Hier prämieren wir die schlagfertigsten und  einfallsreichsten Sager von Kickern, die nicht nur auf dem Platz sondern auch verbal Spielwitz zeigten. Sprüche à la... Der “Willi-”Ente”-Lippens-Preis” oder “Frechheit siegt” (7) – Joachim Hopp

MSV Duisburg LogoHier prämieren wir die schlagfertigsten und  einfallsreichsten Sager von Kickern, die nicht nur auf dem Platz sondern auch verbal Spielwitz zeigten. Sprüche à la „Der FC Tirol hat eine Obduktion auf mich.“ oder „Wir dürfen nicht den Sand in den Kopf stecken.“ bleiben außer Konkurrenz. In unserer achtteiligen Serie stellen wir euch Herren vor, die auch als Satiriker gute Figur gemacht hätten. Prickelnde Spitzzüngigkeiten haben schließlich immer Saison.

Wer hat sich „Ente“ Lippens zum Vorbild genommen? Der „Urvater“ der ballesterischen Schmähbruder schleuderte dem Schiedsrichter einst auf dessen Drohung: „Ich verwarne Ihnen“ ein geistreiches „Ich danke Sie“ entgegen. Lippens flog daraufhin vom Platz, aber auch direkt in die Geschichtsbücher der kecksten Fußballeraussprüche. Viele andere folgten. Nachstehende Herren lieferten mitunter das Beste, das die deutschsprachige Kickerwelt je gehört hat…

Teil 7 unserer Serie behandelt ….

Joachim Hopp – “Made in the Ruhrpott”

In dieser Serie haben wir ja schon einige Fußballer vorgestellt, die am Platz von ihrem beinharten Zweikampfverhalten und ihrer athletischen Kraft leben. Joachim Hopp ist wohl der Prototyp eines solchen Kickers. Hopp war Zeit seiner aktiven Sportlerlaufbahn Abwehrrecke in der Duisburger Hintermannschaft und ein blau-weißes Original. Ein „Malocher“, der nicht nur am Platz hart zu Werke ging, sondern tatsächlich Schichten am Hochofen schob. „Hoppi“ wusste woher er kam und das mögen die Menschen im Ruhrpott. Der gelernte Stahlkocher war der Wortführer beim MSV Duisburg, Fanliebling und Identifikationsfigur. Er nahm sich nie ein Blatt vor den Mund: „Die Leute hier lieben Authentizität. Du kannst nicht durchs Ruhrgebiet laufen und plötzlich den Professor mimen.“ Das Herz auf der Zunge und die Leidenschaft im Bein waren Hopps Markenzeichen.

Frühschicht am Hochofen, dann Training am Hartplatz

In vieler Hinsicht ist Joachim Hopp ein ganz normaler Bursche aus dem Ruhrpott: Als einer von sieben Söhnen wird er in Duisburg geboren. Hier jagt er als kleiner Bub beim BV Beeck 05 der Kugel nach und ergreift später einen Handwerksberuf, der ihn in die Stahlverarbeitung führt. Typisch für viele Jungs aus dieser Gegend. „Hoppis“ Vater „malocht“ selbst als Bergmann und ernährt so die kinderreiche Familie. Nebenbei träumt Hopp aber weiterhin den Traum vom Fußballprofi und spielt auf Amateurniveau beim VfvB Ruhrort-Laar. Erst im „biblischen“ Fußballalter von 23 Jahren wechselt der damalige Stürmer zu den Amateuren der „Zebras“. Bodenständig und vernünftig bleibt er aber auch, als er seinem Ziel so nah wie noch nie zuvor gekommen ist: Ich hatte Angst, den Durchbruch nicht zu schaffen. Deswegen habe ich in den ersten Jahren beide Jobs gleichzeitig gemacht.“

Im Konkreten heißt das: Frühschicht bei „Thyssen“, dann Training in Meiderich. Wenn es jemanden nicht an Herz und Durchsetzungsvermögen fehlt, dann Joachim Hopp. Er beißt sich durch und wird belohnt. Als er erstmals mit den Profis mittrainieren darf, wird er aufgrund seiner physischen Voraussetzungen vom Angreifer zum Manndecker „umgeschult“. 1993 unterschreibt das Schnellsprechwunder aus Meiderich seinen ersten Profivertrag: Das war für mich wie ein Märchen aus 1001 Nacht, das war ein Kindheitstraum.“ Hopps Förderer Ewald Lienen steigt vom Amateurtrainer zum Cheftrainer hoch und nimmt seinen Abwehrchef mit zur ersten Mannschaft. Zeit wird’s die Arbeit am Hochofen aufzugeben, um sich voll auf die „Zebras“ konzentrieren zu können. Die Fans sind zuerst nicht allzu begeistert, rasch schließen sie den Lokalmatador aber ins Herz: „Hoppi“ einer von uns.  „Ich war für jede Minute Bundesliga dankbar und das haben auch meine Gegenspieler gespürt.“, erzählt der „Spätzunder“. Er attackiert leidenschaftlich die gegnerischen Stürmer, springt dazwischen und würde sogar „eine Kiste Coca-Cola aus dem Strafraum köpfeln“ (so beschreibt es zumindest eine Tageszeitung). „Ich bin kein Techniker. […] Wenn ich dazwischengrätsche und der Ball auf die Tribüne fliegt, jubeln die Zuschauer.“, weiß der robuste Spieler. Dennoch ist er auch ein äußert fairer Kicker, in seinen Profijahren bei den Blau-Weißen kassiert er kein einziges Mal glatt Rot.

Knallhart und trotzdem kein „Kartenspieler“, sondern ein Malocher, der die Abwehr dirigiert. Hopp ist Moralmacher und Stimmungskanone der Mannschaft, er passt auf, dass niemand aus der Reihe tanzt.

Kämpfen bis zum Umfallen

Auch nach Spielschluss gibt der Defensivspieler den Ton an. Nach einem gedrehten Spiel gegen Kaiserslautern „verschenkt“ Hopp seine letzten Prozent bei einem Interview: Der Abstiegskampf tobt im „Pott“, die „Zebra“-Fans feiern ekstatisch die drei gewonnenen Punkte, der ausgelaugte Abwehrchef atmet schwer und erlebt gleichzeitig einen Endorphin-Starkregen: „Der Akku der muss jetzt immer voll sein, jetzt zählt es: Alles oder nichts…“ Zack, ist es passiert. „Hoppis“ Kreislauf gibt nach und der ehemalige Stahlkocher liegt auf der Laufbahn. Weil er immer alles gibt, lieben ihn die Anhänger. Seine „Straßenkicker-Attitüde“, die er auch vor dem Mikrofon zeigt, tut noch das Ihre dazu.

Über seinen Mitspieler Bachirou Salou sagt „Hoppi“: „“Bachi“ ging ab wie Schmidts Katze.“ Ein Kompliment. Der togoische Stürmer inspiriert den Ex-Hochofen-„Malocher“ wohl zu „tierischen“ Spitznamen: „180 Kilo reine Muskeln kannst du nicht aufhalten. Wenn die einmal in Bewegung sind, das ist wie ein Kampfhund.“ Aber auch ihm selbst werden „animalische“ Attribute zugeschrieben: „Hoppi, du bist ein Bulle“, meint ein Spieler des Karlsruher SC zu ihm.

Der Meidericher überrascht Medienvertreter immer wieder mit seiner direkten Art. Doch ist der Verteidiger der alten Schule wirklich ein würdiger „Ente“-Lippens-Preisträger? Satirisch-Sarkastisches entfloh seiner Hirnschale nur zeitweise, immer blieb Hopp aber ehrlich und sprach dem Duisburger Publikum aus der Seele. „Die intensivste Liaison, die ein Spieler je mit den Fans eingegangen ist“, beschreibt Michael Wildberg, Autor des Buches „So Lonely – Ein Leben mit dem MSV Duisburg“, die Beziehung Hopps zu den „Zebra“-Fans.

Wenn „Hoppi“ mit „Weltkriegs“-Frisur und dreckigem Trikot auf der Laufbahn stand, um dem Journalisten Rede und Antwort zu stehen, wehte ein Hauch „Ruhrpott-Fußballfantasie“ durch das Wedaustadion.  Der Meidericher sprach wie er spielte: Ehrlich, schnörkellos und unzensiert.

Das schwarz-gelbe Dortmunder Trikot nach dem Spiel um die Hüften geschlungen wurde Joachim mit blutender Lippe einst gefragt, ob dies eine Siegestrophäe sei: „Nein, das ist eine kleine Wiedergutmachung. Er (Stéphane Chapuisat, Spieler von Dortmund, Anmerkung) hat mir schön die Elle reingejagt, die Lippe ist aufgeplatzt. Da hab ich gesagt: „Gib mir das Trikot, dann ist die Sache vergessen.“

Gemeinsam mit Willi „Ente“ Lippens hat Joachim Hopp jedenfalls, dass sie beide aus dem Ruhrpott stammen. Doch der gebürtige Holländer Lippens war ein begnadeter Techniker und Torjäger, während Hopp eher als Grobmotoriker zu Werke ging. Fußballromantiker sind sie aber beide.

Wenn wir im alten Wedaustadion den Ball planlos nach hinten gespielt oder nicht richtig gekämpft haben, dann haben die Leute die Sitze aus der Verankerung gerissen und aufs Spielfeld geworfen.“, „schwärmt“ die Duisburger Spielerlegende nostalgisch. Hopp hat klare Vorstellungen von seinem Herzensverein: Wir haben in Duisburg eine so hohe Arbeitslosenquote – da darf der MSV kein Schickimicki-Club werden. Man darf die Nase nicht zu hoch tragen.“ Die Personalpolitik seines Ex-Vereines wird von ihm oft kritisiert: Es wird Hopp zu wenig auf die eigene Jugend gesetzt. Die Kommerzialisierung des Fußballes betrachtet der Duisburger äußert kritisch: „Früher reichte mir unser Präsident Fischdick die Hand, wenn wir uns einig waren. Da brauchte man keinen Rechtsanwalt zur Vertragsunterzeichnung.“, vermisst Hopp Handschlagqualitäten. „Die 18-Jährigen heutzutage, die können sich gerade mal alleine den Hintern abwischen und verdienen schon so viel Geld.“, führt er fort. Dabei sieht man an Joachim Hopp, dass es sich auch lohnt einen „Umweg“ zu gehen. „Hoppi“ sieht es heute als Vorteil an, neben dem Fußball noch „malocht“ zu haben. So sei er nicht auf „dumme Gedanken“ gekommen.

Der Bankier von Duisburg

Während seiner Duisburger Zeit ist Joachim Hopp bei fünf verschiedenen Trainern immer Stammspieler, seine Serie reißt erst bei Friedhelm Funkel. Letzterer findet, dass Hopp über zu wenig spielerisches Potential verfügt und verbannt das liebenswürdige Großmaul auf die Bank. Indirekt verantwortet Funkel so Hopps schlagfertigsten Spruch. Sein „Bankgeheimnis“ erklärt der „Zebra“-Verteidiger nämlich mit folgenden Worten: „Man muss gucken, dass man keine Pickel am Arsch kriegt, weil das so hart ist, da muss man immer was drunterschieben“. Ein „Heilmittel“ für seine Pusteln ist „Hoppi“ auch bald bekannt: „Immer aufspringen, viel in Bewegung sein an der Außenlinie, viele Anweisungen geben.“

132 Spiele hat Hopp für die „Zebras“ absolviert eher er nach Rot-Weiß-Oberhausen wechselt.  Sein „Abschiedsspiel“ ist das verlorene DFB-Pokalfinale 1998. 2000 spielt er beim KFC Uerdingen 05 und absolviert 2003/2004 seine Abschiedssaison SV Borussia Wuppertal. Seitdem versucht sich der Duisburger als Trainer, aktuell beim Landesligisten Hamborn 07.

Der Hobby-DJ lebt zwar noch in Duisburg-Meiderich mit seinem Verein hat er sich aber etwas überworfen. Nur eine Karte für die Vortribüne hat man dem legendären Kicker angeboten, eine Einladung zur 100-Jahr-Feier des MSV Duisburg fand nicht einmal den Weg in den Hopp’schen Briefkasten. „Der MSV kümmert sich entweder um die ganz alten Spieler oder die ganz neuen.“, sagt er 2008. Für 90er-Legenden wie Steininger, Salou oder ihn selbst sei aktuell kein Platz bei den Blau-Weißen. Schwamm drüber. Der Quereinsteiger ist sich sicher: „Ich habe für meine Stadt am Hochofen bei Thyssen gearbeitet und habe für meine Stadt Fußball gespielt in der ersten Bundesliga. Also mehr geht nicht.“ Die Fans danken es ihm heute noch.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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