Wie üblich waren die letzten Jahre äußerst turbulent bei den Gelsenkirchenern. Nun wollen sie mit Sportdirektor Heldt und Trainer Huub Stevens Ruhe einkehren lassen... Der Weg nach oben: Der FC Schalke 04 in der Saison 2012/13

Wie üblich waren die letzten Jahre äußerst turbulent bei den Gelsenkirchenern. Nun wollen sie mit Sportdirektor Heldt und Trainer Huub Stevens Ruhe einkehren lassen und gleichzeitig frühere Fehler ausbessern. Insbesondere die exorbitante Kadergröße, ein Erbe der Magath-Ära, soll weiter verkleinert werden, ohne an sportlicher Qualität zu verlieren. Für Neuzugänge bleibt dennoch wenig Spielraum.

Dreikampf im Tor

Mit Ralf Fährmann, Lars Unnerstall und Timo Hildebrand wurde nach dem Abgang von Manuel Neuer in der letzten Saison ein Dreikampf ausgerufen – Hildebrand hatte jedoch mit Verletzungen zu kämpfen, wie auch seine zwei jüngeren Konkurrenten. Aktuell wirkt es so, als ob Lars Unnerstall sich durchsetzen wird. Es ist hierbei beeindruckend, was für eine hohe Anzahl starker Torhüter die Schalker Torwartschule herausbringt. Ob Manuel Neuer, Lars Unnerstall, Ralf Fährmann oder auch die abgewanderten Amsif und Raeder – sie alle gelten als Torhüter mit Potenzial zur internationalen Klasse, wobei Manuel Neuer in den Augen vieler bereits als Weltklasse gilt. Die große Frage lautet, ob einer der drei verbliebenen Kandidaten in seine Fußstapfen treten kann. Huub Stevens Spielweise wird sich sicher auch daran orientieren, wie stark seine Nummer eins hält.

Viel Talent im Abwehrzentrum

In ein paar Jahren könnte dieser Bereich das absolute Prunkstück des Schalker Spiels werden – wenn er es nicht schon ist. Mit Benedikt Höwedes besitzen sie einen 24-jährigen Abwehrchef, der im Grunde genommen sämtliche Positionen der Viererkette besetzen kann und als eines der größten Abwehrtalente gilt. Die Bayern zeigten bereits Interesse, doch aktuell sieht alles nach einem längeren Verbleib aus. Dank Kyriakos Papadopoulos und dem jungen Sead Kolasinac gibt es zwei weitere Spieler in dieser Mannschaft, die als Akteure mit herausragendem Potenzial in der Innenverteidigung gelten.

Papadopoulos ist zwar erst zwanzig Jahre alt, aber spielte bei der Europameisterschaft für Griechenland schon mit und dürfte gesetzt sein. Bei Kolasinac wird noch abgewartet, ob er den Vorschusslorbeeren gerecht wird. Ob er überhaupt die Nummer drei in der Innenverteidigung wird, ist ohnehin fraglich. Routinier Metzelder und der junge Kameruner Joel Matip sind gar auf der Suche nach einem Stammplatz, wobei letzterer sich ebenfalls für das defensive Mittelfeld empfehlen möchte.

Keine Neuen auf den defensiven Flügeln

Auf den Außenverteidigerpositionen sind die Schalker doppelt besetzt. Escudero auf links und der gelernte Sechser Höger auf rechts dürften die Herausforderer für Uchida und Fuchs sein, welche mit ihrer Dynamik nach vorne ein wichtiger Baustein des Schalker Umschaltspiels sind. Sie sollen die Flügeln überladen und den Außenstürmern die Möglichkeit geben, sich auch etwas stärker Richtung Tor zu orientieren. Alles in allem sind die Königsblauen hier stark besetzt, ob in der Breite oder in der Spitze. Im Normalfall geht aber nur der ballnähere Außenverteidiger nach vorne, während einer der Sechser absichert – dadurch wird dem zweiten Sechser etwas Offensivdrang gegeben, was für schnelle Kombinationen auf der Außenbahn genutzt werden soll.

Wer spielt auf der Doppelsechs?

Geht man von einem 4-2-3-1-System aus, dann stehen den Schalkern und Huub Stevens viele Möglichkeiten offen. Er kann in der Mittelfeldzentrale mit einem destruktiven Mittelfeld aus Neustädter und Jones aufwarten, wobei Neustädter der etwas elegantere im Zweikampfspiel ist. Ein hoher Aktionsradius und viel Laufarbeit sind die Stärken dieser beiden. Matip könnte ebenfalls als defensive Variante auf der Sechs auflaufen. Als Box-to-Box-Variante mit etwas mehr Drang nach vorne könnte Höger spielen, doch seine Aufstellung scheint unwahrscheinlich. Auch Christoph Moritz dürfte sich nicht in die Stammmannschaft spielen können, ebenso wenig wie der Grieche Pliatsikas und der bisher chancenlose Annan. Letzteren sollte man bei seinem Talent aber noch nicht abschreiben, wenn ein Durchbruch auch unrealistisch scheint.

Von den erwähnten Spielern wird allerdings in den meisten Partien ohnehin nur einer auflaufen – der zweite Part der Doppelsechs wird eher kreativen Spielern gehören. Normalerweise gehört diese Position Lewis Holtby, der bereits in der letzten Spielzeit zu gefallen wusste. Seine Kreativität, Laufarbeit und Spielintelligenz machen ihn gar zu einem der interessantesten jungen Spieler der Bundesliga, nicht nur auf dieser Position. Als Ersatz stünden unter Umständen gar Jurado und der junge Draxler bereit, doch Letzterem fehlt noch die Erfahrung und Robustheit, während Jurado ungern Defensivarbeit leistet. Legt er dieses Phlegma ab, könnte er dank seiner Technik dem jungen Holtby durchaus Konkurrenz machen.

Dynamik und Technik in der offensiven Dreierreihe

Nach dem Abgang von Raul ist die Position hinter der Spitze vakant. Gut möglich, dass Stevens sich doch überraschend für eine defensive Variante auf der Doppelsechs entscheidet und Holtby hinter der Spitze bringt. Wahrscheinlicher ist es aber, dass im zentraloffensiven Mittelfeld entweder Jurado als recht klassischer Spielgestalter eingesetzt wird oder aber eine „falsche Zehn“ auflaufen wird. Mit Tranquillo Barnetta gäbe es einen Neuzugang, der diese Rolle (wenn fit) perfekt ausfüllen könnte. Der Schweizer war im Laufe seiner Karriere hauptsächlich auf den offensiven Flügeln tätig, besitzt aber die nötige Technik und Dynamik, um im zentralen Mittelfeld für Furore zu sorgen. Er könnte Löcher für die Flügelstürmer reißen oder mit seinen Dribblings versuchen selbst zum Abschluss zu kommen. Alternativ gäbe es auch die Option Julian Draxler auf diese Position zu stellen.

Dieser hat nämlich auf der linken Außenbahn mit Obasi Konkurrenz. Obasi könnte als inverser Angreifer mit Farfan eine auf Torabschluss getrimmte Flügelzange bilden, welche nicht nur Huntelaar füttern soll, sondern selbst eher als Stürmer agiert. Ein 4-3-3 würde entstehen, was Draxler oder eben Barnetta als zentraloffensivem Akteur durchaus liegen könnte. Mit Barnetta gäbe es auch einen Spieler, der bei Formschwäche oder Verletzung von Farfan oder Obasi auf beiden Flügeln auflaufen und eine solche stürmerähnliche Rolle spielen kann. Jedoch könnte es auch auf eine asymmetrische Aufstellung hinauslaufen, wo Farfan und Obasi sich rechts um den Platz streiten, während einer aus Barnetta und Draxler auf der anderen Seite aufläuft.

Huntelaar ist gesetzt, Pukki nicht – schreit das nach einer Umstellung?

Als Mittelstürmer ist der holländische Torgarant Huntelaar unumstritten und gesetzt. Sein Ersatzspieler Teemu Pukki dürstet nach Einsätzen und gilt als Spieler mit außerordentlichem Potenzial. Eine Umstellung auf ein 4-4-1-1 wäre möglich, dann würde sich die Frage nach einem Zehner gar nicht stellen. Ein kreativer und ein destruktiver Spieler würden sich die Doppelsechs teilen, während auf den Flügeln ein geradliniger Stürmer (rechts: Farfan, Obasi) und ein eher spielgestaltender Akteur (links: Barnetta, Draxler) auflaufen, eine etwas extremere Form als die Aufteilung beim FC Bayern mit Robben und Ribéry. Dadurch wäre der Raum frei für Pukki, der mit seiner Technik und Schnelligkeit hinter Huntelaar wirbeln könnte, für diesen Räume öffnet und sich für die Außenspieler als dribbelstarke Anspielstation anbietet. Wofür sich Stevens entscheiden wird, steht noch aus. Fakt ist nur, dass mit den Schalkern und ihrer Qualität im Kader zu rechnen ist. Ob an den Gerüchten um weitere Neuzugänge wie Sabitzer und Fetfatzidis was dran ist, bleibt abzuwarten – es scheint aber, dass man nach einem weiteren flexiblen Spieler für die offensive Dreierreihe sucht. Die Abgänge von Baumjohann, Pliatsikas und wohl auch von Annan gelten schon als beschlossene Sache.

Rene Maric, abseits.at

Rene Maric

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