Hier prämieren wir die schlagfertigsten und einfallsreichsten Sager von Kickern, die nicht nur auf dem Platz sondern auch verbal Spielwitz zeigten. Sprüche à la „Der FC Tirol hat eine Obduktion auf mich.“ oder „Wir dürfen nicht den Sand in den Kopf stecken.“ bleiben außer Konkurrenz. In unserer achtteiligen Serie stellen wir euch Herren vor, die auch als Satiriker gute Figur gemacht hätten. Prickelnde Spitzzüngigkeiten haben schließlich immer Saison.
Wer hat sich „Ente“ Lippens zum Vorbild genommen? Der „Urvater“ der ballesterischen Schmähbruder schleuderte dem Schiedsrichter einst auf dessen Drohung: „Ich verwarne Ihnen“ ein geistreiches „Ich danke Sie“ entgegen. Lippens flog daraufhin vom Platz, aber auch direkt in die Geschichtsbücher der kecksten Fußballeraussprüche. Viele andere folgten. Nachstehende Herren lieferten mitunter das Beste, das die deutschsprachige Kickerwelt je gehört hat…
Der letzte Teil unserer Serie behandelt ….
Christoph Daum – Mit Schnauzer und spitzer Zunge
Pi mal Daum(en) gerechnet ist Christoph Daum wahrscheinlich einer der längstdienensten Fußballtrainer Deutschlands. Seit 1981 sitzt der gebürtige Oelsnitzer in Österreich, Belgien, der Türkei oder eben in seiner deutschen Heimat auf der Bank. Erfolge hat er (fast) überall gefeiert: Meisterschaft, Cup, CL-Qualifikation. Kein Zweifel, Zeit zum Däumchendrehen hat der Daum nicht. Er analysiert, motiviert und trainiert quer durch die Ligen. Dass er dafür manchmal auch einen grünen Daumen braucht, versinnbildlicht er so: „Das ist wie so ein Samenkorn, was du in den Boden reintust. Und jeden Tag kuckste raus,… wann geht das Ding endlich auf? Dann musst du wieder gießen und gießen. Und irgendwann: „Pup“… kommt es zum Vorschein, was du eigentlich gar nicht für möglich gehalten hast.“ Daum war und ist aber auch ein streitbarer Gesprächspartner. Er lässt sich nicht verbiegen und reagiert bissig auf Kritik aus allen Ecken. Ob er Indianer-Zitate von sich gibt („Man sollte erst über die Maßnahmen eines Menschen urteilen, wenn man einen Tag lang seine Mokassins getragen hat.“) oder fragwürdige Aussagen zur Homosexualität macht, sein stechender Blick und der charakteristische Schnauzbart haben sich seit mehr als 30 Jahren nicht verändert. 30 Jahre – grob über den Daumen geschätzt.
Auf dem Platz nur ein Amateur
Christoph Paul Daum wird am 24. Oktober 1953 in Oelsnitz geboren. Seine Eltern ziehen drei Jahre nach seiner Geburt nach Duisburg, wo der Vater ebenfalls drei Jahre später bei einem Arbeitsunfall sein Leben verliert. Daum, der zunächst in der Obhut seiner Großeltern im Erzgebirge gelebt hat, folgt nun seiner Mutter in den Ruhrpott. Er muss sich unter Gleichaltrigen behaupten, schön ist die Kindheit nicht. Daum spielt Fußball für DJK Viktoria Beeck, VfvB Ruhrort-Laar und Hamborn 07. Seine sportliche Heimat findet er aber in Köln. Bis 1981 kickt er bei den Amateuren des „Eff-Zeh“, mit denen er in seiner letzten Saison Amateurmeister wird. So richtig ins Rollen kommt seine Karriere als Aktiver aber nie, Daums Mutter weiß warum: „Er wollte schon damals nicht Spieler, sondern Trainer werden.“ Der gebürtige Sachse studiert also an der Deutschen Sporthochschule und besucht gelegentlich Vorlesungen an der Universität. Psychologie fasziniert ihn schon damals, Daum ist wahrscheinlich einer der ersten der den mentalen Aspekt des Fußballes richtig einzuschätzen weiß. „Das Gegentor fiel zum psychologisch ungünstigsten Zeitpunkt. Aber man muss an dieser Stelle auch einmal die Frage stellen, ob es Gegentore gibt, die zu einem psychologisch günstigen Zeitpunkt fallen.“, hinterfragt er später vor laufenden Kameras. Gerne greift er zu ungewöhnlichen Motivationsmaßnahmen: Er lässt seine Kicker über Glasscherben laufen oder klebt eine mögliche Meisterprämie an die Kabinentür.
Zunächst arbeitet Daum dort, wo er seine aktive Karriere beendet hat: Bei den Amas des 1. FC Köln. Mit den Profis desselben Klubs holt der Deutsche später zwei Vize-Meistertitel, ehe er zum VfB Stuttgart wechselt, mit dem er 1992 endlich Meister wird. Zuvor kämpft Daum mit den Geißböcken beharrlich gegen die Bayern um den Meistertitel. Dies aber nicht nur auf dem Platz. Der Wahl-Kölner führt verbal Krieg gegen die Münchner, personell vertreten durch Jupp Heynckes und Uli Hoeneß. Wir schreiben das Jahr 1989 und Hoeneß verliest im ZDF-Sportstudio formell die Beleidigungen („Der könnte auch Werbung für Schlaftabelle machen.“, „Die Wetterkarte ist interessanter als ein Gespräch mit Jupp Heynckes.“), die Daum gegen Heynckes zuvor getätigt hat. Rückendeckung erhält der damalige Köln-Coach jedoch immer wieder durch stürmischen Applaus des Publikums. Er weigert sich, sich bei Heynckes zu entschuldigen. Im Gegenteil. Der Schnauzbart-Träger stichelt immer weiter gegen den damaligen FCB-Coach. Letztendlich gewinnen aber doch die Bayern auf dem Rasen. Daum wird 1989 und 1990 mit Köln „nur“ Vize-Meister. „Bei denen ist sogar die Putzfrau schon zehn Mal Meister geworden.“, sagt er über den FC Hollywood.
In den 90er-Jahren erlebt der vierfache Vater seine große Zeit in der deutschen Bundesliga. Immer wieder durchleidet er Grabenkämpfe mit Medienvertretern. „Kann das auch einmal in einen Journalistenkopf reingehen oder soll ich das noch schriftlich mitgeben?“, wird er einem Reporter gegenüber unfreundlich, als ihn dieser auf die ewige Rivalität zwischen ihm und den „Roten“ anspricht. Seine Meinung über die Presse lässt sich mit: „Ach, lesen Sie doch mal einige Dinge in der Boulevard-Presse, da war ja wirklich Münchhausen Empirik dagegen.“ wohl am besten beschreiben. Aber auch Schiedsrichter haben es ihm angetan, nach einer Partie mit Leverkusen greift er einen Assistenten frontal an: „Was der Linienrichter heute geboten hat, es gibt nur eine Steigerung: Linienrichter schießt den Ball bei uns ins Tor und sagt: „Ich war’s nicht.“
„Wenn der Kopf richtig funktioniert, dann ist er das dritte Bein.“
1994 zieht es Daum zu Beşiktaş Istanbul, nach eigenen Angaben will er damit seine Anteilnahme an den Brandanschlägen auf türkische Familien in Solingen ausdrücken. Pokal, Süperpokal und Meisterschaft holt Daum mit dem Kultklub. Leicht hat er es aber nicht. „Sich drei Jahre in der Türkei zu halten, das ist schon friedensnobelpreisverdächtig.“, wird er später sagen. Danach kehrt der Erfolgstrainer in die deutsche Bundesliga zurück, Leverkusen wird sein neuer Arbeitsplatz. „Das ist wie bei einem Elektriker, der hinkommt und nur einen Wackelkontakt beheben muss, weil eigentlich alles vorhanden ist. Er fügt die richtigen Stecker zusammen und plötzlich ist alles wieder unter Höchstspannung.“, beschreibt er seine Arbeit bei den Nordrhein-Westfalen.
Daum zum „Nagetier“: „Wer beständig am Titel knabbert, wie der Biber, der ständig am Baum knabbert… irgendwann fällt das Ding mal um und so knabbern wir da dran und ich hoffe dass das Ding umfällt und die Schale in Leverkusen landet.“ Wie zuvor in Köln scheitert Daum aber an dieser Aufgabe. Drei Vizemeisterschaften und ein dritter Platz lautet seine Bilanz mit Bayer 04. Jedoch läuft Daum zur Höchstform auf, wenn es um Verbalitäten geht. „Hinblick, Hinblick. Hinblick auf was? Ich brauch‘ auch keinen Hinblick auf dieses Interview.“, ärgert er sich in einem Gespräch, als es ein Journalist wieder einmal zu weit treibt.
Daums Qualitäten auf der Bank sind derweilen unumstritten. Er versteht es Spieler richtig zu behandeln und stellt sich schützend vor die Mannschaft. „Er hat angezeigt, dass er in einer Minute ausgewechselt werden will.“, entschuldigt er einen Stinkefinger von Ulf Kirsten. Der Leverkusener war von den Fans des MSV Duisburg verbal provoziert worden und ließ sich zu dieser Aktion hinreißen.
Das Haar in der Suppe
2001 hat Daum wieder Ärger mit seinem besonderen Freund Hoeneß. In der Münchner Abendzeitung bezeichnet ihn der allmächtige Bayern-Präsident als „verschnupft“. Gerüchte und Spekulationen über möglichen Drogenmissbrauch des Leverkusen-Trainers gab es schon vorher. Daum lässt sich eine Haarprobe entnehmen, weil er „ein absolut reines Gewissen hat.“ Die Haarprobe wird sein Waterloo, der Aspirant auf den Posten des DFB-Trainers wird des regelmäßigen Konsums von Kokain überführt. Er flieht über Nacht mittels One-Way-Ticket nach Florida, als Coach der Werkself wird er entlassen. Zehn Wochen später gibt er auf einer Pressekonferenz seinen Missbrauch zu und gerät ins Schmunzeln: „Die Haaranalyse, die ich hab‘ machen lassen, … muss man im Nachhinein sagen: Das war ein Fehler.“ Nach einem Kurz-Engagement, wieder bei Beşiktaş Istanbul, heuert Daum bei Austria Wien an. „Der österreichische Fußball ist sukzessive in eine schwierige Situation geschlittert, weil sehr viele durchschnittliche Ausländer gekauft worden sind. Da fahren Vereinspräsidenten an den Plattensee auf Urlaub und bringen sich dann vier Kellner mit.“, bringt es Daum wieder einmal auf den Punkt. Nichtsdestotrotz wird er mit den Veilchen Double-Sieger. Nach eigenen Angaben sieht er aber ein, dass seine internationalen Ziele mit den Violetten schwer umzusetzen sind und bricht seine Zelte in Wien ab.
Fenerbahçe Istanbul, wieder Köln, wieder Istanbul, Eintracht Frankfurt und den FC Brügge beglückt Christoph Daum anschließend als Übungsleiter. Überall ist er erfolgreich, einzig Frankfurt steigt unter seiner Leitung ab. Daum zieht die Konsequenzen und tritt 2011 zurück, seit August 2013 arbeitet er wieder in am Bosporus. Bursaspor Kulübü, der Verein des Ex-Rapidlers Yasin Pehlivan, ist sein neuer Arbeitgeber. Seinen „Münchhausen-Sager“ über deutsche Journalisten hat Daum für die Türkei erfolgreich abgewandelt: „Im Vergleich zu den Artikeln, die sie schreiben, sind die Märchen aus Tausendundeiner Nacht empirische Untersuchungen.“, meint er in Bezug auf türkische Journalisten.
Obwohl er im Land zwischen zwei Kontinenten lebt, bleibt Daums Lebensmittelpunkt in Köln. Er ist seit 2007 in zweiter Ehe verheiratet, wobei die Trauung im Mittelkreis des Rheinenergie-Stadions vollzogen wurde. Seine Kinder hat er „nicht zweisprachig, sondern beidfüßig“ erzogen, bei Sohn Marcel zeigte die Kinderstube Wirkung: Der 27-jährige arbeitet heute als Videoanalyst bei Eintracht Frankfurt.
Der immer adrett gekleidete Daum hat eine wahre Achterbahnfahrt in seiner Trainerkarriere erlebt: Tiefpunkt war dabei sicher die Kokain-Affäre, die ihn letztendlich den (möglichen) Job als Bundestrainer gekostet hat. Daums Kompetenzen und die damit verbundenen Erfolge bleiben jedoch unumstritten. Er ist nicht nur Trainer, sondern auch Fußballphilosoph und ein echtes Original. „Jeder, der den Fußballplatz betritt, hat das Ticket zum Krankenhaus in der Tasche. Ob er es einlöst oder nicht wissen wir erst nach 90 Minuten.“, „meißelt er in Stein“. „Der Unterschied zwischen ‚gut‘ und ’spitze‘ ist oft nur eine Fußspitze.“, versucht sich Daum als Heinz Erhardt-Verschnitt und gab sich auch selbstironisch: „In der Schlussphase war der Pfosten der Einzige, auf den wir uns 100%ig verlassen konnten.“ Ab und an gingen seine Aussagen auch unter die Gürtellinie. Da Daum das Spiel mit den Medien allerdings virtuos beherrscht, kann man stark davon ausgehen, dass hinter vielen seiner Aktionen oft psychologische Maßnahmen gesteckt haben.
Man mag zu dem Wahl-Kölner stehen wie man will, eines ist sicher: Die deutsch(sprachige) Fußballwelt wäre ohne seine Taten und Sprüche um einiges ärmer gewesen. Dafür: Daum(en) hoch!
Marie Samstag, abseits.at
Marie Samstag
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