der vergangenen Saison sogar Bundesligaluft schnuppern. Voraussichtlich wird er in der nächsten Saison ausgeliehen, um an seinen Fähigkeiten feilen zu können. Seine Schnelligkeit und Dribbelstärke sind die auffälligsten Merkmale eines großen Talents, doch auch seine taktische Stärke und Variabilität weiß zu gefallen. Der polyvalente Weiser könnte bereits in zwei oder drei Jahren eine ernsthafte und interessante Option von der Bank aus darstellen.
Rene Maric, abseits.at
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