Der 33. Spieltag der deutschen Bundesliga: Stuttgart meldet sich vom Abgrund
Deutschland 9.Mai.2016 Ral 0
Der 33. Spieltag war ein Tag der Entscheidungen: Bayern ist Meister; Gladbach hat den Champions-League–Qualifikationsplatz so gut wie sicher; Mainz spielt nächste Saison ebenfalls international; Hoffenheim, Augsburg und Darmstadt sind endgültig gerettet und Stuttgart so gut wie abgestiegen. Das Wichtigste dieses Spieltag kurz und knackig zusammengefasst.
Die Bayern sichern sich endgültig den Titel
Bayern München ist Meister. Eine wirkliche Überraschung ist das natürlich nicht. Nach dem bitteren Aus in der Champions League unter der Woche und dem anschließenden „Kabinenstreit“ zwischen Pep Guardiola und der medizinischen Abteilung, ließ der Jubel nach dem 2:1 in Ingolstadt etwas die Ausgelassenheit vermissen.
Trotz der kontinuierlichen Beteuerungen aller rot-weißen Akteure, dass dieser vierte Meistertitel in Folge eine große Leistung darstellt – was de facto auch nicht anzuzweifeln ist – und einen hohen Stellenwert für jeden einzelnen Spieler hat, konnte man sich jedoch nicht des Eindrucks darüber erwehren, wie sehr man die Positivbewertung einer Saison beim deutschen Rekordmeister mittlerweile vom Abschneiden in der Königsklasse abhängig macht.
Dennoch war allen Beteiligten eine gewisse Erleichterung anzumerken. Guardiola fand sogar die Zeit, diesen Titel seinem Vorgänger Jupp Heynckes zu widmen: „Jupp, das ist für dich. Ich möchte diesen Titel mit Jupp Heynckes teilen.“. Aber auch der Katalane hat natürlich Großes geleistet, so ist er der erste ausländische Trainer in der Bundesliga-Geschichte, der den Titel dreimal gewinnen konnte. Und drei Meisterschaften in den ersten drei Bundesliga–Jahren schaffte vor ihm überhaupt kein Coach. Drei Titel in Folge konnten neben Guardiola bisher nur Ottmar Hitzfeld und Udo Lattek holen.
Besonders erfreulich war dieser Sieg für Robert Lewandowski. Der Pole erzielte zwei Tore und erhöhte sein Tor-Konto damit auf 29 Treffer. Damit hat er den Rekord von Klaas–Jan Huntelaar eingestellt, der bis dato der ausländische Spieler war, der die meisten Tore in einer Saison erzielte.
Frankfurter Festtage werden fortgesetzt
Eintracht Frankfurt gelang mit dem 1:0–Sieg gegen Borussia Dortmund die wohl größte Überraschung des Spieltages. Nach der dritten erfolgreichen Partie in Serie, verließen die Hessen die Abstiegsränge und kletterten mit 36 Punkten auf den 15. Rang.
Stefan Aigner erzielte, wie schon im Derby gegen Darmstadt letzte Woche, das Tor des Tages. Dieses fiel bereits in der 14. Minute und stellte mehr oder weniger den einzigen gelungenen Angriff der Frankfurter dar. Die Hessen versuchten danach eine neue Form des Extrem–Catenaccios zu entwickeln, was ihnen mit teilweise acht Mann auf einer Linie vor dem eigenen Strafraum auch eindrucksvoll gelang. Die Dortmunder waren drückend überlegen und hatten auch noch Pech, da ihnen ein regelkonformer Treffer aberkannt wurde.
Vor dem Spiel gegen Mainz am 31. Spieltag war die Eintracht noch mausetot. Trainer Niko Kovac schaffte aber noch die Wende, an die selbst die Vereinsverantwortlichen nicht mehr geglaubt hatten. Der Dressman und die fleischgewordene Plattitüde (Kovac würde wohl im Sport1-Doppelpass ein Monatsgehalt in das Phrasenschwein einzahlen müssen) ließ sich jedoch nie vom Pessimismus seiner Vorgesetzten anstecken und impfte seiner Mannschaft konsequent den Glauben an die Rettung ein. Nicht nur Kapitän Marco Russ äußerte sich dahingehend, dass man unter dem Kroaten das erste Mal seit langer Zeit wieder so etwas wie einen Matchplan verfolgt.
Durch das 0:0 der Bremer in Köln kommt es am letzten Spieltag zu dem schon seit längerer Zeit prophezeiten Endspiel. Jedoch geht es nicht um den direkten Abstieg, sondern darum, wer in die Relegation muss. Dort wartet dann der 1. FC Nürnberg. Frankfurt würde schon ein Punkt reichen, um sicher in der 1. Liga zu bleiben. Jedoch wird Kovac 1001 Redewendung parat haben, um seiner Mannschaft klarzumachen, warum auf Unentschieden spielen gefährlich sein kann.
Gewinner des 33. Spieltages
Der SV Darmstadt 98 bleibt erstklassig! Dies ist eine Leistung, die gar nicht hoch genug zu bewerten ist. Die Südhessen verfügen über den mit Abstand geringsten Etat der Liga und das individuell am schwächsten besetzte Team. Mit viel Einsatz, teilweise über die Schmerzgrenze hinaus, brachten die Lilien bereits am 33. Spieltag den Klassenerhalt, mit einem 2:1–Erfolg in Berlin, unter Dach und Fach. So gut wie jeder Experte war sich vor der Saison sicher, dass die Darmstädter zu diesem Zeitpunkt wohl schon sicher abgestiegen sein werden. Der SVD spielte nie schön, aber stets zweckmäßig und stand während der Saison kein einziges Mal auf einem Abstiegsplatz. Nach Leicester City die zweite Feelgood-Story dieser Saison und ein weiterer Beweis dafür, dass Teamgeist Berge versetzen kann.
Verlierer des 33. Spieltages
Der VfB Stuttgart steht kurz vor dem Abgrund und blickt in die Tiefe der 2. Liga. Die 1:3– Niederlage gegen den FSV Mainz 05 war bereits die fünfte Niederlage in Folge und ein Sinnbild für die gesamten Saison der Schwaben: Die erste halbe Stunde zeigte das Team von Jürgen Kramny, zu was es in der Offensive fähig ist, schaffte es aber erneut nicht, sich eine komfortablere Führung zu erspielen. Nach einem Abwehrfehler kassierte der VfB aus dem Nichts das 1:1 und fiel danach in sich zusammen. Mit den drei Gegentoren war man noch gut bedient. Selten konnte wohl eine schlechtere Defensivleistung über eine gesamte Saison hinweg in der Bundesliga beobachtet werden.
Weder Jürgen Kramny, noch sein Vorgänger Alexander Zorniger schaffte es, der Mannschaft eine Balance zwischen Offensive und Defensive zu verpassen. Top-Offensivspielern wie Filip Kostic, standen Abwehrspieler der Sorte Georg Niedermeier gegenüber. Diese Unausgewogenheit im Kader muss sich auch Sportdirektor Robin Dutt ankreiden lassen.
Stuttgart muss am letzten Spieltag auf ein Wunder hoffen. Nur bei einem Sieg in Wolfsburg und einer gleichzeitigen Niederlage von Bremen kann Stuttgart noch auf den Relegationsplatz springen. Dass der VfB in dieser Verfassung überhaupt noch ein Spiel gewinnen kann, daran glauben wohl die kühnsten Optimisten nicht mehr. Die Tränen von Kevin Großkreutz nach dem Spiel sagen alles über die Stimmung in Stuttgart aus. Der zweite Abstieg in der Vereinshistorie scheint unabwendbar.
Die Zahlen und Fakten zu den restlichen Spielen
Gladbach schafft durch den 2:1–Sieg gegen Bayer Leverkusen die „Sensation“ und hat die Möglichkeit, eine erfolgreiche Qualifikation vorausgesetzt, in der nächsten Saison wieder Champions League zu spielen. Nach einem Saisonstart mit fünf Niederlagen in Folge hat dies noch kein Team geschafft. Mit Andre Hahn und Julian Brandt trafen die zwei Spieler der letzten Wochen aufeinander. Dieses Duell entschied der Gladbacher mit zwei Toren klar vor sich.
Mit dem 1:0–Erfolg gegen Hoffenheim feierte Hannover 96 den zweiten Sieg unter Daniel Stendel, das ist einer mehr als in den elf Spielen unter Thomas Schaaf. Unter Julian Nagelsmann ist die TSG zu Hause noch ungeschlagen, kassierte aber bereits die vierte Auswärtsniederlage. Trotzdem schafften die Kraichgauer den vorzeitigen Klassenerhalt, da die Mannschaft unter dem jüngsten Bundesliga–Trainer aller Zeiten starke 1,77 Punkte pro Spiel holten.
Wolfsburg gelang mit dem 1:0 in Hamburg der 250. Bundesliga-Sieg, während der HSV bereits seit neun Spielen auf einen Heimsieg gegen die Wölfe wartet.
Schalke vergab beim 1:1 gegen Augsburg leichtfertig die Chance, dass Rennen um Platz 4 bis zum Schluss offen zu gestalten. Dabei hatte Schalke 20:5 Torschüsse, 9:2 Ecken, 63 Prozent Ballbesitz, sowie 59 Prozent gewonnene Zweikämpfe. Schalke hat damit nur eines der letzten sechs Spiele gewonnen. Gegner Augsburg hingegen ist man seit fünf Spielen ungeschlagen und holte dabei 11 von 15 möglichen Punkten. Die Fuggerstädter standen in dieser Saison zehnmal auf einem der letzten drei Plätze, waren sogar viermal Letzter. Trotzdem schaffte das Team von Markus Weinzierl den vorzeitigen Klassenerhalt.
Mann des Spieltages
Sandro Wagner erwies sich als der „Two Face“ des Spieltages. Erst erzielte er kurz vor Schluss den 2:1–Siegtreffer gegen seinen Ex-Klub Hertha. Dies feierte er ausgelassen mit einem Sprung über die Bande und provozierender Gesten gegenüber der Hertha–Fans, was eine Gelbe Karte zur Folge hatte. Nur fünf Minuten später sah er nach einem übertriebenen Einsteigen die Ampel-Karte und erwies seiner Mannschaft so einen Bärendienst.
Ral, abseits.at
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